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5.

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Mähling fuhr mit Abblendlicht und schaltete es ganz aus, als er kurz nach halb elf auf die Zufahrt zum Albertus-Magnus-Internat einbog. Um diese Jahreszeit leuchtete der Himmel selbst nach zehn Uhr abends noch wie Silber.

Er hielt, drehte am Rückspiegel, kämmte sein Haar zurück, stieg aus. Hätte er den Kopf in den Nacken gelegt, wäre ihm der Himmel vorgekommen wie in Sternenlicht gebadet.

Schwester Romana stand in der Tür, am ganzen Körper Einsatzbereitschaft ausstrahlend.

»Schwester Romana, guten Abend.«

»Gelobt sei der Herr und so weiter. Kommen Sie herein, Herr Mähling. Wenn Sie wegen …«

Er hob die Hand. »Ich würde mich gerne … in Ruhe mit Ihnen unterhalten.«

»Das Haus liegt im Tiefschlaf.« Sie lächelte. »Gehen wir in mein Büro!«

Er folgte ihr in den ersten Stock, wo sie lautlos – die Nonnen schliefen auf diesem Flur – durch die Glastür mit der Aufschrift »Sekretariat« ins Allerheiligste der Büroräume schlüpften.

Romana bewegte sich trotz ihrer Körperfülle schnell und leise. Sie führte Mähling an einem überladenen Schreibtisch vorbei, auf dem eine Schreibmaschine mit ein paar eingespannten Blättern stand, durch eine Schiebetür hindurch.

»Mein Reich!«

Mähling sah sich in dem muffigen kleinen Raum um, in dem außer für einen massiven Schreibtisch mit Drehstuhl und zwei Sesseln kaum noch Platz für einen Aktenschrank war.

»Kann ich Ihnen etwas anbieten? Ein Bier?«

»Ich muss noch fahren.«

»Vielleicht einen Kaffee?«

»Nein, wirklich nicht nötig. Ich brauche Ihren Rat.«

»Immer gern. Bitte, setzen Sie sich.«

Er sank in einen Sessel. Die Spiralfedern spürte er im Hintern. Die Nonnen lebten wirklich am Limit. Für sich selbst zweigten sie von den diversen Geldströmen anscheinend nichts ab. Sie waren, wie man so sagte, nicht käuflich. Auf ihre Art konsequent. Einmal arme Ordensschwester, immer arme Ordensschwester. Er bewunderte und verachtete dieses Verhalten zugleich.

Romana nahm ihm gegenüber Platz.

»Meine Tochter hat sich bei Ihnen für ein freiwilliges soziales Jahr beworben.«

»Das ist mir bekannt, ich habe das Bewerbungsgespräch mit ihr geführt.«

»Also haben Sie sie bereits kennengelernt!«

»Ein liebenswürdiges junges Mädchen, wenn ich das sagen darf.«

»Danke.« Das Lob brachte Mähling aus dem Konzept. Er fühlte sich nun noch nervöser als eben. Es fiel ihm schwer, um etwas zu bitten. Aber er musste es tun. »Ich habe ein Anliegen.«

»Ich höre?«

»Anja, meine Tochter, darf es nicht wissen.«

Schwester Romana verschränkte die Arme. »Sie können auf meine Diskretion vertrauen. Außer mir weiß es niemand. Das wird auch so bleiben.«

»Gut. Schön. Also. Ich verlasse mich auf Sie.«

»Natürlich können Sie das!« Die Nonne sah entrüstet drein.

Mähling spürte die Sprungfedern und wusste, dass er mit Romana rechnen konnte.

»Sie können sich sicher sein, es wird nicht Ihr Schaden sein.«

Sie winkte ab.

Irgendwo in dem alten Haus knackte etwas. Er fuhr zusammen. Verdammt, wenn er sich sogar vor Holz ängstigte, das sich ausdehnte oder zusammenzog …

»Das war der Anlass meines Besuches, Schwester.« Ihm brach der Schweiß aus. Dass Anja sich ausgerechnet hier bei den Nonnen bewerben musste! Ihm blieb wirklich nichts erspart. Mühsam stemmte er sich hoch.

»Ich hätte Ihnen gern etwas angeboten, Herr Mähling.«

»Nicht nötig. Ich muss wirklich zurück.« Wie albern, die weite Fahrt auf sich zu nehmen für ein paar Sätze.

»Sie arbeiten zu viel.« Schwester Romana stand ebenfalls auf. »Von Zeit zu Zeit sollten auch Sie sich etwas schonen.«

»Da haben Sie recht.« Er verachtete Ratschläge wie diese. Die Nonne hatte doch keine Ahnung, wie es war, ein Unternehmen zu führen.

»Ich bringe Sie raus.«

Er folgte ihr durch das stille Gebäude. In Zukunft würde er noch vorsichtiger sein müssen.

*

Rhöner Nebel

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