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Ein Jäger wird geboren

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Mein ältester Enkelsohn, Claus Georg, wurde als erstes Enkelkind ziemlich verwöhnt, war sehr vorsichtig, fast ängstlich, und nicht übermäßig selbstständig. Zu meinem Verdruss war er auch beim Essen wählerisch, kurzum, nicht der wirkliche Traum eines Großvaters. Mich versöhnte, dass er immer gerne mit mir auf die Jagd gehen wollte, was ich aber lange Zeit ablehnte. Irgendwann ging es nicht anders, wir zogen los und bestiegen gemeinsam einen Hochsitz an einer Wildwiese. Meine Hündin lag unter der Leiter. Als es dämmerte, trat ein Kitz aus. Ich schoss, und es brach etwa 50 Meter vor uns zusammen. Nach der üblichen Wartezeit befahl ich dem Jungen kurz und bündig, er möge zu dem verendeten Stück gehen, ich würde in der Zwischenzeit das Auto holen. Unverständnis, dann war es Panik im Gesicht des Kleinen, aber ich blieb hart und beruhigte ihn, die Hündin würde ihn zum Anschuss führen. Auf längere Diskussionen ließ ich mich nicht ein, verschwand, stellte mich hinter einen dicken Baum und beobachtete, wie der Knirps zögerlich, dann mutiger dem Hund folgte. Schließlich, es war schon fast dunkel, gesellte ich mich zu den beiden und brach das Kitz auf. Anfangs schaute der Kleine angeekelt, dann immer interessierter zu und ließ sich sogar überzeugen, einen Vorderlauf zu halten. Schließlich überreichte ich ihm die Leber mit den Worten: »Bitte halte sie fest, die wollen wir nachher gemeinsam essen.« Pures Grauen war in das Gesicht des Jungen geschrieben. Er griff nach der glitschigen Masse und drückte sie, weil sie ihm aus den Händen zu gleiten drohte, verzweifelt an seine Brust. Damit war der Bann gebrochen.

Als wir nach Hause kamen, war das Entsetzen bei Mutter und Großmutter gleichermaßen groß, als sie den Sprössling in die Arme schließen wollten. Er sah furchterregend aus, als hätte ich ihn abgestochen. Eine Brustseite war voller Schweiß, sein Gesicht glich dem eines Indianers auf dem Kriegspfad, aber Claus Georgs begeisterter Bericht rehabilitierte mich. Enthusiastisch schilderte er, wie wir gemeinsam das Reh geschossen, es mit vereinten Kräften aufgebrochen hatten und dass er bitte schön nun endlich die Leber essen möchte. Seitdem habe ich viele wunderschöne Stunden mit meinem Enkelsohn auf der Jagd verbracht.

Meine Enkeltochter, Josephine, zwei Jahre später geboren, ist wie meine Tochter ebenfalls ungemein tierlieb, naturbegeistert, liebt Hunde und Pferde, schoss schon als Sechsjährige, wie ihr Bruder, sicher mit dem Luftgewehr und ist immer interessiert, wenn es um das Thema Jagd geht.

Als mein Schweißhund eines schönen Tages eine Ratte auf dem Rasen gegriffen und abgetan hatte, nahm ich ihm die Beute fort, schaute mich nach allen Seiten aufmerksam um, und als ich keinen heimlichen Beobachter erspähte, entsorgte ich den ungeliebten Mitbewohner, indem ich ihn kurzerhand über den Maschendraht unseres Grundstücks warf. Mittags erzählte ich den Kindern von der Heldentat meiner Hündin und beichtete, dass ich den Unhold in die Büsche des Nachbarn geschmissen hätte. Als wir uns an den Mittagstisch setzten, kam meine Enkeltochter stolz, die Ratte hocherhoben am Schwanz tragend, hinzu und präsentierte sie begeistert ihrer Großmutter, die diese »Tierliebe« nur sehr verhalten teilte. Die Kleine war über den hohen Drahtzaun geklettert und hatte die Ratte aus dem dichten Brennnesselgewirr apportiert. Mein Stolz war grenzenlos.

Ein Leben für die Jagd

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