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Das Kleid Mariens

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Werfen wir einen Blick auf das Marienkleid. Es handelt sich dabei um ein aus feinem weißen Leinen gefertigtes Frauengewand nach Art einer Tunika. Es ist aus einem einzigen Leinenstück hergestellt, wobei das Vorderteil über die Schulter hinweg in den hinteren Teil übergeht. Seitlich sind geschlitzte Giren ein- und Ärmel angesetzt. Der Halsausschnitt und zwei Seitenschlitze am unteren Saum sind mit Ornamenten in Mäanderform verziert. Das Kleid misst 153 cm in der Länge und, bei ausgebreiteten Ärmeln, 132 cm in der Breite. Historisch genau datierbar ist es nicht, und eine biblische Belegstelle für ein solches Kleid gibt es auch nicht.

Was wäre, wenn es das, worauf das Kleid Mariens hinweist, nicht gäbe? – Die christliche Ikonographie hat Maria in prächtige Gewänder gekleidet und so ihre Reinheit, ihre Schönheit, ihren Adel, ihre Demut etc. herausgestellt. Auch die als Wallfahrtsbild verehrte Madonna im Aachener Dom, wo unser Kleid aufbewahrt wird, wird so der Kirchenjahreszeit entsprechend den Verwandlungen einer sakralen Haute Couture unterworfen.

Aber dieses Marienkleid ist nicht das prächtige Ausstattungsstück einer künstlerisch wertvollen Marienfigur, sondern ist – so die Behauptung – ein Kleidungsstück der wirklichen Maria, der historischen Frau aus Fleisch und Blut. Dieses Marienkleid verweist auf den für Gott empfänglichen, den mit Gott schwangeren, den im wahrsten Sinne des Wortes gott-vollen Menschen. Was wäre, wenn es die Frau, aus der nach christlicher Lehre Gott in die Welt hinein geboren wird, nicht gäbe? Der Mensch könnte sich im Blick auf all die selbst zu verantwortenden Grässlichkeiten seiner Geschichte vorkommen wie die Ausgeburt der Hölle. Aber Gott kommt durch Maria – menschlich unverständlich und zugleich unverständlich menschlich – wie jeder von uns auf menschliche Weise beim Menschen an. Der christliche Glaube sagt damit aber auch, der Mensch sei prinzipiell offen auf Gott hin, sei begnadet damit, Gott zu empfangen. Er habe, wie an Maria sichtbar wird, die Anlage zur Gottesgeburt in dieser Welt. Maria bringt, darin ist sie uns Vorbild, Gott zur Welt und damit die Welt zu Gott.

Geist und Leben 2/2015

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