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GENE MUELLER Generaloberst Friedrich Fromm

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Im Jahr 1938, und erneut im Jahr 1939, waren viele Generale der Wehrmacht wegen eines eventuellen Kriegsausbruchs beunruhigt. Selbst nach dem Sieg im Blitzkrieg gegen Polen machten sich manche von ihnen weiterhin Sorgen über den bevorstehenden Kampf gegen England und Frankreich. General Friedrich Fromm hatte im Gegensatz zu ihnen großes Vertrauen zu Hitler und zur Wehrmacht. Im April 1940 sagte er zu Ulrich von Hassell: „Durch Holland und Belgien würden wir in einem Schwunge durchstoßen, dann in vierzehn Tagen Frankreich erledigen; die Franzosen würden so laufen wie die Polen. Frankreich würde dann Frieden machen, England allein noch etwas weiter fechten und schließlich auch erledigt werden. Dann aber würde der Führer einen ganz maßvollen, staatsmännischen Frieden machen.“1

Friedrich Fromm, am 8. Oktober 1888 geboren, stammte aus einer Familie des Mittelstandes. Sein Großvater war königlich-preußischer Steuer-Inspektor, sein Vater preußischer Generalleutnant.2

Während des Ersten Weltkriegs kämpfte er zunächst in Frankreich, dann in Rußland und in Rumänien. Nach der Niederlage von 1918 blieb er als Hauptmann und Generalstabsoffizier im Reichsheer. Als Hitler Reichskanzler wurde, war Fromm Oberst im Wehramt des Reichswehrministeriums. Ab 1934 war er Chef dieser Dienststelle, die im folgenden Jahr „Allgemeines Heeresamt“ genannt wurde und seit Kriegsausbruch zur Dienststelle „Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres“ ausgebaut wurde. 1935 wurde Fromm zum Generalmajor, 1938 zum Generalleutnant, 1939 zum General der Artillerie und 1940 zum Generaloberst befördert.

Selbstbewußt, ehrgeizig und stolz auf seine Stellung, beteiligte sich Fromm an der Auseinandersetzung über die Organisation des Oberkommandos. Er schlug ein zweiteiliges System – Führung und Rüstung – vor.3 Indem er gegen einen kombinierten Wehrmachtsstab argumentierte, gewann er das Wohlwollen des Oberkommandos des Heeres (OKH); indem er andererseits für eine Aufhebung der führenden Position des Generalstabes eintrat, stellte er auch ein Organisationsmodell vor, das vielleicht dem Reichswehrminister Werner von Blomberg zusagen würde. Die Argumente Fromms erwecken den Eindruck, daß er „alle Zielpunkte im Schußfeld hatte“ und zugleich hoffte, seine gelehrten Ausführungen würden ihm eine Beförderung einbringen.4 Diese Auseinandersetzung wurde erst 1938 beendet, als Hitler den Posten des Reichskriegsministers selbst übernahm und das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) schuf.

Als Chef des Allgemeinen Heeresamtes befürwortete Fromm die Pläne für eine Verstärkung des deutschen Heeres. Gegen den Widerstand von Generalstabschef Ludwig Beck unterstützte er Hitlers Forderungen nach einem 300.000-Mann-Heer. Er argumentierte, diese Vergrößerung würde die organisatorische Leistungsfähigkeit des Heeres maximieren. Das Erreichen dieses Zieles mußte auch seinen eigenen Ruf als begabter und fähiger Offizier steigern.

Im August 1936 legte Fromm eine Untersuchung über die Erfordernisse eines Aufrüstungsprogramms im Falle eines totalen Krieges vor. Auf Ersuchen des Oberbefehlshabers des Heeres, Generaloberst von Fritsch, listete er detailliert auf, welche Geldmittel, welches Menschenpotential und welche wirtschaftlichen Ressourcen man für einen totalen Krieg benötige. Er kam zu der Schlußfolgerung, mit seinem Menschenpotential könne Deutschland ein Jahr lang Krieg führen; seine Kraftstoffreserven würden jedoch nur sieben Monate ausreichen.5 Diese grundlegende Untersuchung behielt Fromm stets im Gedächtnis; je länger der Krieg dauerte, desto besorgter wurde der Chef der Heeresrüstung.

Der begabte Fromm war ein Überlebenskünstler. Seine harte Arbeit wurde belohnt, und er fand zu einer reibungslosen Zusammenarbeit mit seinen jeweiligen Vorgesetzten: Fritsch, Hammerstein, Blomberg und Brauchitsch. Fromm begrüßte auch, daß Hitler ein neues Regierungssystem und eine neue Richtung der Außenpolitik versprach. Er glaubte, das neue Deutschland werde die 1918/19 verlorenen Gebiete zurückgewinnen. Zudem sah er Chancen für einen beruflichen Aufstieg voraus.6

Als Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres hatte Fromm während des Krieges und schon vorher eine wichtige Stellung inne. Nach der Neuorganisation des Oberkommandos von 1938 unterstand er – zu seinem Bedauern – unmittelbar Generaloberst von Brauchitsch, dem Oberbefehlshaber des Heeres. Er wollte unbedingt direkten Zugang zu Hitler. Das aber wußte General Keitel, der neue Chef des OKW, zu verhindern. Zudem kam es zu einem „heftigen Zwist und ständigen Kampf“ zwischen den beiden Generalen.7 Auch mit dem Propagandaminister Goebbels hatte Fromm Schwierigkeiten. Die feindselige Haltung Goebbels’ gegenüber Fromm begann im Juli 1940 anläßlich eines Vorbeimarsches der aus Frankreich zurückkehrenden Truppen; dabei gewann der kleinwüchsige Goebbels fälschlicherweise den Eindruck, er sei von dem hünenhaften Fromm in den Hintergrund gedrängt worden.8 In seinen Tagebüchern tadelte er den General, zog seine Loyalität in Zweifel und erhob Vorwürfe gegen ihn.

Fromms Stellung als Befehlshaber des Ersatzheeres („im Heimatkriegsgebiet“) war entscheidend für die Offiziere, die sich gegen Hitler verschworen hatten. Schon 1938 verweigerte Fromm die Teilnahme an einem Plan, Hitler während der Sudetenkrise zu stürzen. 1939 nahm General Franz Halder, der Chef des Generalstabes des Heeres, abermals Kontakt zu Fromm auf. Im Oktober/November sagte er zu Fromm, die geplante Offensive im Westen müsse verhindert werden; vielleicht werde man Hitler und die Reichsregierung festnehmen und ausschalten müssen, um zu einer friedlichen Regelung des Konflikts zu kommen. Fromm weigerte sich, Halder eine Antwort zu geben. Anschließend fragte er seinen Stabschef, Oberstleutnant Kurt Haseloff, wie er über Halders Bemerkungen denke. Haseloff antwortete, nach seiner Auffassung sei Halder zu einem Staatsstreich entschlossen, und das sei glatter Hochverrat. Einige Tage danach meldete Fromm die Äußerungen Halders Brauchitsch. Wieder einmal war es Fromm gelungen, durch eine gefährliche Situation zu lavieren, indem er Halder eine Antwort verweigerte (ob das eine endgültige Absage war, blieb offen); und er hatte seine Pflicht getan, indem er Brauchitsch darüber informierte.9 Brauchitsch wurde nervös, die Widerstandsgruppe glaubte, Fromm habe eindeutig abgelehnt, und bald schwand jede Hoffnung, einen erfolgreichen Putsch durchführen zu können. Fromms Verhältnis zur Opposition gegen Hitler blieb während des ganzen Krieges zweideutig. Er ging niemals eine Verpflichtung ein, sich den Verschwörern anzuschließen; er versuchte aber auch nicht, sie von der Ausführung ihrer Pläne abzuhalten. Diese Unentschlossenheit mußte er schließlich mit seinem Leben bezahlen.

Interessanterweise gab es ein hochrangiges Mitglied der NS-Führung, das die Fähigkeiten des Generals bewunderte: Albert Speer, der während des Krieges das Amt des Rüstungsministers innehatte. Fromm war beeindruckt von Speers Bericht über das Rüstungspotential der USA um 1942.10 Speer entschloß sich, den General zu den Besprechungen mit Hitler einzuladen – eine Entscheidung, über die Fromm hoch erfreut war, denn schon lange hatte er direkten Zugang zum ‘Führer’ gewünscht. In seinen Memoiren hat Speer das Auftreten des Generals in den Besprechungen geschildert: „Fromm verfügte über eine klare Vortragsweise, er trat bestimmt auf und besaß diplomatischen Takt. Den Säbel zwischen die Knie gepreßt, die Hand auf dem Säbelknauf, saß er energiegeladen da (…).“11 Fromms Ansehen bei Hitler stieg – was Keitel beunruhigte. Auch Goebbels ärgerte sich und „stellte ihm bei Hitler ein denkbar schlechtes Zeugnis aus“.12

Da Fromm naiverweise glaubte, er besitze das uneingeschränkte Vertrauen des ‘Führers’, verfaßte er im November 1942 eine schonungslose Denkschrift über die personelle und materielle Auszehrung Deutschlands. Er stand unter beträchtlichem Druck, der Ostfront Munition und Ersatzbedarf zu liefern, und er sah, daß die deutschen Produktionskapazitäten bis zum äußersten beansprucht waren. Keitel war damit einverstanden, daß Fromm seine Denkschrift dem ‘Führer’ persönlich vorlas. Darin hieß es: „Bei weiterer Fortdauer des Krieges muß die Unterlegenheit Deutschlands, besonders gegenüber der Rüstung Amerikas, sich immer fühlbarer machen. Die Erschöpfung des deutschen Volkes macht sich immer mehr bemerkbar. In dieser Situation ist ein militärischer Sieg nicht mehr zu erwarten. Vielmehr muß der Zweifrontenkrieg beendet werden, wenn ein militärischer Zusammenbruch vermieden werden soll. Chef H. Rüst u. BdE kommt daraus zu folgender aus der Lage sich ergebender Forderung: Sofortige Einleitung politischer Verhandlungen mit dem Ziele eines Friedensschlusses, solange die Deutsche Wehrmacht noch unbesiegt im Felde steht.“13 Des weiteren schlug Fromm vor, die Führung der militärischen Operationen „einem Soldaten und militärischen Fachmann zu übertragen, während der Führer sich ausschließlich den entscheidenden politischen Verhandlungen widmen sollte“. Aufgrund dieser Feststellungen wurde Fromm für Hitler persona non grata, und Speer erhielt Anweisung, Fromm nicht mehr zu Besprechungen mitzubringen. Doch selbst als Fromm in Ungnade fiel, setzte er immer noch auf Hitler. Am 10. November sagte er zu von Hassell, als dieser von dem furchtbaren Ernst der Lage sprach: „Ja, aber unser Führer hat in seinem kleinen Finger mehr strategisches Können als alle Generäle zusammen.“14 Im gleichen Monat fiel Fromms einziger Sohn an der Ostfront.

Inzwischen ging Fromm weiter seinen Dienstgeschäften nach; er interessierte sich immer mehr für das Rüstungsprogramm und für neue Waffen. Ein weiteres Mal stieß er mit Goebbels zusammen, als er sich beklagte, Goebbels belüge die Menschen über die Stärke der deutschen Rüstungsproduktion. Spätestens im Sommer 1943 stand es für Fromm fest, daß die Niederlage Deutschlands unvermeidlich war. Der Menschenmangel machte es immer schwieriger, die Forderungen der Truppenkommandeure nach Ersatz zu erfüllen. Außerdem wurde Fromm bei der Rekrutierung von Ersatzeinheiten für das Heer durch Ansprüche der SS behindert. Fromm protestierte gegen deren Übergriffe, was zu einem ernsten Streit mit dem Reichsführer-SS Heinrich Himmler führte.15 Infolgedessen versuchten Himmler, Goebbels und Martin Bormann, der „Sekretär des Führers“, jemanden zu finden, der Fromm ablösen konnte. Sie fanden jedoch keinen Nachfolger, der ihre Bedingungen erfüllte: dieser mußte die von Hitler verlangten Referenzen aufweisen und gleichzeitig ihren Forderungen gegenüber willfährig sein. Deshalb behielt Fromm seinen Posten.

Fromm bemerkte auch, daß sein Stellvertreter, der Chef des Allgemeinen Heeresamtes General Friedrich Olbricht, der Militäropposition angehörte. Erneut lehnte es Fromm ab, sich dem Widerstand gegen Hitler anzuschließen. Er war fest davon überzeugt, daß dieser scheitern müsse; die Mehrzahl der Truppen sei gegenüber Hitler allzu loyal und würden daher den Verschwörern den Gehorsam verweigern.16 Fromm wußte auch, daß Olbrichts Stabschef, Oberstleutnant i.G. Claus Graf von Stauffenberg, in die Verschwörung gegen Hitler verwickelt war. Fromm schwieg dazu – und dieses Schweigen war sein Verderben. Stauffenberg wurde schließlich sogar als Oberst i. G. sein Chef des Stabes, und ein weiterer Verschwörer, Oberst i. G. Ritter Mertz von Quirnheim, wurde Stabschef bei Olbricht.

Am 20. Juli 1944 schlugen die Verschwörer los. Gegen 16 Uhr teilte Olbricht seinem Chef in Berlin mit, Hitler sei durch ein Attentat ums Leben gekommen. Fromm wollte sich nicht zu übereiltem Handeln zwingen lassen und antwortete, er müsse sich bei Keitel im ‘Führerhauptquartier’ in Ostpreußen vergewissern. Keitel, der Chef des OKW, teilte ihm mit, daß Hitler lebe und nur leicht verletzt sei. Da befahl Fromm Olbricht, die „Operation Walküre“ (die getarnte Operation zum Sturz des Hitler-Regimes) abzubrechen. Nach Stauffenbergs Ankunft in der Bendlerstraße wurde Fromm von den Adjutanten Olbrichts überwältigt. Sie nahmen ihn fest und stellten ihn in einem der Amtszimmer des Bendlerblocks unter Bewachung.17

Nachdem der Putsch gescheitert und er von Offizieren seines Amtes unter Oberst Bolko von der Heyde befreit worden war, ließ Fromm Mertz von Quirnheim, Olbricht, Stauffenberg und dessen Adjutanten von Haeften im Hof des Bendlerblocks standrechtlich erschießen. Zudem ließ er Generaloberst a.D. Hoepner, der vorübergehend seinen Posten eingenommen hatte, verhaften, Generaloberst a.D. Beck beging Selbstmord. Ganz offenkundig war Fromm darauf bedacht, dem ‘Führer’ seine unwandelbare Treue zu beweisen und sich auf die Seite der ‘Sieger’ zu stellen.18

Eine zweite von Fromm angeordnete Runde von Exekutionen wurde durch ankommende Gestapo-Beamte verhindert. Immer noch hoffend, sich entlasten zu können, schickte Fromm folgendes Fernschreiben hinaus: „Putschversuch von unverantwortlichen Generalen blutig niedergeschlagen. Alle Anführer erschossen. Befehle des Gen. Feldmarschall v. Witzleben, Genobst. Hoepner, General Beck und General Olbricht sind nicht zu befolgen. Ich habe die Befehlsgewalt wieder übernommen, nachdem ich vorübergehend durch Waffengewalt festgenommen war.“19 Im Hof des Bendlerblocks hielt Fromm noch eine zündende Ansprache, in der er den ‘Führer’ pries und der Vorsehung dankte. Dann brachte er ein dreifaches „Sieg Heil!“ auf Hitler aus, ehe er wegfuhr, um sich bei Goebbels zu melden.

Doch die Würfel waren bereits gefallen. Daß Fromm es nicht fertiggebracht hatte, den Putsch schon im Keim zu ersticken, sah man als Versagen und Feigheit an. Am 21. Juli wurde er von der SS verhaftet und am 14. September 1944 von Hitlers Ehrenhof aus der Wehrmacht ausgestoßen. In der Zwischenzeit war er zunächst im Berliner Gestapogefängnis, später im Zuchthaus Brandenburg-Göhrden inhaftiert.20

Dort blieb Fromm bis März 1945, als sein erbitterter Feind Goebbels nachdrücklich von Hitler seine Hinrichtung verlangte. Nur Albert Speer versuchte noch, Fromm durch ein fünfseitiges Schreiben an den Justizminister Thierack zu entlasten.21 Es war vergeblich. Am 9. März vermerkte Goebbels in seinem Tagebuch, Fromm sei „wegen Feigheit vor dem Feinde“ zum Tode verurteilt worden.22 Vor seiner Exekution am 12. März 1945 erklärte Fromm stolz: „Ich sterbe, weil es befohlen wurde. Ich habe immer nur das Beste für Deutschland gewollt.“ Die kolportierte Version, seine letzten Worte seien „Es lebe der Führer!“ gewesen, wurde später von einem Augenzeugen kategorisch bestritten.23 Nachdem Fromm von einem Erschießungskommando hingerichtet worden war, wurde sein Leichnam eingeäschert und dem Reichsjustizministerium übergeben. Damit endete das Leben eines der schillerndsten Generale der höheren militärischen Führung des NS-Staates, der lange Zeit für äußerste Effizienz im Ersatzwesen und in der Heeresrüstung im ‘Heimatkriegsgebiet’ gesorgt hatte, obwohl er die Niederlage des Reiches realistischerweise kommen sah.

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