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Üben, üben, üben

Arnd Brummer über das Fastenmotto 2022


ARND BRUMMER

Botschafter der Aktion „7 Wochen Ohne“

Chorleiter Norbert wirkt erschöpft, als er im Dorfgasthof seinen Mantel auszieht und am Tresen um ein Glas Wein bittet. „Wir haben jetzt noch drei Monate Zeit bis Ostern. Ziemlicher Proben-Stress. Und weil das allein noch nicht heftig genug ist, haben die Pfarrerin und unser Kirchenvorstand ein paar höchst anspruchsvolle Stücke für den Ostergottesdienst ausgesucht.“ Norberts Chor kennt diese Herausforderung, seit es die Gemeinschaft der Singenden gibt. Ob in der Kirche, im Gemeindesaal oder bei gutem Wetter im Pfarrgarten: Die Fastenzeit erlaubte beim Üben keinerlei Stillstand.

Derzeit laufen die Chorproben noch oft per Zoom, was die Sache nicht einfacher macht. Die Sänger und Sängerinnen werden ständig abgelenkt. Bei der einen klingelt das Telefon, weil ihr Mann später nach Hause kommt. Der zweite Bass hat vor der Probe noch einen Teig in den Backofen geschoben. Und nun droht das Zeug zu verbrennen. Also schreit er kurz „Moment mal!“ und rennt in die Küche. Norbert reagiert mit dem Hinweis „Wir unterbrechen jetzt nicht! Wir müssen üben, üben, üben! Wir haben so wenig Zeit. Stillstand können wir uns nicht leisten!“

Sopranistin Michaela, die neben Norbert am Tresen steht, grinst und klopft ihm auf die Schulter: „Üben! Du hast mit der Parole mehr als nur einfach recht. Dabei weiß ich gar nicht, ob du sie in deinen Anfängen selbst immer angewendet hast.“


Praktizierte Nächstenliebe braucht Training, und zwar regelmäßig.


Ein gemeinsames Ziel, ob musikalisch, im Sport, auf einer Wandertour oder in der Familie, fordert heraus. Und es zwingt die Beteiligten dabei, ihre persönlichen Gaben, ihre Stärken im Sinne aller einzubringen. „Üben“ ist ein Element der Lebenskunst. Und nun hat „Sieben Wochen ohne“ diese Formel zum Motto 2022 gemacht. Warum?

Die von Corona erzwungenen Veränderungen in unserem alltäglichen Leben sind tief und weitreichend. Das galt und gilt für nahezu alle Formen von Gemeinschaft – in Chören, Schulen, Gottesdiensten, Versammlungen, in Parlamenten, Theatern oder Fußballstadien. Durch das Üben von Distanz sowie im Versuch, dennoch mit den Nächsten Gemeinschaft zu erleben, haben wir den Stillstand der Selbstverständlichkeit überwunden.

Dass man nicht nur durch die Bedingungen von Krisen erfährt, was Üben für Werte fördert, können wir gerade in sozialen Gemeinschaften erfahren, in denen wir nicht nur als Fans unterwegs sind. Fast alle ehrenamtlich gegründeten und getragenen Organisationen haben ihre Basis im Üben. Das gilt für eine Kirchengemeinde ebenso wie für eine Freiwillige Feuerwehr oder einen Tennisklub. Von Mitmenschen deren Wissen theoretisch, in Vorträgen und Lehrbüchern zu hören, ist nicht falsch. Wirksamkeit erhalten neue Erkenntnisse jedoch nur im Training, im Anwenden und Üben, also im Handeln.

Ein Nachbar von Norbert am Tresen erzählt, wie wichtig genau dies für Leute in der Freiwilligen Feuerwehr sei. „In unseren wöchentlichen Übungen lernen wir nicht absolute Regeln für Notfälle. Wir wissen zwar, wie man löscht, aber mindestens genauso wichtig ist, wie wir als Truppe unsere unterschiedlichen Kenntnisse, Begabungen und körperlichen Fähigkeiten im Ernstfall gemeinsam einsetzen. Max kann Verletzte körperlich aus der Gefahrenzone wegbringen. Clemens weiß, wie man die Leiter hochfährt. Gerlinde kümmert sich um die Schläuche.“

Praktizierte Nächstenliebe braucht Training, und zwar regelmäßig. Der Spruch „Schön, dass ich das kann!“ reicht nicht. Gelebte Liebe in Beziehungen funktioniert nur, wenn die Erfahrungen von Verschiedenheit und Übereinstimmung ständig bewusst gemacht werden. Was mein Gegenüber vor zehn Jahren verkraften konnte, kann heute stören oder gar verletzen. Ebenso sollte ich selbst kommunizieren, wenn sich meine Sensibilität verändert. Dieser Austausch vergrößert den Spielraum, der gemeinsames Leben möglich macht.

Der Ausgangspunkt für die Fastenzeit sind die 40 Tage Jesu in der Wüste. Dabei stand für Jesus nicht der Verzicht auf Speis und Trank im Mittelpunkt. Er wollte ungestört und losgelöst von alltäglichen Gewohnheiten über seinen Weg zum himmlischen Vater nachdenken und schließlich entscheiden. Historisch bedeutet der Begriff Fasten sich entscheiden, abschließen, schließen. Das ist noch im englischen „Fasten your seatbelts“ herauszuhören: „Schließen Sie Ihre Sicherheitsgurte“. Wir folgen Jesus Christus, wenn wir in den sieben Wochen Fastenzeit üben, ohne Stillstand sein Weg der Liebe zu folgen.

Fastenaktion 2022: Üben! Sieben Wochen ohne Stillstand. Zutaten Themenheft

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