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ALLES MUSS RAUS!

Ich auch…, sagt Johannes Meier. Für ihn ist der Spruch ein Zuspruch


JOHANNES MEIER

Journalist, Pfarrer und Jugendreferent der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck

Der Spruch klebt in knallroten Großbuchstaben auf einem Schaufenster in der Fußgängerzone: Alles muss raus! Vielleicht ein verspäteter Winterschlussverkauf? Oder womöglich eine Corona-bedingte Geschäftsaufgabe? Ich weiß es nicht. Im Grunde genommen ist dieses „Alles muss raus“ ja auch seit Beginn der Corona-Pandemie das Motto der Stunde. Im Sinne von: Alle müssen raus! An die frische Luft nämlich, da ist es am sichersten, haben wir gelernt, da haben die Aerosole keine Chance.

Alles muss raus! Noch nie habe ich so viele Spaziergänger und Jogger gesehen wie in den vergangenen zwei Jahren. Inzwischen kenne ich auch selbst wirklich jeden einzelnen Park der Stadt. Ich geh ja ständig raus. Wohin auch sonst? 10.000 Schritte soll der Mensch pro Tag tun, kein Problem!

Die Bibel ist voller Aufbrüche

Und da ist was dran. Denn dieses „Alles muss raus“ – das könnte eigentlich auch als Überschrift über den wichtigsten Glaubensgeschichten aus der Bibel stehen. Schon ganz vorne, gleich nach der Schöpfungserzählung geht’s damit los: Adam und Eva müssen raus aus dem Paradies und mitten hinein ins pralle Leben, mit allem Schönen und Hässlichen, mit allen Krisen und Wundern. Einige Seiten später folgt dann die große Befreiungsgeschichte der Bibel: Das Volk Gottes zieht raus aus Ägypten, durchs Schilfmeer in die Unabhängigkeit, fort von der Sklaverei. Der christliche Glaube ist nichts für Stubenhocker.

Alle dürfen raus! Immer wieder geht es genau darum in den Erzählungen von Gott und den Menschen. Der Psalm 23 in der Bibel, den viele kennen, findet draußen statt: „Der Herr ist mein Hirte … und ob ich schon wanderte im finstern Tal …“ Der verängstigte Wanderer findet irgendwann raus aus dem finsteren Tal, weil das Vertrauen auf Gott ihn wie ein Stecken oder Wanderstab stützt und ermutigt. Der Prophet Daniel kommt dank seines Gottvertrauens sogar raus aus der sprichwörtlichen Löwengrube. Jona gelangt raus aus dem Walfischbauch. Und Jesus geht raus aus seiner Heimatstadt Nazareth, um als Wanderprediger immer mehr Menschen zu erreichen. Alles muss, alles darf, alles kann raus! Das kann man doppelt verstehen: Raus in die Welt! Und: Raus mit allem, was ich zu geben habe! Das ist gar keine schlechte Zusammenfassung von Jesu Kernbotschaft: Seid freigiebig mit Liebe und Vertrauen zu euch selbst und zu anderen, weil ihr geliebte Menschenkinder Gottes seid!


So vieles muss, soll und darf sich ändern in unserer Gesellschaft. Also raus mit allen guten Ideen!


Runter von der Netflix-Couch

Alles muss raus! – Dieser Spruch hat mehrere Seiten. Er ist ein Werbeversprechen für Schnäppchen. Das ist eine Seite. Als Motto in Pandemie-Zeiten fordert er dazu auf: Trefft euch möglichst nicht in geschlossenen Räumen! Geht raus an die frische Luft! Eine andere Seite. Da gehorcht das „Alles muss raus“ der Not. Es ist keine Freiheit, sondern muss sein, um Ansteckung zu vermeiden. Aber ich verstehe „Alles muss raus!“ jetzt einfach mal als Zuspruch: Hab Mut und verlass deine Komfortzone! Geh raus und probier Neues aus!

So vieles muss, soll und darf sich ändern in unserer Gesellschaft und in der Art und Weise, wie wir unser Miteinander und diese Welt gestalten wollen. Also raus mit allen guten Einfällen und Ideen! Freigiebig sein, offen sein, runter von der einsamen Netflix-Couch und raus aus dem My-Home-is-my-Castle.

Alles muss raus! Das erinnert mich auch an den Sperrmüll, den ich für die kommende Woche bestellt habe. Aufräumen und entrümpeln. Das hat auch was von: Hier ist kein Platz mehr für schlechte Energie und falsche Freunde. Toxische Beziehungen beenden. Freiräume schaffen.

Alles muss raus! Das nehme ich als Richtungsansage für mich. Ein Blick nach vorn. Mich öffnen und rauslassen, was ich einbringen kann. Raus und aufstehen. Aufeinander zugehen. Voneinander lernen, miteinander umzugehen.

Fastenaktion 2022: Üben! Sieben Wochen ohne Stillstand. Zutaten Themenheft

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