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Die Töpfer

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Um 5000 v.u.Z. erwarb man die aus dem Osten kommende Fertigkeit, aus Lehm und Ton Gebrauchsgegenstände zu formen und zu dauerhafter Keramik zu brennen. Damit fügte sich Finnland als Teil einem weiten, bis zum Ural reichenden keramischen Kulturgebiet ein. Mit der Neuerung begann für Finnland die jüngere oder neolithische Steinzeit. Als ihre Erkennungsmerkmale gelten im Allgemeinen die Kenntnis der Lehmtechnik, die Verbreitung vollständig geschliffener Steinobjekte und der Beginn von Viehzucht und Landwirtschaft. Die beiden letzteren Erwerbszweige lernte man allerdings erst am Ende der Steinzeit kennen, sie fanden zur Bronze- und Eisenzeit allgemeine Verbreitung. Die Keramik ist deshalb besonders wichtig für die vorhistorische Forschung, weil sie als anorganischer Stoff ebenso erhalten blieb wie Steingegenstände. Zugleich aber änderten sich im Laufe der Zeit die Form, die Herstellungsart und vor allem die Dekoration der Tonobjekte ständig. Während in der Steinbearbeitung ein effektives Modell über mehrere Jahrtausende in Verwendung bleiben konnte, lassen sich bei keramischen Gegenständen Phasen von Hunderten von Jahren unterscheiden. So kristallisieren sich aus den Keramikfunden sowohl zeitlich wie auch gebietsweise Kulturbereiche mit verschiedenen Traditionen heraus.

Die frühe Kammkeramik fand im gesamten Gebiet der Suomusjärvi-Kultur Verbreitung, Tongefäße wurden in Wohnbereichen von Südfinnland bis nach Inari in Lappland gefunden. Der Name dieser Kulturphase leitet sich von der Kammspuren ähnlichen Verzierung mit Punkt- und Strichdekor her. Die Neuheit wurde gleichzeitig im südlichen, mittleren wie nördlichen Finnland übernommen. Im Osten mischte man die Tonmasse mit Asbest, was die Herstellung von Gefäßen ermöglichte, die wesentlich dünnwandiger waren.

Der frühen Phase folgte die typische Kammkeramik (3900–3400 v.u.Z.) und danach deren Spätzeit (3600–3200). Um 3200 v.u.Z. erreichte eine völlig andere Kultur aus dem Baltikum den Südwesten Finnlands. Es handelt sich um die Hammeraxt- oder Schnurkeramikkultur, in der Viehzucht gepflegt wurde. Mit dem Viehmist wurde das Feld gedüngt, und langsam entwickelte sich so gegen Ende der Steinzeit eine bescheidene Landwirtschaft. Schwendwirtschaft und Feldanbau wurden allmählich zu einem allgemeinen Nebenerwerb. Die Feldkultivierung kam gleichzeitig an der Küste wie im Binnenland in Gebrauch, diese Innovation hielt also sowohl von Süden als auch von Osten her Einzug.

Schwerpunkte der spätkammkeramischen Kultur waren die südlichen, südwestlichen und westlichen Küstenstreifen Finnlands, aber im Inland und in Ostfinnland dürfte es auch eine Gruppe von Trägern dieser Kultur gegeben haben. Mit der Verschmelzung von Schnur- und Kammkeramik im Südwesten entstand schließlich um 2300 v.u.Z. die letzte eiszeitliche Kultur im südlichen Finnland, die sogenannte Kultur von Kiukainen, die sich in der Bronzezeit fortsetzte.

Die Existenz relativ großer Kulturgebiete mit gleichartiger keramischer Tradition beweist, dass die Fanggemeinschaften trotz ihrer geringen Bevölkerungszahlen unterei nander in regelmäßigem Kontakt gestanden haben müssen. Der biologische Genbestand des Menschen beinhaltet das natürliche Bestreben, Inzest zu vermeiden, woraus sich schon früh kraft der Kultur Vorschriften entwickelten, die das Zusammentreffen von Ehegatten innerhalb der Verwandtschaftsgrade begrenzten. In den primitiven Kleingemeinschaften wurde oft Exogamie geübt, das heißt, als Ehepartner kam nur in Frage, wer außerhalb der eigenen Gemeinschaft stand. Der eine Partner hat die Traditionen der eigenen Familie mit dem Übergang in eine andere Gruppe dann in die neue Umgebung eingebracht.

Was aber sagt uns das Auftreten der Keramik in ihren verschiedenen Stilen über die Kultur und ihre Träger? Der aus Lehmmasse in unterschiedlichen Mischungen hergestellte Rohstoff wurde in fernen südlichen Regionen zu Tongefäßen geformt und gebrannt, und zwar zur selben Zeit, als der Mensch begann, das Land zu bearbeiten. Den Ertrag aus dem Getreideanbau bewahrte man zum Schutz vor Schädlingen in Tongefäßen auf. Feldwirtschaft und Keramik breiteten sich im Allgemeinen gemeinsam in neue Kulturräume aus. Die Fertigkeit, technisch anspruchsvolle Keramik herzustellen, bürgerte sich vom Osten aus in Finnland ein. Getreideanbau betrieb man in den Russland nahe gelegenen Gebieten, da hier kontinentales Klima herrschte. Neuere Forschungen aus den Jahren 2010–2012 haben ergeben, dass zur frühen Kammkeramikzeit Siedler in Südost-Finnland etwa 5300 v.u.Z. schon Buchweizen und um 4200 Gerste angebaut haben müssen. In jener Zeit wurde aber auch das Klima in Finnland günstiger, wodurch die Nahrungsressourcen der Umgebung reichhaltiger wurden und somit kleinere Nutzungsflächen genügten. Vor allem die in kammkeramischer Zeit gefertigten großen Gefäße waren nicht zum Transport geeignet; sie verblieben also offenbar zumeist in denjenigen Siedlungsarealen, wo sie später aufgefunden wurden.

Weil die typischen Muster, die die Gegenstände der Suomusjärvi-Kultur verziert hatten, in kammkeramischer Zeit weiter benutzt wurden, kam man zu dem Schluss, die Besiedlungskontinuität sei zu betonen, und betrachtete die Aneignung der Keramik lediglich als eine technische Neuheit. Die im Verhältnis zu früher verbesserten Lebensbedingungen führten zur Zunahme der Bevölkerung und zu erweiterten Verkehrsverbindungen, wodurch unter anderem Importrohstoffe erhältlich wurden: aus dem Süden Bernstein, aus dem Osten Feuerstein und auch der oben erwähnte Stil der Keramikdekoration.

Die naturräumliche Umgebung der Jagdgemeinschaften hatte sich nach der Eiszeit ständig weiter erwärmt. Die günstigste Zeit erlebte man um 4900 v.u.Z., als die Durchschnittstemperatur der des heutigen Mitteleuropa entsprach. Damals wuchsen edle Laubbäume bis in die Höhe der heutigen Stadt Oulu. Gegen Ende der Steinzeit begann sich das Klima wieder abzukühlen und die Edelhölzer wichen Fichten, die als neue Baumart aus dem Osten nach Südfinnland einwanderten. 2000 v.u.Z. war die Fichte im Binnenland endemisch und 800 Jahre später hatte sie sich schon in ganz Finnland ausgebreitet, nur nicht auf den Meeresinseln.

An den Küstenwohnplätzen errichteten die Menschen entweder vorläufige zeltartige Behausungen mit einem Durchmesser von etwa fünf Metern oder bleibende feste Gebäude, die sogar zwanzig Meter im Durchmesser betragen konnten. An und nahe bei den Küsten bildeten sich Dörfer aus, im Binnenland blieb die Besiedlung verstreut und bescheidener. An den Wohnstätten lassen sich noch immer Erdvertiefungen oder Herdsteine finden. Die Gräber wurden in Arealen neben den Wohnsiedlungen angelegt. Man gab den Verschiedenen Gegenstände für das Jenseits mit ins Grab und sie wurden, wie damals allgemein üblich, mit einer Schicht roter Ockererde bestreut.


Steinzeitdorf in Saarijärvi

1980 wurde auf einer Insel mit zahlreichen Altertumsresten im mittelfinnischen Saarijärvi als kulturelles Touristenziel ein Steinzeitdorf gegründet. Am Ufer rekonstruierte man mit dem Wissen der damaligen Zeit eine Reihe kleiner zeltartiger Behausungen. Durch Untersuchungen verbesserten sich die Kenntnisse über steinzeitliche Wohnstätten, entsprechend wurden neue Rekonstruktionen errichtet, die erheblich größer sind, sogar 20 m im Durchmesser und eindeutig für ständige Nutzung gedacht. In unmittelbarer Nähe fand man bei Ausgrabungen 1999–2000 Reste eines rechteckigen Gebäudes (8 × 12 m) mit behauenem Holzblockfundament.

Die Schnurkeramik und die binnenländischen Asbestkeramiken zeigen, dass Finnland schon zum Ende der Steinzeit in ein westliches und ein östliches Kulturgebiet unterschieden war, bestehend aus den Küstenstreifen einerseits und dem Binnenland andererseits. Im Inland wurden in der Lebensform der Jagdgemeinschaften die Traditionen der kammkeramischen Kultur fortgesetzt, an den Küsten ging man während der auf die Schnurkeramik folgenden Kultur von Kiukainen zur Bewirtschaftung der Felder über. Jedoch besagt die Einteilung in Stein-, Bronze- und Eisenzeit nicht, wie die damaligen Menschen für ihren Unterhalt sorgten, anders gesagt, ob sie sich hauptsächlich durch Einödwirtschaft, also Nutzung der Wildmark, ernährten oder durch bäuerliche Landwirtschaft. Die Grenze zwischen beiden Lebensformen war nicht schroff, denn wer im Binnenland seine Felder bestellte, sah im Jagen, Fischen und Sammeln von Naturgaben bis ins 19. Jahrhundert hinein einen durchaus wertvollen Nebenerwerb.

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