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Kackwurst (Kleinbeken, 1967)

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Andis Eltern waren immer weg. Oft gab es nichts Richtiges zu Essen bei ihm, nur Dosenmilch für die Babys oder Instant-Kartoffelpüree, das Andi als Pulver aß. Sie tranken Wasser direkt aus der Leitung. Wenn ich zu ihm ging, packte ich meinen kleinen Rucksack immer mit Essen voll. Andi hatte fünf Geschwister, vier Brüder und eine Schwester. Ich wusste nicht, ob ich die beneiden oder bemitleiden sollte. Ich fand es meistens nicht gut, ein Einzelkind zu sein, aber so wie bei Andi war es auch nicht schön, sie stritten oder hauten sich andauernd. Manchmal passierten bei Andi zuhause Sachen, die ich mir nie vorgestellt hätte, also so was, wo man schon als Fünfjährige denkt: „Das geht nicht“. Sein kleiner Bruder kackte noch mit drei Jahren auf den Teppich, trug die Wurst durch die Wohnung und zeigte sie jedem. Ich konnte das gar nicht fassen, als ich das sah.

Wir wohnten im gleichen Haus, er in der ersten und ich in der dritten Etage.

Hinter unserem Haus war ein Sandkasten. Ich spielte dort oft allein. Eines Tages kam Andi und setzte sich schweigend neben mich. Wir spielten immer synchron. Wenn ich Kuchen backte, backte Andi Kuchen, wenn er eine Burg baute, baute ich die Burg mit. Andere Kinder interessierten uns nicht, allerdings interessierten sich die auch nicht für uns. Unsere Sandkastenwelt existierte abgetrennt von unglücklichen Eltern, vollgekackten Wohnungen oder leeren Kühlschränken.

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