Читать книгу Tante Daffis Haus - Hannah Opitz - Страница 4

Zur Rede gestellt

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Der Hörsaal war relativ voll. Der Professor war tatsächlich ein wenig seltsam. Luna mochte seine Ausstrahlung nicht. Irgendwie empfand sie die als bedrohlich.

„Wo ist dein vermeintlicher Freund?“, hakte sie leise bei ihrer Freundin nach.

„Da vorne rechts“, flüsterte Nina zurück und deutete auf einen tatsächlich durchaus attraktiven jungen Mann.

„Oh! Der sieht wirklich gut aus!“, stellte Luna fest. „Fast schon zu gut...“, fügte sie in Gedanken hinzu. Sie überlegte.

Weshalb kam ihr die Ausstrahlung der Beiden nur so unheimlich und doch irgendwie bekannt vor? Sie beobachtete beide – Vater und Sohn – eine Weile, bis ihr die Antwort kam: Die Beiden waren unverkennbar Seelenfresser!

Schockiert ließ sie sich zurückfallen.

Was hatte ihr Vater ihr über Seelenfresser erzählt? Eigentlich konnten sie nur an Halloween, am Abend vor Allerheiligen, in ihre Welt kommen und sich ein paar Opfer ausspähen. Aber – was taten dann diese Beiden hier? Irritiert betrachtete sie sie noch eine Weile.

„Vielleicht“, so kam es ihr etwas später, „ist der Vater ein verstoßener Seelenfresser, so etwas soll ja schon vorgekommen sein. Allerdings – kann ein Seelenfresser überhaupt als Professor an einer Universität arbeiten? Also ich weiß ja nicht. Auf der anderen Seite – der Junge, sofern er wirklich sein Sohn sein sollte, erscheint mir nicht wie ein normaler Seelenfresser zu sein – oder?

Hm, was sagte Papa? Männliche Seelenfresser vermehren sich doch, indem – indem – oh wei! Indem sie menschliche Frauen schwängern und die Babys sich dann von der Seele der Frauen bis zu ihrer Geburt ernähren. Kommt der neue Seelenfresser auf die Welt, stirbt die Frau. Ein wenig anders sieht das bei magischen Geschöpfen aus – ojeojeoje, ich muss Nina dringend zu einer Abtreibung überreden, bevor das kleine Biest noch vollkommen ihre Seele aufgefressen hat! Aber das würde Nina niemals tun...“

Betrübt betrachtete Luna ihre Freundin. Sie saß so unschuldig und interessiert da, dass es ihr fast leidtat, dass sie ihr nicht die Wahrheit verraten konnte. Insbesondere, da Nina sich vor allem Magischen entsetzlich fürchtete – insbesondere vor Hexen.

Das war aus einem anderen Grund ein enormes Problem. Luna war es relativ früh aufgefallen gewesen: Nina war eine Hexe. Vermutlich hatte sie sie aufgrund ihres Vampirgeruchsinns sofort erkannt. Nur – Nina selbst wusste es nicht. Und ihre Eltern – zwei selbsternannte Hexenjäger – würden ihr kaum die Wahrheit sagen – wenn sie die Wahrheit denn wussten.

Das hatte Luna sowieso schon immer verwundert gehabt – klar, Nina war adoptiert, dass wussten sie alle. Aber wieso hatten zwei Hexenjäger ausgerechnet eine kleine Hexe adoptiert? Das war für Luna vollkommen sinnfrei.

Sie selbst war froh, Ninas Eltern nur ein, zweimal begegnet zu sein, da sie ja selbst auch teilweise eine Hexe war und sich in ihrer Gegenwart nicht besonders wohl fühlte. Dass es heutzutage überhaupt noch Hexenjäger gab, war schon ein Wunder! Vor allem, dass sie damit auch noch Geld verdienten.

„Nur gut, dass Papa mir beigebracht hat, wie ich mit Seelenfressern umgehen muss“, dachte Luna sich. Es wäre schrecklich, wenn sie das vergessen würde, wie es ihr manchmal in Schockmomenten passierte.

Nach der Vorlesung folgten die zwei Freundinnen einfach dem Professor, sein Sohn dackelte Nina, wie Luna erstaunt feststellte, tatsächlich hinterher. Der Professor bog in sein Büro ein und schloss die Tür. Nina und Luna standen nun erst einmal davor und überlegten. Der Junge war etwas auf Abstand bedacht, scheinbar schien er nicht verstanden zu haben, dass sie wussten, dass er da war.

„He, Damian! Komm her, wir wollen mit dir und deinem Vater reden!“, rief Nina ihn zu sich.

Er kam etwas unsicher auf sie zu. „Weswegen denn?“, fragte er misstrauisch. Er ließ Luna nicht aus den Augen.

„Das wirst du noch erfahren!“, erwiderte Luna und klopfte an.

Sie wurden herein gebeten.

„Professor Dean? Könnten wir wohl mal mit Ihnen sprechen?“, fragte Nina vorsichtig.

Der Prof nickte nur. „Was gibt es denn, Katharina?“, wollte er wissen.

Es war nicht wirklich verwunderlich, dass er ihren Namen kannte, immerhin war sein Sohn offensichtlich in sie vernarrt.

„Es geht um Ihren Sohn und seine Beziehung zu mir“, erklärte Nina, als die Tür geschlossen war. Ihr schien ein Stein vom Herzen zu rollen.

„Wieso? Was ist denn damit?“, wollte der Prof wissen. Sein Sohn hielt sich im Hintergrund.

„Er ist entsetzlich aufdringlich und wenn ich ihn zurechtweise, wird es nur schlimmer. Können Sie ihm nicht mal sagen, dass er mich endlich in Ruhe lassen soll? Ich weiß, Sie stehen auf seiner Seite, das sehe ich ja eindeutig an meinen Noten. Aber dennoch habe auch ich meine Rechte“, erklärte Nina zaghaft.

Der Prof lachte. „So, hast du das?“, wollte er wissen.

Nina nickte.

„Ja, und ob sie das hat! Es kann ja wohl nicht angehen, dass Sie ihr von einem auf das andere Mal – rein zufälligerweise nach der Zurückweisung Ihres Sohnes – plötzlich schlechtere Noten geben!“, regte Luna sich auf.

„Wer bist du denn überhaupt?“, fragte der Prof von oben herab.

„Ich bin eine Freundin von ihr!“, erklärte Luna herausfordernd.

„Soso, eine Freundin. Soll ich dir mal etwas sagen, du Freundin von Katharina? Sie ist schwanger. Sie ist schwanger von meinem Sohn und mein Sohn hat ein Recht darauf, bei seinem Kind zu sein!“, erklärte er ihr mit einem bedrohlichen Unterton.

„Was denn? Sie wissen es?“, fragte Nina erstaunt.

Luna und Professor Dean funkelten sich gegenseitig so feindselig an, dass sie sie gar nicht hörten.

„Aber sie wird das Kind nicht behalten!“, erklärte Luna bestimmt, „Sie wird es abtreiben und zwar so bald wie möglich!“

„Was?“, fragten alle drei auf einmal.

„Luna – das – das kannst du nicht bestimmen!“, protestierte Nina.

„Es ist aber besser so, glaube mir! Oder willst du das Balg von dem da auf ewig mit dir rumschleppen? Es versorgen?“, erwiderte Luna, sie traute sich nicht, zu erwähnen, dass Nina bei der Geburt sterben würde, wer weiß, wie die beiden Seelenfresser darauf reagieren würden?

Nina sah sie entsetzt an. „Was soll das denn, Luna?“, fragte sie sie mit großen Augen.

„Sie sind böse! Merkst du das denn gar nicht?“, wollte Luna wissen, „Und das Kind wird ebenfalls böse werden!“

„Aber – ich will mein Kind nicht abtreiben!“, protestierte Nina.

Damian, der die gesamte Zeit über still im Hintergrund verweilt hatte, sagte nun auch etwas. „Es – wäre aber vielleicht wirklich besser, das Kind abzutreiben“, pflichtete er Luna kleinlaut bei.

Luna sah ihn erstaunt an.

Ihr wurde plötzlich bewusst, dass es wohl nicht in böser Absicht geschehen war und er Nina vermutlich nur deshalb auf Schritt und Tritt folgte, um sich zu vergewissern, dass es ihr gut ging.

„Niemals werde ich mein Kind abtreiben!“, erklärte sie engstirnig.

Damian sah sie flehend an.

„So lob ich mir das!“, meinte der Prof triumphierend.

„Aber – das – das können Sie doch nicht zulassen! Das dürfen Sie nicht! Und Sie wissen, warum! Es ist verboten!“, protestierte Luna.

„Na und? Mir vielleicht! Aber ihm doch nicht! Und so lange niemand davon erfährt, wird dieses Kind auf die Welt kommen!“, erwiderte der Prof.

„Oh, aber er wird es erfahren, dafür werde ich schon sorgen, verlasst euch lieber drauf!“, erwiderte Luna mit verschränkten Armen.

„Nein! Bitte, bitte nicht!“, flehte Damian sie an und warf sich ihr zu Füßen.

„Was? Wovon redet ihr denn da bitteschön? Könnte mich vielleicht irgendjemand aufklären?“, hakte Nina nach.

Luna schüttelte den Kopf. „Lieber nicht, Schätzchen! Wenn du wüsstest, mit wem du dich da eingelassen hast!“, meinte sie.

Ihr war bewusst, warum Damian sie so anflehte, es nicht zu erzählen. Vermutlich war er einer der glücklichen, jungen Seelenfresser, die von ihrem Vater eine Art Stipendium bekommen hatten und in ihrer Welt studieren durften. Offensichtlich war er einer von ihnen, nur – so gefährlich Seelenfresser auch waren, sie hatten Probleme, die Lebewesen im Diesseits zu unterscheiden. Dies konnten sie nur, indem sie das physische Äußere beurteilten.

Was hatte ihr Vater gesagt? Seelenfresser hatten keinen Geruchssinn mehr, deswegen funktionierte das bei ihnen nicht, sie konnten das Wesen höchstens anhand dessen Seele erkennen.

„Damian, steh auf, ich regel das!“, erwiderte der Prof.

Sein Sohne gehorchte. Lief ihm da gerade eine Träne über die Wange, die er sich wegwischte? Luna war sich unsicher, ob Seelenfresser überhaupt weinen konnten – wobei – wenn sie schon eine menschliche Gestalt annehmen konnten...

Luna sah den Prof herausfordernd an. Er stellte sich ziemlich nah vor sie und schloss die Augen. Und dann geschah das, mit dem Luna eigentlich gerechnet hatte. Dennoch war es unerwartet. Er begann – ohne jegliche Vorwarnung, er musste ein sehr starker Seelenfresser sein, normalerweise gab es erst eine Art Vorspiel, in der sie ihre Opfer lebensmüde machten – ihre Seele auszusaugen. Luna war so erschrocken darüber, dass sie ganz vergessen hatte, was ihr Vater ihr bei solch einer Situation geraten hatte.

Sie spürte, wie der Boden langsam unter ihr weg sackte.

„Luna!“, schrie Nina entsetzt und wollte zu ihrer Freundin rennen.

Doch Damian hielt sie zurück. „Lass es lieber, du kannst ihr nicht helfen“, erklärte er leise und nahm sie in seine Arme.

Nina wimmerte.

In diesem Moment klopfte es an die Tür.

„Professor Dean?“, sagte eine Stimme von außerhalb und öffnete die Tür, „Allgemeine Verhaltens – oh!“ Der junge Mann, der eingetreten war, sah entsetzt mit an, wie der Professor Lunas Seele aussaugte.

„Deo protegente!“, rief er mit wilden Gebärden und sprang zwischen die Beiden.

Eine unsichtbare Kraft schien den Professor zu ergreifen und gegen die Wand zu werfen. Der junge Mann beugte sich zu Luna runter und nahm sie hoch, als wäre sie leicht wie eine Feder.

„Den Schreibtisch frei! Sofort!“, kommandierte er.

Nina und Damian gehorchten ehrfurchtsvoll. Obwohl er kaum älter sein konnte, als sie selbst, hatte er eine furchtbar starke, autoritäre Ausstrahlung, die vielleicht von seinem äußerst selbstbewussten Auftreten herkam. Er schien erfahren in solchen Dingen zu sein, also ließ Nina ihn machen und flüchtete sich zurück in Damians Arme.

Der Mann legte Luna sanft auf die Schreibtischplatte. Sie wand sich vor Schmerzen. „Ach, Luna!“, seufzte er.

„Sie kennen sie?“, hakte Damian verwirrt nach. Er wurde mit einem bösen Blick bestraft.

„Herkommen!“, befahl der Mann dann dem Prof.

Professor Dean gehorchte widerwillig und rappelte sich auf.

Während er langsam auf den Mann zu schlurfte, knöpfte dieser Lunas Bluse auf und rollte ihr Unterhemd hoch, sodass sie mit fast vollkommen entblößten Oberkörper dalag, hätte sie nicht noch ihren BH angehabt.

Der junge Mann packte den Prof mit der linken Hand am Hals, während er die rechte Hand auf Lunas Brust drückte, etwa da, wo ihr Herz war. „Sanare anima!“, sagte er.

Nina konnte es nicht sehen, aber sie spürte, wie ihn etwas zu durchfahren schien. Generell verstand sie nicht recht, was da gerade geschah.

Luna fuhr aus ihrer Ohnmacht hoch. Ihr war kalt. Das Erste, was sie sah, waren Nina und Damian, die ängstlich zusammengepresst an der Wand standen. Sie bemerkte, dass ihr Unterhemd nicht mehr da war, wo es hingehörte und rollte es herunter. Anschließend begann sie, sich wieder zuzuknöpfen. Dann fiel ihr Blick auf den missmutigen Professor.

Verwirrt hielt sie inne. Hatte er ihr nicht gerade eben ihre Seele ausgesaugt? Was war passiert? „Natürlich!“, dachte sie sich erleichtert, ihr Vater musste jemanden geschickt haben, der hier spontan mal nach dem Rechten sah, das war er in der Regel selbst.

Erfreut wandte sie sich nach links um. Doch da stand nicht ihr Vater.

„Du?“, fragte sie erstarrend.

„Ich“, sagte er ruhig.

„Was – tust du hier?“, wollte sie irritiert wissen.

„Er schickt mich“, antwortete er nur.

„Wie geht es ihm?“, wollte sie als nächstes wissen.

„Gut“, meinte er nur.

„Habt ihr – viel Kontakt?“, hakte sie zögerlich nach.

„Es geht“, erwiderte er knapp.

„Studierst du an seiner Uni?“, war ihre nächste Frage.

Er nickte. „Ich habe die Schule nie verlassen“, erklärte er.

„Aber – als wir mit der Grundschule fertig waren, gab es dort doch noch gar keine Mittelstufe!“, protestierte sie. Ihre Umwelt hatte sie vollkommen ausgeblendet.

„Ja, aber nachdem sie, als wir in der sechsten Klasse waren, eröffnet wurde, haben meine Eltern mich wieder dorthin geschickt. Nach dem Abi habe ich dort gleich zu studieren begonnen. Ich habe meinen Bachelor schon so gut wie in der Tasche“, erzählte er.

Sie war beeindruckt.

Sie hörten ein Räuspern. Es war Nina, wie Luna bewusst wurde, als sie sich umdrehte.

„Entschuldigung, aber – würde mir vielleicht mal jemand erklären, was hier gerade passiert ist?“, wollte sie wissen.

„Das würde mich allerdings auch mal interessieren. Professor Dean?“, wandte der junge Mann sich an den Prof.

„Ja, gut, ich habe sie angegriffen“, maulte er.

„Und? Entspricht das den Verhaltensanforderungen?“, erwiderte der Mann.

Luna verfolgte all seine Worte mit einer großen Begeisterung. Er sah richtig erwachsen aus. So reif. Ein richtiger Mann eben. Dagegen fühlte sie sich wie ein kleines Mädchen.

Der Professor schüttelte den Kopf. „Nein“, sagte er leise.

„Ich schlage vor, Sie lassen sich vorerst krank schreiben. Den Rest wird der Ältestenrat zusammen mit der Regierungskammer entscheiden“, erklärte der junge Mann.

„Was für ein Ältestenrat und was für eine Regierungskammer? Und wer um alles in dieser Welt sind Sie überhaupt?“, wollte Nina verwirrt wissen.

„Wer ich bin? Oh, Verzeihung! Elias Zahnmeister, angenehm. Auf Ihren Fall werde ich noch zu sprechen kommen. Aber erst würde ich gerne ein paar Worte mit Luna wechseln!“, antwortete er und sah Luna ausdruckslos an.

Sie konnte in seinen Augen nicht wirklich lesen, was er dachte oder wollte.

Der Prof marschierte sofort freiwillig hinaus. Damian folgte ihm nur zögerlich. Nur Nina stand mit verschränkten Armen da und starrte die Beiden an.

„Ich würde gerne mit ihr alleine sprechen“, erklärte Elias noch einmal nachdrücklich.

„Ich werde nicht hier weggehen, bis mir jemand erklärt hat, was da gerade abging!“, erwiderte Nina hartnäckig.

Er seufzte. „Na gut. Ich wollte dir eigentlich die Blamage ersparen“, wandte er sich wieder an Luna, „aber – was fällt dir eigentlich ein? Das heißt – was fällt dir nicht ein! Du, gerade du solltest doch wissen, wie gefährlich es ist, sich mit einem Seelenfresser anzulegen! Hast du deinem Vater überhaupt einmal zugehört, als er dir etwas über diese Wesen beigebracht hat? Gerade du solltest doch wissen, wie man sich gegen sie verteidigen sollte! Was war denn los?“

Luna war sich nicht sicher, ob er wütend oder besorgt war. Dennoch antwortete sie: „Das war doch keine Absicht, mich so von dem aussaugen zu lassen! Ich war einfach so geschockt in dem Moment, dass ich einen Blackout hatte. Außerdem war Latein noch nie meine Stärke! Was muss man da noch einmal sagen?“

„Deo protegente! Das ist doch nicht so schwer! Gottes Schutz!“, erwiderte Elias genervt.

„Ja, aber wieso denn Gottes Schutz? Kann mich denn nicht auch jemand anderes beschützen?“, wollte sie wissen.

Er stöhnte auf. „Es ist nun mal der einzige, erprobte Spruch, der dich beschützen kann! Ist doch egal, wessen Schutz! Hauptsache, es geht dir gut! Geht es dir gut?“, hakte er, nun doch etwas besorgt, nach.

Sie nickte. „Ja“, meinte sie, „das heißt aber nicht, dass du mich gleich jedes Mal retten musst! Bild dir da bloß nichts drauf ein! Das nächste Mal schaffe ich das auch alleine!“

Er lachte auf. „Das nächste Mal? Es wird doch hoffentlich kein nächstes Mal geben!“, erwiderte er.

„Überhaupt – seit wann arbeitest du für ihn?“, wollte Luna wissen.

Nina beobachtete das hin und her sehr interessiert, auch, wenn sie nichts verstand.

„Seit ich an der Uni bin, gewissermaßen“, erwiderte Elias.

„Aha. Und wie dienst du ihm?“, hakte Luna nach.

„Nun – eigentlich bringt er mir eher Sachen bei und erklärt mir Dinge. Dinge, die du auch wissen solltest“, antwortete er.

„Aha. Und was studierst du?“, fragte sie weiter.

„Das ist schwer zu sagen. Ich studiere so von allen Fächern ein bisschen was“, erklärte er.

„Aha. Und wohin soll dich das letztendlich führen?“, wollte sie wissen.

Er wurde rot.

„Ist es ein peinlicher Job?“, hakte sie gleich nach. Sie fühlte, wie es in ihrer Brust triumphierte, wenn er irgendetwas auch nur annäherungsweise Peinliches studierte, wie – ihr fiel nichts ein, aber wenn er es studierte, war es wahrscheinlich peinlich.

„Ich – würde gerne Bodyguard werden“, sagte er schließlich mit rauer Stimme.

„Bodyguard? Ach echt? Und dafür brauchst du ein Studium?“, erwiderte sie gleich herausfordernd.

Ihm war sichtlich unwohl zumute. „Nun“, sagte er, er hatte einen dicken Kloß im Hals und ihm schwindelte leicht, „natürlich nicht so ein normaler Bodyguard. Ich brauche für das, was ich machen will, eine ganz spezielle Ausbildung. Ich muss mich mit allem Möglichem auskennen.“

„Und was ist das für ein spezieller Bodyguard, wenn du dafür so eine Sonderausbildung brauchst?“, hakte sie verwirrt nach, „Ich meine, wen würdest du denn dann so beschützen?“

„Die“, sein Hals war so rau, er musste sich räuspern, und etwas Spucke seine trockene Kehle hinunterschlucken, „die königliche Familie.“

Er hatte es so leise gesagt, dass man es kaum verstehen konnte. Aber Luna hatte ja gute Ohren, immerhin war sie zu einem Viertel ein Werwolf.

Sie spürte, wie ihr heiß wurde. Das hieße dann ja – war es möglich – vielleicht – vielleicht würde er dann für immer auf sie aufpassen! Luna schwindelte leicht.

„Aber“, warf sie dennoch ein, „aber niemand davon braucht doch deinen Schutz!“

„Aha. Und was war das da gerade eben?“, hakte er nach und sah sie vorwurfsvoll an.

Sie wurde rot.

„Moment mal – königliche Familie? Hä? Ich dachte, wir wären eine Demokratie!“, stellte Nina – sie hatte etwas länger zum Schalten gebraucht – fest.

Elias lachte auf. „Ja, das schon. Aber – es ist ein klein wenig anders, als du denkst“, meinte er lächelnd, dann wandte er sich mit gedämpfter Stimme an Luna: „Wie viel weiß sie?“

„Nichts“, flüsterte sie so leise, dass nur er es hören konnte, da er direkt neben ihr stand.

„Oh“, machte er.

„Überhaupt – warum bist du hier und nicht er?“, wollte Luna dann etwas lauter wissen.

„Nun – er hatte wohl irgend einen wichtigen Termin an der Uni. Weiß nicht so genau, was das ist“, erwiderte Elias.

Zur selben Zeit etwa hatte Mirjam ihr „Bewerbungsgespräch“.

„Also, Frau Dacher, wie es scheint, steht Ihrer Aufnahme an dieser Universität nichts mehr im Wege. Aber natürlich nur, wenn Sie sich der strengsten Geheimhaltung gegenüber Unwissenden verpflichten. Nicht mal Ihren engsten Freundinnen dürfen Sie von den Dingen erzählen, die Sie hier lernen und erleben werden“, erklärte der Präsident ihr gerade.

Mirjam war aufgeregt. „Versprochen, ich werde es niemandem erzählen! Aber, dass ich jetzt an Ihrer Universität bin, das darf ich doch schon noch erzählen, oder?“, wollte sie wissen.

„Kommt drauf an. Wenn Sie normale Fächer wie VWL oder Psychologie belegen – ohne Sonderverzweigungen – dann durchaus. Sollten Sie aber beabsichtigen, Fächer wie Werwolfkunde oder Hexengeschichte zu belegen, und sich darin prüfen zu lassen, dann würde ich Ihnen doch sehr davon abraten“, erklärte er.

„Oh!“, machte sie enttäuscht, „Na gut. Wissen Sie schon, ob ich meine Module alle belegen kann?“

„Ja, allerdings. Also: Werwolfkunde sollte kein Problem sein, da die Lesungen immer in den größeren Sälen stattfinden. An der Geschichte der Werwölfe haben Sie kein Interesse? Stimmt das oder wussten Sie nur nicht, dass es dieses Modul gibt?“, hakte er nach.

„Nein, das wusste ich nicht. Wenn das nicht zu viel wird, hätte ich das gerne auch noch auf meinem Stundenplan“, antwortete sie.

„Gut. Dann notiere ich mir das mal. Ach! Entschuldigen Sie bitte, ich weiß nicht, vielleicht haben Sie es gemerkt, ich bin etwas nervös. Ich werde mal eben bei mir zuhause anrufen, ja?“

Sie nickte.

Er zückte sein Handy hervor und wählte eine Nummer aus.

„Hallo Liebling!“, meldete er sich kurz darauf, „Wie sieht es denn bei euch zuhause aus? Geht es dir gut? Ist jemand bei dir? … Niemand zu Besuch? Naja, ist ja nicht so schlimm. ... Was ich will? Och, ich wollte nur mal horchen, ob alles in Ordnung ist. ... Uh, unser Jüngstes hat mal wieder Durchfall? Naja, da kann man nichts machen. Ich liebe dich! Bis später!“ Zufrieden legte er auf.

Mirjams verwunderten Blick bemerkend, erklärte er: „Ja, gut, den Grund für meinen Anruf werden Sie vermutlich noch im Verlauf des Studiums erfahren, aber naja. Wo waren wir?“

„Verzeihen Sie bitte die Frage, Herr Deroll, aber – wohnt Ihre Familie weit weg von der Uni?“, hakte Miri besorgt nach.

Er sah sie erstaunt an. „Nein, wieso?“, wollte er wissen.

„Weil Sie schon dreimal zuhause angerufen haben, während unseres Gespräches! Mir scheint fast, Sie stellen Ihrer Frau nach!“, erklärte sie irritiert.

„Was? Ph, nein, ich bin nur – wie soll ich sagen – es – es geht halt auf die Ranzzeit zu“, erklärte er.

„Ranzzeit? Hört sich ranzig an!“, meinte Mirjam belustigt.

Er lachte leicht. „Mag sein“, bestätigte er.

„Was ist das denn?“, wollte sie wissen.

Er schluckte. „So nennt man die Paarungszeit bei Wölfen. Da wir Werwölfe sehr eng mit ihnen verwandt sind, gibt es bei uns ähnliche Phänomene. Eines davon ist, dass wir Männer ständig über unsere Frauen Bescheid wissen wollen. So, jetzt wissen Sie es doch schon jetzt!“, erklärte er.

„Aha“, machte Miri.

Der Präsident nickte. „So, wo waren wir? Ach, ja! Werwolfkunde und -geschichte. So. Dann wollten Sie noch Allgemeine Wissenschaft der magischen Lebewesen belegen, stimmt das?“, wollte er wissen.

Sie nickte.

„Gut. Es wird ein paar Grundkurse geben, die alle belegen müssen. Falls Sie mal Probleme mit jemandem bekommen sollten, wenden Sie sich am besten an einen unserer älteren Semester. Ich meine natürlich die Studenten der Masterstudiengänge und so weiter. Ja... am besten an einen unserer Präfekten, so heißen bei uns die Vertrauensschüler, sofern man da noch von Schülern sprechen kann. Sie sehen, bei uns ist alles etwas anders als an normalen Universitäten. Nun, einen der Präfekten werde ich Ihnen wohl vielleicht noch vorm Semesterbeginn persönlich vorstellen, aber erst mal wünsche ich Ihnen noch fröhliche Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr!“, meinte er.

„Vielen Dank auch für das nette Gespräch, Herr Deroll!“, erwiderte Mirjam glücklich und schüttelte dem Präsidenten noch zum Abschied die Hand.

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