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3. Das Car-Design meets Marketing und Trader Relations

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Billig würde es nicht werden den neuen, besseren Motor zu bauen, das war Mike klar. Verglichen mit dem ersten Diesel für den Mittelklasse PKW hatte sich schon einiges an zusätzlichem Aufwand ergeben. Russfilter, Entstickungs-Kat, Abgasrückführung, das waren erhebliche zusätzliche Einbauten. Der Motorraum würde ziemlich voll und unter dem Auto würde mehr als ein Blech gebraucht, um die Abgasanlage von der Fahrgastzelle zu isolieren.

Mike dürfte von Gerwitz wieder begleiten. Es war eine der vielen Sitzungen zur Festlegung von Details des Nachfolgemodells. Jetzt ging es nicht nur um die erforderlichen Teile, um deren Kosten, sondern auch um den Platz, den sie beanspruchten. Die wichtigen Herren vom Design hatten ihre Vorstellungen zur Innenraumgrösse schon dargelegt. Selbstverständlich sollte das neue Modell etwas wachsen, ein paar Zentimeter breiter, etwas länger und, natürlich, mehr Höhe. Näher zum SUV, klar. Was Kunden wollen ist besonders wichtig.

Von Gerwitz kam spät dran. Er präsentierte die aus Sicht der Entwicklungsgruppe Motor-Abgas notwendigen Einbauten und erklärte den Platzbedarf.

Selbstverständlich war der zu gross. Der Tank für die Harnstofflösung überstieg mit seiner Grösse den ihm vom Karosseriedesign vorgegebenen Raum. Wieder kam der heftigste Widerspruch von einem der Professoren, diesmal von Prof. Dr. Dr. Kamutzki, dem Design-Giganten.

"Das ist Ihnen doch wohl klar, dass wir nicht Ihren überzogenen Ansprüchen folgend dieses wundervolle Konzept von einem Auto zusätzlich verlängern?" fragte er von Gerwitz sichtlich rhetorisch. "Wir gestalten unser Design mit grosser Sorgfalt unter Berücksichtigung der konkurrierenden Modelle sowie unserer Modellpalette. Der Modellklasse drüber dürfen wir nicht zu nahekommen! Eine Änderung geht schlicht nicht", war seine Zusammenfassung.

Die Diskussion ergab ein klares "nein" zum Einbau des Tanks zwischen oder vor der Hinterachse, da waren schon der Treibstofftank und die Notradmulde und im Motorraum war der 25 Liter Tank auch nicht unterzubringen. Prof. Dr. Dr. Kamutzski forderte auf, gemäss den Vorgaben des Board sich an perfomance Orientierung zu halten und die Anweisung communication & collaboration sehr ernst zu nehmen. Dies führte zu betretenem Schweigen.

Der Kompromissvorschlag kam unerwartet von Prof. Bodenbender. Der rief in Erinnerung, dass es die technischen Vorgaben erlauben, Massnahmen zur Motorschonung zu treffen. "Ich finde, so wie wir die Abgasrückführung drosseln dürfen, können wir die Überhitzung von Motorteilen, und dazu rechne ich den NOx-Kat, zum Anlass nehmen, die Harnstoffdosierung zurückzufahren. Damit fällt bei den Investitionen der zweite zusätzliche Kat heraus. Das spart nicht nur dessen Kosten, sondern erlaubt es auch den Tank deutlich kleiner auszuführen!"

Der Abteilungsleiter Driving Statistics, Prof. Dr. Weidelstein, gab seine Erkenntnisse weiter: "Die Schnellfahrten betreffen nur etwa 30% der Betriebsstunden. Da dann der Kat im Dauerbetrieb ist, bei Überhitzungsgefahr aber abgeschaltet wird, bedeutet dies, wir können den Tankinhalt halbieren."

Die Erleichterung war allgemein. Es würde eng im Motorraum und der Tank wäre eigenartig geformt, aber das war das Problem des Tanklieferanten, also nicht wichtig. In der folgenden Kaffeepause sprachen von Gerwitz und Mike Maier über den bisherigen Stand der Entscheidungen. "Es sieht so aus, als wenn der Motor nur halb so sauber würde, wie es möglich wäre", stellt Mike fest.

"Das ist der Lauf der Dinge im Konzern. Es wird nach dem realistisch Machbaren gesucht und Kosten sparen ist stets sehr gut", antwortete von Gerwitz.

"Mich wundert, dass ausgerechnet der Bodenbender vom Controlling mit der Motorschonung als Argument kam gegen den zweiten Kat beim schnellen Fahren auf der Autobahn."

Von Gerwitz zuckte mit den Schultern: "Der Herr Professor ist ein Sparbrötchen, sonst wäre er nicht beim Controlling. Seinen Professorentitel hat er auch über Einsparungen bekommen. Wissen Sie, der Bodenbender ist Honorarprofessor an so 'ner kleinen Uni, da bringt man Geld mit, um zwei, drei Vorlesungen im Semester zu halten. Aber natürlich bekommt er so den Titel! Was den Tank angeht vermute ich, das war nicht die letzte Schrumpfung."

Er sollte Recht behalten.

Report to the Board: Gemäss den Vorgaben des Vorstandes zum Design des neuen Modells wurden die Dimensionen endgültig festgelegt und die Innenraumgrösse bestimmt. Die Anpassung von Fahrwerk, Motor und der weiteren Einbauten erfordern geringfügige Veränderungen gegenüber den Vorgaben. Verbrauchs- und Abgasdaten bewegen sich unter Berücksichtigung der erforderlichen Massnahmen gerade auch zur Motorschonung im Rahmen. Die Vorgaben des Boards an Customer & Market Focus für die Verträge mit Händlern sind erfüllt. Die Händler werden für die geringere Spanne beim Verkaufspreis durch höhere Gewinne beim Service bessergestellt.

Bei der nächsten Sitzung der Planungsrunde meldete sich ein Mitarbeiter von Trader and Customer Relations. Er begann etwas umständlich: "Wir waren unter dem Aspekt des customer and market focus verpflichtet die Händlerspannen deutlich zu vermindern. Der Grund war, dass teilweise zu hohe Rabatte gewährt wurden, weil die saftige Spanne das hergab. Aber zu hohe Preisnachlässe sind Gift für einen stabilen Markt. Da musste schlicht etwas geschehen. Weil die Händler darüber natürlich nicht begeistert waren, haben wir ihnen versprochen, es gibt ein zusätzliches lukratives Geschäft bei jeder Inspektion: Sie dürfen den AdBlue-Tank auffüllen und der Preis dafür soll stolz sein. Das müssen wir bei der Grösse des Tanks für AdBlue und dem Verbrauch berücksichtigen. Das darf nicht zu wenig werden!"

"Da brauchen Sie keine Angst zu haben", meinte Bodenbender, "das Zeug kaufen wir total billig ein, lassen es in Wasser lösen und in kleine Flaschen füllen, dann kommt ein schönes Etikett drauf und dafür verlangen wir von der Fachwerkstatt mehr als das Doppelte unserer Kosten. Die Werkstatt füllt es dem Kunden bei der Inspektion dann auf und sie darf auch noch mal mehr als verdoppeln! Der Kunde schluckt das locker, das ist gut für die Umwelt und deshalb darf es was kosten!" Leiser fügte er hinzu: "Um nicht die Garantie zu verlieren, muss der Kunde schliesslich unser Zeug nehmen!"

Mike hatte so viel Info zum Verhältnis zu Händlern und Kunden und zur Preisgestaltung nicht erwartet. Auf dem Weg zurück ins Büro versuchte er sein Erstaunen darüber bei von Gerwitz zu artikulieren, aber der winkte ab: "Die Gewinnspannen müssen so hoch sein! Was glauben Sie was der Apparat hier kostet? Da ist allein für die Pensionen der verdienten Manager und Vorstände der Verkauf von mehreren hundert Autos jeden Tag einfach notwendig. Dann denken Sie mal über den Aufwand für Werbung nach! An jedem Auto hängt ein Vertriebskostenetikett von weit über 1.000 €! Solche Aufschläge von 100% sind ganz normal."

Auf Mikes erstaunten Blick gab es nur noch ein freundliches: "Das werden Sie noch mitbekommen, wie der Laden hier läuft, Sie sind ja noch recht neu bei uns!"

Report in person to the board: Prof. Dr. Dr. Kamutzki stellt dem Vorstand persönlich den derzeitigen Stand der Entwicklungsarbeit dar. Fragen zum Design und zur Gestaltung der Karosserie, insbesondere der Spaltmasse wurden positiv beantwortet. Dimensions-und Qualitätsvorgaben sowie Kostenrahmen entsprechen dem Plan.

Dialogfetzen: 'Was ist dran an den Gerüchten, der AdBlue-Tank sei zu klein, um die Entstickung über die vorgesehene Betriebszeit zu garantieren?'

'Da bestehen in der Tat Probleme. Es ist schwierig die Resultate zur Abgasreinigung optimal umzusetzen.'

'Wieso ist dies immer noch nicht gelöst? Was gedenken Sie zu tun? Es ist eindeutig Ihre Aufgabe nun endlich rasch eine Lösung zu finden! Wofür sonst werden Sie bezahlt?!'

Prof. Kamutzki versichert dem Vorstand eine gezielte baldige Aktion zur Lösung der Problematik. Prof. Kamutzki steht dafür persönlich ein, den purpose auf allen Kompetenzebenen und selbstverständlich mit der gesamten Projektmannschaft unter focus on target direkt anzugehen und umzusetzen.

Skandal? Nee, normal!

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