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5. Das Board auf der IAA

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So erlebte Mike bei der Automobilmesse den Vorstand in action. Selbstverständlich hatte er keinen direkten Kontakt zu den wirklich wichtigen Personen des upper managements. Mike war eingeteilt grossen Händlern Rede und Antwort zur Technik zu stehen und dabei sollte er mächtig angeben mit den Untersuchungen seiner Abteilung. Gut, dachte Mike, das geht. Unsere Ergebnisse sind ja auch toll. Was daraus gemacht wurde, weniger. Aber darauf hatte ich keinen Einfluss.

Mike sah aus der dritten Reihe, wie die Vorstellung des neuen Modells fürs Fernsehen arrangiert wurde. Der Vorsitzende Prof. Dr. Sommergerste erschien langsamen Schrittes aus der Tiefe des Messestandes und sah sich im Licht der Spots das neue Modell an. Er umrundete das Fahrzeug. Als sähe er es zum ersten Mal. Dann trat er näher und sah sich die Karosserie genau an. Er zog seine Brieftasche, entnahm ihr eine Kreditkarte und ging mit der Karte den Spalten der Blechteile entlang. Ganz offensichtlich um die Toleranz zu überprüfen. Mike dachte, was für eine show! Das Auto für die Messe ist unter Garantie nicht so wie es hier steht, vom Fliessband gekommen. Da haben etliche Leute geputzt, korrigiert und überprüft. Für den Messeauftritt wurde doch nichts 08/15-mässiges genommen! Eigentlich erstaunlich, dass Journalisten auf so ein Affentheater reinfallen.

Dann zuckte Mike doch. "Was macht denn Prof. Sommergerste?" fragte er erstaunt seinen Nebenmann von Gerwitz. Prof. Sommergerste hatte sich am neuen Auto nicht nur die Spalten in der Karosserie sehr genau angesehen, nein, jetzt kniete er sich auch noch hin, um die Unterseite des Wagens zu begutachten.

"Das ist jetzt nicht sein Ernst?! Er kniet vor dem Auto!" Das Blitzlicht der Fotografen wurde intensiv.

Spöttisch meinte von Gerwitz: "Er huldigt sicher der Qualität!"

Mike bemerkte den Spott und traute sich noch einen drauf zu setzen: "Er ist vielleicht katholisch und kniet gern."

"Nein, er betet für einen noch höheren Bonus!" von Gerwitz war offenbar auf ein wenig Krawall gebürstet, "ich erwarte von unserer Image-Consultant-Tussi allerdings eine andere Formulierung. Sie wird dem Professor sicher erklärt, wie toll positiv dieses Interesse an der Qualität unserer Produkte auf den normal dusseligen Käufer unserer Autos wirkt. 'Eine Geste der Demut kommt immer sehr gut an, wird sie säuseln! Die unterbelichteten Käufer werden glauben, sie seien dem Herrn Sommergerste besonders wichtig!". Er sah Mike an und ergänzte: "Die Worte 'dusselig' und 'unterbelichtet' wird sie natürlich nicht verwenden!"

"Aber der Herr Professor wird's fressen weil's sein Selbstwertgefühl bestätigt", ergänzte Niedermaier von der Technical Intercompany Consulting Group. "Das klingt doch in der Tat herrlich: Für den kleinen Beamten oder Verkäufer, der dieses Modell kauft, ist es eine Bestätigung seiner Wichtigkeit als Käufer, wenn ein hoher Herr, wie Sommergerste sich so um die Qualität seines Fahrzeugs sorgt!"

Sommergerste hatte noch einige salbungsvolle Worte über Qualitätsstandards, Verbrauch und den hohen Stellenwert der Umwelt für den Konzern. Er erklärte, wie sehr es ihn erfreue, dass die Abgase des Motors den Feinstaubgehalt der angesaugten Luft sogar verminderten. Dann war der relativ kurze Auftritt für Fernsehen und Presse beendet. Vorstand und die Direktoren verschwanden, vermutlich zum Diner. Für Mike begann der übliche Betrieb auf einem Messestand. Herumstehen und freundlich doofe Fragen beantworten.

Skandal? Nee, normal!

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