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Anfang Mai 2016 - Alessia: Rayans Haus - Wiedersehen in einer anderen Welt

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Ganz wie zu erwarten gewesen war, war der hinter der Tür liegende Raum - Rayans Büro, in das man ihn zur Unterredung mit seinem Schwager zitiert hatte - leer. Also nahm Alex sich Zeit, das Büro in Ruhe in Augenschein zu nehmen. Eigentlich war es mehr eine Bibliothek, denn zwei Wände waren von oben bis unten mit Bücherregalen bedeckt.

Die beiden anderen Wände boten ob der großen Fenster nicht viel Platz für Schränke oder Ähnliches. Durch die großen Glasflächen flutete das Sonnenlicht herein, was den Raum in ein freundliches Licht tauchte. Weil sowohl der Boden, als auch der wuchtige Schreibtisch aus einem schweren, dunklen Holz waren, tat es der Atmosphäre des Raumes gut, dass man bunte Teppiche verteilt hatte, die weitere Farbakzente setzten.

Insgesamt ein Zimmer, das Alex sofort mochte. Als der Deutsche hörte, wie hinter ihm die Türe geöffnet wurde, drehte er sich um. Sein Schwager Rayan kam mit einem freundlichen Lächeln auf ihn zu. Zu seiner Erleichterung hatte sich die Aufmachung des Scheichs im Vergleich zu seinem Auftritt vorhin gewandelt. Zwar noch immer in traditionelle Robe gehüllt, aber frisch rasiert und geduscht, das Haar kurz geschnitten, machte er einen zivilisierten Eindruck. Er trug ein Gewand in royalem Blau, das mit seinen goldenen Applikationen an Hals und Ärmeln schlichte Eleganz vermittelte. Aber trotz dieser kultivierten Erscheinung konnte er die Exotik einer anderen Kultur nicht verleugnen. Sein Blick und die Art wie er ging, drückten den ganzen Stolz seines Volkes aus. Es war, als wenn seine Präsenz auf einmal den ganzen Raum ausfüllte und auch wenn er schlichtere Kleider angehabt hätte, würde man keinen Zweifel hegen, dass er der geborene Anführer war. So bewegte sich nur ein Mann, der es gewohnt war, Befehle zu erteilen und über andere zu herrschen. Wie hatte Alex sich in München von der westlichen Kleidung so täuschen lassen können? Auch wenn Rayan sich in Deutschland hervorragend angepasst hatte, so war es doch nur eine Art Tarnung gewesen. Es kam Alex vor, als sehe er seinen Schwager zum ersten Mal. Der Deutsche ließ sich durch Funktionen, Namen oder Titel normalerweise wenig beeindrucken, meistens spürte er eine ungesunde Neigung, genau diese Leute herauszufordern. Aber nun fühlte er sich verunsichert. Mit einem Mal war ihm klar, wieso selbst Militärs, wie der grimmige General am Flughafen, ganz selbstverständlich das taten, was der Scheich verlangte.

Interessiert beobachtete Alex, dass der Scheich sich auf einen eleganten Stock stützte, da er mit seinem linken Bein offenbar noch immer Schwierigkeiten hatte. Noch faszinierender war jedoch die Tatsache, dass diese „Behinderung“ seiner stolzen Erscheinung keinen Abbruch tat. Rayan hatte diese Einschränkung bereits in München gehabt, jedoch hatte er damals nur leicht gehinkt. Damals hatte er etwas von einer Sportverletzung erwähnt, jedoch keine detaillierteren Erklärungen abgegeben.

„Herzlich willkommen in Alessia“, sagte Rayan trocken auf Deutsch. „Ich hoffe, man hat dich gut empfangen.“ Sein Tonfall verriet, dass der erste Teil der Aussage reine Höflichkeit war, der zweite rhetorisch.

„Hallo … Schwager! Wie schön dich zu sehen“, antwortete Alex betont fröhlich, um sein Gefühl des Eingeschüchtertseins zu übergehen. Die vertraute Anrede, die er in München benutzt hatte, fiel ihm auf einmal schwer. Mutig fuhr er fort: „ Ja danke, der Empfang am Flughafen war wirklich sehenswert. Ich dachte zuerst, man wolle mich verhaften.“ Er lachte und auch Rayan lächelte einen Moment lang.

Dann wurde der Scheich ernst: „Diese Überraschung hättest du dir sparen können, wenn du dein Kommen avisiert hättest“, er gab sich keine Mühe den Vorwurf aus seiner Stimme herauszuhalten. „Was führt dich hierher?“

„Ein Mann, der sich nicht mit Nebensächlichkeiten aufhält, was?“, murmelte Alex mehr zu sich selbst. Laut sagte er: „Ehrlich gesagt führt mich die Neugierde her. Ich wollte die neue Welt meiner kleinen Schwester ein wenig besser kennenlernen. Angekündigt habe ich mich nicht, weil ich mich einfach nur umsehen und dann wieder abreisen wollte. Ich will hier niemandem zur Last fallen!“

Die Erinnerung, dass Carina seine jüngere Schwester war, beschwichtigte Rayan etwas. War es nicht logisch, dass die Familie seiner Gattin mehr über ihr Leben wissen wollte?

„Hör zu“, begann der Scheich etwas sanfter als vorher. „Ich möchte dich nicht beleidigen. Natürlich ist mir jedes Mitglied von Carinas Familie jederzeit willkommen. Es ist nur so, dass wir aktuell gewisse Probleme haben. Sagen wir ‚politischer Natur‘. Da käme es meinen Gegnern gerade recht, einen meiner Angehörigen in die Finger zu kriegen. Der Empfang diente also ausschließlich deiner Sicherheit.“

Alex bemerkte, dass Rayan ihn als „Angehörigen seiner Familie“ bezeichnet hatte und lächelte erfreut. Den Hinweis auf seine Sicherheit überging er. „Schon gut. Wahrscheinlich war es besser so. Mein neuer Freund Mehmet hat mir auch schon viel erzählt und gezeigt. Nebenbei poliere ich mein Englisch auf.“ Er grinste nun schelmisch. „Das ist nämlich gelinde gesagt katastrophal.“

Rayan ließ sich auf den lockeren Tonfall seines Besuchers ein und lachte nun ebenfalls über dessen Selbsteinschätzung. „Es freut mich, dass du Mehmet als deinen Freund betrachtest. Komm! Ich habe noch nicht gegessen und großen Hunger. Lass uns hinausgehen auf die Veranda. Dort können wir unser Gespräch gemütlicher fortsetzen.“


Rayan - Im Licht der Rache

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