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9. Kapitel

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Max konnte lange nicht schlafen. Immer wieder ging er das Gespräch mit Franz durch, und je mehr er über Franz nachdachte, umso mehr hatte er das Gefühl, als sei Franz ein gebrochener Mann, selbst ohne seinen Krebs. Er mochte diesen „kaputten Mann“, konnte aber keine guten Gründe dafür finden. Vor zwanzig Jahren hätte er so einen Typ wie Franz einfach übersehen. Vor zwanzig Jahren war er voll in seinem Beruf tätig gewesen, und andere Dinge hatten eine Wichtigkeit gehabt, die heute zur Bedeutungslosigkeit abgeglitten waren. Vor knapp zehn Jahren hatte er sich aus dem Berufsleben zurückgezogen, allerdings hatte er noch einige Jahre im Aufsichtsrat von zwei Konzernen mitgewirkt. Das war ein Club alter Männer gewesen, die zwar voller Wissen waren, die aber längst nicht mehr die Agilität der jüngeren Generation hatten. Diese alten Männer hatten nicht loslassen können. Und so hatte er sich eines Tages gesagt, auch damit Schluss zu machen, um sich seinem Hobby zu widmen, das ihn bald nicht mehr interessierte. Was ihn in diesen Tagen und Wochen beschäftigte war Franz und dessen kaputtes Leben.

„Mit dir kann ich reden,“ hatte Franz gesagt. Dieser Satz ging Max immer wieder durch den Kopf. Er freute sich über den Satz, denn es zeigte ihm, dass er noch nützlich sein könnte. Na ja, Max übertrieb vielleicht. Natürlich hatte er immer noch zu tun, und wie er meinte, viel zu viel zu tun. Er hatte sein Geldvermögen gut angelegt, und er beobachtete seine Anlagen und wurde immer dann tätig, wenn seiner Meinung nach die Entwicklung unbefriedigend war. Dann hatte er seine Zeitungen, deren Wirtschaftsnachrichten er sehr genau verfolgte, und zu denen er gelegentlich auch Kommentare schrieb. War das wirklich nützlich? Und wenn er mit diesen Tätigkeiten nicht befasst war, so las er in seiner Bibliothek eines seiner vielen Bücher, die er im Laufe der vielen Jahre gesammelt und nicht gelesen hatte. Die Bibliothek, die mehr als dreitausend Titel umfasste, war vor allem mit historischen Sachbüchern gefüllt. Geschichte, vor allem die Geschichte des vergangenen Jahrhunderts, interessierte ihn sehr, und er meinte, man könne viel aus den Geschehnissen auch für die Gegenwart lernen. Aber waren seine Gedanken wirklich nützlich? Für wen waren sie nützlich? Wenn alles das, was er tat, nicht nützlich war - warum lebte er noch?

Die wertvolle Kunstsammlung im Haus war früher für ihn und seine Frau sehr wichtig gewesen. Er und seine Frau hatten vor allem auf Auktionen wahre Kunstschätze erworben, hauptsächlich Gemälde, die jetzt in seiner Bücherei, im Esszimmer und im unteren Korridor hingen. Jedes Bild war gut versichert, aber der Versicherungsvertreter hatte bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass dieses abseits gelegene Haus nicht gut genug abgesichert sei, trotz der Alarmanlage. Max hatte daher in letzter Zeit oft daran gedacht, die Bilder und die zwei oder drei Skulpturen dem Kunstmuseum zur Verfügung zu stellen. Daraus war bis jetzt nichts geworden, nicht zuletzt deshalb, weil sein Interesse an den Schätzen nachgelassen hatte, und weil er glaubte, dass seine Zeit zu sterben noch nicht gekommen war.

Der Alte spinnt

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