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Dritter Brief.
Von Juliens Liebsten an Frau v. Orbe.

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Inhaltsverzeichnis

(Einschluß des vorigen.)

Hier, Grausame, meine Antwort, Lesen Sie sie und zerfließen Sie in Thränen, wenn Sie mein Herz kennen, und wenn in dem Ihrigen noch Gefühl ist; vor allen Dingen aber, erdrücken Sie mich nicht wieder mit dieser unbarmherzigen Hochachtung, die Sie mir so theuer verkaufen, und aus der Sie mir die Qual meines Lebens machen.

Ihre barbarische Hand hat es also dreist zerrissen, dieses süße Band, das sich unter Ihren Augen fast von Kindheit auf geknüpft hatte und an welchem Ihre Freundschaft mit so großer Freude Theil zu nehmen schien! Also ich bin nun so elend, als Sie mich haben wollen und als ich es nur werden konnte! Ach, kennen Sie den Umfang des Unheils, das Sie stifteten? Fühlen Sie wohl, daß Sie mir die Seele ausreißen, daß es für das, was Sie mir rauben, keinen Ersatz giebt, und daß es tausend Mal besser ist, zu sterben als nicht für einander zu leben? Was reden Sie mir von Juliens Glück? Kann es eines für sie geben, ohne daß das Herz zufriedengestellt sei? Was reden Sie mir von der Gefahr ihrer Mutter? Ach, was ist das Leben einer Mutter, meiner, Ihrer, Juliens selbst, was ist das Dasein der ganzen Welt gegen das köstliche Gefühl, das uns vereinte? Sinnlose, unmenschliche Tugend! ich gehorche deiner Stimme ohne mein Verdienst; ich verabscheue dich, während ich Alles deinetwegen thue. Was sind die leeren Trostgründe gegen die lebendigen Schmerzen der Seele? Geh, trübseliges Götzenbild der Unglücklichen, du vermehrest nur ihr Elend, indem du ihnen die letzten Mittel raubest, die das Glück ihnen gelassen hat. Doch, ich will gehorchen; ja, Grausame, ich will gehorchen; ich will fühllos werden, wenn es möglich ist, und unmenschlich wie Sie. Ich will vergessen mein Alles, das Einzige, was mir auf der Welt theuer war. Ich will nie mehr hören, noch aussprechen, weder Juliens Namen, noch den Ihrigen. Ich will es mir nie wieder zurückrufen, das unerträgliche Andenken. Ingrimm, unbändiger Zorn macht mich hart gegen dieses zu schwere Geschick, Verstocktheit soll mir den Muth ersetzen. Es hat mich zu viel gekostet, ein fühlendes Wesen zu sein; besser der Menschlichkeit entsagen!

Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe)

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