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Kapitel 2

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Die Nordsee empfing sie von ihrer idyllischen Seite, als Julienne nach Stunden den Badeort erreichte. Sie blickte auf eine kleine Stadt, die, abgesehen von Kirche und Rathaus, hauptsächlich aus Villen, Landhäusern und Hotels bestand.

Dahinter erstreckten sich die Dünen, die sich schützend vor dem Strand erhoben.

Julienne sah von Weitem das Meer, auf dessen Oberfläche sich der azurblaue Himmel spiegelte.

Sie vernahm die gellenden Schreie der Möwen, die über das Meer segelten.

Aufgeregt stellte sie den Wagen auf einem Parkplatz ab, warf einen kurzen Blick in den Spiegel, frischte den Lippenstift auf und kämmte ihr kastanienbraunes Haar, bevor sie ausstieg und sich zum Ticket-Automaten begab.

Danach lief sie geradewegs zum vereinbarten Treffpunkt, einem Restaurant namens ‚Toskana‘.

Als Julienne das italienische Restaurant betrat, fielen ihr die stilvollen, weißen Möbel auf. An den Wänden hingen impressionistische Landschaftsgemälde.

Bouquets aus verschieden farbigen Rosen zierten die Tische, an denen die ersten Gäste speisten.

Verunsichert stand sie am Eingang und zupfte an ihrem Chiffonkleid.

Überraschend näherte sich ihr ein Mann, der ungefähr vierzig Jahre alt war. Seine sportliche Figur und das kurze, schwarzbraune Haar erweckten ihre Neugier.

„Hallo, sind Sie Julienne?“, erkundigte sich der Beau.

„Ja, die bin ich. Und Sie sind Alan?“

„Reizend, Sie kennenzulernen. Enchanté“, erwiderte er galant.

Er führte sie an seinen Tisch und bot ihr höflich einen Stuhl an. Julienne fühlte sich wieder wie Anfang zwanzig. Schüchtern lächelte sie ihren geheimnisvollen Bekannten an, den sie bisher nur vom Foto kannte.

„Bitte nenn mich Al wie alle meine Freunde “, bat er sie.

„Gern“, entgegnete sie und betrachtete sein gebräuntes Gesicht, das typisch für einen Menschen ist, der am Meer lebt.

„Darf ich dich auf einen Drink einladen?“, fragte er, während er sie erwartungsvoll anlächelte.

„Auf einen Cappuccino hätte ich Lust.“

„Dein Wunsch ist mir Befehl!“, scherzte er, winkte einen Kellner herbei.

Nachdem der Kellner die Bestellung aufgenommen hatte und zum Tresen eilte, blickte Alan Julienne in die Augen, als wollte er ihre Gedanken erraten.

„Wenn ich dich so anschaue, glaube ich, du hast bestimmt einen interessanten Beruf“, tastete er sich voran.

„Ja, ich bin Schauspielerin.“

„Bei deinem Aussehen dachte ich mir so etwas“, schmeichelte er seinem weiblichen Gast.

Julienne verwirrte der intensive Blick seiner dunkelbraunen Augen, die sein ernsthaftes Interesse zu widerspiegeln schienen.

„Bist du zu Dreharbeiten viel unterwegs?“, hielt er die Unterhaltung am Laufen.

„Überhaupt nicht!“, erwiderte sie und schmunzelte ihren Verehrer an.

Nein, wirklich nicht?“, erkundigte er sich ungläubig.

„Nein, ich trete im Theater auf, da wo ich wohne.“

Alan studierte Juliennes gerötetes Gesicht. Offenbar war sie aufgeregt. Ihre jugendliche Ausstrahlung und das schüchterne Lächeln gefielen ihm. Würde sie seinen Lifestyle akzeptieren?

„Und was machst du so?“, fragte Julienne scheinbar beiläufig.

„Na, Schlossherr! Da hat man genug zu tun!“

Die Schauspielerin blickte ihren Charmeur verdutzt an, der sich über ihre Verwunderung amüsierte.

„Gut, jetzt mal ehrlich! Ich bin diplomierter Kunsthistoriker. Das Studium hat mir geholfen, mich besser um die Restauration des Schlosses und die Evaluation der Kunstwerke zu kümmern.“

Der Kellner war inzwischen mit dem Cappuccino und einem Whiskey zurückgekehrt. Gewandt reichte er seinen Gästen die Drinks.

„Haben Sie sich entschieden, was Sie essen möchten?“

„Nein, wir bestellen später“, wies Alan den Kellner an.

„Wie Sie wünschen“, antwortete er und eilte zu den anderen Gästen.

Julienne nahm einen Schluck und leckte sich den Schaum von den Lippen. Sie genoss den sahnig-süßen Geschmack. Dabei entging ihr nicht, wie sie ihr Verehrer beobachtete.

„Du stehst wohl auf süße Sachen?“, spielte er auf ihre Vorlieben an.

Die Dreiunddreißigjährige spürte die aufwallende Röte in ihrem Gesicht. Sie fürchtete, er würde ihre Schüchternheit bemerken und sich im Stillen über sie lustig machen, dass sie mit über dreißig noch errötete.

„Kannst du dir vorstellen, in einem Schloss zu leben?“, fragte er unverhofft.

„Irgendwie nicht, aber als Schauspielerin liebe ich solch ein Ambiente“, bemühte sie sich, ihre gegensätzlichen Lebensstile zu vermitteln.

„Würdest du auch an einem anderen Theater arbeiten?“

„Ich liebe das Theater in meiner Stadt, die Schauspielkollegen und das ganze Team. Für mich ist es eher unwahrscheinlich, das Engagement aufzugeben.“

„Für die Liebe würdest du es auch nicht tun?“, blieb er hartnäckig.

„Wenn es die große Liebe ist, vielleicht.“

Nachdenklich nippte der Sechsundvierzigjährige an seinem Whiskey. Er studierte Juliennes Gesicht - ihre jadegrünen Augen funkelten, wenn sie über ihren Beruf sprach; die grazile Nase und der schmollende, rote Mund hatten etwas Kindliches an sich.

Er stellte sie sich in schwarzen Spitzendessous und Strumpfbändern vor, die ihre schlanken Beine betonten. Von seinen erotischen Fantasien gefesselt, lächelte er verführerisch.

„Hast du Lust, dir das Schloss anzuschauen?“

„Ich weiß nicht, ob ich die Richtige für dich bin“, wich sie ihm aus. „Du kennst mich kaum!“

„Du bist eine wunderschöne Frau. Tu es belle, ma chère!“, entgegnete er. „Ich möchte dir meine Welt zeigen. Vielleicht gefällt sie dir!“

„Ist dein Schloss hier in der Nähe?“

„Es ist nicht weit von der Küste entfernt. Vom Turm aus hat man einen fantastischen Blick über die Wälder bis hin zum Meer. Es ist wirklich schön!“, versuchte er, sie zu überzeugen.

Julienne blickte ihrem Verehrer in die Augen. Konnte sie ihm über den Weg trauen? Warum sollte der Beau eine Frau über eine Zeitungsannonce suchen?

„Bevor du noch hungerst, bestellen wir erst mal etwas zu essen“, brachte er sich in Erinnerung.

„Ich würde gern Tortellini mit Tomaten und Mozzarella essen“, erwiderte Julienne nach einem kurzen Blick auf die Speisekarte. Zum Frühstück hatte sie ihr Müsli hastig hinuntergeschlungen, und das war Stunden her.

Alan gab dem Kellner ein Zeichen, worauf dieser zum Tisch eilte.

„Was darf ich Ihnen bringen?“, fragte der Italiener seine Gäste.

„Wir hätten gern eine Portion Tortellini mit Tomaten, Mozzarella und Pesto. Außerdem nehmen wir eine Portion Rigatoni mit Sommergemüse. Dazu hätten wir gern eine Flasche Weißwein.“

„Da kann ich Ihnen ‚La Segreta‘ empfehlen. Das ist ein edler Weißwein, sehr aromatisch.“

„Okay, den nehmen wir.“

„Danke sehr, wir werden Ihre Wünsche umgehend erfüllen“, sagte der junge Kellner zuvorkommend und eilte davon.

Während sie auf das Essen warteten, blickten sie sich gegenseitig in die Augen, als hätten sie telepathische Fähigkeiten, einander ohne Worte zu verstehen.

„Du kannst mir so lange in die Augen schauen, bewundernswert“, unterbrach er ihr Schweigen. „Die meisten schaffen das nicht.“

Ich habe eben einen starken Willen“, erwiderte sie amüsiert. Wenig später brachte der Kellner zwei Gläser und die Flasche italienischen Wein.

Flink öffnete er die Flasche und füllte eine Kostprobe in ein Glas.

„Möchten Sie probieren?“

Alan nahm das Glas und trank genussvoll die Weinprobe. Julienne studierte seine Gestik, das ebenmäßige Profil seines Gesichts. Er ist zweifellos ein Genießer, konstatierte sie.

Anschließend reichte der junge Italiener beiden ein Glas mit dem köstlichen Wein.

„Zum Wohl! Alla Salute!“

„À ta santé!“, prostete der Millionär seiner Auserwählten zu.

„Cheers!“, erwiderte sie seine Floskel und griente ihn verlegen an.

Ihr Französisch hatte sie in den letzten Jahren etwas vernachlässigt. In ihrer Kleinstadt sprach niemand Französisch und ihre Reise nach Paris war lange her.

Sein französischer Akzent hatte etwas Verspieltes und überaus Liebenswürdiges an sich.

Julienne trank den süßlichen Wein, der ihre innere Erregung besänftigte.

„Hast du Verwandte in Frankreich?“, wollte sie wissen.

„Mein Urgroßvater kam aus Frankreich und verliebte sich in eine Frau aus Norddeutschland, meine Urgroßmutter. Beide heirateten und kauften sich später das Schloss. Das war um die Jahrhundertwende. Ich habe praktisch französisch-deutsche Wurzeln.“

„Da hast du eine interessante Familiengeschichte“, stellte Julienne fest. „Und leben deine Eltern auch auf dem Schloss?“

Um sie kennenzulernen, war Julienne noch nicht bereit. Davon abgesehen bezweifelte sie, ob ihre Beziehung überhaupt funktionieren würde. Dazu liebte sie ihren Schauspielberuf zu sehr.

Sie hatte ihr Leben lang davon geträumt, eines Tages auf der Bühne zu stehen und hart dafür gearbeitet. Für nichts in der Welt würde sie darauf verzichten.

„Nein, ihnen war das alles zu viel. Sie leben in einem Haus auf einer friesischen Insel.“

„Je vis tout seul!“, erwiderte er und lächelte. „Et toi? Bist du Single?“

„Yes, I am“, flüsterte Julienne erfreut.

„Ja, wirklich? So eine hübsche Frau, allein?“

„Ja! Du bist schließlich auch Single!“, verteidigte sie sich.

Alan bemerkte, wie ihn Juliennes Statement innerlich aufwühlte. Diese umwerfende Brünette lebte allein.

Inzwischen eilte der Kellner mit den frisch zubereiteten Gerichten heran.

„Buon appetito!“, wünschte er seinen Gästen und entfernte sich.

„Bon appétit!“, säuselte Alan seiner Auserwählten zu und verspeiste hungrig die toskanische Pasta.

„Bon appétit! Enjoy!“, murmelte Julienne, wonach sie sich die frisch gegarten Tortellini mit dem fruchtigen Pesto schmecken ließ.

Nach dem Essen in Alans Lieblingsrestaurant schlenderten sie zum feinkörnigen Strand, der in der frühen Nachmittagssonne schimmerte. Die Flut trieb die tosenden Wellen in Ufernähe.

Ein heftiger Wind, der vom Meer herüber wehte, streifte Juliennes Haar, wodurch ihr die langen Strähnen ins Gesicht wedelten.

„Hast du Lust, schwimmen zu gehen?“, fragte Alan spontan.

„Eigentlich schon“, entgegnete Julienne. Für diesen Fall hatte sie sich vor der Abfahrt ihren Bikini unter das Sommerkleid gezogen.

„Dann lass uns keine Zeit verlieren!“

Alan streifte sich hurtig die schwarze Jeans und das hellblaue Hemd ab.

Julienne fühlte sich von seinem athletischen Körper angezogen.

Behutsam berührte er ihre Schultern, strich ihr sanft über den Rücken. Seine Berührung löste ein anregendes Prickeln aus, das sie innerlich erregte.

„Komm mit mir!“, hauchte er ihr ins Ohr.

Julienne legte das Chiffonkleid ab, warf ihre Schuhe in den Sand. Alan ergriff ihre Hand, um mit ihr in die stürmenden Wellen zu springen.

Die eiskalte Strömung durchfuhr sie bis in die Fingerspitzen. Fröstelnd tauchte sie ihren Körper in das eisige Meereswasser. Sie spürte, wie ihr Herz von der Kälte immer heftiger schlug.

Verfroren zog sie ihre Hand aus Alans Umklammerung und hüpfte zum Ufer, wo sie sich ins seichte Wasser setzte. Die glühende Sonne wärmte ihren zitternden Körper.

Er schaute ihr irritiert hinterher, bevor er weiter hinauslief und mit einem Satz in die Tiefe sprang.

Sekunden später tauchte er auf, kraulte durch die tosenden Wogen. Der Sechsundvierzigjährige sprang durch die Wellen, die mit ihrer Urkraft zum offenen Meer strömten.

Erschöpft hüpfte Julienne aus dem knöchelhohen Wasser, hüllte sich frierend in ein wärmendes Badetuch.

Mit einem Mal stand Alan hinter ihr und rubbelte ihren Rücken.

„Du ungehorsames Mädchen, warum bist du einfach so aus dem Wasser gerannt?“, neckte er sie.

„Es war so kalt im Wasser, ich habe es nicht länger ausgehalten“, erklärte sie ihrem verstimmten Begleiter.

„Du bist ziemlich egoistisch“, kritisierte er sie, klatschte ihr auf den Po.

Julienne verdrängte das unangenehme Gefühl. Sie bemühte sich um ein ungezwungenes Lächeln.

Verwirrt setzte sie sich in den weichen Sand und sah Alan dabei zu, wie er sich mit dem Handtuch trockenrieb.

„Du schaust so traurig aus“, überraschte er sie.

„Warum hast du das getan?“

„Pardon! Es war doch nur ein kleiner Klaps. Außerdem hat mich dein knackiger Po gereizt“, entschuldigte er sich und hockte sich neben sie. Behutsam streichelte er ihr Gesicht.

„Du bist süß, wenn du schmollst. Tut mir leid.“ Alan schmunzelte sie an, um ihre Vertrautheit zurück zu gewinnen.

Er legte seine Arme um ihre Schultern, schob sie näher an sich heran.

„Ich bin glücklich, dass du gekommen bist“, flüsterte er.

„Deine Annonce hat mich neugierig gemacht!“ Julienne dachte daran, wie aufgeregt sie war, als sie den ersten Brief an ihn schrieb, ihre Hände dabei zitterten.

„Ich hoffe, dass es dir ein bisschen Spaß gemacht hat.“

„Es hat mir nicht ein bisschen Spaß gemacht“, foppte sie ihn.

„Ich finde es toll!“

„Dann lass uns den Nachmittag bei einer Tasse Tee krönen“, schlug Alan vor.

„Okay, aber ich habe nicht mehr viel Zeit!“

„Pas de problème! Wir schaffen das!“

Nachdem Juliennes Bikini durch die glühenden Strahlen der Sonne und dem heftigen Wind getrocknet war, hüpfte sie in ihr weißes Chiffonkleid, packte die Sachen ein.

Alan zog sich flink seine Couture an.

Entspannt schlenderten sie über den perlfarbigen Sand, an den Dünen vorbei, hinter welchen sich eine flache Landschaft aus weitläufigen Wiesen und vereinzelten Baumgruppen erstreckte.

„Wir können zum Schloss laufen oder wir fahren mit dem Auto hin. Was ist dir lieber?“

Alan blickte Julienne erwartungsvoll an. Sie betrachtete die flimmernden grünen Wiesen, die sich vor ihr erstreckten. In der Ferne entdeckte sie ein ausgedehntes Waldgebiet, zwischen dessen unzähligen Baumkronen ein granitfarbiges Türmchen hervorragte.

„Wenn es nicht zu weit ist, würde ich lieber laufen“, entgegnete Julienne, indes sie die für die Renaissance typische Form des Türmchens bewunderte. Gedanklich stellte sie sich den Rest des Schlosses vor. Sie liebte die Renaissance, die Wiedergeburt der Antike, deren ausgewogene Architektur, Kunst und Literatur, vor allem Shakespeares Theaterstücke.

Mit jedem Schritt an der Seite dieses faszinierenden Mannes, fühlte sie, wie ihre Erregung wuchs.

„Dort vorn ist das Schloss“, unterbrach Alan ihre romantische Träumerei.

„Es ist wunderschön!“, schwärmte Julienne.

„Ja, das ist es“, pflichtete er ihr bei.

Alan lächelte Julienne an, die gegen ihre Nervosität ankämpfte. Sie fühlte sich zu ihm hingezogen, ob sie es wollte oder nicht. Die Gefühle für ihn schienen wie ein Schwarm wilder Hummeln durch ihren Körper zu schwirren, wirbelten ihre Gedanken durcheinander.

Trotz allem kamen in ihrem Bewusstsein Zweifel auf. War es nicht verrückt, worauf sie sich da einließ? Schließlich kannte sie ihn nicht, er war ein Fremder.

Dennoch konnte sie nicht bestreiten, dass sie irgendeine Kraft vorantrieb, ihm zu folgen. Sie empfand diese wachsende Zuneigung für ihn, gegen die sie außerstande war, sich zu widersetzen.


Entfesselt - Gefährliche Leidenschaft

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