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Kapitel 3

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Die granitfarbigen Turmspitzen des Schlosses ragten hinter den üppigen Baumkronen in den Himmel.

Wortlos folgte Julienne ihrem Gastgeber, der selbstbewusst auf sein Ziel zu schritt. Der Waldweg endete am Schlossgarten, dessen geradlinig angelegten Wege zum Schlösschen führten. Julienne bewunderte die kunstvollen Säulen, die den Eingang markierten.

„Es ist wunder …, wunderschön!“, jubelte Julienne und kramte ihr mobiles Telefon aus der Tasche. „Darf ich?“, fragte sie aufgeregt, derweil sie den Bildsucher aktivierte.

„Bien sûr! Fais des photos!“

Julienne suchte den perfekten Ausschnitt für das Bild, visierte die Türmchen und das Dach an, dann drückte sie den Auslöser. Von der Architektur beeindruckt lief sie neben Alan durch den Torbogen.

„C’est magnifique!“

Begeistert strahlte die Schauspielerin ihren Verehrer an. Allmählich erinnerte sie sich an französische Redewendungen aus ihrer Schulzeit.

„Vraiment! Da hast du recht.“

Der Sechsundvierzigjährige lächelte Julienne an, während er ihre grazilen Gesichtszüge studierte. Ihre Augen funkelten im flackernden Licht.

Plötzlich bemerkte er die Ähnlichkeit. Wenn sie lächelte, sah er Giulietta, als wäre sie ihre jüngere Schwester. Warum fiel ihm das erst jetzt auf? Vermutlich fühlte er deshalb diese Sehnsucht seit ihrem ersten Brief.

„Komm, gehen wir in den Salon. Marie bereitet uns einen schmackhaften Tee und wir können noch ein wenig plaudern.“

Alan führte sie in die Eingangshalle, wo sie von einer Frau mittleren Alters und einem älteren Herrn in schwarzer Kleidung begrüßt wurden.

Behutsam tippelte Julienne über das glänzende Parkett, das ein Vermögen wert sein musste. Das Weiß der meterhohen Wände strahlte eine sagenhafte Frische aus.

Am unteren Ende der Wendeltreppe rekelte sich Aphrodite auf einem Marmorsockel, deren unverhüllter Körper im gedämpften Licht schimmerte, das durch die Bogenfenster hereinströmte.

Julienne hastete die Stufen zur ersten Etage hinauf, wo sich die Ahnengalerie befand. Alan bemerkte, wie sie die in Goldrahmen gefassten Ölgemälde bewunderte.

„Schau, das sind meine Urgroßeltern, die das Schloss von einem Grafen gekauft hatten. Ursprünglich war es nur als Sommerresidenz gedacht.“

Fasziniert vertiefte sich Julienne in die Gemälde, die im Stil der alten Meister gemalt waren. Die Porträtierten schienen aus dem Schatten des schwarzbraunen Hintergrundes ins Licht des Betrachters zu treten. Ihre leicht gebräunte Haut hob sich deutlich von dem dunklen Grund ab.

Alans Urgroßmutter trug ein schlichtes, lavendelfarbiges Kleid, das mit einem weißen Spitzenkragen versehen war. An ihrem schmalen Hals funkelte eine Perlenkette. Ihre Wangen schienen vor Aufregung zu glühen. Sie hatte sich das dunkelblonde Haar hochgesteckt, einzelne Löckchen umspielten ihr Gesicht.

Sein Urgroßvater trug unter dem eleganten schwarzen Anzug ein weißes Hemd. Das dunkelbraune Haar hatte er sich zurückgekämmt.

„Du hast also das Haar von deinem Urgroßvater! Er war ein gutaussehender Mann.“

„Tja, das ist wohl ein Erbstück aus dem Hause Moreau!“

Alan lächelte Julienne an. „Aber jetzt lass uns endlich Tee trinken! Marie hat schon alles im Salon angerichtet.“

Als sie hektisch an der Gemäldesammlung vorbeiliefen, fiel Julienne das Porträt einer etwa 35-jährigen Frau auf. Abrupt blieb sie stehen, um das Bild genauer anzuschauen.

Das wellige, rotbraune Haar fiel ihr über die Schultern, bedeckte die zierliche Brust. Ihr schmales Gesicht strahlte. Offensichtlich war sie glücklich. Die grünen Augen zogen sie in ihren Bann. Es kam ihr so vor, als ob sie die Frau kannte.

„Das ist Giulietta“, stellte ihr Alan die Schöne vor.

„Sie ist hübsch. Ist das deine Frau?“, fragte Julienne verwirrt. Im Restaurant hatte er noch behauptet, Single zu sein. Offenbar hatte er gelogen.

„Sie war es. Das ist schon einige Jahre her. Wie du weißt, lebe ich allein.“

„Wo ist sie?“, blieb Julienne beharrlich.

„Sie hat mich verlassen.“ „Warum?“ „Das erzähle ich dir ein anderes Mal.“

Ungeduldig schritt er den Flur entlang, an dessen Ende sich der blaue Salon befand.

Beim Betreten des Raumes blickte Julienne zuerst auf die königsblaue Tapete aus feinem Damast. An den Wänden hingen Landschaftsgemälde. Die nussbaumfarbigen Rokoko-Möbel waren im Zentrum des Raumes angeordnet. Am Fenster befand sich ein Flügel im gleichen Farbton wie der runde Tisch, auf welchem eine Teekanne und zwei Gedecke standen.

„Der Tee wird kalt, ma chérie!“

„Merci beaucoup!“, trällerte sie, bevor sie sich auf dem antiken Stuhl niederließ.

Alan lächelte zufrieden, bevor er den heißen Tee einschenkte, Julienne die Tasse reichte. „Das mach ich gerne. Avec plaisir!“

Auf einer Etagere lagen verschiedene Sorten Gebäck.

„Für den Fall, dass du wieder hungrig bist.“

Genussvoll trank Julienne den aromatischen Tee, dessen Duft den Salon erfüllte.

„Wie gefällt es dir?“, wollte Alan wissen.

„Es ist traumhaft!“

„Kannst du dir vorstellen, hier zu leben?“

„Weiß ich nicht. Je ne sais pas.“

Julienne zuckte ratlos mit den Schultern. Das Schloss war ihr zu abgelegen. Außerdem hatte er ihr seine Frau verschwiegen. Sie hatte keine Lust, ewig die zweite Geige zu spielen.

„Weißt du denn, ob du mich wiedersehen willst?“, fragte Alan enttäuscht.

„Auf jeden Fall!“

„Da bin ich beruhigt“, sagte er, streichelte ihre Hand.

„Schließlich kannst du nicht einfach so wieder aus meinem Leben verschwinden.“

„Das habe ich auch nicht vor.“

Er schaute ihr ins Gesicht, fixierte ihre grünen Augen, um Antworten zu finden. Bedeutete er ihr etwas?

„Ich muss jetzt gehen“, erinnerte sie ihn. Eine mehrstündige Autofahrt lag noch vor ihr.

„Ich begleite dich.“

Die lauen Strahlen der Sonne flimmerten durch das Blätterwerk der Bäume, als sie durch den Schlossgarten schlenderten. Am Wegesrand wuchsen Rosenbäumchen, deren Blüten im milden Licht schimmerten. In Kürze würde die Sonne am Horizont untergehen.

Zielstrebig liefen sie über den Waldweg, bis sie von Weitem die gelbgrünen Wiesen sahen, die sich bis zu den Dünen erstreckten.

Alan legte den Arm um Juliennes Schulter, indes sie über den weichen Boden tapsten.

„Ich hätte dir gern noch den Ausblick zum Meer vom Turm aus gezeigt“, bedauerte er.

„Das machen wir, wenn ich wiederkomme“, tröstete sie ihn.

„Du wirst mir fehlen.“

„Du mir auch.“

Alan blieb plötzlich stehen und umarmte sie. Er blickte ihr in die Augen, als ob es ihn schmerzte, dass sie fortging. Sacht küsste er sie auf den Mund. Sie spürte, wie seine Zungenspitze ihre Lippen berührte. Ein inniges Gefühl durchfuhr ihren Körper. Sie fühlte die Hitze, die in ihrem Innern brodelte.

„Ich habe mich in dich verliebt“, hauchte er, hielt sie fest in seiner Umarmung.

„Ich auch!“ Erregt strich sie sich über das verwuschelte Haar. Alles um sie herum schien auf sie einzustürzen.

Beunruhigt dachte sie an die Aufführung von ‚Ein Sommernachtstraum‘, für die sie noch den ellenlangen Text ihrer Rolle zu lernen hatte.

„Bleib doch noch!“, bat er sie.

„Ich würde gern, aber das geht nicht.“

Nervös stakste sie über den sandigen Weg, der bis zu dem Städtchen führte, wo ihr Auto für die Heimfahrt bereitstand.

Abgesehen von ihrer Panik, für die neue Rolle nicht ausreichend gelernt zu haben und sich auf der Bühne vor Peinlichkeit in Grund und Boden zu schämen, hatten sie sich erst kennengelernt. Um bei ihm zu schlafen, war es ihr zu früh.

Was, wenn er überhaupt nicht der war, für den sie ihn hielt? Und warum hatte er es so eilig?

„Danke für alles. Komme bald wieder!“, versprach sie ihm, bevor sie in den bordeauxfarbigen Kleinwagen stieg.

„Merci pour tout!“


Entfesselt - Gefährliche Leidenschaft

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