Читать книгу Wonderscape - Jennifer Bell - Страница 10

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Seid ihr immer noch nicht fertig?«, fragte Ren, als sie hinter dem Paravent hervortrat. Zu ihren Springerstiefeln und der Cargohose trug sie jetzt noch eine schwarze Weste mit Gürtel über einem langärmeligen Thermoshirt. In Kombination mit ihrer hellen Haut, dem dunklen Kajal und den glatten schwarzen Haaren hätte sie fast als Vampir durchgehen können.

Arthur griff in eine Kiste mit T-Shirts. »Sekunde noch.«

Kurz darauf waren auch er und Cecily umgezogen. Sie trug eine Ripped Jeans, ein Vintage-T-Shirt mit California-Logo und einen grünen Kaschmir-Cardigan zu ihrer Lederjacke. Sogar eine Hundeleine für Cloud hatte sie gefunden, die genau zu seinem rubinroten Halsband passte. Arthur hatte sich ein schlichtes weißes T-Shirt zu der Jeans und den Turnschuhen ausgesucht, darüber einen roten Pullover und eine dünne wasserdichte Jacke. Normalerweise würde er so etwas nicht anziehen, aber es war trocken und überraschend bequem.

Er fummelte nervös an einem losen Faden seines Pullis herum, während sie den Korridor zu Newtons Arbeitszimmer entlangliefen. Obwohl der Wissenschaftler versprochen hatte, ihnen die Lage zu erklären, in der sie sich befanden, hatte Arthur das ungute Gefühl, dass ihm nicht gefallen würde, was er zu sagen hätte. Es beunruhigte ihn, dass ihnen noch niemand erklärt hatte, wie sie nach Peacepoint Estate zurückkamen.

Als sie durch die Kajütentür traten, blinzelte Arthur überrascht. Der Raum war größer und heller als erwartet. Kronleuchter schmückten die Decke und ergossen ihr Licht auf eine Reihe behaglicher Ledersessel, hölzerne Schreibpulte und Labortische. Auf dem gefliesten Boden wiederholte sich das Hexagonmuster, und überall standen Bücherregale an den Wänden, bis auf einen Teil des Schiffskörpers, den man durch bodentiefes dickes Glas ersetzt hatte, das den Blick auf das tiefblaue Wasser draußen freigab.

»Professor?«, rief Arthur und wagte sich vorsichtig hinein. Er schob sich an einem Tisch mit merkwürdigen Laborgerätschaften vorbei. Dazu gehörten zum Beispiel schwebende Reagenzgläser, Bunsenbrenner mit bonbonrosa Flammen und sogar ein verschlossenes Becherglas mit orangefarbenem Glibber, der an den Becherwänden hinaufstieg, als wollte er ausbrechen.

»Er ist nicht hier«, sagte Ren. »Wir müssen wohl warten.«

Cecily hielt sich eine Lupe vors Auge, die es auf die Größe eines Apfels anschwellen ließ. »Was ist das hier alles?«

Sämtliche Oberflächen waren mit Utensilien übersät, die auf merkwürdige Experimente schließen ließen. Die Einzelteile einer gewissenhaft sezierten Mimenhand lagen sorgfältig angeordnet neben einem Stapel teebefleckter Unterlagen, einer Zange und einer angesengten Wollmütze. Arthur ging an einem Tisch mit einer Reihe von Mikroskopen vorbei. Darunter befanden sich Schubkästen, die den Schriftzug WONDERNEWS-ARCHIV trugen, und er fragte sich, was das bedeuten sollte.

In der Mitte des Raumes stand ein rechteckiger Metallrahmen von der Höhe und Breite eines Bücherregals. »Newton hat doch gesagt, dass die Principia ein Forschungsschiff ist«, rief Arthur ihnen in Erinnerung. »Hier führt er offenbar einen Teil seiner wissenschaftlichen Untersuchungen durch.« Der Metallrahmen war schwarz gestrichen, wirkte aber irgendwie noch dunkler als alles, was Arthur je gesehen hatte – als söge er sämtliches Licht in sich auf.

Plötzlich ging die Tür auf, und Newton stürmte herein. Er hatte einen Stapel schwarzen Stoff dabei. »Verzeihung, dass ihr warten musstet«, murmelte er. »Ich konnte die richtigen Schuhe nicht finden.«

Als seine Füße ins Blickfeld kamen, musste Arthur zwei Mal hinsehen. Der Mann, der die Schwerkraft entdeckt hatte, trug ein Paar flauschige rosa Einhorn-Pantoffeln.

»Aus irgendeinem Grund kommen mir zurzeit die besten Ideen, wenn ich neuartiges Schuhwerk trage«, beeilte sich Newton zu erklären. »Und eure besondere Lage erfordert meine besten Ideen.«

Er hängte die Stoffteile über eine Sessellehne und hastete zu einer leuchtend bunten Apparatur in der Ecke. Mit ihren blinkenden Neonlichtern ähnelte sie einer alten Jukebox, nur dass hinter dem Glas eine holografische Liste schimmerte.

»Lektion eins: Alles, was euch umgibt, ist real«, sagte Newton. Er schnipste mit den Fingern, und die Liste reagierte auf seine Bewegung. Eine Abfolge von Videos und Laufschrift wurde in Gang gesetzt. »Eine virtuelle Realität existiert in Wonderscape nicht. Alles funktioniert auf der Basis einer Kombination aus molekularer Anordnung, sich selbst rekonfigurierender modularer Robotertechnik und Nanotechnologie. Das wird euch jetzt wahrscheinlich etwas wundersam erscheinen, aber dazu erzähle ich euch gleich mehr.«

Arthur schwirrte der Kopf. Er hatte recht gehabt mit der abgefahrenen Zukunftswissenschaft. Von Nanotechnologie hatte er schon gehört, allerdings kam so etwas nur in Comics vor. Er warf Ren und Cecily einen besorgten Blick zu, während sie sich vor der Jukebox aufstellten. Das hieß wahrscheinlich, dass es viel schwieriger werden würde, nach Hause zu kommen, als sie gehofft hatten.

Auf eine Handbewegung Newtons hin glitt eine Tür in der unteren Hälfte der Jukebox auf. Er bückte sich, nahm einen kleinen Porzellanteller heraus und stellte ihn auf einen Tisch in der Nähe. Auf dem Teller lag ein Vollkornsandwich mit Thunfisch, säuberlich in vier Dreiecke geteilt und mit einer Garnitur aus frischen grünen Salatblättern und saftigen Tomaten angerichtet.

Cecily runzelte die Stirn. »Ich dachte, er wollte uns eine Erklärung auftischen und keinen Imbiss.«

Arthur wusste nicht, was Newton vorhatte, doch er sah das Wort LEBENSMITTEL an oberster Stelle der Liste blinken. Die Jukebox musste eine Art Verkaufsautomat sein.

Newton orderte noch weitere Gerichte und stellte sie neben das Sandwich. Als er fertig war, stand ein beachtliches Buffet auf dem Tisch – von Rollmops und Lachs-Sushi über Reistopf mit Räucherfisch bis zu dampfender Hummersuppe. Sogar einen Hundenapf voll Wasser für Cloud gab die Jukebox aus, der sich gleich auf seine vier Buchstaben setzte und davon schlabberte.

»Die Küche auf der Principia beschränkt sich leider auf Meeresfrüchte«, erklärte der Naturforscher ihnen. »Ein paar dieser neumodischen Gerichte sind wirklich ziemlich gut, aber ein ordentliches Gulasch wäre mir lieber. Trotzdem, bedient euch.«

Der Fischgeruch war so penetrant, dass Arthur fast übel wurde. Ren und Cecily musste es genauso gehen, denn beide schüttelten schnell den Kopf.

»Wie ihr wollt«, murmelte Newton. »Einen Happen zu essen kann bei schlechten Nachrichten manchmal ganz tröstlich sein.«

»Schlechte Nachrichten?« Arthur wurde flau im Magen, als Newton zu dem bodentiefen Fenster düste und einen weißen Filzstift aus der Tasche zog. »Also, ich habe schon seit meiner Zeit an der Royal Society keine Vorlesung mehr gehalten. Kann sein, dass ich ein bisschen aus der Übung bin.« Mit quietschendem Stift zeichnete er etwas auf das Glas, dann trat er einen Schritt zurück.

Es war wieder das seltsame Dreieck-Hexagon-Kreuz-Symbol.

»Das ist das Logo von Hxperion, einer Firma, die In-Reality Adventure Games, abgekürzt I-RAGs, entwickelt und herstellt. Ihr befindet euch zurzeit in WONDERSCAPE, dem größten und außergewöhnlichsten I-RAG, das jemals geschaffen wurde.«

Arthur hatte schon genug Computerspiele gespielt, um zu wissen, dass ein RPG ein Role-Playing Game war und ein MMO ein Massively Multiplayer Online Game, aber von I-RAGs hatte er noch nie etwas gehört. Er ging näher an die Glasscheibe heran und betrachtete das Hxperion-Logo. Kein Wunder, dass es überall zu sehen war.

»WONDERSCAPE ist in verschiedene Realms, also Welten, aufgeteilt«, fuhr Newton fort und zeichnete eine Reihe miteinander verbundener Kreise. »Die Spieler heißen Wanderer. In jedem Realm müssen sie sich einer Reihe von Challenges stellen, die sie erfolgreich beenden müssen, um sich ihre Beute, genannt Loot, zu verdienen und in die nächste Welt fortschreiten zu können.«

»Aber was machen Sie in einem Spiel?«, fragte Cecily. »Sie sind doch Wissenschaftler.«

Newton verzog das Gesicht. »Jede der Welten in WONDERSCAPE ist thematisch auf einen anderen Helden der Menschheitsgeschichte ausgerichtet. Cleopatras Realm soll zum Beispiel eine großartige Neuschaffung Ägyptens zur Zeit der ptolemäischen Dynastie sein. Wie könnte man das Reich Alexander des Großen besser kennenlernen als durch einen persönlichen Besuch? Wenn ein Entdeckerherz in eurer Brust schlägt, könnt ihr euch dem berühmten Wikinger Leif Erikson auf seiner Reise nach Nordamerika anschließen oder zusammen mit Valentina Tereshkova, der ersten Frau im All, an Bord der Wostok 6 gehen. Nur wenn ihr alle Challenges in einem Realm beendet, gratuliert euch der Held persönlich – eine Attraktion, durch die WONDERSCAPE extrem beliebt wurde – und Hxperion sehr mächtig.«

Arthur bekam eine Gänsehaut, als er darüber nachdachte, was Newtons Ausführungen bedeuteten. Er konnte nicht fassen, dass es wirklich möglich sein sollte, all diese Orte zu besuchen und all diese großartigen Menschen zu treffen. Aber warum hatte er noch nichts von WONDERSCAPE gehört? Wo er doch so viel Zeit damit verbrachte, das Internet nach neuen Spielen zu durchforsten. Es ergab einfach keinen Sinn.

»Damit gehören gemütliche Videospielnachmittage auf dem Sofa wohl der Vergangenheit an«, bemerkte Ren.

Newton wirbelte den Stift zwischen den Fingern. »Ach, diese altmodischen Sachen? Im 25. Jahrhundert wollen die Leute etwas Aufregenderes erleben. I-RAGs sind heutzutage die beliebteste Form der Unterhaltung.«

»Wie bitte?!«, rief Arthur, der glaubte, sich verhört zu haben. »Haben Sie gerade 25. Jahrhundert gesagt?«

Newtons Wangen liefen rot an. »Oh, mein Fehler. Ist mir nur so rausgerutscht.«

»Nur so rausgerutscht?« Arthur versuchte, sich seine Panik nicht allzu sehr anmerken zu lassen. »Was genau meinen Sie damit? Dass wir uns in einer anderen Zeit befinden?«

Als Newton nicht gleich antwortete, sah Ren ihn so scharf an, dass er zusammenzuckte und sich mit seinem Stift wieder der Glasscheibe zuwandte. »Wonderscape-Realms befinden sich auf verschiedenen Planeten des beobachtbaren Universums«, beeilte er sich zu erklären und zeichnete eine große Spirale mit einem Rechteck in der Mitte. »Im Moment seid ihr in Realm 33. Auf der Erde. Aber die Wanderer ziehen von einer Welt zur nächsten. An der Stelle kommt das hier ins Spiel – der Zugang, den ihr durchschritten habt, um hierherzugelangen.«

Arthur erkannte, was Newton da gezeichnet hatte. Die Spirale war der energiegeladene blaue Rauch, der um die Tür in Hausnummer 27 herumgewirbelt war – das Portal.

»Man nennt es Weltenportal«, fuhr Newton fort. »Soweit ich das ermitteln konnte, krümmt es die Raumzeit, sodass die Spielerinnen und Spieler die kosmischen Entfernungen zwischen den einzelnen Wonderscape-Welten in nur wenigen Sekunden zurücklegen können. Ausgehend von euren Eintrittskoordinaten, glaube ich, dass dieses Portal es genau umgekehrt gemacht hat. Es hat euch zwar ermöglicht, riesige Entfernungen in der Zeit zurückzulegen, aber nur ein paar Zentimeter im Raum.«

Arthur blickte auf das dunkle Meer hinter der Glasscheibe und hatte das Gefühl, gleich in der Ungeheuerlichkeit von Newtons Worten zu ertrinken. Er versuchte, seine Atmung zu beruhigen, wie Cecily es ihm beigebracht hatte.

»Also, sind wir jetzt … in der Zukunft?«

»2473«, präzisierte Newton. »Kommt, setzt euch erst mal.« Er zog drei Stühle unter einem Labortisch hervor, auf die Arthur, Ren und Cecily wie ein Trio Stoffpuppen sackten. Cloud sprang auf Rens Schoß und vergrub den Kopf zwischen ihren Knien.

Als Arthur noch einmal an das Ausstellungsticket dachte, wurde ihm klar, warum es die Aufschrift EXPO 2469 trug – das war das Jahr, in dem die Ausstellung stattgefunden hatte. Und kein Wunder, dass er noch nie etwas von I-RAGs gehört hatte; im 21. Jahrhundert gab es die noch gar nicht. Wie ein Kometenschauer schossen ihm tausend Fragen gleichzeitig durch den Kopf. »Wie ist es in 2473?«, suchte er sich wahllos eine aus.

Newton zuckte zusammen und wischte mit seinem Hemdsärmel die Glasscheibe sauber. »Es ist besser, wenn ich euch das nicht erzähle. Glaubt mir, es kann ganz schön beunruhigend sein, Sachen über ein Zeitalter zu erfahren, dass weiter entwickelt ist als das eigene. Ihr müsst so schnell wie möglich in eure Zeit zurück.«

»Aber wie?«, fragte Cecily. »Indem wir durch noch so ein Portal gehen?«

»Diese Portale werden durch Weltenschlüssel aktiviert, einen Gegenstand, den man als Loot gewinnt«, erklärte Newton. »Da ihr die Reise des Kapitäns beendet habt, müsstet ihr schon einen bekommen haben. Das Problem ist, dass dieser Weltenschlüssel nur ein Portal zu einer anderen Wonderscape-Welt öffnet. Um nach Hause zu gelangen, braucht ihr aber vermutlich ein ganz besonderes Exemplar, einen Schlüssel, der umgekehrt konstruiert wurde, damit er ein Portal durch die Zeit öffnet. Nennen wir ihn Zeitenschlüssel.«

Ein Zeitenschlüssel. Das war also ihr Ticket nach Hause. Als Arthur die Lawinen-Challenge noch einmal vor seinem inneren Auge ablaufen ließ, fiel ihm das Quarzprisma wieder ein, das ihm am Ende in die Hand gefallen war. Es war der einzige Gegenstand, den einer von ihnen bekommen hatte. Er strich sich über die Hosentasche und holte es hervor. »Wollen Sie damit sagen, das hier ist ein Weltenschlüssel?«

»Exakt«, antwortete Newton. »Mag sein, dass er unscheinbar aussieht, aber tatsächlich ist es ein technologisch hoch entwickelter Gegenstand.«

»Ein bisschen ähnelt der dem Anhänger an Struppis Halsband«, bemerkte Ren. Sie kraulte Cloud am Kinn und löste das Obsidianprisma, um es Newton zu reichen.

Der Wissenschaftler nahm es vorsichtig entgegen und hielt es unter eine Lupe. »Faszinierend«, murmelte er. »Gewöhnliche Weltenschlüssel können nur einmal benutzt werden, aber das hier wurde für mehrere Reisen gemacht. Es ist genauso aufgebaut wie ein Weltenschlüssel, besitzt aber eine völlig andere Raum-Zeit-Frequenz.« Er hob den Kopf und sah sie an. »Es könnte ein Zeitenschlüssel sein. Wir sollten es ausprobieren.«

Die Einhornköpfe auf Newtons Pantoffeln nickten, während er zu dem großen schwarzen Rahmen in der Mitte des Raumes sauste. Vielleicht war der Mann ja bloß aufgeregt, aber die Geschwindigkeit, mit der er sich fortbewegte, war erstaunlich.

Im Fuß des metallenen Rahmens war ein hexagonförmiges Loch, genau in der Größe des Weltenschlüssels, zu sehen. Daneben befand sich eine holografische Tastatur.

»Ist das ein Weltenportal?«, fragte Ren und näherte sich langsam. »Es sieht ganz anders aus als das, durch das wir in Peacepoint gegangen sind.«

»Das hier ist noch nicht aktiviert«, erklärte Newton, während er einige Ziffern auf der Tastatur tippte. »Dazu muss man zuerst sein Ziel eingeben – die Realm-Nummer – und dann den Weltenschlüssel einstecken. Für Zeitreisen muss man, nehme ich an, ein Datum programmieren.«

Arthur konnte nicht erkennen, welches Datum Newton eingegeben hatte, denn kaum hatte der Wissenschaftler das Obsidianprisma in das Schlüsselloch gesteckt, war das Tastenfeld verschwunden.

Das schwarze Weltenportal wurde plötzlich saphirblau, dann zerbarst es an den Rändern und verwandelte sich in Rauch. Die Fliesen darunter bebten, während der Rauch gegen den Uhrzeigersinn wirbelte und einen Strudel bildete. Arthur spürte die Energie, die sich daraus entlud, genau wie beim ersten Mal.

Cecilys Zöpfe flogen ihr um die Schultern, als plötzlich ein Wind durch den Raum fegte. »Funktioniert es?«

»So weit, so gut«, antwortete Newton und protokollierte Beobachtungen in seinem Notizbuch.

Arthur schöpfte Hoffnung. So aufregend es war, sich in der Zukunft zu befinden, er wollte einfach nur nach Hause. Nicht mehr lange, dann wären Ren, Cecily und er wieder in Hausnummer 27 …

Doch dann stob plötzlich ein Schauer grüner Funken aus der Mitte des Rauchwirbels, als wäre ein Feuerwerkskörper darin explodiert. Arthur musste sich die Hände auf die Ohren pressen, als ein schrilles Kreischen ertönte und der Obsidianschlüssel aus dem Wirbel schoss und rotierend auf dem Boden landete. Der blaue Rauch löste sich auf, und das feste Weltenportal stand plötzlich wieder da.

Während der Wind um seine Knöchel sich legte, überkam ihn bittere Enttäuschung. Sie würden doch nicht nach Hause kommen.

»Es scheint wohl ein Problem zu geben«, verkündete Newton das Offensichtliche. Er hob das Prisma auf und legte es wieder unter seine Lupe. »Als sich das Weltenportal in eurer Zeit geöffnet hat, gab es da vorher einen Hinweis, dass irgendetwas schiefgelaufen war?«

»So was wie explodierende Gartenzwerge, meinen Sie?«, fragte Arthur vorsichtig.

Newton zog eine Augenbraue hoch und sah sich Clouds Prisma noch einmal genau an. »Hm. Ich vermute, das ist ein Zeitenschlüssel, aber er wurde beschädigt, als er das letzte Mal benutzt wurde. Er muss repariert werden, bevor ihr ihn noch einmal verwenden könnt.«

»Können Sie das nicht machen?«, fragte Cecily.

Newton schüttelte den Kopf. Dazu habe ich weder das richtige Werkzeug noch die Fachkenntnis. Beides besitzt wahrscheinlich nur einer: der Erfinder dieses Schlüssels. Wer immer das ist, ihr müsst ihn schnell finden.« Er wandte sich wieder der Glasscheibe zu und schrieb eine Formel auf, die so lang war, dass sie über sechs Zeilen verlief. Nachdem er alle griechischen Buchstaben durch Zahlen ersetzt und eine Reihe Berechnungen angestellt hatte, umkringelte er eine Lösung: 57.

»Stellt euch einen Automaten mit Kaugummikugeln vor. Jede davon befindet sich an exakt der richtigen Stelle, aber sobald ihr eine herauszieht, purzelt der Rest in andere Positionen. Genau so wirkt sich das Zeitreisen auf das Universum aus – es bringt alles durcheinander.« Newton tippte mit dem Finger auf die Scheibe. »Deshalb strebt das Universum immer danach, sein Gleichgewicht wiederherzustellen. Nach meinen Berechnungen wird es 57 Stunden nach eurer Ankunft auf Autokorrektur schalten und euch und alle anderen derzeitigen Unregelmäßigkeiten beseitigen. Also, in Anbetracht eurer Ankunftszeit hier, lasst mich mal sehen …«, er zog eine goldene Taschenuhr aus seiner Hosentasche und blickte auf das Zifferblatt, »… bleiben euch jetzt noch 53 Stunden und 27 Minuten, um ins 21. Jahrhundert zurückzukehren.«

Arthur erstarrte. »53 Stunden?« Er rechnete schnell nach. »Das ist gerade mal ein bisschen mehr als zwei Tage! Was passiert, wenn wir zu spät sind?«

»Wenn ihr immer noch hier seid, wenn die Zeit abläuft?« Newton rümpfte die Nase. »Ziemlich unschön. Eure Körper werden höchstwahrscheinlich zu Protoplasma.«

Arthur wollte etwas antworten, aber es verschlug ihm die Sprache. Kein Wunder, das Newton es so eilig gehabt hatte. Sein Blick wanderte zu Cecily und Ren, die ihn beide entsetzt ansahen.

53 Stunden. Das war alles. Mehr Zeit blieb ihnen nicht, um den mysteriösen Zeitenschlüssel-Erfinder aufzuspüren und nach Hause zu gelangen … bevor das Universum sie in Glibber verwandelte.

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