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Die Eisentür öffnete sich quietschend, und ein eisiger Windstoß schlug ihnen entgegen. Arthur wusste nicht, was er auf der anderen Seite erwartet hatte, aber sicher keine Sackgasse.

»Was soll denn das sein?«, fragte Cecily und betrat die enge hölzerne Kammer. »Ein begehbarer Kleiderschrank?«

Der kreisrunde Raum war kaum groß genug für sie alle. Cloud protestierte bellend, als Arthur sich an den Rand schob und den Kopf reckte. Ungefähr zehn Meter über ihnen fiel Tageslicht durch eine Öffnung. »Ich glaube, da oben ist das Schiffsdeck«, sagte er, während er versuchte, seine Fassungslosigkeit für einen Moment auszublenden. Bloß herumstehen und Fragen stellen würde sie nicht weiterbringen. Sie mussten sich auf das Machbare konzentrieren. »Wir müssen einen Weg finden, um da raufzukommen.«

Cecily sah sich skeptisch in der Kammer um. »Ich bin ja keine Kletterexpertin, aber brauchen wir dazu nicht irgendwas zum Festhalten? Die Wände sind total glatt. Vielleicht könnten wir unsere Blazer aneinanderbinden und zu einer Art Seil umfunktionieren …«

Arthur überdachte ihre Optionen. Ein Möbelstück aus der Kajüte hereinziehen, ging nicht, dazu war zu wenig Platz. Und was die Wände betraf, hatte Cecily recht. Das einzig Bemerkenswerte daran war eine senkrechte Reihe teetassengroßer Kreise, die auf der einen Seite ins Holz geschnitzt war. Er fuhr probeweise mit dem Finger über einen davon und stellte zu seiner Überraschung fest, dass er sich am Rand nach innen drücken ließ. Nachdem er einmal herumgeschwenkt war, kam ein flacher runder Spiegel zum Vorschein.

»In dem Rätsel wurde irgendwas von einer Leiter erwähnt«, sagte Ren. »Wenn wir uns tatsächlich in einem Spiel befinden, dann war das wahrscheinlich ein Hinweis.«

Arthur breitete die Schriftrolle aus und las die Stelle noch einmal laut vor. »Um bei mir anzuheuern, braucht es eine Sache bloß: Findet erst die Leiter schwerelos.«

»Aber was für eine Leiter ist denn schwerelos?«, fragte Cecily. »Eine, die in der Luft schwebt?«

Was hat kein Gewicht?, überlegte Arthur, während er einen der Spiegel in der Wand drehte. Das war eine schwierige Frage. Wissenschaftlich gesehen hing Gewicht mit der Kraft zusammen, die auf einen Gegenstand einwirkt, normalerweise die Schwerkraft.

»Was ist mit Luft?«, fragte Cecily. »Die wiegt nichts.«

Ren runzelte die Stirn. »Wir sollen eine Leiter aus Luft benutzen?«

Cecily lief rot an. »Na gut. Dann eben keine Luft.«

Arthurs wirbelnder Spiegel fing einen Sonnenstrahl ein, und die Reflexion tanzte im Raum umher wie ein Glühwürmchen. Das brachte ihn auf eine Idee. »Wenn ich mir diese ganzen Spiegel hier so anschaue, geht es wahrscheinlich eher um eine Leiter aus Licht.« Er hockte sich hin und neigte den untersten Spiegel so, dass er einen Lichtstrahl auf die gegenüberliegende Seite der Kammer reflektierte. Der Strahl war nicht ganz horizontal, deshalb richtete Arthur den Spiegel so lange aus, bis er parallel zum Fußboden verlief.

Kaum hatte Arthur die richtige Einstellung gefunden, schrie Cecily auf und sprang in die Luft. »Was war denn das? Irgendwas hat mich ins Bein gepikst!«

»Lass mal sehen«, sagte Ren und quetschte sich an ihr vorbei.

Während sie die Plätze tauschten, bemerkte Arthur eine Eisenstange, die genau auf der Höhe des Lichtstrahls aus der Wand ragte. »Seht mal, die war vorher noch nicht da«, sagte er. »Vielleicht sollen wir eine Leiter aus Licht bilden, damit dann die Sprossen der richtigen Leiter erscheinen?«

Nachdem Arthur die Rätselrolle in seinem Rucksack verstaut hatte, schoben sie sich umeinander herum und brachten die Spiegel in die richtige Position. Arthur war es unangenehm, den Mädchen plötzlich so nahe zu sein. Ren schien sich ständig über irgendetwas zu ärgern, und Cecily wirkte genauso abweisend, wie er sie aus der Schule kannte. Er hoffte nur, die beiden würden so lange nett zu ihm sein, wie sie bräuchten, um aus diesem Schlamassel wieder herauszukommen.

»Autsch, das war mein Fuß«, zischte Cecily. »Pass doch auf, wo du hintrittst.«

»Du respektierst meine Privatsphäre auch nicht gerade«, grummelte Ren.

Arthur merkte, wie sich sein Ellbogen in etwas Weiches bohrte, und zuckte zusammen. »’tschuldigung!«

Jedes Mal, wenn ein waagerechter Strahl auf der gegenüberliegenden Seite auftraf, kam eine eiserne Sprosse aus der Wand, und nach und nach bildete sich eine Leiter zum Schiffsdeck hinauf. Um an die höher gelegenen Spiegel zu kommen, mussten sie anfangen, darauf emporzuklettern, bevor sie ganz fertig war.

»Was ist denn das für ein Spiel, das so eine hoch entwickelte Technologie wie Portale benutzt, von dem aber keiner von uns je gehört hat?«, fragte Cecily auf halber Höhe. Sie hatte Cloud unter den rechten Arm geklemmt und streckte gerade die linke Hand nach einem Spiegel aus, den sie so lange drehte, bis ein neuer Lichtstrahl ihren Weg kreuzte.

»Keine Ahnung«, antwortete Arthur, während er auf der untersten Leitersprosse balancierte. WONDERSCAPE. Der Name ging ihm immer wieder durch den Kopf. »Vielleicht gehören die Spieler irgendeinem Geheimbund an, und man muss Mitglied sein, um mitzumachen?«

Ren, die zwischen ihnen kletterte, schnaubte. »Schon klar, und warum sollte so ein Geheimbund einen Eingang in Peacepoint Estate haben? Das macht doch keinen Sinn.«

Cecily erreichte als Erste das obere Ende der Leiter, dicht gefolgt von Ren. Arthur hörte sie beide nach Luft schnappen, während er hinter ihnen an Deck kraxelte.

Oben angekommen traute er seinen Augen nicht.

Das offene Meer rund um das Schiff war den unruhigen Wellen eines eisigen Fjords gewichen. Gigantische Berge erhoben sich zu beiden Seiten. Die steilen Felswände waren von weißen Wasserfällen durchzogen, die von schneebedeckten Gipfeln herabbrausten. Überall auf dem blank geschrubbten Deck der Principia waren hölzerne Fässer, glänzende Messingteleskope und riesige Taurollen verteilt. Zwischen den drei dunklen Masten, die vom Deck in die Höhe ragten, flatterten violette, mit Hexagonen geschmückte Fahnen.

Ungefähr ein Dutzend sonnengebräunte Besatzungsmitglieder, alle in bodenlangen weißen Laborkitteln, waren an Bord. Als Arthur in ihre Gesichter sah, stellte er mit Schaudern fest, dass sie alle exakt gleich aussahen. Die Männer waren groß und dünn, hatten scharfe Wangenknochen und lange spitze Nasen, von denen man erwartet, dass jeden Moment ein Tropfen herausfällt. Die Frauen hatten feuerrote Pferdeschwänze, stechend grüne Augen und unglaublich makellose Haut, so glatt wie die einer LEGO-Puppe.

Arthur blieb der Mund offen stehen. Diese Klone wirkten wie eine Art Special Effect in einem Film.

Cecily setzte Cloud vorsichtig auf den Boden. »Hallo?«, rief sie unsicher. »Kann uns jemand helfen?«

Arthur erstarrte, als eines der männlichen Crewmitglieder sich umdrehte. ERSTER OFFIZIER, war auf dem Namensschild zu lesen, das an seinem Laborkittel steckte. Er betrachtete Cecily mit einem steifen Lächeln, bevor er auf sie zusauste, als bewegte er sich auf einem Rollsteg.

Was er auf gewisse Weise auch tat.

Als der Saum seins Kittels nach hinten flog, bemerkte Arthur, dass der Erste Offizier statt Beinen zwei von Dunst umgebene Räder hatte, mit denen er übers Deck schwebte. Außerdem schimmerte ein T auf seinem Kinn wie ein leuchtendes Tattoo.

»Das sind … Roboter«, stellte Arthur blinzelnd fest. Kein Wunder, dass sie alle gleich aussahen.

Arthur, Ren und Cecily wichen einen Schritt zurück, als der Erste Offizier einen Meter vor ihnen haltmachte und die Arme verschränkte. »Willkommen an Bord, blinde Passagiere«, sagte er schroff. Genau wie seinen Klonkameraden klebte ihm eine fettige schwarze Haartolle am Hinterkopf. »Habt ihr den Kapitän gesehen? Er ist verschwunden.«

Arthur dachte an das Ölgemälde, das Cecily in der Kajüte entdeckt hatte. »Äh …« Er zögerte, weil er sich bewusst war, mit einer künstlichen Intelligenz zu sprechen. »Meinen Sie vielleicht Captain W. Saint-Ocean?«

»Genau den«, antwortete der Erste Offizier. »Die Principia ist vom Kurs abgekommen und in den gefährlichen Fjord geraten, der häufig von Lawinen heimgesucht wird. Ohne die Führung des Kapitäns kommen wir nicht unversehrt hindurch. Es sei denn, ihr könnt helfen?«

»Wir?« Arthur schüttelte vehement den Kopf. »Sorry, aber wir haben keine Ahnung, wie man ein Schiff steuert. Wir sind dreizehn.«

»Ohne die Führung des Kapitäns kommen wir nicht unversehrt hindurch«, beharrte der Erste Offizier. »Die Principia ist vom Kurs abgekommen und in einen gefährlichen Fjord geraten, der häufig von Lawinen heimgesucht wird.«

Als er weitersprach, begriff Arthur, was los war. »Er wiederholt sich«, sagte er zu Ren und Cecily. »Er muss so programmiert sein, dass er immer wieder dasselbe sagt. Glaubt ihr, das gehört auch zu dem Spiel?« Es schien verrückt, aber es musste eine rationale Erklärung für das alles geben. Vielleicht war Nummer 27 verlassen, weil es als Testzentrum für das Spiel benutzt wurde, und sie waren irgendwie versehentlich hineingeraten?

»Moment mal. Wartet. Lasst uns nachdenken. In dem Rätsel hieß es: Dann segeln wir durch eine schicksalhafte Bucht«, erinnerte sich Cecily. »Damit könnte dieser Fjord gemeint sein. Aber es gibt doch bestimmt noch eine andere Möglichkeit für uns, nach Peacepoint Estate zurückzukommen. Ohne mitzuspielen, oder?« Als Arthur und Ren nicht antworteten, huschte ein panischer Ausdruck über ihr Gesicht. Sie schluckte und ging zu einem weiblichen Besatzungsmitglied, das gerade eins der Messingteleskope polierte. Anders als die männlichen Roboter hatte sie ein leuchtendes V auf dem Kinn. »Entschuldigung, können wir bitte das WONDERSCAPE-Spiel verlassen? Wir möchten nicht mitspielen, wir wollen einfach nur nach Hause.«

Das weibliche Besatzungsmitglied hob eine Braue. »Deine Anfrage kann nicht verarbeitet werden«, antwortete sie.

»Was soll das heißen?«, fragte Cecily.

»Das heißt, deine Anfrage kann nicht verarbeitet werden«, antwortete das Besatzungsmitglied herablassend.

Wütend lief Cecily zu Arthur und Ren zurück. »Was jetzt?«

Arthur dachte daran, was wohl gerade in der Schule passierte. Seine Lehrerin hatte bestimmt seinen Dad angerufen, um zu fragen, warum Arthur sich verspätete, und das hieß, sein Dad würde sich inzwischen ernsthaft Sorgen machen. Er musste irgendwie nach Hause kommen, um ihm zu sagen, dass es ihm gut ging. Er betrachtete den Wasserweg, der vor ihnen lag. Der Fjord war nicht breiter als ein Fußballfeld und erstreckte sich bis weit in die Ferne. Es blieb ihnen also kaum Spielraum zum Manövrieren. »Wir werden wohl mitspielen müssen. Kennt sich eine von euch mit Schiffen aus?«

Cecily sah ihn ungläubig an. »Kann ich nicht behaupten. Ich hab gerade mal einen Fluch der Karibik-Film gesehen, und ich glaube, da bin ich mittendrin eingeschlafen.«

Arthur reckte den Hals, um die Masten näher zu betrachten. Es waren keine Segel darum gewickelt, also wurde das Schiff nicht mit Windkraft angetrieben. »Die Principia muss einen Motor haben«, überlegte er laut. »Ich sehe kein Steuerrad; vielleicht ist irgendwo ein Steuerpult, das wir benutzen können, um sie aus der Gefahrenzone zu lenken?«

»Wie groß schätzt du denn die Gefahr ein, in der sich das Schiff wirklich befindet?«, fragte Cecily. »Ich meine, das ist schließlich nur ein Spiel.«

»Wir sollten besser vom Schlimmsten ausgehen«, antwortete Ren ernst. Sie deutete auf eine Treppe am Bug, die unter Deck führte. »Ich mach mich auf die Suche nach einem Maschinenraum. Meine Mum ist Mechanikerin, da sollte ich es erkennen, wenn ich einen sehe.«

»Ist das die Mum, die das mit dem Lockpicking macht?«, fragte Cecily.

»Das geht dich nichts an«, fauchte Ren. Und damit stürmte sie Richtung Bug und verschwand die Treppe hinunter.

Cecily war baff. »Hoppla. Die ist ja noch unverschämter als die Roboter.«

Arthur begann insgeheim, Rens Selbstvertrauen zu bewundern. Sie war weder schüchtern noch ängstlich; sie sagte einfach genau das, was sie dachte. Allerdings hatte sie nicht die leiseste Ahnung davon, wie man Freunde gewinnt. Vielleicht war das auch der Grund, warum sie in Erdkunde alleine saß.

In dem Moment ertönte vor ihnen ein lauter Warnruf: »LAWINE AUF ZWEI UHR!«

Hundert Meter von der Steuerbordseite der Principia entfernt löste sich ein riesiges Schneebrett vom Berghang. Arthur bekam weiche Knie, während das weiße Pulver die Felswand herabdonnerte und ein ohrenbetäubendes Rumpeln zu hören war.

»Übernehmt ihr!«, brüllte der Erste Offizier und sprang hinter ein Holzfass.

Arthur suchte das Deck hektisch nach einem Unterschlupf ab, packte Cecily am Arm und zog sie zwischen zwei Taurollen.

»Cloud!«, rief sie panisch.

Mit gespitzten Ohren kam das Hündchen auf sie zugerannt. Cecily packte es am Halsband und zog es auf ihren Schoß.

Während das Schiff weiter vorwärtsraste, verfärbte der Himmel sich weiß. Hagel und Schneeregen wirbelten durch die Luft und trübten auf beiden Seiten die Sicht. Mannschaftsmitgliedern, die es nicht geschafft hatten, Schutz zu finden, blieb nichts weiter übrig, als sich an die Takelage zu klammern, während Schneemassen aufs Deck niederprasselten. Eine Eisplatte von der Größe eines Kleinwagens krachte auf der Backbordseite ins Wasser und brachte das Schiff zum Schwanken.

Schlotternd vor Kälte kauerte Arthur zwischen den Tauen und hoffte, er würde nicht in ein menschliches Eis am Stiel verwandelt. Seine Zehen fühlten sich an wie Eiszapfen, und auf den Ärmeln seines nassen Blazers hatte sich eine Schicht Raureif gebildet. Er wischte sich mit zitternder Hand einen anwachsenden Berg Schnee vom Kopf und spähte in den wilden Strudel. Genau an der Stelle, wo einer der Schiffsmasten gestanden hatte, war ein riesiger Eisbrocken aufgetaucht.

Wie in Zeitlupe sah Arthur den zersplitterten Mast durch den Nebel auf sie zustürzen. Ihm blieb fast das Herz stehen. Irgendwer rief eine Warnung, aber Cecily und ihm blieb nicht genug Zeit, um sich in Sicherheit zu bringen. Sie packte seine Schulter, während er sich darauf gefasst machte, dass der Mast sie jeden Moment zermalmen würde …

Aber dazu kam es nicht.

Ein paar Sekunden vergingen, dann löste Cecily ihren Griff. »Arthur«, sagte sie leise. »Sieh mal.«

Seine Beine waren wie Pudding, als Arthur sich hochrappelte und sah, was passiert war: Der Erste Offizier und ein paar andere Besatzungsmitglieder hatten den Mast rechtzeitig aufgefangen, bevor er sie zerquetscht hätte. Mühsam wuchteten sie ihn zur Seite. Sie waren am Leben, vorerst, aber was war das nur für ein Ort? Für ein Spiel war das alles viel zu real.

Über ihnen zeigte sich hier und da nun ein Stück blauer Himmel, und der Schnee fiel jetzt sanfter. Das Schiff ruckelte noch ein bisschen, während die Wellen sich legten.

»ENTWARNUNG!«, rief der Erste Offizier.

Mit Stiften und Klemmbrettern bewaffnet machte sich die Mannschaft sofort daran, den Schaden zu ermitteln. Cloud wand sich aus Cecilys Griff und schüttelte sich trocken.

»Das ist doch Wahnsinn«, schimpfte Cecily und wrang ihren Rock aus. »Wir hätten getötet werden können. Was für ein Spiel ist das?«

Arthur schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung.« Ihm waren die möglichen Erklärungen ausgegangen, die hätten helfen können, das Ganze zu begreifen.

Was immer sie da spielten, er wollte nur, dass es so schnell wie möglich vorbei war.

»Bereit für den Bericht?«, fragte der Erste Offizier und schwebte herüber.

Arthur war sich nicht sicher, was er meinte. »Ähm … okay?«

»Also, der Rumpf ist noch intakt«, erklärte der Roboter. »Aber die Schiffsschraube an Backbord funktioniert nicht mehr, und, wie ihr sehen könnt, wurde der Fockmast zerstört. Die Lawine hatte eine Stärke von sechs. Wir sind auf halbem Weg durch den Fjord.«

»Alles klar.« Arthur schluckte. Sie hatten noch ein ganz schönes Stück vor sich, und er hätte alles darauf verwettet, dass auf dem weiteren Weg eine noch heftigere Lawine auf sie wartete.

Cloud bellte und sauste zum Schiffsbug, wo Ren vom Unterdeck heraufgekommen war. Sie trug etwas im Arm, das einer glänzenden schwarzen Bowlingkugel ähnelte.

»Das hier hab ich im Maschinenraum gefunden«, sagte sie und warf einen zaghaften Blick auf den kaputten Mast, während sie übers Deck hastete. Ihre Hände waren voll Öl, und ihre Haut glänzte ganz verschwitzt. »Auf dem Motor ist dieses merkwürdige Dreieck-Hexagon-Logo zu sehen, und er verbrennt diese Dinger hier.« Sie legte Arthur vorsichtig die Bowlingkugel in die Hände.

Sie war überraschend leicht. In ihrem Inneren wirbelte glitzernder Silberstaub herum und änderte, je nachdem wie Arthur die Kugel neigte, seine Richtung.

»Vorsicht«, warnte ihn Ren, als er sie hin und her drehte. »Die Dinger explodieren, wenn sie irgendwo drankommen.«

»Was?« Er hielt sofort inne.

»Im Maschinenraum ist ein riesiger Vorrat davon«, erzählte sie weiter. »Die Besatzung füllt sie in eine Brennkammer, und wenn die Treibstoffzellen auf die Seitenwände des Tanks prallen, explodieren sie und erzeugen die Energie, die den Motor antreibt.«

»Und warum hast du eine mit hier raufgebracht?«, fragte Arthur. »Ich hätte sie fallen lassen und das ganze Schiff in die Luft jagen können!«

Sie zuckte mit den Schultern. »Für so dumm halte ich dich nicht. Na ja, egal, ich hab jedenfalls das Steuersystem der Principia gefunden.«

»Können wir sie irgendwie aus der Gefahrenzone lenken?«, fragte Cecily.

»Ja und nein«, antwortete Ren. »Momentan fährt das Schiff auf Autopilot. Das Kontrollsystem wird durch den Fingerabdruck des Kapitäns aktiviert. Ohne ihn kriegt man keinen Zugriff.« Sie nahm Cloud auf den Arm und lächelte schief, als er ihr mit der rosa Zunge über die Wange schleckte. »Sieht fast so aus, als wollte jemand verhindern, dass wir das Schiff steuern.«

Während er die lebensbedrohliche Treibstoffzelle fest umklammerte, kam Arthur der Gedanke, dass Ren wahrscheinlich recht hatte. »Das Schiff von der Gefahr wegzusteuern, ist vielleicht nicht die Lösung. Der Erste Offizier hat uns gebeten, dabei zu helfen, es sicher durch den Fjord zu bringen, von steuern hat er nichts gesagt.«

Cecily seufzte. »Aber wenn wir die Principia nicht durch die Lawinen steuern können, wie verhindern wir dann, dass sie zerstört wird?«

Wir beschützen sie, dachte Arthur. Er war sich bloß noch nicht sicher wie.

Nachdenklich betrachtete er den umgestürzten Mast. Die Eisbrocken hatten den Schaden angerichtet, nicht der Schnee. Wo’s regnet Eis und Feuer kracht mit Wucht. Er dachte an die Schießscharten im Bug des Schiffes und hatte plötzlich einen Geistesblitz. »Ren, glaubst du, wir könnten diese Treibstoffzellen in die Schiffskanonen stecken und als Munition benutzen? Wenn wir die Eisbrocken zerstören können, bevor sie uns treffen, überleben wir vielleicht.«

Ren setzte Cloud wieder auf den Boden. »Gar keine schlechte Idee. Ich checke das mal.«

»LAWINE!«, schrie in dem Moment jemand. »ZEHN UHR!«

Arthur wandte sich nach Backbord. Ungefähr zweihundert Meter über ihnen zuckte ein riesiger Riss durch die schneebedeckte Eiskruste am Berghang. Als sie zusammenbrach, stürzten donnernd Tonnen von Eis auf sie zu.

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