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KAPITEL 06 Die Diebeshöhle

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Rings um die Pfütze aus Waschwasser sah man Abdrücke von Schuhen. Die Personen mussten sie vor kurzem erst durchschritten haben. Neben einer Fußspur erkannte man kleine runde Flecken. Letztere stammten vermutlich von einem Gehstock. Herr Hut hatte das Treppenhaus hinter der blau gestrichenen Tür betreten.

„Die Scheiben beim zweiten Balkon sind mit Zeitungspapier verkleidet,“ flüsterte ich.

„Da will jemand nicht, dass man in die Wohnung schauen kann,“ sagte Lilli.

Ich sprach in mein Walkie-Talkie: „Marvin? Wir haben die Wohnung vom Hut gefunden. Wir holen jetzt die Polizei.“

„Gut“, krächzte es zurück. „Ich muss hier nur noch schnell wen fertig zeichnen.“


Kurze Zeit darauf hatte sich Marvin wieder zu uns gesellt und wir standen gemeinsam mit einer Polizistin und einem Polizisten vor dem Wohnungseingang im zweiten Obergeschoss, hinter dem wir das Versteck von Herrn Hut vermuteten. Durch die Tür hörte man Geräusche. Gespannt beobachteten wir, wie die Beamtin anklopfte.

„Hallo? Hier ist Polizeikommissarin Well“, rief sie.

Augenblicklich wurde es hektisch hinter der Tür. Es klang, als ob fieberhaft Dinge zusammengepackt würden. Irgendetwas polterte. Dann wurde es mucksmäuschenstill.

„Hallo?“, rief die Kommissarin erneut. „Bitte öffnen Sie.“

Lilli eilte zum Fenster des Treppenhauses, das zu der kleinen Gasse führte. Sie sah hinaus. „Er flüchtet über den Balkon!“

„Das darf doch nicht ...“, rief die Kommissarin. „Ihr bleibt hier.“

Sofort rannten die Polizisten die Treppe hinab und nahmen die Verfolgung auf. Vom Fenster aus sahen wir sie die Gasse entlang dem Verdächtigen hinterherrennen.

„Und was jetzt?“, seufzte ich, als sie außer Sicht waren.

„12-Euro-Erdbeerkuchen?“, fragte Marvin und hielt ein köstliches Stück vor unsere Nase. Wir lachten, setzten uns neben den Wohnungseingang und genossen den süßen Snack. Marvin erzählte uns, wie er den Kuchen als Gegenleistung für eine Zeichnung von einem netten Gast spendiert bekam.

Auf einmal öffnete sich die Tür der Diebeshöhle.

Wir erstarrten vor Schreck. Als sei nichts weiter dabei, marschierten der Reihe nach fünf Männer, allesamt von kräftiger Statur und mit der Aura einer militärischen Einsatztruppe, der Reihe nach aus der Wohnung und die Treppe hinab. Sie liefen zügig, aber nicht hektisch und schleppten dabei allerlei Kisten und Rucksäcke. Mit versteinertem Gesicht und offenen Kinnladen blickten wir ihnen hinterher. Sie beachteten uns nicht weiter. Der letzte ließ die Tür hinter sich zufallen. Zumindest fast, denn ich nahm unauffällig Marvins Zeichenstift, der neben ihm auf dem Boden lag, und klemmte ihn in den sich schließenden Spalt. Der Mann schien das Geräusch einer zufallenden Tür nicht zu vermissen. Die Schritte der Gruppe hallten durch das Treppenhaus.

„Wer sind denn die?“, fragte Lilli ungläubig.

„Die will ich aber nicht verfolgen“, murmelte Marvin.

„Die Flucht über den Balkon war also nur eine Ablenkung“, flüsterte ich, stand auf, klopfte mir den Staub ab und schlich zu dem offen stehenden Fenster. Die Männer verließen der Reihe nach das Haus und gingen hintereinander die Gasse entlang. Als der Letzte von ihnen unter mir erschien, wandte er sich an seinen Vordermann und fragte: „Die Straßenkarte hast du?“

„Habe ich nicht“, sagte dieser, ohne sich umzudrehen oder seinen Schritt zu verlangsamen.

Der Letzte der Bande blieb stehen und tastete sich ab. Lilli erschien neben mir am Fenster.

„Ich glaube, sie haben was vergessen. Eine Straßenkarte“, flüsterte ich ihr zu.

„Schnell“, sagte Lilli und flitzte in die Wohnung.

Marvin und ich sahen uns an.

„Immer das Gleiche mit ihr“, sagte er, verschlang den verbleibenden Happen und rappelte sich auf.

Mein Blick fiel zurück hinunter in die Gasse. Dort untersuchte das Schlusslicht der Truppe jetzt seinen Rucksack, während sich die anderen weiter von ihm entfernten.

„Hilf Lilli, die Straßenkarte zu finden. Der kommt bestimmt gleich zurück“, sagte ich zu Marvin.

Doch der war schon bei Lilli in der Wohnung.

Mit wachsender Panik beobachtete ich, wie das Bandenmitglied kurz darauf sein Gepäck schulterte und sich anschickte, wieder nach oben zu kommen.

„Wir bekommen Besuch“, rief ich den anderen zu.

„Hier ist das reinste Chaos“, hörte ich Lilli rufen.

Nun betrat der Mann das Treppenhaus unter uns.

Ich flitzte zur Wohnungseingangstür. In der Diebeshöhle herrschte ein wildes Durcheinander.

„Jetzt oder nie“, flüsterte ich.

„Wir finden nichts“, sagte Marvin, der sich verzweifelt umsah.

Ich hörte das Bandenmitglied die Stufen rasch emporsteigen.

„Ich habe sie!“, sagte Lilli.

„Dann raus hier!“, rief ich.


Wo lag die Straßenkarte?

Brauchst du einen Tipp?

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