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KAPITEL 08 Die Geisterstrecke

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Wenn der Museumswärter die Frau mit dem Baby wirklich in dem Moment fotografiert haben sollte, in dem Herr Hut im Hintergrund durch das Bild lief, dann war sicher auch sein Gesicht darauf zu erkennen. Wir verabschiedeten uns von der Kommissarin, die zuversichtlich war, dieses Foto auf der Kamera besorgen zu können.

Doch Lilli dachte gar nicht daran, nach Hause zu gehen. Sie wollte unbedingt nach Bloodhound Castle. Das alte Gemäuer sei nur eine Stunde zu Fuß entfernt, wenn wir querfeldein gingen. Sie kenne den Weg. Die dort wartenden Polizisten könnten uns bestimmt wieder mit zurücknehmen. Kurzum: Sie war nicht von ihrem Plan abzubringen.


Die Sonne brannte weiterhin unerbittlich, als wir uns an diesem mittlerweile späten Nachmittag auf den Weg nach Bloodhound Castle machten. Wir folgten den stillgelegten Gleisen einer alten Bahnstrecke, die längst von der ungebremst wachsenden Pflanzenwelt verschluckt worden waren. Anfangs führte uns die Strecke durch Wiesen und Felder, doch mit der Zeit änderte sich die Umgebung: Es wurde immer sumpfiger. Dabei kamen wir bei Weitem nicht so schnell voran wie gedacht. Das lag vor allem an Marvin, der ständig neue Tiere entdeckte und unbedingt zeichnen musste. Tiere waren bekanntlich seine große Liebe. Jetzt konnte er diese alte große Liebe mit seiner neuen großen Liebe, dem Zeichnen, verbinden. Schließlich konnten wir ihn überzeugen, dass uns die Zeit davonlief und er seinem Zeichendrang vorerst besser nicht nachgab. Von da an trottete mein bester Freund bedröppelt hinter uns her.

„In der Zeitungsanzeige, dem Aufruf zur Schatzsuche, erwähnt James Eckles ein Elixier“, sagte er. „Was, glaubt ihr, bewirkt es?“

„Es muss etwas wirklich Bedeutendes sein“, sagte Lilli. „Warum sonst sollte James Eckles, der größte Erfinder der Welt, sich damit beschäftigen? Warum sollte ein solches Genie spurlos verschwinden und dann aus einem Versteck heraus so einen Aufwand mit einer Schatzsuche betreiben? Warum sollte eine Bande von Profidieben hinter dem Elixier her sein?“

„Vielleicht verleiht es Superkräfte? Vielleicht kann man die Zeit anhalten. Oder Tiere verstehen. Oder mit Gedanken Dinge bewegen“, brabbelte Marvin los.

Ich musste derweil wieder an die Wächter der dunklen Macht denken. Bestimmt waren sie mit der Textstelle doch die Wächter, sie lassen mich nicht gemeint. Wir hatten ja schon in unserem letzten Abenteuer eine unangenehme Bekanntschaft mit diesem mächtigen Geheimbund gemacht.

Ich sah das antike Buch, welches wir damals fanden, wieder vor meinem geistigen Auge. Der Einband bestand aus braunem Leder mit einem blutroten Rand. Dem Titel nach handelte es ebenfalls von einem Elixier. Genaueres brachten wir nie in Erfahrung, da uns die Wächter das Buch sofort abgenommen hatten.

„Ich glaube, es ist etwas, das der Menschheit hilft“, sagte Lilli.

„Wie Schokolade?“, fragte Marvin.

„Etwas bedeutsamer“, meinte sie.

„Wie Schokoladeneiscreme!“, rief er mit Überzeugung.

„Die würde ich jetzt nicht ablehnen“, seufzte Lilli.

„Glaubt ihr, die Wächter der dunklen Macht haben James Eckles bedroht und ihn gezwungen zu verschwinden?“, fragte ich. „Vielleicht weil er es geschafft hat, das Elixier herzustellen?“

„Ja, so ungefähr muss es sein“, meinte Lilli. „Die Wächter hüten das Geheimnis des Elixiers.“

Der Geheimbund war nicht nur mächtig, sondern auch unheimlich. Der Legende nach erkennt man einen Wächter an seinen Augen und dem Mund. Denn in ihren Gesichtern läge an diesen Stellen nur eine pechschwarze Dunkelheit. Trotz der Hitze lief mir ein kalter Schauer über den Rücken.

Eine Zeitlang trotteten wir schweigend das alte Bahngleis entlang, als Lilli plötzlich wie angewurzelt stehen blieb und auf den Boden vor ihren Füßen blickte.

„Was bitte ist das?“, fragte sie ungläubig.

Wir sahen über ihre Schulter und starrten auf den Abdruck einer riesigen Hundepfote. Wegen der Feuchtigkeit des nahen Sumpfgebietes war der Boden an dieser Stelle trotz der Hitze noch matschig. Die Vertiefung erschien uns frisch. Stimmte die Geschichte über die freilaufenden Bluthunde etwa doch?

„Nur weil ein Tier große Füße hat, muss es nicht böse sein,“ flüsterte Marvin. „Du hast auch große Füße, Lilli.“

Normalerweise hätte sich Marvin hierfür eine freche Retourkutsche von Lilli eingehandelt, aber sie schaute wie gebannt nach unten, während sie ihren rechten Fuß in den Abdruck stellte. Ihr Schuh fand darin problemlos Platz.

„Nicht so große wie dieses Tier“, flüsterte Lilli beunruhigt.

Plötzlich raschelte es irgendwo hinter uns. Ich weiß nicht mehr, wer zuerst von Panik übermannt wurde, doch wir rannten letztlich alle wie wild geworden die Schienen entlang. Kurz bevor uns die Puste ausging, entdeckten wir neben dem Gleis eine Art illegale Müllhalde. Hier standen eine ausrangierte Lokomotive, ein alter Campingwagen, mit Säcken gefüllte Fässer und vieles mehr.

„Schnell, lasst uns ein Versteck suchen!“, schlug ich vor.


Wo hatten wir uns versteckt?

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