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Substitution

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In den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts begann man sich, angesichts der Welle von Drogen- bzw. Heroinabhängigen, vom bisherigen Königsweg der Abstinenztherapie, langsam abzuwenden und begann sich, erst nur zäh und gegen viele Widerstände, für den Gedanken, einer Behandlung der Abhängigkeit mit einem Ersatzmittel, zu erwärmen.

Die Debatte wurde leider sehr emotional geführt und wurde von den Gegnern dieser Idee als Kapitulation und medizinisches Versagen bezeichnet. Währenddessen verstarben etliche Abhängige einen elenden Tod. Der Abstinenzanspruch war für die überwiegende Mehrheit illusorisch und die Messlatte viel zu hoch angesetzt. Es hatte sich gezeigt, dass selbst ein bis eineinhalb jährige Therapien, meist zu einem sofortigen Rückfall führten, sobald der Patient nicht mehr im geschützten Raum der Therapie verweilte. Es gab Patienten, die sechs, acht zehn Therapien machten, vor allem, als der Paragraph 35/36 eingeführt wurde, der Therapie statt Strafe vorsah. Nun konnten Verurteilte, die im Zusammenhang mit einem Drogendelikt verurteilt worden waren in eine Therapieeinrichtung gehen, sobald der Rest ihrer Strafe zwei Jahre nicht mehr überschritt. Und es hagelte hohe Haftstrafen im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln, die in keinerlei Verhältnis zu den Strafen von Gewalt- und Eigentumsdelikten standen. Dass, so motivierte Therapien, besonders erfolglos verliefen, da die Hauptmotivation war, aus dem Knast zu kommen und nicht der Wunsch endlich clean zu leben, liegt auf der Hand.

Grob gesagt wurde zwischen 1985 bis 2000 in Deutschland dann die Substitution, erst mit Codein, dann mit Methadon/ Polamidon und Buprenorphin (Subutex) bundesweit eingeführt. Rund 80.000 Patienten kamen in den Genuss.(?)

Was bedeutete dies für den Betroffenen?

Zunächst wurde ein Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient gemacht, den der/die Betreffende nicht ablehnen konnte, falls er/sie in Substitution wollte.

Dort war vertraglich festgelegt, dass keinerlei Beikonsum von anderen Drogen stattfinden durfte, ebenso kein Alkohol oder Medikamentenmissbrauch. Das genau solch ein Verhalten, vor allem zu Beginn einer Substitution Teil des Krankheitsbildes war, wurde nicht wahrgenommen, was zu vielen Reibereien und Konflikten zwischen den Parteien führte, da sich auch das Wissen über Sucht bei vielen Ärzten in dem kurzen Kurs erschöpfte, den ein Mediziner machen musste, um Substitutionen durchführen zu dürfen. Süchtigen wurde kategorisch mit Misstrauen begegnet. Kein Diabetiker oder Fettleibiger musste je einen Behandlungsvertrag machen, noch wurde ihm vorgeschrieben was und wie viel er essen dürfe. Abhängige wurden auf diesem Weg entmündigt und wie Patienten zweiter Klasse behandelt. Für viele bedeutete dies, dass sie, jahrelang, an 365 Tagen im Jahr, zu einer Vergabestelle mussten, um ihr Präparat einzunehmen, bei jedem Wetter, ob gesund oder krank. Wochentags, Sonn- und Feiertags. Urinkontrollen unter Sicht, bei festgestelltem Beikonsum, Sanktionen bis hin zum Behandlungsabbruch, ließen nur mühsam Vertrauen entstehen. Auch das Rückfälle ein Teil des Krankheitsbildes darstellten blieb meist unberücksichtigt. Besonders für Süchtige auf dem Land, bedeutete dies oft eine besondere Härte. Das Autofahren wurde, selbst stabil eingestellten Patienten, kategorisch versagt. Ähnlich fürsorglich wie die Saudies gegenüber ihren Frauen im Bezug auf den Führerschein (bis 2017) ging man mit Substituierten um.

Gab es keinen Beikonsum, konnte der Arzt einem Patienten das Mittel für sechs Tage mitgeben. Am siebten Tag musste man in die Praxis und das Substitut dort einnehmen. Diese Regelung nannte man take home Vergabe.

Da die Substitutionsmittel keinerlei berauschende Wirkung hatten (haben), war das größte Problem der Beikonsum von Drogen und oder Alkohol oder Beruhigungstabletten (Benzodiazepine u.a.).

Musste man zu Beginn der Einführung der Substitution noch schwer Hepatitis C krank oder HIV positiv sein, mit ausgebrochener AIDS Erkrankung, so lockerte sich im Laufe von rund 30 Jahren vieles. Um das Jahr 2015 reichte eine bestehende Abhängigkeit als Indikation für eine Substitutionsbehandlung aus. 2017 änderte sich die Betäubungsmittel Verschreibungsverordnung zum dritten Mal. Nun durften die Ärzte stabilen Patienten Rezepte für 30 Tage ausstellen. Dies war ein riesiger Schritt in die richtige Richtung. Des Weiteren wurden retardierte Morphine (Morphiumsulfat) in Kapseln zur Substitution freigegeben. Diese hatten deutlich weniger Nebenwirkungen. Berauschen taten sie jedoch auch nicht. Für Abhängige, die auf intravenösen Konsum und auf Heroin nicht verzichten konnten, wurden erste sogenannte Orginalstoffvergaben eingerichtet. Programme in denen Heroin verabreicht wurde. Allerdings bedeutete dies, dass man zwei bis dreimal täglich zur Vergabe musste, wo man unter Aufsicht sein Heroin spritzte. Ein normales Leben, geschweige denn Arbeitsleben war so nicht möglich. Da reine Opiate zwar schnell abhängig machen, aber bei entsprechender Dosis nicht weiter schädlich sind, kann man mit Opiaten ein normales Alter erreichen. Je besser der Gesundheitszustand bei Beginn der Substitution, desto größer die Chance auf ein langes Leben.

Mittlerweile ist die Substitution schon längst als der erfolgreichste Behandlungsweg bei Opiat Abhängigkeit angesehen. Egal ob es sich um eine temporäre oder dauerhafte Behandlung handelt. Substituierte können dadurch wieder weitgehend ein selbstbestimmtes und normales Leben führen. In Würde, wie sie jedem Menschen gebühren sollte.

2026 kam Euphorin auf den Markt.

Und stellte die Welt der Abhängigen auf den Kopf.

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