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Kommissare und Gerichtsmediziner

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Mit Ausnahme von Ärzten ist kaum ein anderer Berufsstand in den letzten Jahren in den Medien so präsent wie Forensiker: vom Urvater der Gerichtsmediziner, „Quincy“, und der deutschen Antwort „Der letzte Zeuge“ mit Ulrich Mühe über „CSI – Den Tätern auf der Spur“ bis zu „Medical Detectives – Geheimnisse der Gerichtsmedizin“ oder „Bones – Die Knochenjägerin“. Im Grunde tun Archäologen und Anthropologen, die sich mit alten Knochen beschäftigen, das Gleiche: Sie versuchen aus den vorhandenen Überresten eines Menschen und den Fundumständen herauszufinden, was geschehen ist – nur mit viel größerem zeitlichen Abstand. Dabei sollte man sich jedoch von dem Klischee verabschieden, dass der Gerichtsmediziner, vor einem aufgeschnittenen Leichnam abgeklärt seine Butterstulle mampfend, alles weiß und jegliche Analysenmethode im Alleingang beherrscht. Wie bei den Anthropologen sind dazu verschiedene Spezialisten gefragt. Mitunter schießen die im Film gezeigten Deutungsmöglichkeiten auch weit über das Ziel hinaus, und in der Realität lässt sich kaum ein Fall in neunzig Minuten lösen.

Auf derselben Popularitätswelle schwimmen einschlägige Romane wie jene von Kathy Reichs, Patricia Cornwell oder Bill Bass – veröffentlicht unter Jefferson Bass –, dem Gründer der berühmten Body Farm in Tennessee, USA. Hier kommen im Gegensatz zu vielen anderen Krimis immerhin Fachleute zu Wort. Wer in diesem Bereich tätig ist, spürt bei jedem neuen Skelettfund – auch wenn die Knochen als solche immer irgendwie gleich aussehen – die Herausforderung, Indizien zu finden, die zur Klärung des speziellen Falles beitragen, sei es zur Identifizierung der Person oder zur Rekonstruktion des Geschehens. Bis hin zur Ausarbeitung der sogenannten Täter-Opfer-Geometrie anhand von Spuren tätlicher Auseinandersetzungen.

Unabdingbar für die Beurteilung traumatischer Befunde sind Kenntnisse in Biomechanik und Spurenkunde sowie die Unterscheidung von peri- und postmortalen Einwirkungen. Die Bestimmung des Postmortalen Intervalls (PMI) gehört zu den schwierigsten Fragestellungen der Forensik überhaupt. Es gibt zwar Methoden wie fortschreitende Veränderungen im Glaskörper des Auges bei relativ frischen Leichen oder Fluoreszenzuntersuchungen an Knochenschliffen bei Skelettfunden, doch die Eingrenzung der Liegezeit ist speziell bei Letzteren nicht einfach. Dabei geht es in der Praxis um einen Zeitraum von fünfzig Jahren. Obschon Mord bei uns nicht verjährt, werden Fälle, die länger zurückliegen, nicht mehr gerichtlich verfolgt. Ein untrügliches Zeichen höheren Alters ist ein meist nur hinter vorgehaltener Hand kolportiertes, quasi magisches Ritual, das den Anthropologen zugeschrieben wird: die sogenannte Lippenprobe. Da länger bodengelagerte Knochen kaum mehr organische Bestandteile enthalten, bewirken Adhäsionskräfte, dass bei ihrer Berührung mit der Lippe diese für einen Moment hängen bleibt. Der Knochen sollte vorher allerdings gereinigt und getrocknet worden sein …

15000 Jahre Mord und Totschlag

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