Читать книгу Die Geschichten von Knuud und Ksavver anno 2069 - Jochen Nuding - Страница 10

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[ 1 ] Wie alles begann

Montag, früh am Morgen, Kaatje setzt die Kids auf dem Weg zu ihrer Hochschule auf der täglichen Auto-Tour an ihren Schulen und Ausbildungsstätten ab. Zur Zeit liegt alles noch in einer machbaren Abfolge bis zu ihrem Ziel, es macht also Sinn und für alle ist es irgendwie auch eine Erleichterung. Das Haus ist somit nach dem morgendlichen Richten und der Hektik des Schnell-Schnell-Machens jetzt ruhig und leer. Um bloß nicht zu spät zu kommen, geht es rund um das Frühstücken und Vesperbrote schmieren turbulent zu.

Endlich ist es herrlich ruhig. Auf diesen Moment freut sich Knuud jeden Tag immer sehr. Wann immer es geht, macht er es sich mit seiner morgendlichen Tasse Kaffee auf der Terrasse gemütlich. Legt die Füße hoch auf die Bank gegenüber und entspannt auf seinem Stamm-Stuhl-Platz. Müde und verträumt sinnt er im zauberhaften Licht des Sonnenaufgangs vor sich hin. Könntest du ihn live beobachten, würde er irgendwie entrückt auf dich wirken. Wie in ‚Trance‘, wie weggetreten. Sicher kennst du ‚Schlafwandler‘ oder? So ähnlich, nur eben nicht so sehr wandelnd. Mit schlafwandlerischer Sicherheit nimmt er einen Schluck aus seiner dampfenden Tasse. Diese, gefüllt mit der kräftigen Kaffeesorte, wie immer tiefschwarz, null süß und sehr sehr heiß, wird von seinem Hand-Arm-Gespann wie automatisch geführt und gesteuert ohne dass er sich darauf konzentrieren oder hinschauen muss. Wäre es nicht schon Routine, tägliche Gewohnheit, hätte allein diese Hitze auf seinen Lippen und auf seiner Zunge durchaus das Zeug, ihn als aufgeschreckten Schlafwandler – was wohl in echt kaum möglich ist - vom Dach seines entrückten Zustands herunter auf den Boden der Tatsachen des realen Lebens und seines Arbeitsalltages zu stoßen, und so die Ruhe und Entspannung jäh abzubrechen - aber eben nur fast.

Das Morgenlicht genießend nimmt er gerade den x-ten Schluck aus seiner Tasse, als ein hässlicher Ton ihm dermaßen in die Gliedmaßen fährt, dass er die Tasse verschüttet und die Hitze nun auch seine Hose durchkriecht und ihm den Oberschenkel verbrennt. Wie er diesen Ton hasst! Sein Chef hatte damals nur sehr zögernd seinem Heimarbeits-Antrag zugestimmt. Knuud wollte seinen Arbeitsalltag doch deutlich entspannter angehen, als es in den Firmenräumen möglich war. Dort hing er tagein tagaus immer an der ‚Heißen Leine‘ ohne Abkühlungsmöglichkeit zwischendurch und rieb sich zu sehr auf. Letztlich hat sein Chef sich dann nur unter der Bedingung dazu breitschlagen lassen, dass er Knuud eine der schrillsten und lautesten Anrufverstärkerklingeln, die am Markt erhältlich waren, aufzwängte.

Diese ist nun in seinem Haus eingebaut, damit, egal wo er gerade ist, ob drinnen oder draußen, oben oder unten, er keine der so firmenwichtigen Kundenserviceanfragen überhören kann. Und das im Jahr 2069, dem digitalen Zeitalter schlechthin – wirkt für Außenstehende sicher irgendwie vorsintflutlich. Aber das ist es Knuud trotzdem immer noch Wert. Aus dem direkten permanenten Zugriff ‚auf Arbeit‘ heraus zu kommen, bedeutet für ihn schon selbstbestimmte Freiheit, trotzdem er ein Angestellter ist. Immer wieder hat er so doch die Möglichkeit, seine Zeit auch für und mit seiner Familie besser zu koordinieren. Jetzt fühlt er sich lange nicht mehr so krass vom Familienalltag abgeschnitten wie zuvor. Für seine Frau besteht seither die Möglichkeit, sich außerhalb der Familie wieder ein Standbein aufzubauen und ihre Talente zu nutzen. Das ist ihnen beiden sehr wichtig, macht glücklicher. Passend dazu ist es jetzt so, zumindest am Vormittag, dass auch die jüngsten ihrer Kinder nun das Alter haben, um ihrer Schulpflicht nachzukommen.

Knuud steht etwas wackelig und irgendwie aufgeschreckt auf und murmelt vor sich hin, dass er ja schon am Apparat ist, da ertönt der schrille Ton erneut. Allein das macht ihm Beine, so schnell wie nur möglich sicher auf die selbigen zu kommen um abzuheben, also den Anruf anzunehmen. Dazu liegt sein Firmentelefon trotzdem extra immer etwas abseits – irgendwie braucht er den Abstand, den Schritt dort hin, bevor er den Kunden am Ohr empfängt. Regelmäßig bringt es ihn aber auch auf die Palme, so dass man ihn entnervt rufen hört: „Ich komme ja schon!“

Die Geschichten von Knuud und Ksavver anno 2069

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