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Kapitel 4 (Das Manuskript)

Drei Wochen später.

Robert hatte sich mit Kim verabredet. Sie trafen sich nachmittags in einem großen Café in der Innenstadt. Nach einigen belanglosen Sätzen fragte Robert: »Weiß Nino, dass du dich hier mit mir triffst?«

»Wozu ist das wichtig?«, fragte sie zurück.

»Ich bin einfach nicht interessiert daran, mich mit eifersüchtigen Kerls rumschlagen zu müssen«, antwortete er, und er zeigte plötzlich eine Gereiztheit, die sie an ihm nicht gewohnt war.

»Was ist das für ein Job, den du für mich hast?«, wollte Kim wissen.

»Wir müssten zuerst Probeaufnahmen machen.«

»Bezahlte Probeaufnahmen?«

»Natürlich nicht.«

»Dann ist das nichts für mich«, sagte Kim.

»Ich werde mich beim Auftraggeber für dich als eine Frau mit Ausstrahlung einsetzen«, versprach ihr Robert.

»Du musst mir jetzt ein klares Angebot machen, sonst kannst du es vergessen«, verlangte Kim.

»Was ist mit dir los?« Robert war offensichtlich irritiert.

»Ich mache keine halben Sachen mehr«, erklärte sie ihm.

»Du tust gerade so, als wärst du ein gefragtes Model.«

»Verdreh bitte nichts, Robert! Es war deine Idee, dich mit mir zu treffen.«

Robert trank einen Schluck Kaffee. Schweigend schaute er dann Kim an.

»Ich habe im Augenblick viel zu tun«, sagte sie.

»In der Firma?«

»Nein.«

»Privat?«

»Darüber will ich nicht reden.«

»Hast du einen besseren Fotografen als mich gefunden?«, fragte Robert.

»Vielleicht.« Sie zeigte ein gequältes Lächeln.

»Dann lassen wir es besser.« Nun war er verärgert.

»Ja, lassen wir es besser«, sagte sie. »Es war falsch, mich mit dir zu treffen.«

»Dich bedrückt irgendetwas, oder?«

»Hast du je mit Leo über das gesprochen, was damals zwischen dir und mir passiert ist?«, fragte Kim direkt.

»Nein.«

»Du lügst!« Sie blickte ihn energisch an. Und scharf fügte sie hinzu: »Diese Art von Angeberei hätte ich dir nicht zugetraut.«

»Versteh mich nicht falsch, aber – «

»Vergiss es!«, unterbrach ihn Kim. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.«

Er schwenkte um und sagte bösartig: »Dir macht wohl dein Nino die Hölle heiß!«

»Vergiss es!«, wiederholte sie und erhob sich.

»Kim!« Robert versuchte sie zurückzuhalten. »Lass uns darüber reden.«

Sie ging davon, ohne noch ein Wort zu sagen.

»Dieser Rozeck meldet sich doch nicht«, sagte Pauly. »Die Mühe hättest du dir ersparen können. Aber du hörst ja nie auf mich.«

»Du bist wohl auf Streit aus, was?«, fragte Kim, die in einem seidenen Nachthemd das Schlafzimmer betrat.

Pauly, der schon im Bett lag, grinste selbstzufrieden. »Besinn dich besser wieder auf die Dinge im Leben, die auch wirklich Spaß machen«, sagte er. »Komm zu mir ins Bett!«

»Idiot!«, zischte Kim.

Paulys breitschultriger Oberkörper ragte bis zur Brust aus dem blauen Bettzeug heraus. Das Licht der Nachttischlampe brachte sein Muskelrelief gut zur Geltung. Er hatte beide Hände hinter den Kopf gelegt.

Kim stieg ins Doppelbett.

»He!« Pauly ließ seinen Arm auf Kims Decke schnellen. »Hast du dir noch nie überlegt, dass dieser Rozeck mit der Polizei hier auftauchen könnte?«

Kim machte eine Drehung, um Pauly besser sehen zu können. »Wieso soll der mit der Polizei hier auftauchen?«, fragte sie.

»Weil er mitbekommen hat, dass das Manuskript, das du ihm geschickt hast, geklaut ist.«

»Gefunden«, verbesserte Kim.

»Ich bin froh, dass die Sache nicht funktioniert hat.«

»Wer sagt das?« Kim setzte sich auf. »Es sind erst einige Wochen vergangen. Da kannst du noch nichts erwarten. Der muss das Manuskript erst einmal lesen.«

»Wie hast du mich genannt?«, fragte Pauly spöttelnd und gab sich dann mit übertriebener Betonung selber die Antwort: »Nino de Pauly. Also, ich muss sagen: Phantasie hast du ja!«

Kim stützte seitlich den Kopf mit der Hand und fing leise zu summen an.

»Du fühlst dich verdammt sicher«, stellte Pauly fest.

Sie summte mit unbeteiligtem Gesichtsausdruck weiter.

»He! Ich rede mit dir!« Er schlug ihr die Hand weg, und ihr Kopf fiel ins Kissen.

»Vielleicht bist du einfach zu blöd, um das alles zu verstehen«, flüsterte Kim selbstgefällig.

»Und was war damals mit dem Fotografen, der dich bloß bumsen wollte!«

Darauf gab sie ihm keine Antwort.

»Der Angeber muss doch selber schauen, dass er über die Runden kommt«, sagte Pauly weiter. »Nichts konnte er dir bieten, gar nichts. Und du hast den ganzen Mist von der Modelkarriere geglaubt, den er dir vorgelogen hat.«

Sie schwieg, summte wieder vor sich hin.

»Mir kann's ja egal sein.« Pauly löschte das Licht. »Du spinnst eben, und da kann man nichts machen.«

Pauly war gerade dabei, den kleinen Aufenthaltsraum sauber zu machen, als Leo unter die Tür trat und sich in der für ihn üblichen lässigen Haltung gegen den Rahmen lehnte. So blieb er stehen und beobachtete Pauly, der mit Schrubber und Lappen den Boden aufwischte.

»Ist was?«, fragte Pauly, wobei er seinen Chef nicht anschaute. Stattdessen bückte er sich vornüber und tauchte den Putzlappen in den Eimer.

Leo kratzte sich mit ausgestrecktem Zeigefinger an der Stirn, bevor er ziemlich unfreundlich antwortete: »Kim ist hier und will dich sehen.«

Pauly richtete sich auf.

»Offiziell haben wir hier ja keine Besuchszeit«, bemerkte Leo. »Erledige deine Privatangelegenheiten in Zukunft also nach Feierabend!«

Pauly wartete ab, bis Leo den Raum verlassen hatte. Dann ging er nach oben zur Anmeldung, wo Kim auf ihn wartete.

»Was ist los?«, fuhr er sie gleich an. »Warum bist du nicht im Büro?«

»Stell dir vor, ich habe diesen Rozeck angerufen – und er will mich sehen«, sagte Kim aufgeregt.

»Und deswegen kommst du her und lässt mich durch Leo von der Arbeit wegholen?«, fragte Pauly.

»Ich habe den Rest des Tages freigenommen, weil ich um drei Uhr in Rozeck’s Agentur sein muss«, erklärte Kim. »Und daher dachte ich – «

»Dieses Schleißmanuskript bringt dich noch um den Verstand!«, fiel ihr Pauly ins Wort. Und da Leo gerade den Flur entlang kam, flüsterte er: »Verschwinde besser! Sonst bekomme ich Schwierigkeiten.«

»Du kuschst ganz schön«, sagte sie schnippisch.

»Komm!« Pauly fasste sie kurz am Arm. »Gehen wir nach draußen.«

Vor der Tür vergewisserte sich Pauly, ob Leo ihnen nicht gefolgt war.

»Freust du dich denn nicht?«, fragte Kim.

»Ich weiß nicht.« Sie gingen zu Kims Wagen. »Das lässt sich doch alles nicht abschätzen.

»Es ist wichtig für uns, Nino.«

»Und wenn dich der Mann in eine Falle lockt?«

»Nun hör aber auf!« Kim lachte. »Ich habe ihn angerufen, und er will mich wegen des Manuskriptes persönlich sprechen.« Sie öffnete die Wagentür und stieg ein. »Aber wenn es dich nicht interessiert ...«

»Es interessiert mich ja schon«, gab Pauly zu. »Nur verstehe ich davon einfach zu wenig. Ich blicke da nicht durch.«

»Das wird sich bald ändern«, garantierte sie ihm.

Pauly stützte sich mit beiden Händen auf dem Wagendach ab. »Hoffentlich hast du recht«, sagte er.

»Also, ich muss jetzt gehen.« Kim kam ihm mit dem Kopf entgegen. Pauly bückte sich zu ihr hinunter, und sie küssten sich flüchtig. Dann zog Kim die Tür zu und startete den Motor.

Pauly stieß mit beiden Händen seinen Oberkörper vom Wagen ab. Als er sich umdrehte, sah er Leo unter der Eingangstür stehen, der – an Pauly vorbei – auf die Straße hinausschaute. Seine Geste war unmissverständlich.

Kim hatte geduscht, ihr Haar gewaschen, sich geschminkt und frisiert, ein attraktives Kleid angezogen, dazu schwarze Lackpumps. Zum Schluss legte sie eine wildlederne, helle Jacke über die Schultern. Der letzte Kontrollblick vor dem Spiegel im Wohnungsflur verriet ihr, dass sie keinesfalls übertrieben zurechtgemacht wirkte.

Während der Fahrt malte sie sich das bevorstehende Gespräch mit dem Agenten aus. Doch dadurch wurde sie nur noch aufgeregter.

Ein etwa fünfzigjähriger, großer und korpulenter Mann mit vollem, grauem Haar, einem breiten Gesicht und gepflegtem, ebenfalls grauem Bart öffnete die hohe Tür. Links davon hing ein Messingschild, auf dem in großen Lettern eingraviert war: A. ROZECK, LITERATUR-AGENTUR.

Kim nannte ihren Namen und erklärte, dass sie für drei Uhr hierher bestellt worden sei. Der Mann stellte sich als Anton Rozeck vor und streckte ihr seine Hand entgegen. Kim spürte einen kräftigen Druck. Dann wurde sie zum Eintreten aufgefordert.

Sie durchschritten ein nicht sehr helles Zimmer.

»Meine Sekretärin ist heute nicht da«, sagte Rozeck.

Kim nickte, und ihr Herz raste vor Aufregung.

Sie betraten ein weiteres Zimmer. Hier fiel helles Tageslicht durch drei hohe Fenster. Rozeck rückte einen gepolsterten Stuhl vor dem Schreibtisch zurecht und bat Kim, Platz zu nehmen.

»Gut, dass Sie mich heute Morgen angerufen haben«, sagte Rozeck und begab sich hinter den Schreibtisch, wo er sich, von einem Schnaufen begleitet, in seinen Arbeitssessel setzte.

»Ich wollte Sie nicht drängen.« Kim sprach ziemlich leise.

»Sie drängen mich nicht.« Er schien erst jetzt Kims Erscheinung wahrzunehmen. Seine Augen musterten sie. Dann sagte er: »Sie haben mir vor einiger Zeit dieses Manuskript des Autors Nino de Pauly zugeschickt.«

»Richtig«, bestätigte Kim.

»Ich habe es mir angeschaut«, fuhr Rozeck fort, »und finde sowohl die Idee wie auch deren Ausführung nicht ungeschickt.«

»Das freut mich.« Kim lächelte leicht.

»Es ist allerdings nicht einfach, mit dem Manuskript eines noch völlig unbekannten Autors bei Verlagen hausieren zu gehen.«

Kim schwieg. Was hätte sie dazu sagen sollen?

»Ich nehme an, Sie kennen den Autor persönlich?«, fragte Rozeck.

»Ja.«

»Er weiß erstaunlich viel über die Tätigkeit gewisser Leute und scheint ein fundiertes Insiderwissen zu haben!«, sagte Rozeck.

Kim fühlte sich überrumpelt. Was sollte sie dazu sagen?

»Ich bemühe mich im Auftrag von Nino de Pauly darum, das Manuskript zu verkaufen«, antwortete sie.

»Aber der Autor lebt in Deutschland?«

»Er ist viel auf Reisen.«

»Darum erledigen Sie das Geschäftliche für ihn.«

»Ja.«

»Interessant.« Rozeck machte ein nachdenkliches Gesicht. »Ich nehme nicht an, dass Herr de Pauly von der Schriftstellerei lebt«, sagte er dann.

»Nein«, erwiderte Kim.

»Ich will Sie nicht ausquetschen.« Rozeck zeigte ein schwaches Lächeln, das ihn sympathisch machte. »Trotzdem würde es mich interessieren, was Herr de Pauly so für ein Mensch ist. Gerade für eine mögliche Zusammenarbeit dürfte das wichtig sein.«

Kim zögerte, und das war schlecht.

»Wollen Sie nicht darüber reden?«, fragte Rozeck.

»Was möchten Sie denn wissen?«, fragte sie zurück, und sie kämpfte dabei gegen eine aufkommende Verlegenheit an. Mit zitternden Fingern suchte sie die Zigaretten in der Handtasche, den Kopf gesenkt. »Darf hier geraucht werden?«, fragte sie dann.

Rozeck nickte und sagte: »Ich muss einfach wissen, ob ich mögliche weitere Verhandlungen mit ihnen führen soll, oder ob Herr de Pauly wünscht, dass ich mich dann an ihn wende.«

»Ich erledige alles Geschäftliche für Herrn de Pauly«, antwortete Kim.

»Sie sind also bevollmächtigt?«

»Ja.«

»Wir werden einen kleinen Vertrag abschließen müssen, den ich ihnen in den nächsten Tagen zusenden werde«, sagte der Mann hinter dem Schreibtisch. »Ich nehme an, dass Nino de Pauly kein Pseudonym ist.«

»Nein –, das heißt, doch.« Sie musste aufpassen, sonst machte sie sich verdächtig.

»Wie heißt Nino de Pauly denn mit bürgerlichem Namen?«, fragte Rozeck.

Kim zündete sich eine Zigarette an, und ihre Hand zitterte dabei. Sie wusste darauf nichts zu sagen.

»Es ist üblich, den Vertrag mit dem Autor zu machen«, sprach Rozeck in ruhigem Ton weiter. »Daher brauche ich seinen bürgerlichen Namen und seine Anschrift. Außer Sie haben mit ihm eine schriftliche Vereinbarung, die Sie ermächtigt, allein weitere Schritte zu unternehmen.«

»Ja, das ist so«, sagte Kim.

»Haben Sie das Manuskript noch anderen Leuten angeboten?«

»Nein.«

Er nickte zufrieden.

»Wie lange kann es dauern, bis Sie einen Verlag gefunden haben, der das Manuskript veröffentlichen will?«, fragte Kim.

»Da will ich, trotz meiner Erfahrung in diesem Geschäft, lieber keine Prognose abgeben.«

Das klang für Kim nicht gerade ermutigend. Aber vielleicht wollte ihr der Mann einfach keine leeren Versprechungen machen.

»Auf jeden Fall finde ich es gut, dass wir uns kennengelernt haben«, sagte Rozeck, und es sah ganz so aus, als wollte er sich nun wieder anderen Dingen zuwenden.

Kim blieb noch einen Moment lang sitzen, doch als sich der beleibte Agent erhob, stand sie ebenfalls auf.

Draußen begrüßte Kim ein frischer Wind. Sie fror auf dem Weg zum Wagen ein wenig. Wie gut das geklappt hatte! Und doch – wo blieb die Freude darüber?

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