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Kapitel 7 (Das Buch)

Es war ein kühler, grauer Morgen. Heftig prasselte der Regen gegen die Windschutzscheibe. Pauly beobachtete, wie die Scheibenwischer mit dem ankommenden Wasser nicht mehr fertig wurden. Das Wasser floss die Scheibe hoch und oben, bei den undichten Verschlussstellen des Verdecks, ins Innere hinein.

Wie sehr hatte er diesen alten Sportwagen einmal gemocht, im Sommer, bei warmem Fahrtwind auf freien Landstraßen, mit Kim neben sich, die ein flatterndes Kopftuch trug. Kim hatte sich aber bald ein eigenes Auto gekauft. Schließlich verdiente sie mehr als Pauly.

Auf dem Beifahrersitz lagen drei Exemplare des Buches DER V-MANN. Man konnte ja nie wissen!

»So ein Scheißtag!«, fluchte Pauly beim Betreten des Fitness-Centers. Seine Hose war durch das undichte Verdeck stellenweise nass geworden.

Frau Kuval, die wie üblich in ihrem Büro saß, hob den Kopf. Das Fenster der Anmeldung stand offen.

»Ist doch so, oder?«, fragte Pauly und lehnte sich etwas hinein.

»Es regnet eben«, sagte Frau Kuval ohne nochmals aufzublicken.

Pauly ging in den kleinen Lagerraum und zog sich um. Danach begann er damit, die Sauna im Untergeschoss sauberzumachen.

»Herr Pauly.« Die Stimme von Frau Kuval holte ihn aus der Arbeit. »Oben ist ein Mann, der sie unbedingt sprechen möchte.«

Bei der Anmeldung stand ein Mann in einem langen Wildledermantel. Er rauchte eine Zigarette. Wenn das nur Leo nicht mitbekam!

Frau Kuval saß bereits wieder in ihrem Büro.

Pauly kam bei dem Mann an. »Sie wollen mich sprechen?«, fragte er.

»Pauly?« Der Mann schaute ihn durch seine runden Brillengläser an. »Nino Pauly?« Und dann, was auf Pauly wie ein Dolchstoß wirkte: »Nino de Pauly?«

»Wer sind Sie?«, fragte Pauly.

»Mein Name ist Matthias Lerch«, stellte sich der Mann vor.

War das schon alles? Wie verregnet sein Wildledermantel ausschaute. Mit dem Wagen schien er nicht gekommen zu sein.

»Ja, und?« Pauly zeigte Ungeduld.

»Ich möchte Sie gerne kennenlernen, Herr de Pauly.«

Musste er den Namen mit diesem de so deutlich aussprechen! Frau Kuval konnte jedes Wort mithören.

»Ich habe keine Zeit«, sagte Pauly.

»Aber Sie sind Nino de Pauly?«, vergewisserte sich der Mann.

Pauly wollte nicht mehr länger in Frau Kuvals Nähe stehen bleiben. Also ging er mit dem Mann vor die Eingangstür.

Draußen regnete es noch immer in Strömen. Das kurze Vordach hielt das vom Himmel schießende Wasser etwas auf. »Hören Sie«, sagte Pauly. »Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen, aber Sie sind bestimmt an der falschen Adresse.«

»Dann sind Sie also nicht Nino de Pauly?«, fragte dieser Lerch, wobei er zuerst die Zigarette wegschleuderte und dann seine Brille abnahm, da die Gläser bereits verregnet waren.

»Nein, der bin ich nicht«, antwortete Pauly.

»Seltsam«, meinte Lerch und versuchte, mit einem großen Taschentuch seine Brillengläser zu trocknen. »Hier, in diesem Kraftsportzentrum, hat man Sie mir doch aber – «

»Ja, ich heiße Pauly«, unterbrach er den Mann. »Aber Sie halten mich trotzdem für jemanden, der ich nicht bin.«

»Sie haben also kein Buch mit dem Titel Der V-Mann geschrieben?«, wollte Lerch wissen.

»Was wollen Sie?«

»Ein Interview mit dem Autor dieses Buches machen.«

»Das geht jetzt nicht«, sagte Pauly.

Lerch nickte und setzte sich die Brille auf. Er hatte verstanden, dass der richtige Pauly vor ihm stand.

»Kann ich Sie anrufen?«, fragte Lerch.

»Nein« , antwortete Pauly. »Lassen Sie mich also bitte in Ruhe! «

»Schade, ich wollte nur ein Interview mit ihnen machen«, sagte der Mann und schritt durch den Regen davon.

Pauly betrat wieder das Center.

»He! Nino.« Unverkennbar – Leo wollte etwas von ihm.

»Was ist?« Pauly drehte sich nach seinem Chef um.

Leo lehnte sich mit der Schulter gegen den Türrahmen seines Büros. »Du hast schon wieder Besuch gehabt«, hielt er Pauly vor. »So läuft das nicht mehr!«

»Es ging um eine wichtige Sache«, erwiderte Pauly.

Leo schnupperte übertrieben in der Luft herum. »Du weißt doch, dass hier Rauchverbot ist«, sagte er dann.

Pauly spürte, wie Wut in ihm anschwoll. »Was ist eigentlich los?« Er konnte sich kaum mehr beherrschen.

»Ich war vorhin in der Sauna unten«, sagte Leo völlig gelassen. »Der Schweinestall dort unten ist eine Zumutung.«

»Ich bin noch nicht fertig mit Saubermachen.«

»Komm mal mit.« Leo winkte mit der Hand. Pauly folgte ihm ins Büro.

»Was ist mir dir los?«, fragte Leo und lehnte sich gegen seinen Schreibtisch. »Hast du vor, dich hier bald zu verabschieden?«

»Wie kommst du darauf?«

»Rück schon raus damit!«

»Womit?« Wusste Leo von dem Buch? Pauly hatte es ihm bisher verschwiegen.

»Was betreibt ihr für Geschäfte?«, fragte Leo.

»Du weißt von dem Buch«, sagte Pauly.

»Mich interessiert das nicht«, sagte Leo. »Aber wenn das so weitergeht mit deiner Schlamperei, müssen wir uns trennen. Kapiert?«

»Ja.«

»Dann geh jetzt die Sauna putzen – und zwar tadellos.«

Pauly schritt zur Tür, drehte sich dann plötzlich um und fragte: »Möchtest du ein Exemplar meines Buches?«

Leo reagierte nicht hat darauf, hob den Telefonhörer ab und wählte eine Nummer. Pauly war für ihn schon draußen.

Um fünf Uhr verließ Pauly das Fitness-Center. Mit Verärgerung stellte er fest, dass es noch immer regnete. Bevor er in seinen Wagen stieg, wischte er den Sitz mit einem Lappen trocken. Es roch nach Feuchtigkeit. Die Teppiche hatte Pauly längst herausgerissen und durch Gummimatten ersetzt. Er stieg ein und schlug die Tür heftig zu. Sein Blick streifte den Außenspiegel.

Konnte das sein? Etwa zehn Meter hinter dem Wagen, seitlich bei einer alten Mauer, die ein Areal eingrenzte, stand dieser Matthias Lerch. Unverkennbar! Der Wildledermantel, dazu das ungeschützte, nasse Haar und die Brille.

Pauly wartete ab. Lerch stand nur da und schien Paulys Wagen zu beobachten.

Was wollte der Mann? Ein Interview, hatte er gesagt. Aber wozu stand er dort im Regen? Wollte er vielleicht sehen, wohin Pauly fuhr, ihn verfolgen, um seine Adresse ausfindig zu machen? Das hätte er einfacher haben können!

Pauly startete den Motor und fuhr nach Hause.

In der Wohnung schaltete er zuerst den Backofen ein und holte eine Pizza aus dem Tiefkühler. Dann begab er sich ins Bad, wo er die übliche Dusche nahm. Im Badmantel kam er ins Wohnzimmer zurück, ein Tuch in den Händen, mit dem er sich kräftig das Haar abtrocknete.

Er ging zum Fenster im Wohnzimmer, schaute hinunter auf die Straße. Erwartete er, dass sich dieser Matthias Lerch vor dem Haus herumtrieb? Unsinn! Natürlich konnte er den Mann nirgends entdecken.

Er setzte sich in einen Sessel und schaltete den Fernseher ein.

Eine halbe Stunde später kam Kim nach Hause. Pauly schaltete den Fernseher aus, trat wieder ans Fenster.

»Das gibt es nicht!«, sagte Pauly.

Lerch stand unten auf der Strasse, mitten im Regen!

»Was ist?«, fragte Kim und stellte sich neben ihren Freund, fuhr ihm mit der Hand durchs Haar.

»Lass das!«, sagte er gereizt. Und dann: »Was will der Kerl von mir?«

»Welcher Kerl?«, fragte Kim.

»Der Kerl da unten, mit Wildledermantel und Brille«, erklärte Pauly. »Er verfolgt mich.«

»Wo?« Kim schob die Gardine zur Seite.

»Pass auf!«, warnte Pauly. »Sonst sieht er uns noch.«

»Spinnst du oder was?« Kim zeigte wenig Verständnis für Paulys Verhalten.

»Lerch heißt der Kerl«, sagte Pauly, »Matthias Lerch. Er hat mich heute Morgen im Center besucht und weiß, dass ich Nino Pauly bin. Er will ein Interview mit mir machen.«

Kim schaute ihren Freund erstaunt an.

»Siehst du ihn denn nicht?«, fragte Pauly. »Der Mann, der dort unten völlig durchnässt im Regen steht!«

»Ja, ich sehe ihn, Nino.«

»Das gefällt mir gar nicht.«

»Nun mal ganz langsam!« sagte Kim. »Der Mann war also bei dir im Center und wollte ein Interview?«

»Ja.« Pauly wich einen Schritt vom Fenster zurück.

»Der sieht schon ein bisschen verrückt aus«, stellte sie fest.

»Wir müssen etwas unternehmen.«

»Hast du ihn gefragt, für welche Zeitung er arbeitet?«

»Nein.«

»Das ist doch das Wichtigste!«

»Er schaut nun hoch«, sagte Pauly, und in seiner Stimme schwang Beklommenheit mit.

»Tatsächlich.«

»Was sollen wir tun?«

»Abwarten.«

»Vielleicht hätte ich das mit dem Interview einfach machen sollen«, sagte Pauly.

»Bist du verrückt!«, fuhr Kim ihn an.

»Wieso?«

»Überlass das in Zukunft alles mir, Nino.«

»Ach so!«

»Du gibst keine Interviews«, befahl Kim. »Zudem frage ich mich, woher er weiß, wo du arbeitest.«

»Ja, das frage ich mich auch«, sagte Pauly.

»Worüber habt ihr sonst noch gesprochen?«

»Da war nichts.«

»Hat er keine Fragen gestellt?«

»Nein.«

»Aber irgendetwas müsst ihr doch geredet haben.«

»Nein«, versicherte ihr Pauly.

»Das ist kein Journalist«, sagte Kim. »Und ein Interview will er mit dir erst recht nicht machen.«

»Sondern?« Paulys Kopf schnellte herum, und seine Augen beobachteten Kim erwartungsvoll.

»Ich weiß es nicht«, antwortete sie. »Nur – da stimmt etwas nicht.«

»Und wenn dieser Lerch die Wahrheit kennt!« Pauly schritt unruhig auf und ab.

»Unsinn, Nino!«

Pauly schaute wieder nach unten. »Er ist weg«, stellte er mit Erleichterung fest.

Kim überprüfte das sofort. »Ja, er ist tatsächlich weg.«

»Kann er meine Adresse durch Rozeck erfahren haben?«, fragte Pauly.

»Nein, unmöglich.«

»Und wieso nicht?«

»Weil Rozeck ja gar nicht weiß, dass du hier wohnst. Doch machen wir uns nicht unnötig verrückt! Das hat alles gar nichts zu bedeuten. Zudem ist der Kerl ja weg.«

Pauly ging in die Küche und öffnete den Backofen. Die Pizza war angekohlt. Er nahm einen Lappen und holte sie heraus.

»Schlangenfraß!«, fluchte er. Hunger hatte er ohnehin keinen mehr.

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