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Im August 1916 kreuzte Kapitänleutnant Mader mit seinem U-Boot im Mittelländischen Meere.

U.10 war kein Kampfboot, sondern eine schwimmende Werkstätte. U.10 hatte Schienenvorrichtungen an Steuer- und Backbord für invalide U-Boote, die an seiner Seite festgemacht werden konnten, um an ihnen entweder die Reparatur an Ort und Stelle vorzunehmen, oder mit dem kranken Kameraden an gesicherter Stelle zu landen. Auch mußten U-Boote geschleppt werden.

Am 9. August, morgens gegen fünf Uhr, bei unsichtigem, düsigem Wetter schlüpfte U.10 unter dem Minenkranz des Golfs von Genua durch, wo an der riffigen Küste zwischen Spotorno und Bergeggi, in der Tiefe von zehn Metern ein flacher Felsen lag, an dem vor einiger Zeit durch die zwei geschicktesten Taucher der U-Bootflottille, Schröder und Maxstadt, eine Verankerungsvorrichtung für U-Boote nach monatelanger schwerer Arbeit fertiggestellt worden war. Die Boote wurden dort festgemacht und repariert, soweit dies unter den gegebenen Umständen möglich war.

Als das Boot die kleine Insel unweit Spotorno passierte, konnte man durch die neue, sinnreiche Wasserradio-Vorrichtung die Kommandos der ablösenden Wachen auf der Insel ganz deutlich vernehmen.

Kapitänleutnant Mader stand am Steuer und sichtete mit dem Unterwasserperiskop, dem ein Scheinwerfer den Weg auf fünfzig Meter vorleuchtete.

Der Ankerfelsen kam in Sicht und sachte legte sich U.10 auf dem glatten Felsen fest.

Die Maschine stoppte. Die Mannschaften machten sich an ihr Frühstück und verteilten sich rings auf ihren Plätzen.

Kapitänleutnant Mader stellte Periskop und Steuer fest, gab dem jungen Leutnant Gerber einige Befehle, als er plötzlich stockte und taumelte. Auch einige Matrosen rollten nach achtern aus. Mader sprang zum Steuerapparat. Im gleichen Augenblick legte sich U.10 ganz backbord und ging kielhoch, so daß alle losen Gegenstände herumkollerten, dann trieb das Boot ab. Es hatte sich von seiner Verankerung losgerissen.

Plötzlich wurde das Boot hin und her geschleudert. Wer sich nicht festzuhalten vermochte, schlug der Länge nach hin.

Alle glaubten, eine Mine wäre an das U-Boot herangetrieben und explodiert.

Mader hielt sich am Steuerapparat fest. Das Unterseeperiskop gab keine Auskunft. Der Scheinwerfer warf trotz Umschaltens kein Licht. »Kurzschluß oder kaputt«, schrie der den Apparat bedienende Maschinist.

Plötzlich beruhigte sich das Boot wieder. Die Magnetnadel drehte sich im Kreise.

Mader blickte auf seine Uhr. Sie stand still. Der Zeitmesser rückwärts über dem Pumpgehäuse ging auch nicht mehr.

Leutnant Gerber zog seine Uhr – sie war ebenfalls stehengeblieben.

»Auch meine Uhr geht nicht«, schrie Obermaschinenmaat Möller.

»Seebeben«, sagte kurz Kapitänleutnant Mader und gab Befehl, die Maschinen anzulassen.

Der Tiefenmesser zeigte 18 Meter.

Das Boot trieb an, schwankte aber immer noch ein wenig.

Die Magnetnadel im Kompaß begann sich wieder wie rasend im Kreise zu drehen.

An ein Dirigieren des Bootes war nicht zu denken. Mader befürchtete, daß das Schiff gegen die Riffe getrieben werde und dort starke Havarie erleiden könne.

Die Magnetnadel stand abermals still.

Die Mannschaften blickten ängstlich aus allen Ecken auf ihren Kommandanten.

Mader, sich seiner Verantwortung voll bewußt, beschloß, nach oben zu gehen.

Plötzlich spürte man, wie das Boot steuerbord an dem Felsen entlangstrich. Es gab ein klirrendes Geräusch, das bald wieder verstummte.

Mader gab Befehl, die Wasserventile zu öffnen.

Langsam hob sich das Boot.

Aufmerksam beobachtete der Kapitänleutnant den Periskopspiegel.

Alles schwarz. Sollte das Rohr oben abgebrochen sein?

Es mußte doch längst über dem Wasser sein.

Die Tiefenmesser zeigten nur mehr zwei Meter Tiefe an.

Langsam hob sich das Boot weiter.

Nach kurzem Schwanken lag es still.

Der Periskopspiegel blieb schwarz.

Jetzt hieß es, achtgeben. Ist das Wetter noch unsichtig, dann sind Möglichkeiten vorhanden, unbeobachtet vom Feinde, über Wasser zu bleiben. Hätte die Insel- oder Landwache das Boot entdeckt, so würde man schon zu feuern begonnen haben.

Auch das Radio-Horchperiskop gibt nur ein plätscherndes leises Wellengeräusch wieder.

Als nach weiteren fünf Minuten alles ruhig bleibt, gibt Mader den Befehl, die Einsteigluke zu öffnen.

Die dazu kommandierten Matrosen klettern in den Tubus.

Leise und langsam öffnet sich der Deckel des Turmes.

Der eine Matrose kreischt auf: »Die Welt ist untergegangen. Alles ist schwarz und eiskalt!«

Mader befiehlt ihm, nicht so zu schreien und herabzusteigen.

Schreckensbleich kommen die beiden Leute die Steigleiter herunter.

Mader klettert selbst nach oben, er fühlt den Rand des Turmes, doch sehen kann er nichts! Es ist stockdunkel.

»Möller, schalten Sie die Decklichter ein!«

Nichts brennt.

Möller wechselt die Sicherungen. Das Decklicht brennt, doch durchdringt es nicht die Finsternis.

»Den kleinen Handscheinwerfer herauf!«

Die Steckdose knackt, als Möller die Stifte hineinschiebt. Neben Mader steht ein Matrose mit dem kleinen Handscheinwerfer und schraubt die Kohlen auseinander. Der Lichtkegel fällt über den schwarzen Wasserspiegel und beleuchtet weit hinten feuchte, glitzernde Felswände.

Mader dirigiert den Lichtkegel nach oben.

Auch dort, vielleicht in vierzig Meter Höhe funkelt eine große Felsenkuppe.

Jetzt wußte Mader Bescheid.

Sie waren durch einen Unterwasserkanal in eine Riesenfelsenhöhle getrieben.

Mader gab Befehl, den großen Scheinwerfer spielen zu lassen.

Der grelle große Lichtkegel zeigte die Riesenausdehnungen des Höhlensees. Weit über fünfhundert Meter zog er sich der Länge nach hin, während die Breite mindestens dreihundert Meter maß. Die Tieflotung ergab fünfzig Meter und darüber.

Die ganze Mannschaft stand an Deck und starrte offenen Mundes dieses unterirdische Wunder an.

Mader kommandierte jetzt, daß das Boot in Betrieb gesetzt werde.

Langsam wurde die Rundfahrt begonnen. Überall waren Nebenhöhlen; auch ein Platz wurde gefunden, wo man an »Land« gehen konnte. Stets blieb dieselbe Tiefe.

Mader, gefolgt von zwei Leuten mit Strichen, Werkzeugen und Taschenlampen, sprang auf ein Felsplateau.

Hier war, nur durch geringe Unebenheiten unterbrochen, eine Fläche von dreißig bis fünfunddreißig Meter Breite. Seitlich davon drang Mader mit seinen Leuten in einen riesigen Dom ein. Mächtige Tropfsteingebilde hingen von der Decke herab oder standen am Boden. Schneeweiß.

Stalaktiten- und Stalagmitengebilde bizarrster Form.

Säulen, hunderttausende von Jahren alt. Alabasterweiß.

Tropfen, in unregelmäßigen Intervallen durch mehr als hunderttausend Jahre herniederfallend, brachten diese Säulen von zwei bis drei Meter Umfang zustande.

Kleine Stalagmiten kauerten wie Gnome und tückische Zwerge am Boden.

Dort sprang eine weiße Hexe mit krummer Hakennase und fliegenden Haarsträhnen aus der Mauer. Nur der Besen fehlte.

Ein wunderbares, vorhangartiges Gebilde mit Spitzen am Rande, wie von einem großen Künstler erzeugt, hing hier an der Felsenmauer.

Jetzt sah man ein Meer von kurzen Stalagmiten – wie ein Kinderkirchhof.

Weiß. Wie mit Schnee überzuckert.

Dort lagert eine Riesensäule, die umgekippt, gestürzt, einen Durchgang bildet.

Sie ruht auf zwei mächtigen Stalagmitenstümpfen und neue Gebilde haben sich an der gebrochenen Größe geformt, die den wunderbarsten italienischen Alabasterarbeiten gleichen.

Und jetzt, o Wunder!

Ein klarer, zwei Meter breiter Bach stürzt über eine Silberwand in einen kleinen See hinab.

Blinde Molche, rosig gefärbt, schwimmen träge in dem eisig kalten Wasser.

Warm, fast zu warm, ist es in dieser Höhle, die zweihundert Meter tief unter dem Monte Alto liegt.

Mader richtet seinen Weg nach der Bussole und findet sich damit zurecht.

Die Stadt unter dem Meere

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