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Kapitel 9

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Plötzlich ging eine Unruhe durch die Reihen der Anwesenden. Sämtliches Getuschel verstummte augenblicklich und alle reckten sich um irgendetwas zu erkennen.

Als die sich die Tore der Basilika öffneten und nun gänzlich den Blick auf das innere Sanktum freigaben, trat eine gelbhäutige Argosianerin in die Mitte der Ankömmlinge. Marzo war sofort fasziniert von ihrer Erscheinung, die großen Insektenaugen passten unerklärlicherweise zu ihrem filigranen, schmalen Gesicht. Sie war in einen roten Satinmantel gehüllt und trug spitze Schuhe, die mit Gold bestickt waren. Ihr langes Haar war glatt nach hinten gekämmt und sie hielt ihre Hände hinter dem Rücken.

„Willkommen Abenteurer!“, ihre Worte wurden von einem allgemeinen Johlen begrüßt.

„Mein Name ist Venxarija, Botschafterin der Argosianer! Heute stehe ich vor euch, denn eine Legende Granumgards- Seelenhirtin Hutha von Argossa- sucht Männer und Frauen, die wissen wie man eine Waffe führt und sich nicht zu schade sind diese auch zu benutzen. Die Aufgaben, welche die große Seelenhirtin ihnen zuteilen wird, werden nicht ungefährlich sein… ich kann daher nicht versprechen, dass alle, welche sich als würdig erweisen wieder lebend und wohlbehalten zurückkehren werden. Also wer jetzt lieber gehen möchte, kann dieses sofort tun.“

Keiner der Anwesenden machte Anstalten den Basilikaplatz zu verlassen.

„Gut, wenn die Herren und Damen mir bitte folgen würden. Wir müssen da noch einige Informationen aufnehmen.“, Venxarija drehte sich herum und stolzierte in die Vorhalle des Sanktums.

Die Abenteurer bildeten erstaunlich schnell und ohne großes Drängeln und Stoßen eine Reihe, in dessen hinterem Drittel sich auch Lord Marzo und Eisenwolf befanden.

„Und was ist das nun für ein Auftrag?“, flüsterte Marzo.

„Keine Ahnung, Adelsmann. Wir werden bezahlt, also warten wir es einfach ab.“ Eine Frau in dunkler Robe vor ihnen drehte sich herum:

„Seid gegrüßt Krieger. Entschuldigt wenn ich euch einfach so anspreche aber ich bin zum ersten mal hier in Donnerhall, und so ein Abenteuer macht mich neugierig, wenngleich ich ein bisschen aufgeregt bin, müsst ihr wissen. Also euer Auftritt in der Taverne heute Nacht- das war echt Spitze. Hat mich zum Lachen gebracht. Darf ich mich vorstellen- ich bin Kaina - Spruchwirkerin aus den Wäldern Stahlbruchs bei Hallstade.“, sie reichte Eisenwolf die Hand. Dieser betrachtete sie argwöhnisch:

„Zum Lachen gebracht? Nimm dir lieber nicht zu viel raus, Zauberin.“ Der Adelsmann griff schnell nach der Hand der Frau.

„Sei auch du uns gegrüßt, Kaina von Hallstade. Mein Name ist Lord Marzo aus Finsterforst, und dies ist mein großer, mürrischer Gefährte Eisenwolf. Nimm es ihm nicht übel, er kommt nicht viel unter Leute.“

„Wie war das gerade? Mürrisch?! Marzo?!“, Eisenwolf kam plötzlich bedrohlich nahe. „Nur die Ruhe mein Freund...“ Marzo legte die Hand auf die Schulter des Kriegers.

„Aye, geht´s da vorne bald mal weiter!“, drängte der Mann hinter ihnen. Er hatte Recht, die Leute vor Kaina waren schon wieder gut zehn Schritte weiter gegangen.

„Na gut, ich lasse es dir diesmal noch durchgehen.“, brummte Eisenwolf,„Aber treib es nicht zu weit. Treib es ja nicht zu weit.“

Langsam aber sicher bewegte sich die Schlange voller zukünftiger Helden nach vorn. Lord Marzo erspähte einen Tisch an dem ein Schreiber saß.

Nach wenigen Minuten standen nun auch Kaina, Eisenwolf und der Lord vor diesem Schreibpult. „Name! Rasse! Alter! Waffengattung!“, forderte der Schreiberling.

„Kaina, Mensch, zweiundzwanzig, Spruchwirkerin.“, gab die Frau wie vorher einstudiert von sich. Ungläubig musterte der Lord die junge Frau vor sich. Zweiundzwanzig? Marzo wäre froh wenn er an seinem nächsten Geburtstag noch so frisch und faltenlos aussehen würde.

„Der Nächste!“

„Lord Marzo ist mein Name und ich bin was mein Alter betrifft nicht ganz sicher. Stellt dies ein Problem dar?“ Der Schreiber hob kurz den Blick vom Blatt: „Nein. Kein Problem.“

„Wohlan, also ich bin ein Mensch ... sieht man ja - ein Adelsblut wie Ihr meinem Titel entnehmen könnt und bin eher für den Nahkampf geeignet.“

„Hmm, gut. Der Nächste.“

„Eisenwolf, Mensch und zweiundvierzig Jahre alt. Vorderste Schlachtlinie.“, gab der grauhaarige Krieger von sich.

„Ihr seid zweiundvierzig?“, fragte der Schreiber unsicher. „Ja“, betonte Eisenwolf, „hast du ein Problem damit?!“

Der Schreiber blickte zu der gelbhäutigen Argosianerin hinüber, Venxarija nickte nur wortlos.

„Nein. Kein Problem.“, antwortete er. „Der Nächste dann.“

Während ein Bediensteter Kaina weiter nach hinten geleitete, brachte man Marzo und Eisenwolf zu einem großen Kreis, um den schon einige andere Abenteurer herumstanden. In ihrer Mitte stolzierte ein großer Mensch in einer schillernden Rüstung herum. Den Helm trug er unter den rechten Arm geklemmt und an seiner Seite baumelte eine blank geputzte Axt im Gürtel. Als sich die Schlange vor dem Tor nun gänzlich aufgelöst hatte und jedem Bewerber ein Platz zugewiesen wurde, begann der Silberne mit der Axt zu sprechen:

„So. Ihr seid also die Freiwilligen? Hmm, erbärmlich was sich heutzutage alles für echte Männer hält... Nun kommen wir gleich zum Punkt - Die Seelenhirtin Hutha braucht eine Eskorte für ihre Reise in den Norden. Wir heuern für diesen Auftrag zusätzliche Schwertarme an. Acht Wochen Arbeit, neunzig Goldstücke Lohn, ausgezahlt am Ende der Beschäftigung. Die Vertragsbedingungen oder die Höhe der Bezahlung sind nicht verhandelbar.“

Der Mann ließ seinen Blick durch die Runde schweifen und lächelte dann.

„Wie es jedoch aussieht haben wir hier mehr Bewerber als wir brauchen, deshalb lösen wir das völlig demokratisch. Immer zwei Mann steigen in diesen Ring, der Sieger kommt mit, der Verlierer muss gehen. Habt ihr das alle verstanden?“

Einige nickten beiläufig, andere blieben einfach still.

„Gut Krieger, dann die ersten zwei nach vorn. Du und du.“, er wies auf Eisenwolf und einen grimmig dreinblickenden Zwergenkrieger.

Ein Schweißtropfen rann von der Stirn des kleinwüchsigen Mannes und er schüttelte resigniert den Kopf: „Das … das ist Eisenwolf aus Grimgard... nein danke- so nötig hab ich das Gold dann doch nicht, ich kenne seine Taten aus der Vergangenheit- ich gebe mich geschlagen.“, murmelte er knapp, schnappte sich seine Sachen und verschwand.

„Tja, sieht aus als hätte ich gewonnen.“, kommentierte Eisenwolf die Situation und wollte sich wieder einreihen, als der Mensch in der schicken Rüstung sich wieder meldete:

„Halt, so geht das nicht. Ich weiß nicht wer Ihr seid oder welche Geschichten der Zwerg meinte. Wir müssen doch sehen ob du was auf dem Kasten hast oder nicht alter Mann. Dann kämpft eben der nächste gegen Euch. Du da, komm her.“, diesmal wies er auf einen jungen Mann.

„Denkt nicht ich würde auch so einfach kneifen.“, zischte dieser.

„Wäre aber besser für dich.“, Eisenwolf knackte mit den Fingern.

Der Mann in der silbernen Rüstung wies auf die hölzernen Schilde, die Kettenhemden und die Holzschwerter, die beidseitig neben ihm lagen.

„Die hier stellen wir euch zur Verfügung. Die hier werden benutzt - und sonst nichts weiter. Verstanden Krieger? Wir haben nur dieses Paar, also macht die hier nicht kaputt.“

Lord Marzo betrachtete die Kontrahenten. Während Eisenwolfs Gegenüber Probleme hatte die Schnallen am Schildarm fest zu zurren rümpfte der grauhaarige seine Nase:

„Holzschilde, pah. Ist das hier ein Kindergeburtstag? Das ist doch nur etwas für kleine Mädchen und Jünglinge.“

Dann hob Eisenwolf eines der Holzschwerter auf. Mitleidig betrachtete er die Waffe.

„Und was ist denn das hier für ein Spielzeug?“, seufzte der Krieger. Mittlerweile hatte sich sein Gegner in das Kettenhemd gequält und sich auch mit Schild und Schwert bewaffnet.

„Bist du da jetzt endlich fertig? Können wir anfangen?“, stichelte Eisenwolf.

Der Mann schenkte dem Krieger nur einen vernichtenden Blick nach diesen überheblichen Bemerkungen. „Kommt schon alter Mann! Zeigt mir, was Ihr könnt.“, er winkte mit dem Schild.

„Alt? Hast du gerade... Alt!? Na warte, das war zu viel!“

Mit einem animalischen Gebrüll stürmte Eisenwolf auf seinen Gegner zu. Das hölzerne Schwert schlug sein Schild beiseite und machte Platz für seine Faust. Zweimal hämmerte sie auf die metallbewehrte Brust des Mannes und traf danach sein Kinn.

Der ungestüme Ansturm warf sein völlig überrumpeltes Gegenüber nach hinten. Abrupt riss Eisenwolf seinem Gegner das Schild vom Handgelenk und schlug es diesem kräftig über den Schädel. Reglos lag der Mann nun am Boden.

„So macht man das!“, brummte er zufrieden und stieg von seinem Gegner.

„Hm, das war ja ganz ... eindrucksvoll.“, bemerkte der silberne Mann, „Dennoch würde ich es begrüßen, wenn die nächsten Teilnehmer etwas weniger... nun ja impulsiv wären. Die nächsten dann bitte. Du und du.“, er winkte Marzo zu sich.

Voller Elan marschierte dieser direkt in die Kampfarena. Erst warf er einen Blick auf die Kettenrüstung, dann auf Eisenwolf, dann wieder auf die Rüstung. Leicht stieß er die Schutzkleidung mit dem Fuß beiseite, schnappte sich Schwert und Schild und sah sich um. Irgendwo musste sein Gegner sein.

Dann schob sich ein breitschultriger Elf zwischen den Wartenden hindurch und betrat die Kampffläche. Mit einigen sicheren Handgriffen legte er sich das Panzerhemd an und ließ den Blick durch die Runde gleiten. Zufrieden ruhten seine Augen letztendlich auf dem Lord. Der Mann in der silbernen Rüstung beugte sich zu Marzo und flüsterte in dessen Ohr:

„Aye Adelsmann, sei etwas vorsichtig. Das ist der Junge vom Großhändler aus dem Elfenwald, der möchte sich einfach nur austoben heute, also verletzt ihn ja nicht.“

Was war das? Hatte er sich gerade verhört? Ungläubig starrte Marzo ihn an. Fröhlich grinsend schüttelte sein Gegenüber den Kopf.

„Aber wie...?“

„Komm schon Marzo. Schlag dieses Spitzohr zu Brei.“, grölte Eisenwolf am Rand. Resigniert und verunsichert hob Lord Marzo Schild und Schwert zur Verteidigung. Irgendetwas musste ihm einfallen und zwar schnell. Der Elfe nahm seine Waffe auf und ließ die Muskeln spielen. Er lockerte seine Gelenke, dann machte er ein paar Probeschwünge mit dem Holzschwert. Marzo nahm eine Verteidigungsposition ein.

Sein Gegenüber war weitaus kampflustiger und startete sofort den ersten Angriff. Leichtfüßig wich der Sohn Finsterforsts den Angriffen aus und schlug einige Male auf das Schild seines Gegners ein. Es waren keine ernst gemeinten Attacken, er wollte nur nicht untätig dastehen und Prügel kassieren. Der bullige Elf lachte nur höhnisch und warf seine langen, zerzausten Haare in den Nacken.

Wieder wich Marzo seinen Vorstößen aus. Das ewige Davonlaufen, Ausweichen und Parieren nagte an ihm. Jede verpasste Chance auf einen gezielten Gegenangriff schürte das Feuer, den Furor seiner beständig wachsenden Unzufriedenheit. Es brannte in ihm - in jeder Faser das Verlangen anzugreifen, zuzuschlagen. Sein Gegenüber war kein Gegner für ihn. Der Elfe war offensichtlich viel zu steif und unerfahren. Es war eine Schande.

„Was ist denn los? Mach ihn endlich fertig!“, brüllte Eisenwolf.

Zu spät registrierte der Lord den erneuten Ansturm seines Gegners. Es war nicht mehr möglich auszuweichen und er konnte nur noch rechtzeitig den Schild schützend vor sein Gesicht reißen. Sein Gegenüber führte indes sein Holzschwert mit beiden Händen und legte alle Wucht in diesen Schlag.

Mit lautem Krachen trafen Schwert und Schild aufeinander. Marzo fühlte wie das Holz und die Finger seiner linken Hand unter der Wucht des Aufpralls nachgaben. Holzsplitter stachen ihm ins Fleisch. Der Schild wurde zurückgeschleudert und traf ihn am Kopf. Mit aller Kraft unterdrückte er seinen Schmerz. Leicht benommen fixierte er den Elfen. Dieser wiederum begann selbstgefällig zu lachen und umkreiste den bewegungslosen Adeligen.

„Gib doch einfach auf kleiner Menschling, sonst tu´ ich dir noch wirklich weh.“

Jetzt war es genug.

Ob nun Sohn eines Großhändlers, Generals oder eines Königs - Lord Marzo konnte nicht zulassen, dass man den Schüler der heiligen Norwiga einfach im Ring schlachtete. Seine aufgestaute Wut war kaum noch im Zaum zu halten und sie hatte längst jeglichen Rest von Vernunft verdrängt.

Marzo biss die Zähne zusammen und wartete geduldig auf die nächste Aktion seines Gegenspielers. Dieser stürmte auch gleich wieder vor. Der Lord ließ ihn ins Leere taumeln und hämmerte sein Schwert mit aller Kraft in den Nacken des Elfen. Ein kaum hörbares Knacken, welches vom Splittern des Holzschwertes übertönt wurde, belohnte diese Aktion und der Adelige lächelte instinktiv. Er brauchte nicht einmal mehr hinsehen um zu wissen, dass er gewonnen hatte.

Stille legte sich über den Kampfplatz.

Lord Marzo drehte seinen Kopf und blickte verächtlich hinab auf den Elfen.

Wimmernd lag sein Gegner am Boden und ein kleines Blutrinnsal floss aus einer winzigen Schramme am Kopfansatz. Sicher war der Elf schwer angeschlagen, aber Marzo empfand keine Reue, eher so etwas wie Genugtuung.

Immerhin hatte er diesen eingebildeten Muskelprotz nicht getötet.

„Aye Lord Marzo, ich wusste auf dich kann man zählen.“, durchbrach Eisenwolf das fassungslose Schweigen,

„Hast du dem Spitzohr doch noch gezeigt wo es lang geht! “

„Ich dachte ich hätte dir gesagt du solltest dich vorsehen? Das bedeutete nicht, dass du den Sohn des Großhändlers demütigen solltest!!!“, donnerte nun der Silberne, „Bringt ihn weg Soldaten! Schafft ihn hier weg!“ Die Krieger lauschten gebannt.

„Besser du gehst freiwillig mit Provinzadel!“, zischte ihn der Mann wütend an.

„Wenn du dich wehrst wird es nur noch schmerzhafter für dich!“

Lord Marzo ließ die Holzwaffe fallen und war im Begriff den Kampfplatz zu verlassen, als die Stimme der Argos ertönte:

„Haltet ein! Dieser Krieger hat politische Bedenken ignoriert und nach seinem Herzen gehandelt, er ist genau die Art Kämpfer, die die große Hutha von Argossa sucht!“

Venxarija stand auf einer Empore und sah dem Lord direkt in die Augen. Für einen Moment glaubte Marzo die Anwesenheit der heiligen Norwiga zu spüren.

Er senkte sein Haupt vor der citringelbhäutigen Argosianerin.

Der Mann in der silbernen Rüstung murmelte noch irgendetwas Unverständliches und wies Lord Marzo und Eisenwolf den Weg zum Versammlungspunkt.

Die Reise konnte beginnen.

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