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Kapitel 13

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Seit mehreren Stunden war der Tross um die Seelenhirtin Hutha nun unterwegs, das Schwarzalbgebirge zog in seiner ganzen Pracht und gewaltigen schroffen Atmosphäre an den Söldnern und dutzenden Freiwilligen aus der Provinz Elfenbach vorbei.

Mit einem leisen Rauschen wechselte der Wind. Der seichte Hauch ließ die Blätter in der Luft tanzen und streichelte sanft Lord Marzos Antlitz. Gedankenverloren versuchte der Adelige sein Pferd zu beruhigen. Er wusste aufgrund Norwigas Lehren was diese Botschaft verhieß. Huthas Stimme erklang:

„Wir werden nördlich durch das Albengebirge gehen. Die Wege dort dürften schmal sein. Ab sofort reiten wir immer nur zu zweit nebeneinander. Lord aus Finsterforst, sagt den Kämpfern dass sie absitzen sollen. Wir machen eine kurze Rast, dann brechen wir auf.“

„Haltet Ihr das wirklich für eine gute Idee Hutha? Ihr wisst was es heißt, wenn der Wind schlagartig die Richtung ändert… Gefahr ist im Anzug! Es wäre nicht klug den Zeichen der Götter zu trotzen und einfach ein Gebirge zu betreten, welches nahezu zu einem Hinterhalt einlädt.“

„Aus dir wird einmal ein guter Kommandant, Adelsmann. Auch wenn du eine Tatsache bei deiner Hitzigkeit anscheinend vergessen haben solltest. Der Krieg gegen die Dämonen ist längst vorbei. Wer würde uns dort schon auflauern? Etwa Füchse und Mäuse? Grimgard und seine Kultisten sind weit entfernt… Nein, ich denke nicht dass es irgendetwas zu befürchten gibt. Und selbst wenn uns Gefahr bevorstehen mag, würde es uns mindestens drei Wochen kosten, das Schwarzalbgebirge zu umgehen. Drei Wochen in denen deine Füchse mehr als genug Gelegenheiten haben, uns zu stellen.“

Die Miene des Lords blieb immer noch zweifelhaft. „Ich verstehe dass diese Reise Euch sehr wichtig ist Hutha, ebenso verstehe ich Eure Vorfreude auf die lang ersehnte Ruhe. Dennoch rate ich Euch Seelenhirtin, diese Entscheidung zu überdenken. Feinde der Bruderschaft könnten hinter jedem Baum und Stein auf uns lauern! Handelt behutsam.“

„Ich habe meine Entscheidung bereits getroffen Krieger, oder wagst du es etwa deinem Auftragsgeber zu widersprechen?“

Die Seelenhirtin wartete kurz eine Antwort ab. Als diese nicht kam fuhr sie fort. „Denkst du, ich hätte es so weit geschafft, von Granumgard bis hierher, wenn ich mich von meinen Empfindungen beeinflussen lassen würde? Denkst du, ich schaffe es nicht, Gefühle und Gedanken erfolgreich zu trennen Krieger? Wenn dies der Fall ist, dann habe ich dich wohl sehr falsch eingeschätzt... Lord aus Finsterforst.“

Marzos Augen richteten sich gen Boden. Er wirkte etwas beschämt.

„Nein, so ist es nicht, edle Hutha“, stieß er schließlich leise aus seinem Mund hervor. „Es ist nur... ich nehme nicht einfach die Warnungen der Götter auf die leichte Schulter. Verzeiht meinen Einwand Seelenhirtin.“

Hutha senkte ihren Kopf. Auch sie belasteten die Warnungen. Vielleicht hatte dieser Krieger ja auch Recht und es wäre ein fataler Fehler den Weg durch das Gebirge zu wählen. Vielleicht lauerte dort tatsächlich der Feind …

Nachdenklich schaute die argosianische Seelenhirtin über ihre Eskorte. Feinde, dachte sie, wer sollte dort auf uns warten?

Langsam hob Hutha wieder ihren Kopf und blickte mit leeren Augen nach vorn. Schließlich sprach sie mit klarer Stimme:

„Wir reiten durch das Gebirge. Tu wie ich dir befohlen habe Lord Marzo und übernimm die Nachhut.“ Dann blickte sie den Krieger mit einem warmen Lächeln an.

„Keine Sorge. Es wird alles gutgehen. Du machst dir viel zu viele Gedanken Sohn Finsterforsts.“. Zuerst schien Marzo ein wenig verwirrt, doch dann entspannten sich seine Gesichtszüge und er konnte der Seelenhirtin schließlich erleichtert zunicken.

„Jawohl, edle Hutha. Ich sage den anderen, dass sie aufmerksam sein sollen. Lieber hin und wieder ein Fehlalarm, als plötzlich aus dem Nichts überrumpelt zu werden.“

„Gut gesprochen Krieger. In vierzig Minuten brechen wir auf.“

Vorsichtig betraten sie eine große Lichtung. Eine Stunde liefen sie nun durch das Gebirge und bis dorthin war ihre Reise ohne unangenehme Unterbrechungen verlaufen. Hutha atmete tief durch. Anscheinend würden sie die tiefen Schluchten ohne weitere Zwischenfälle hinter sich lassen.

Die Seelenhirtin schmunzelte. Es war töricht gewesen anzunehmen, dass nach dem großen Sieg gegen den Dämonensturm irgendjemand auf die Idee käme, eine Gruppe aus bewaffneten Kriegern, Zauberern und Fußgefolge zu überfallen.

„Seelenhirtin!“

Aus ihren Überlegungen gerissen, drehte Hutha sich in die Richtung, aus der sie die Stimme vernommen hatte und blickte in das filigrane, aber von Unruhe nur so strotzende Gesicht der großgewachsenen Elfe Dragunar.

„Die Vorhut berichtet, sie hätten schattenhafte Gestalten hinter einigen Bäumen beobachtet“, verkündete die Söldnerin grimmig. „Es könnten Feinde sein Seelenhirtin!“

So viel zu der unbeschwerten Reise.

„Nun gut“, antwortete die Argos.

„Gib den Männern aus Elfenbach Bescheid Dragunar von Svartberg, sie sollen anhalten und ihre Schwerter ziehen. Wollen wir doch mal sehen, ob es tatsächlich unsere Füchse sind, die sich dort verstecken Elfe.“

Kurz darauf waren alle in Position. Mit einer kurzen Handbewegung gab Dragunar drei Gardisten den Befehl sich an den Baum heranzuschleichen, von dem die potentielle Gefahr ausging. Blitzschnell stürmten sie mit erhobenen Klingen voran und verschwanden prompt hinter dem Stamm. Ein leises Piepsen erklang und sogleich kehrten die Männer mit einem breiten Grinsen im Gesicht zurück.

„Nur ein Eichhorn, das sich vor uns erschreckt hat.“, gab einer von ihnen bekannt.

„Kein Grund zu Sorge. Wir können beruhigt weiterziehen.“ Erleichtert stieß Hutha einen Seufzer aus.

„Ihr habt es gehört, Männer. Steckt die Schwerter wieder ein, wir brechen...“

Ein lautes Rascheln neben ihr ließ die Seelenhirtin unmittelbar verstummen. Es folgte ein ohrenbetäubendes Gebrüll und Hutha wusste augenblicklich, dass sich Marzos Befürchtungen bewahrheitet hatten. Hektisch warf die Seelenhirtin einen Blick auf ihre erschrockenen Krieger.

Plötzlich sprang ein schattenhafter Umriss aus den Bäumen hervor, landete mitten unter den Kriegern und war blitzartig mit einem lauten Aufschrei und einigen Männern wieder verschwunden. Unruhe brach unter den Reihen aus.

„Haltet die Formation!“, schrie Marzo.

„Lasst euch nicht von eurer Furcht zerfressen und behaltet die Augen offen!“

Soeben hatte er das letzte Wort ausgesprochen, verschwanden zwei weitere Männer aus Elfenbach. Der Adelsmann spürte, wie das Zittern in den Armen und Beinen seiner Gefährten immer mehr zunahm. Auch ihm war nicht ganz wohl in seiner Haut. Verdammt! Was war nur geschehen?

Mit klarem Kopf wandte sich Dragunar zu einem Trupp aus gut zehn Männern der Freiwilligen, deren Bögen bebend in alle Himmelsrichtungen schwankten.

„Bogenschützen, zielt auf die Bäume zu eurer linken Seite und sobald sich irgendetwas bewegt, sei es auch nur das Rauschen der Blätter im Wind - feuert ihr!“ Die Männer taten wie die Elfe wünschte und richteten ihre Bögen auf die großen dunklen Bäume. Sogleich rührte sich unmittelbar etwas.

„Schießt!“

Ein Pfeilhagel prasselte auf die Schatten hinter den Stämmen ein. Es war ein gurgelndes Geräusch zu hören, dann sprang pfeilschnell etwas aus einem anderen Baum hervor und stürzte sich auf einen der Bogenschützen. Diesem aber gelang noch ein verzweifelter Schuss, der glücklicherweise sein Ziel in dem Bauch seines Feindes fand. Weitere Pfeile schlugen in das Fleisch des Angreifers ein. Mit einem lauten Brüllen fiel der leblose Körper zu Boden und blieb zwischen den Bogenschützen liegen. Nun sahen alle mit was sie es hier zu tun hatten.

Kaina riss die Augen auf. So etwas hatte sie noch nie zuvor gesehen! Die Kreatur war etwa zweieinhalb bis drei Schritt lang, hatte grau-schwarze Haut und war kräftig, wie ein Bulle. Ein riesiger Kiefer zierte ihr entsetzliches Gesicht, der zum Zerspalten von Knochen wie geschaffen war. Die leeren schwarzen Augen, die spitzen Ohren, die enorme Anzahl an mörderische Zähnen und die schwarze Klinge, die sie fest umschlossen in Händen hielt, verlieh dieser Kreatur wahrlich etwas furchteinflößendes.

Das hier mussten Gorgonen… Gorgonen des Albensteins sein!

„Was zum...“ Erneut sprangen ihnen schattenhafte Umrisse entgegen. Diesmal war es nicht mehr einer alleine, sie griffen nun alle zugleich an. Wie ein endloser dunkler Fluss strömten diese Scheusale von allen Seiten auf sie ein. Es schien kein Ende zu nehmen.

Weitere Aufschreie der Männer erklangen. Hutha blieb keine Zeit weiterhin Befehle auszurufen, ihr selbst standen nun drei dieser Ungetüme gegenüber. Mit einer gewaltigen Geschwindigkeit stürmten sie auf die Seelenhirtin zu. Hastig duckte sie sich unter einem Schwerthieb hinweg, parierte einen anderen Angriff und wich haarscharf einer weiteren dunklen Klinge aus. Mit ausgehobenem Arm ließ Hutha kniend ihre goldene Stangenwaffe kreisen - und jedem der Gorgonen, der dumm genug war, sich ihr zu nähern, würde mit einem knackenden Laut die Beine gebrochen werden. Kreischend gingen die Bestien zu Boden. Eine dunkle Flüssigkeit strömte aus den Wunden. Angewidert beendete die Seelenhirtin die Qualen ihrer Feinde. Sie alle warfen ihr noch einem letzten hasserfüllten Blick zu, ehe ihr Herz für immer aussetzte.

Ohne sein Schwert wäre ihm das Ende dieses Tages wohl nicht vergönnt gewesen. Das wusste Marzo. Gewiss, er war ein mehr als achtbarer Kämpfer, inzwischen gar ein wahrer Krieger unter seinesgleichen, aber mit einem Holzschwert aus Norwigas Waffenarsenal hätte er erbärmlich wenig gegen diese Ungeheuer ausrichten können. Wie um seine Gedanken zu bestätigen fiel ein Gorgone nach dem anderen. Eine schwarze Klinge ließ dem Lord wieder seine volle Aufmerksamkeit den Gegnern zu Teil werden. Gewandt parierte er einen Schlag, der auf seinen Rücken zielte und bohrte mit einer schnellen Drehung sein Schwert in den Bauch seines Widersachers. Einen weiteren griff er mit einem ausfahrenden Hieb auf dem Hals an, wechselte aber dann blitzartig die Schwertrichtung und schlug zu. So hatte es ihn die heilige Norwiga seinerzeit gelehrt.

Egal wie oft Eisenwolf unter den Hieben seiner Feinde hinweg tauchte, egal wie viele er mit seinem Kriegshammer auf dem Boden schickte, es hörte nicht auf. Immer zahlreicher werdende Wellen von abstoßenden Kreaturen griffen sie an. Es war wahrlich wie ein düsterer Strom, der kein Ende nahm.

Ein dumpfes Geräusch erklang und mit einem heftigen Ruck, den sie an ihrer Schulter spürte, wurde Hutha für ihre Unachtsamkeit bestraft. In einer Schlacht durfte man an nichts anderes als den Feind und die gewirkten Beschwörungen denken, andernfalls könnte man gleich anstatt mit einer Waffe- mit einer Feder in den Kampf ziehen. Nun sah Hutha ihrem Kampfstab hinterher, der so langsam durch die Luft flog, als hätten die Götter die Zeit verlangsamt. Entsetzt wollte die Argosianerin ihrer Waffe hinterher springen, doch ein gewaltiger Stoß in den Magen presste ihr jegliche Luft aus dem Körper und ließ sie ungebremst gegen einen Baumstamm schleudern. Verzweifelt rang die Frau nach Luft.

„Verdammte Gorgonen ! Elfenbachs Armee ist fast komplett ausgelöscht und sie haben uns von Flammenbart, Dragunar und den anderen abgeschnitten!!! Kaina! Kümmert Euch um die anderen und dann bring die Seelenhirtin hier raus! Schnell! Wir sammeln uns später am vereinbarten Treffpunkt!“

Lord Marzo zog die stark blutende Hutha in die Arme der Spruchwirkerin.

„Ich vertraue Euch tapfere Kaina, reitet den längeren Weg zu den anderen, Eisenwolf und ich werden Euren Rückzug decken!“ Die Zauberin sah den Lord verzweifelt an, während sie Hutha auf das unruhige Ross hievte.

Sie wusste dass die Worte Marzos für ihn und Eisenwolf den sicheren Tod bedeuten würden.

„Aber Marzo… ich…ich wollte Euch noch etwas ...“

„Wir haben keine Zeit mehr Kaina ! Reitet los!“ Der Lord schlug dem Pferd auf die Flanke, und die zwei Frauen galoppierten in Richtung Süden aus der Gefahrenzone.

Lord Marzo und Eisenwolf standen nun wieder Rücken an Rücken, wie einst in der Taverne Donnerhalls- nur dieses mal wurden sie umringt von einer nicht enden wollenden Schar blutrünstiger Gorgonen.

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