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Als "Rotes Wien" wird die Zeit von 1918 bis 1934 bezeichnet, als die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschösterreichs bei den Wahlen zu Landtag und Gemeinderat wiederholt die absolute Mehrheit erreichte. 1923 löste Karl Seitz Jakob Reumann als Wiener Bürgermeister ab und begann mit dem berühmten sozialen Modernisierungsprojekt für die österreichische Hauptstadt. Die sozialdemokratische Kommunalpolitik dieser Jahre war geprägt von umfassenden sozialen Wohnbauprojekten und von einer Finanzpolitik, die neben dem Wohnbau auch umfangreiche Reformen in der Sozial-, Gesundheits- und Bildungspolitik unterstützen sollte. Das "Rote Wien“ endete 1934, als Bürgermeister Karl Seitz infolge des österreichischen Bürgerkrieges seines Amtes enthoben und verhaftet wurde und die aus der Christlich sozialen Partei (CS) hervorgegangene Vaterländische Front (VF) auch in Wien die Macht übernahm. Für die Anklage wegen "Hochverrats“ gab es allerdings keine Beweise. Aus Protest gegen das autoritäre Regime führte Seitz nun bis nach 1938 öffentliche "Spaziergänge“ gemeinsam mit der Wiener Bevölkerung durch. 50 Jahre nach Gründung der Sozialistischen Partei trat die Schwäche des Staates, gegen den der österreichische Sozialismus seinen Kampf zu führen hatte, verdankte er zeitweilig seine außerordentlichen Möglichkeiten und Erfolge; aber die in Etappen vor sich gehende Zersetzung, Auflösung, Zerbröckelung dieses Staates hatte zur Folge, dass jede der großen Leistungen des österreichischen Sozialismus in einer Katastrophe des Staates unterging, die den österreichischen Sozialisten ihren bis bisherigen Kampfboden entzog und sie immer wieder zwang, auf neuem Boden mit neuen Problemen zu ringen, neue Aufgaben zu bewältigen. Sie entwickelte sich in den 1890 Jahren überaus schnell. Sie wurde in den Stürmen des Wahlrechtskampfes zu einer großen Partei. Aber ihr Aufstieg war eine Teilerscheinung der vor sich gehenden Demokratisierung des öffentlichen Lebens, die das alte Österreich Unterwühlen und sprengen musste. Denn dieses alte Österreich hat nur bestehen können, solange nur Feudaladel und Großbürgertum auf der Bühne des öffentlichen Lebens agierten; es wurde durch die Machtkämpfe der acht der Dynastie unterworfenen Nationen Zerrissen und zersprengt, sobald mit den Massen die Nationen selbst die Bühne der Geschichte betraten. Die österreichische Sozialdemokratie, die deutsche und tschechische, polnische und ukrainische, italienische und südslawische Arbeiter in ihren Reihen vereinigte, stand seit der Mitte der 1890er Jahre dem aufgewühlten Nationalismus der klein- und mittelbürgerlichen Massen der im wildesten nationalen Kampfe gegeneinander ringenden Nationen des Habsburgerreichs gegenüber. Dass sie allein die Proletarier aller Nationen des Reiches in einer Partei zusammenzuhalten vermochte, während das Bürgertum durch die nationalen Gegensätze zerrissen und zerklüftet war, war eine Quelle ihrer Kraft und ihres Stolzes. Dass sie allein den Machtkämpfen der Nationalisten aller Nationen des Reiches ein Programm der Lösung der nationalen Probleme durch die Freiheit aller entgegenzusetzen vermochte, war eine werbende Tat. Dieser ihrer außerordentlichen Stellung innerhalb des Reiches verdankte die Partei ihren Sieg im Wahlkampf. Aber diese ihre außerordentliche Stellung vermochte sie nicht dauernd zu behaupten. In der Atmosphäre der sich von Jahr zu Jahr verschärfenden nationalen Kämpfe drangen nationalistische Stimmungen und Strömungen auch in die Arbeiterklasse ein.

So war der österreichische Sozialismus im Jahre 1918 vor eine ganz neue Aufgabe gestellt. Das Reich, auf dessen Boden er sich entwickelt hatte, bestand nicht mehr. Die Probleme des alten Reiches, um die er gerungen hatte, waren mit dem Zerfall des alten Reiches verschwunden. In einem zu furchtbarem wirtschaftlichen Schrumpfungsprozess verurteilten Kleinstaat hatte der österreichische Sozialismus Aufgaben ganz anderer Art zu lösen. Er hat die junge Republik gegründet und durch die Lebensgefahren ihrer Anfänge hindurchgeführt. Durch den Aufbau der Volkswehr in den Anfängen, des Schutzbundes in den späteren Jahren der Republik hat er die Arbeiterklasse mit dem Geist revolutionärer Wehrhaftigkeit erfüllt. Er hat es verstanden, die Einheit der Arbeiterklasse in Österreich zu erhalten in einer Zeit, in der die Arbeiterparteien so vieler Länder der Länder gespalten und zerrissen worden sind.


Die Sozialdemokratie

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