Читать книгу Das Dorf Band 13: Schwamm drüber - Karl Olsberg - Страница 4

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2. Flucht

„Golina!“, ruft Primo. „Kannst du mich hören?“

Dass er sie mit Nano gesehen hat, löst gemischte Gefühle in ihm aus. Einerseits hat er sich darüber gefreut, doch andererseits sind die beiden nun ebenfalls eingesperrt. Wie soll das nur enden?

„Ich habe gesagt, du sollst ruhig sein!“, schimpft Primos großer Bruder, der Golem Nummer Dreiundzwanzig.

„Was willst du mit mir machen, du blöder Metallklumpen?“, erwidert Primo. „Mich in Sicherheitsverwahrung nehmen?“

„Wenn du nicht ruhig bist, werde ich es Nummer Null melden“, droht der Golem.

Das bringt Primo zum Schweigen. Zwar weiß er nicht, was der Anführer der Golems mit ihm anstellen würde, aber er kann sich vorstellen, dass es noch Schlimmeres gibt als diese Zelle, und er will auf keinen Fall von hier weggebracht werden, jetzt, wo Golina und Nano in der Nähe sind. Also gibt er klein bei.

Die Sonne geht unter. Wie jeden Abend bringt ein Golem etwas Brot und Fleisch, das er auf den Boden der Zelle wirft. Primo hat keinen großen Hunger, aber er isst trotzdem. Man kann ja nie wissen, wann man vielleicht seine Kräfte braucht.

Die Nacht ist still. Seit das Dorf von mehreren hundert Golems bewacht wird, trauen sich keine Monster mehr in die Nähe. Nur das Plätschern des nahen Flusses ist zu hören.

Plötzlich erklingt ein metallischer Ruf vom anderen Ende der Zellenreihe: „Alarm! Alarm! Die Sicherheitsverwahrte ist geflohen!“

Aufregung entsteht, als mehrere Golems dorthin laufen. Auch Nummer Dreiundzwanzig verlässt seinen Posten vor der Zelle und rennt davon. Primo drückt seine Nase am Fenster der Tür platt, doch er kann nichts sehen. Hat es Golina tatsächlich geschafft, zu entkommen? Aber wie?

Während er noch rätselt, öffnet sich die Tür seiner Zelle, doch niemand ist zu sehen. Dann hört er eine vertraute Stimme: „Verschwinde! Schnell!“

„Golina?“, fragt Primo. „Aber ... wie ...“

„Nun mach schon. Ich verstecke mich und befreie Nano.“

Primo versteht immer noch nicht, wieso er Golina hören, aber nicht sehen kann, doch er huscht aus der Zelle und rennt zum Fluss.

Schon erklingt hinter ihm ein lauter Ruf: „Alarm! Alarm! Der Sicherheitsverwahrte aus Zelle eins flieht!“

Die Golems, die vor Golinas Zelle standen, rennen jetzt auf Primo zu. Einer von ihnen versucht, ihm den Weg abzuschneiden, doch Primo schafft es, sich mit einem Hechtsprung ins Wasser zu stürzen, bevor die Golems ihn erreichen. Rasch durchquert er den Fluss und flieht in den dichten Wald auf der anderen Seite.

„Dreiundzwanzig, Siebzehn, bildet eine Brücke! Maximale Ausführungsgeschwindigkeit!“, hört er einen der Golems rufen.

„Negativ, Zweiundvierzig!“, erwidert ein anderer. „Deine Befehlsautorität konnte nicht bestätigt werden.“

„Einheiten, die sich meiner Anweisung widersetzen, werden Nummer Null gemeldet!“

„Bilde doch selber eine Brücke, du Totschleife!“

„Dies ist eine unzulässige Herabwürdigung meinerseits! Das wird Konsequenzen haben!“

Den Rest der Streiterei bekommt Primo nicht mehr mit. Er ist erst einmal in Sicherheit, denn die Golems können das Wasser nicht ohne Weiteres durchqueren, und solange sie sich darüber zanken, wer ...

Unngh!, erklingt das Stöhnen eines Nachtwandlers ganz in der Nähe.

Früher hätte dieses Geräusch Primo in Panik versetzt. Doch inzwischen ist er ein erfahrener Abenteurer und Dorfbeschützer, der bereits Dutzende der grünen Gestalten erledigt hat.

Doch als Primo sein Schwert ziehen will, wird ihm klar, dass es ihm die Golems abgenommen haben, genau wie seine Diamantrüstung. Er ist unbewaffnet und schutzlos, und leider verfügt er nicht über Kolles Kraft, mit der er einen Nachtwandler auch mit bloßen Fäusten besiegen könnte. So bleibt ihm nur die Flucht.

Hals über Kopf hastet er durch die Dunkelheit. Doch als spürten sie seine Wehrlosigkeit und wollten sich für all die Niederlagen vergangener Abenteuer rächen, kommen nun von allen Seiten Monster auf ihn zu. Nur knapp kann er einem Knallschleicher ausweichen, der plötzlich vor ihm aus einem Gebüsch auftaucht und sich zischend aufbläht. Der Pfeil eines Knochenmanns, der von links heranschießt, verfehlt ihn um Haaresbreite. Und zu allem Überfluss springt direkt vor ihm eine Riesenspinne von einem Baum!

Erschrocken macht Primo einen Satz rückwärts, stolpert und fällt hin.

Unngh!, freut sich ein Nachtwandler, der hinter Primo her stolpert. Bevor er sich aufrappeln kann, hat das Monster ihn erreicht und holt mit seinem Arm zu einem Schlag aus.

In diesem Moment schießt etwas Helles durch die Dunkelheit. Der Nachtwandler wird von den Beinen gerissen, als Paul, der Wolf, ihn anspringt und sich knurrend auf ihn stürzt.

Rasch rappelt sich Primo auf. „Braver Wolf!“, ruft er. „Komm, Paul!“

Der Wolf lässt von dem Nachtwandler ab und folgt Primo. Doch der hat sich in der Dunkelheit unter den Bäumen verirrt und weiß nicht mehr, in welche Richtung er gehen muss.

„Such Ruuna!“, sagt Primo.

Paul spitzt die Ohren und sieht ihn fragend an.

Zu dumm, dass Tiere nicht sprechen können. Wie soll Primo ihm erklären, wen er meint? Ihm fällt nichts anderes ein, als sich die Nase zuzuhalten, um anzudeuten, dass Ruuna mit ihren Tränken oft unangenehme Gerüche verbreitet.

Der Wolf wedelt mit dem Schwanz und schnüffelt am Boden. Dann läuft er in eine Richtung. Primo folgt ihm unsicher. Doch tatsächlich sieht er bald ein Licht hinter den Baumstämmen auftauchen, und kurz darauf erreichen sie Ruunas und Willerts Hütte.

Er klopft an die Tür. „Ruuna! Willert! Macht auf! Ich bin’s, Primo!“

Die Hexe öffnet die Tür. „Primo! Um Notchs Willen, was machst du denn hier mitten in der Nacht?“

„Tut mir leid, dass ich euch wecke“, sagt Primo, als Willert hinter Ruuna erscheint und sich die müden Augen reibt. „Ich bin vor den Golems geflohen.“

„Vor den Golems?“, fragt Willert. „Was denn für Golems? Und wieso fliehst du vor ihnen?“

Primo fällt ein, dass Magolus es Ruuna streng verboten hat, sich dem Dorf zu nähern. So haben die beiden vermutlich gar nicht mitbekommen, was passiert ist.

„Das ist ja schrecklich!“, ruft Ruuna aus, nachdem Primo ihnen ins Haus gefolgt ist und die ganze Geschichte erzählt hat. „Dann kann ich ja nie wieder mit der Kreisbahn fahren!“

„Wie hat es Golina denn eigentlich geschafft, zu entkommen und deine Zellentür zu öffnen?“, fragt Willert.

Primo zuckt mit den Achseln. „Das weiß ich auch nicht.“

„Aber ich“, erklärt Ruuna. „Sie hat sich unsichtbar gemacht, ist doch logisch!“

„Aber wie sollte sich Golina ...“, beginnt Primo, doch dann wird es ihm plötzlich klar. „Das Kleid, das ich ihr zum Geburtstag schenken wollte! Ich dachte, es wäre verbrannt. Aber vielleicht ist es vom Tisch gerutscht, als Magolus die Raketen angezündet hat. Golina muss es zufällig gefunden haben. Was für ein Glück! Dabei dachte ich ...“

Primo erinnert sich daran, wie er es bereute, zu Ruuna gegangen zu sein und sie um ein unsichtbares Kleid gebeten zu haben, weil er dachte, es würde Golina nackt aussehen lassen, wenn sie es trägt. Dass es sie stattdessen unsichtbar macht, hätte er nicht erwartet. Wie schlau von ihr, das Kleid so über ihren Kopf zu ziehen, dass sie vollständig unsichtbar wurde!

„Wo ist Golina jetzt?“, fragt Willert.

„Ich ... ich weiß es nicht“, sagt Primo. „Ich musste vor den Golems fliehen. Sie wollte Nano befreien, hat sie gesagt ... Oh bei Notch, hoffentlich irren die beiden jetzt nicht alleine im Wald herum und werden von Monstern angegriffen!“

Das Dorf Band 13: Schwamm drüber

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