Читать книгу Das Dorf Band 13: Schwamm drüber - Karl Olsberg - Страница 5

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3. Die Produktionsstätte

Während die Golems hinter Primo herrennen, schleicht sich Golina zu dem Metallhaus, in dem Nano eingesperrt ist. Sie drückt auf den Knopf neben der Tür, die daraufhin aufspringt.

„Nano!“, flüstert sie. „Komm schnell!“

„Mama?“, fragt Nano verunsichert.

„Ja, ich bin’s. Komm, wir müssen von hier verschwinden!“

„Ich ... ich hab Angst, Mama! Bist du ... ein Geist?“

„Nein. Ich habe bloß ein unsichtbares Kleid an. Sieh mal.“

Sie zieht das Kleid etwas herab, so dass ihr Kopf zum Vorschein kommt. Doch Nano erschreckt dieser Anblick noch mehr.

„Hilfe!“, ruft er. „Ein schwebender Kopf!“

„Psst!“, macht Golina. „Komm her!“

Zögernd nähert sich Nano. Er streckt eine Hand nach ihr aus. Als er das unsichtbare Kleid berührt und spürt, dass seine Mutter tatsächlich vor ihm steht, lächelt er.

„Cool! Darf ich das auch mal anziehen?“

„Später. Jetzt müssen wir erstmal von hier verschwinden!“

Nano folgt ihr. Golina sieht sich um und überlegt, wohin sie sich wenden sollen. Zum Fluss zu gehen und in den Wald zu fliehen wie Primo scheidet aus, denn die Golems stehen dort am Ufer und diskutieren lautstark, wer von ihnen eine Brücke bilden muss und wer stattdessen darüber gehen darf. Für den Moment sind sie abgelenkt, aber die Gefahr wäre viel zu groß, dass einer von ihnen Nano entdeckt. Primo scheint entkommen zu sein, doch sie ist sich sicher, dass ihr Sohn weniger Glück hätte.

Doch wohin sonst könnten sie gehen? Das Dorf ist von einer hohen Mauer umgeben, und selbst, wenn sie die irgendwie überwinden könnten, säßen sie darin ja doch bloß in der Falle.

Die einzige Versteckmöglichkeit, die Golina einfällt, ist die Höhle unter dem Dorf. Nicht gerade ein sicherer Ort, aber dort können sie zumindest bleiben, bis ihr etwas Besseres eingefallen ist. Sie huschen zur Mauer, in deren Schatten Nano nur schwer zu sehen ist, und schleichen in östlicher Richtung. Doch auf einmal hören sie metallene Schritte. Mehrere Golems kommen ihnen entgegen!

Golina nimmt Nano in die Arme und stellt sich mit ihm an die Mauer, so dass das unsichtbare Kleid sie beide verbirgt.

Während die Golems an ihnen vorbeirennen, hört sie ihre metallischen Stimmen: „... weiß auch nicht, wie das passieren konnte, Nummer Null. Die Arrestzelle muss eine Fehlfunktion haben.“

„Unlogisch!“, widerspricht der Anführer der Golems. „Die Arrestzelle besteht bloß aus Metallblöcken und einer Tür. Wie soll sie eine Fehlfunktion haben?“

„Ich weiß es nicht.“

Den Rest der Unterhaltung bekommt Golina nicht mit. Als die Golems außer Sichtweite sind, huscht sie mit Nano weiter.

Es gelingt ihnen, den Eingang der Höhle unter dem Dorf zu erreichen. Golina überlegt, ob sie nicht lieber doch weiter Richtung Osten fliehen sollen, als sich erneut Schritte nähern.

„Sie können nicht weit sein!“, hört sie die metallische Stimme des Golemanführers, der von der Wiese neben der Schlucht zurückkehrt. „Postiert Wachen um das Dorf und am Flussufer! Ich will, dass kein Huhn mehr zwischen euch hindurchpasst!“

Golina packt Nano am Arm und zerrt ihn in die Höhle. Das Innere ist mit Fackeln ausgeleuchtet. Das ist einerseits gut, denn auf diese Weise laufen sie nicht Gefahr, Monstern zu begegnen. Andererseits ist Nano im hellen Licht leicht zu sehen. Dummerweise nähern sich die Schritte der Golems dem Eingang. Ihr bleibt nichts anderes übrig, als tiefer in die Höhle zu laufen.

Sie erreichen eine breite, gewundene Treppe, die in die Tiefe führt. Golina weiß, dass dort unten die Tiefenschlucht liegt. Es ist gefährlich, sich unbewaffnet dort hinunter zu begeben. Doch sie hat keine Wahl, wenn sie nicht von Nummer Null und seinen Begleitern erwischt werden will.

Hastig stolpert sie mit Nano die Treppe hinab. Keine Sekunde zu früh, denn kaum, dass sie um die erste Biegung der Wendeltreppe verschwunden sind, sind über ihnen die Schritte der Golems zu hören. Sie folgen ihnen in die Tiefe!

Schlimmer noch: Als Golina und Nano weiter hinabsteigen, dringen von unten Geräusche herauf: vielfältige Stimmen, Klopfen und das Trampeln hunderter metallischer Füße.

Kurz darauf erreichen sie das untere Ende der Treppe. Golina erschrickt bei dem Anblick, der sich ihr bietet. Anstelle der schmalen, aber sehr tiefen Schlucht, die hier früher war, erstreckt sich vor ihr ein riesiger Hohlraum, so groß, dass sie die Wände kaum erkennen kann.

Es wimmelt überall von Golems. Einige hämmern mit Spitzhacken Eisenerz aus den Wänden, andere schleppen es zu einer langen Reihe von Schmelzöfen in der Mitte der Höhle, wo es eingeschmolzen und zu Eisenblöcken gegossen wird. Wieder andere tragen Kürbisse herbei, wobei nicht erkennbar ist, woher sie diese haben. Ein paar Golems in der Mitte setzen aus je drei Eisenblöcken und einem Kürbis neue Golems zusammen, die augenblicklich zum Leben erwachen und sich ihrerseits an die Arbeit machen, um noch mehr Golems herzustellen.

Golina wird klar, dass die Golem-Katastrophe noch schlimmer ist, als sie dachte. Wenn es so weitergeht, dann besteht womöglich bald die ganze Welt nur noch aus Golems!

Doch sie hat keine Zeit, darüber nachzudenken, denn Nummer Null und seine Begleiter sind nur noch wenige Schritte über ihr. Gehetzt sieht sie sich um und entdeckt in der Nähe eine große Kiste.

„Schnell, da rein!“, flüstert sie Nano zu, während sie die Kiste öffnet.

Ihr Sohn zögert einen Moment – schließlich hat er als kleines Kind schlechte Erfahrungen damit gemacht, in Kisten zu klettern. Doch schließlich gehorcht er. So leise es geht, schließt sie die Kiste über ihm und bleibt reglos stehen.

In diesem Moment erreichen Nummer Null und drei andere Golems den Fuß der Treppe. Der Golemanführer bleibt stehen.

„Habt ihr das gehört?“, fragt er.

„Was denn, Nummer Null?“

„Da war ein Geräusch. Es klang, als habe sich eine Kiste geöffnet und wieder geschlossen.“

„Negativ, Nummer Null. Ich habe nichts gehört.“

„Das ist unlogisch“, meldet sich ein anderer Golem zu Wort. „Kisten können sich nicht von selbst öffnen und schließen.“

„Ich habe auch nicht behauptet, dass die Kiste sich von selbst geöffnet und geschlossen hat. Ich habe gesagt, es hat sich so angehört.“

„Aber hier ist niemand, der eine Kiste öffnen oder schließen könnte. Also kannst du auch kein solches Geräusch gehört haben.“

Nummer Null erwidert nichts, sondern verschwindet hinter einer Ecke. Die anderen Golems folgen ihm.

Erst, als sie außer Hörweite sind, erlaubt es sich Golina, Luft zu holen. Rasch öffnet sie den Deckel der Kiste und befreit Nano. Sie fasst ihn an der Hand und zerrt ihn in Richtung der Treppe. Hier unten können sie auf keinen Fall bleiben! Die Gefahr, dass sie erwischt werden, ist viel zu ...

„Wusste ich’s doch!“, ertönt eine metallische Stimme. „Ergreift den Jungen!“

Mehrere Golems, die sich hinter einer Felskante verborgen hatten, stürzen auf sie zu. Ehe Golina es verhindern kann, wird Nano von Nummer Null gepackt.

„Nein!“, schreit er. „Mama!“

Verzweifelt klammert er sich an Golina fest. Der Golem zerrt an ihm, und das unsichtbare Kleid zerreißt mit einem hässlichen Geräusch, so dass Golina plötzlich sichtbar wird. Ehe sie reagieren kann, packen zwei der anderen Golems sie an den Armen.

„Eine Tarnvorrichtung. Sehr interessant“, stellt Nummer Null fest. „Bringt sie zurück in ihre Sicherheitszellen! Und verdoppelt die Wachen. Ich will keine weiteren Pannen. Wir können nicht zulassen, dass sich diese Individuen erneut in Gefahr bringen.“

Alles Schimpfen und Flehen nützt nichts: Golina und Nano werden zurück in ihre Zellen gebracht.

Als Golina das letzte Mal hier eingesperrt war, zog sie sich einfach das unsichtbare Kleid über den Kopf und wartete. Als einer der Golems ihr das Abendbrot brachte, dachte er, die Zelle sei leer, und schlug Alarm. Nummer Dreiundzwanzig, Golinas großer Bruder, kam in die Zelle, um sich selbst davon zu überzeugen, dass sie verschwunden war. Während er nach ihr suchte, schlüpfte sie an ihm vorbei durch die offenstehende Tür.

Doch diesen Trick kann sie ohne ihr unsichtbares Kleid kein zweites Mal anwenden. Sie ist nun endgültig gefangen. Ihr einziger Trost ist es, dass sie Primo helfen konnte, zu entkommen. All ihre Hoffnungen ruhen nun auf ihm.

Das Dorf Band 13: Schwamm drüber

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