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Kapitel 6 Ein gemütlicher Abend

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Als das gemeinsame Essen zu Ende ging, war es inzwischen später Nachmittag geworden. Beide Gästezimmer waren in Schuss gebracht, auch wenn sich George und Jack lautstark darüber beschwert hatten, dass Rosi ihre Arbeit noch einmal penibel wie ein Feldwebel kontrolliert hatte.

„Ich würde dir morgen gerne mal die Umgebung zeigen, Shania“, sagte Jack Bishop in diesem Moment hoffnungsvoll, wobei Shania seinen liebevollen Blick bemerkte, dem sie kaum widerstehen konnte, der ihr aber zugleich auch ein wenig Angst einjagte.

„Und wenn du noch nicht allzu müde bist, könnten wir uns nachher noch eine Weile auf die Terrasse setzen und einen Kaffee trinken. Einverstanden?“

„Ja Jack, gerne. Aber vorher bin ich euch wohl noch eine Erklärung schuldig. Ihr habt euch sicher schon gewundert, warum ich auf dem Weg zu meinen Verwandten gerade hier unten auf der Küstenstraße gelandet bin.“

„Allerdings“, meinte George MacDermott spontan. „Denn zum Bras d’Or Lake wäre es doch naheliegender gewesen, von Moncton aus direkt über Amherst, Truro und New Glasgow nach Port Hawkesbury zu fahren. Ich hab’ mich deshalb schon darüber gewundert, warum du hier unten bei uns auf der Küstenstraße gelandet bist.“

„Das hat einen einfachen Grund, George. Ich habe ja in Winnipeg Lehramt mit Schwerpunkt Englisch und Literaturgeschichte studiert. Nur an einer Schule habe ich bisher noch nie gearbeitet, sondern bisher nur meine Tochter unterrichtet.“

„Scheinbar mit Erfolg, wenn man sieht, was für ein Prachtmädel sie geworden ist“, warf Rosi ein, während sie einen zärtlichen Blick auf die schon wieder im Garten mit Bucky herumtollende Elli warf.

„Danke, Rosi. Dein freundliches Urteil bedeutet mir wirklich sehr viel. Was meinen beabsichtigten Job als Lehrerin betrifft, werde ich den so gestalten, dass ich meine Arbeitsstunden an Ellis Schulstunden anpassen kann.

Nur muss ich, um hier in der Provinz Neuschottland unterrichten zu dürfen, jedoch die Zeugnisse von meiner Universität vorlegen. Und die habe ich leider nicht mitnehmen können, als ich ziemlich überstürzt in Winnipeg aufbrach. Bitte fragt mich nicht, warum das so ist, denn darüber möchte ich nicht gerne reden.“

Nach einer kurzen Pause, in der ihre Zuhörer wieder einmal ihren zutiefst gequälten und sorgenvoll wirkenden Blick registrierten, fuhr Shania fort:

„Aber ich weiß ja, dass alle kanadischen Universitäten miteinander elektronisch vernetzt sind. Deshalb war ich gestern in Halifax, um mir an der dortigen Uni meine Abschlusszeugnisse aus Winnipeg per File Transfer zu besorgen und beglaubigen zu lassen.

Das hat auch geklappt, aber auf dem weiteren Weg hab’ ich mich danach wohl in Dartmouth verfahren. Statt auf den Highway 107, bin ich irgendwie auf die Route 207 geraten. Erst als mein Auto seinen Geist aufgab, hab’ ich dann gemerkt, dass ich in Richtung Küste und somit völlig falsch gefahren bin.

Was aber auch sein Gutes hatte. Denn die Panne wäre sicher auch auf der richtigen Route passiert. Nur hätte ich dann nicht so liebe und hilfsbereite Menschen, wie euch kennengelernt.“

„Das ist ein sehr schönes Kompliment für uns alle“, erwiderte Rosi MacDermott sogleich. „Wir freuen uns jedenfalls, dass wir dir ein wenig weiterhelfen können. Das ist hierzulande selbstverständlich und nicht der Rede wert.

Aber das, worüber du momentan nicht reden möchtest, wirst du irgendwann dann, wenn du dazu bereit bist mit jemanden erörtern müssen.

Falls ich dir dazu einen guten Rat geben darf, Shania – Doc Bishop hier ist ein sehr guter Zuhörer – außerdem kann er dir als Arzt und Psychologe professionelle Ratschläge geben.

Und keine Angst – als Profi muss er ja über alles, was du ihm anvertraust, die Klappe halten. Ärztliche Schweigepflicht, du verstehst?“

Als Shania daraufhin vorsichtig nickte, fuhr Rosi fort: „Gut soweit, George und ich fahren jetzt erst mal nachhause. Er hat nämlich fälschlicherweise gedacht, dass er heute um das Rasenmähen herumkäme.

Und während er unseren Garten verschönert, komm ich später nochmal kurz rüber und bringe euch die versprochenen Sachen, die ich heute früh für Bucky eingekauft habe.

So mein lieber Jack, und jetzt gehst du mit deinem Besuch in den Garten. Elli war da draußen nämlich mal lange genug mit Bucky alleine.“

Als die beiden MacDermotts gegangen waren, folgte Jack Rosis Aufforderung und nahm Shania schon wieder bei der Hand.

„Lass das bitte, Jack. Ich mag das nicht so gerne. Außerdem wird das Händchenhalten in vielen Romanen deutlich überbewertet.“

„Du liest gerne Romane?“, fragte Jack verblüfft, denn eigentlich hatte er sich über die harsche Ansprache Shanias gerade ein bisschen aufregen wollen.

„Ja, ich kenne den ein oder anderen. Aber die Happy Ends, mit denen die Autoren diese Geschichten immer abschließen, haben ja meist nur begrenzt etwas mit der Wirklichkeit zu tun. Das musst du als Schriftsteller doch zugeben“, sagte Shania, als sie mit Jack jetzt auf dessen Terrasse trat, um Elli und Bucky bei ihrer gemeinsamen Jagd über die blumenbestandene Gartenwiese zuzusehen.

„Eine Literaturkritikerin bist du also auch noch, wer hätte das gedacht“, meinte Jack Bishop grinsend, als er jetzt – trotz des von Shania ausgesprochenen Verbots – überaus sanft an ihr Kinn fasste und der völlig perplexen Frau einen flüchtigen Kuss auf deren herrlich geschwungenen Mund hauchte. Wobei er allerdings sehr darauf achtgab, ihre Lippen nur sanft zu berühren.

Ein Blitzstrahl aus heiterem Himmel hätte nicht überraschender sein können. Shania, die ihre Hände zu Fäusten geballt hatte, um Jacks Annäherungsversuch mit Macht abzuwehren, spürte, wie sie zu zittern anfing. Und am liebsten hätte sie ihn an sich herangezogen, um seinen Kuss auf das Heftigste zu erwidern.

Vor allem, weil Jack nach dem zarten Kuss wieder zurücktrat und ihr Platz zum Atmen ließ. Doch gerade deswegen, konnte er die Reaktion seines Gasts sehr genau beobachten. Wobei ihm auch die kurz aufflackernde Freude und das Verlangen, das er in ihren smaragdgrünen Augen für einen Moment lesen konnte, nicht entgingen.

„Was steht morgen auf deinem Programm?“, fragte Shania Baxter nach einer Weile, während der sie nahezu regungslos neben Jack auf der Gartenbank am Rand der eingezäunten Gartenwiese gesessen und sich allmählich wieder beruhigt hatte.

„Tja, morgen früh werde ich wohl nach dem Frühstück meine üblichen zwei Stunden schreiben. Ich bin zwar nicht in Terminnot, aber mein Verleger versucht dennoch stets, mir gehörigen Druck und ein schlechtes Gewissen zu machen.

Nach dem Sichten des neuen Romanplots, den ich ihm zusammen mit den ersten Kapitelentwürfen vor etlichen Tagen gemailt habe, vermutet er nämlich, dass da ein neuer Bestseller im Werden ist.

„Du schreibst Bestseller? Alles Kriminalromane? Wie viele hast du denn schon geschrieben?“

„Tja, lass mal kurz überlegen – es dürften so ungefähr um die fünfzig Romane sein und zwölf davon haben es bislang in die Bestsellerlisten geschafft.

Geh’ doch in die Bibliothek. Das ist die Tür am hinteren Ende des Wohnzimmers. Dort bewahre ich jeweils ein Exemplar von jedem meiner Krimis auf. Und wenn du gerne liest, kannst du dir ja einen davon heute als Nachtlektüre ausleihen. Ich passe hier solange auf Elli und den Hund auf.“

Als Shania kurz darauf aus der Bibliothek zurückkam hatte sie ein Buch in der Hand. „Deine Bücher kann ich nicht finden – zumindest keine, auf denen dein Name draufsteht.

Deshalb hab’ ich mir dieses hier ausgesucht. Es ist von Norman Green – und von dem konnte ich mir schon das ein oder andere Mal ein Buch in unserer Leihbücherei ausborgen. Liebst du diesen Autor auch? Ich meine, weil du so viele Bücher von ihm besitzt?“

„Das sag’ ich dir gleich. Aber zuerst mal, wie findest du denn seinen Schreibstil?“, fragte Jack jetzt mit einem breiten Grinsen.

„Ganz ausgezeichnet, dieser Green schreibt spannend und unterhaltsam, meinst du nicht auch? Weil da ja so viele von seinen Büchern in deiner Bibliothek stehen, die du wahrscheinlich alle gelesen hast.“

„Ich hab’ davon kein einziges gelesen – ich hab’ sie nämlich geschrieben“, löste Jack Bishop das Rätsel in diesem Moment auf.

„Soll das heißen, du bist der Autor Norman Green?“, fragte Shania nach einer Schrecksekunde etwas verdattert. „Das ist ... das ist ja wundervoll – ich liebe deine Bücher nämlich.“

„Yep – Norman Green ist das Pseudonym, unter dem ich meine Kriminalromane veröffentliche. Und übrigens, danke für die Blumen.

Wenn du Lust hast, könntest du mir morgen früh ein bisschen bei meiner aktuellen Arbeit helfen. Und zwar, indem du die ersten Kapitel des neuen Romans korrekturliest. Als Englischlehrerin dürfte dir das ja nicht schwerfallen. Außerdem kriegst du dann das erste gedruckte Exemplar von mir geschenkt, sobald das Buch fertig ist.“

„Das mach’ ich gerne, Jack. Sehr gerne sogar. So kann ich mich wenigstens ein bisschen für deine Gastfreundschaft revanchieren. Aber was machen wir in der Zeit mit Elli und Bucky?“

„Ganz einfach. Elli und Bucky schicken wir solange in mein Atelier. Das liegt ja direkt gegenüber von meinem Büro. Da haben wir sie die ganze Zeit über im Blick. Und, wie du dich erinnerst, hat sie ja ohnehin vor, dieses gelbe Wollknäuel zu malen.“

„Das ist eine sehr gute Idee. Einverstanden, so machen wir’s. Und nochmals danke für deine großzügige Hilfsbereitschaft. Ich kann’s noch gar nicht glauben. Ich darf dem berühmten Norman Green bei seiner Arbeit helfen. Das ist toll, ach was – das ist einfach nur super. Und was machen wir ab Mittag?“, fragte Shania gleich darauf mit neugierigen Augen.

„Nun ja, wenn wir fertig sind, fahren wir beide mit Elli noch vor dem Mittagessen zum berühmtesten und meistfotografierten aller Leuchttürme Kanadas, dem Lighthouse von Peggy’s Cove.

Bis dorthin sind es nur glücklicherweise nur ein paar Meilen – und unterwegs gehen wir dann irgendwo schick essen.“

„Und was machen wir solange mit Bucky? Der kann ja nicht alleine hierbleiben. Dafür ist er schließlich noch viel zu klein“, fragte Shania zurück.

„Den nehmen wir selbstverständlich mit, oder was hattest du gedacht. Schon allein deswegen, weil deine Tochter sonst wohl ziemlich sauer wäre und sicher nicht mitfahren würde.

Wir starten aber erst dann, wenn wir Nachricht von Hank haben, wie es deinem Oldtimer geht.“

„Das hört sich ziemlich akzeptabel an“, meinte Shania nach kurzem Überlegen, während sie Jack einmal mehr in einer Weise anlächelte, dass diesem fast die Luft wegblieb.

„Ziemlich – so, so. Ich hatte schon mit einer schlimmeren Antwort gerechnet, nachdem du nach meinem Kuss vorhin kurz davor warst, mir eine reinzuhauen.“

„Das ... das ... das stimmt doch gar nicht, Jack. Das ist doch wirklich nicht wahr – wie kommst du nur auf sowas?“

„Ich bin nebenbei auch Psychologe – schon vergessen?“, lächelte Jack seine neue Freundin in diesem Moment an, wobei er ihr zugleich einen sanften Nasenstüber gab.

„Also wirklich – ich fass’ es ja nicht! Was bist du doch nur für ein eingebildeter und von sich selbst überzeugter Gockel, Jack Bishop! Aber Elli und Bucky zuliebe bin ich dennoch mit deinem Plan einverstanden.“

Im Wirbelsturm der Gefühle

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