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Prolog Kommandosache Juwel – April 1945

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Der von den Nationalsozialisten angezettelte 2. Weltkrieg war schon seit vielen Monaten verloren. Inzwischen schrieb man Anfang April 1945. In der schon mehrfach aus der Luft angegriffenen Erprobungsstelle Rechlin an der mecklenburgischen Seenplatte wurde jedoch noch immer versucht, dem nicht mehr abwendbaren Fiasko mit fortwährend neuen Wunderwaffen zu entgehen.

Und noch immer gab es einige stramme Parteisoldaten, die es nicht wahrhaben wollten, dass der Krieg ihres größenwahnsinnigen Führers längst verloren war.

Zu diesen unbelehrbaren Sturköpfen gehörte unter anderem auch SS-Hauptsturmführer Karl Schupp, der nach einem brutalen Raufhandel unter Luftwaffenkameraden im Jahr 1940 als zwanzigjähriger Leutnant zwangsweise seinen Dienst in den regulären Streitkräften hatte quittieren müssen.

Jedoch hatte er es danach mit der ihm angeborenen, rücksichtslosen Art über seinen Eintritt in die SS geschafft, wieder als Testpilot in den Flugdienst auf einer, inzwischen weitgehend von der SS kontrollierten Basis eingesetzt zu werden.

Und genau zu dem war die Erprobungsstelle Rechlin in den letzten Kriegsmonaten vor dem endgültigen Zusammenbruch des sogenannten Dritten Reichs verkommen. Dort, wo die deutsche Luftwaffe früher bemerkenswerte Tests mit neuem Fluggerät durchgeführt hatte, war jetzt – genauso, wie in Peenemünde – ein vom Reichsführer persönlich bestellter SS-Brigadeführer am Werk.

Ebenso wie der dicke Reichsluftmarschall, der mittlerweile aufgrund seiner großspurigen Reden von keinem seiner Luftwaffenpiloten mehr ernst genommen wurde, faselte der aus Österreich stammende SS-Brigadeführer tagein tagaus vom Endsieg und den unschlagbaren Fähigkeiten immer neuer geheimer Wunderwaffen.

Als in der letzten Aprilhälfte das Finale der Wahnsinnsherrschaft immer näherkam, erschien der sonst so unerschütterliche SS-General in der Fliegerbaracke. Wie immer strahlte er oberflächlich-joviale Zuversicht aus, zu der aber sein teigiges Gesicht und sein nervöses Augenzucken nicht so recht zu passen schienen.

„Schupp, ich muss in Kürze im Führerauftrag zu ’ner dringenden Dienstreise nach Spanien aufbrechen. Doch zuvor hab’ ich noch ’nen kriegswichtigen Auftrag für Sie. Ist streng geheim. Sie sind doch mit der Do 335 vertraut?“

„Ja, Herr Gruppenführer, das bin ich in der Tat. Über 80 Flugstunden. Ein ausgezeichnetes, sehr schnelles Flugzeug, diese Do 335. Damit kann man die amerikanischen Mustangs ratzfatz wegpusten. Haben aber leider zu wenige davon.“

„Na dann wird Ihnen mein geheimer Sonderauftrag – oder ich sollte wohl besser sagen, der des Reichsführers – keine wirklichen Probleme bereiten. Sie starten heute Nachmittag mit der letzten Erprobungsmaschine, die wir im Moment noch hier haben. Und aus Luftkämpfen halten Sie sich gefälligst raus. Viel wichtiger ist, dass Sie die Maschine heil bei unseren Kameraden am Zielort abliefern.“

„Und wohin genau soll’s gehen?“, fragte Karl Schupp diensteifrig zurück.

„Zuerst mal zum Flugplatz Erding bei München. Dort erhalten Sie weitere Instruktionen. Soviel kann ich Ihnen aber schon sagen – Sie werden einen absolut kriegswichtigen und deshalb geheimen Werttransport durchführen.

Nach Ihrem Tankstopp in Erding werden Sie über Mittenwald in Richtung Italien und dann in der Nacht entlang der Mittelmeerküste nach Spanien weiterfliegen Ich werde Sie dort auf dem Flugplatz Armilla in der Provinz Granada erwarten.

Wenn Sie Mittenwald passiert haben, wird Sie die Freya1-Stellung SALAMANDER auf dem Hafelekar2 auf UKW-Funk in Empfang nehmen und leiten.

Die dortigen Luftwaffenknilche sind nachtjagdeinsatzfähig und können den Luftraum bis Trient überwachen. Die sollen Ihnen dann sagen, ob und wo Ihre Flugstrecke über den Brenner feindfrei ist. Alles verstanden, Hauptsturmführer?“

„Jawoll, Herr Brigadeführer – alles verstanden! Ich mach’ dann mal die Flugplanung. Melde mich ab“, erwiderte der betont zackig salutierende SS-Offizier Schupp, ehe er sich auf den Weg zur Einsatzbaracke der Erprobungsstelle Rechlin machte.

Als Karl Schupp nach einem kurzen Telefonat mit seinem Bruder Walter knapp eine Stunde später in Richtung der abflugbereiten Do 335 ging, fielen ihm die in Zugstärke angetretenen SS-Wachen auf, die den inzwischen aufgetankten Flieger wohl bis zum Start nicht aus den Augen lassen sollten.

„Herr Hauptsturmführer, Ihre Ladung ist bereits an Bord. Der innere Bombenschacht ist deswegen nicht bedienbar. Aber Sie haben ja für den Fall der Fälle noch Ihre drei Bordkanonen“, meldete der wachhabende SS-Scharführer sofort.

„Bei der Geschwindigkeit, die diese Kiste fliegt, werde ich die kaum brauchen und den scheiß Amis werd’ ich wohl ’ne lange Nase drehen, Scharführer. Trotzdem, vielen Dank fürs Bewachen. Ich geb’ euch Zeichen, wann ihr die Bremsklötze wegziehen sollt. Alles klar?“

„Verstanden, Herr Hauptsturmführer! Wir warten auf Ihr Daumen-hoch-Zeichen“, erwiderte der SS-Mann gleich darauf.

Doch der letzte Flug der Do 335 sollte anders verlaufen, als von ihrem Flugzeugführer geplant. Als Karl Schupp am späten Nachmittag kurz nach Ingolstadt in Richtung Erding abdrehte, bemerkte er schon die Gewitterwolken, die sich über der Alpenkette langsam aufzutürmen begannen. Und auch im Voralpengebiet hatte es bereits zu regnen begonnen.

„Sie wollen bei dem Dreckwetter doch nicht mitten in dieses Gewitter hineinfliegen?“, hatte der Luftwaffenoberst gefragt, als sich Karl Schupp mit seiner Überführungsmission zum Auftanken bei dem Platzkommandanten des Luftwaffenstützpunkts meldete.

„Genau das will ich, Herr Oberst. Wozu ist man schließlich Testpilot? Auch wenn die großdeutsche Luftwaffe mich vor einigen Jahren ausgemustert hat, habe ich noch immer den Glauben an mein fliegerisches Können und den Endsieg nicht verloren. Was man ja leider nicht von jedem aktiven Luftwaffenpiloten behaupten kann. Und Sie, verehrter Herr Oberst, hätten diesen Glauben wohl besser auch“, erwiderte Karl Schupp ein wenig pikiert.

„Wo kann ich hier mal ungestört telefonieren“, fragte er dann weiter, wobei er die von Wut geprägte Miene seines Gegenübers geflissentlich übersah.

„Nehmen Sie den Apparat hier in meinem Büro – ich geh’ so lange nach draußen. Die Null vorwählen, wenn Sie ein Amt haben wollen, die Neun, wenn Sie mit Berlin sprechen wollen. Sofern die Verbindungen noch funktionieren. Die Amerikaner sind nämlich bereits auf dem Weg hierher. Besser Sie schauen nach dem Auftanken, dass Sie rasch von hier wegkommen. Hier ist übrigens noch ein Fernschreiben, das vorhin noch für Sie durchgekommen ist.“

Nach dem Lesen des kurzen Texts, hatte Karl Schupp schon wenige Minuten später seinen in Innsbruck lebenden Bruder Walter am Ohr. „Bin gerade in der Nähe von München gelandet und fliege gleich nach Süden weiter. Wie ist das Wetter bei dir in Innsbruck?“

„Nicht berauschend. Seit zwei Stunden tobt hier ein Schneegewitter, das sich gewaschen hat. Wieso fragst du?“

„Na ja, ich muss nachher noch bei – oder besser gesagt – über dir vorbei. Aber sag’ mal, was haben du und deine Fahnder in Paris, Wien und Berlin den fetten Judenbonzen denn die ganzen Jahre über an kleinvolumigen Wertgegenständen abgenommen, die ich anscheinend heut’ Nacht mit meinem Vogel zu unseren schon in Spanien weilenden SS-Kameraden bringen soll?

Mit ‚klein’ meine ich Dinge, die einzeln so leicht sind, dass sie zwar meinen 500 kg-Bombenschacht fast füllen, aber trotz ihres geringen Einzelgewichts ein Maximum an Wert darstellen. Schwere Goldbarren sind das ja wahrscheinlich eher nicht.“

„Genaues weiß ich auch nicht – aber die Aktion trägt den Namen ‚Juwel’ – also mach’ dir selber ’nen Reim drauf“, erwiderte der verdeckt arbeitende Gestapo3-Beamte Walter Schupp nach einer Denkpause, in der er darüber nachdachte, wie weit er seinen Bruder in die letztlich von ihm mit angeleierte Aktion einweihen durfte.

„Und am Telefon darüber quatschen sollten wir auch nicht. Wer weiß, wie viele Fernmeldeverbindungen inzwischen schon vom Feind abgehört werden.

Nur soviel: Das, was du für den Reichsführer gerade nach Spanien transportierst, ist eine absolut entscheidende Sache für das Überleben unserer nationalsozialistischen Partei. Denn wenn das ganze Tohuwabohu hier erst mal das absehbare Ende gefunden hat, ist für unsere Kameraden und Freunde im Ausland eine gesicherte finanzielle Basis lebensnotwendig.“

„Dann erklär’ mir mal, warum du in deiner Ostmark bleiben willst. Die scheiß Alliierten sind ja schon dabei, sich von Norden und Süden auf der Brennerroute voranzukämpfen und sie haben dich doch in Innsbruck dann gleich am Wickel. Und sehr wahrscheinlich haben sie dich, trotz deiner wissenschaftlichen Reputation, schon längst als verdeckten Mitarbeiter der Gestapo auf dem Kieker.“

„Nein, haben sie nicht! Ich bin nämlich offiziell ein junger, nach außen bislang dem Nationalsozialismus gegenüber eher kritisch eingestellter Historiker und Hochschullehrer.

Und was ich in den letzten Jahren als verdeckter Experte bei der Gestapo gemacht habe, ist nirgends dokumentiert worden. Mir hat bisher noch nie einer ans Bein pinkeln können. Und das wird auch künftig nicht passieren. Melde dich, wenn du in Spanien gelandet bist – und bis dorthin wünsch’ ich dir Hals- und Beinbruch.“

„Halt’ die Ohren steif, Walter. Wir treffen uns sicher, wenn der ganze Zirkus demnächst vorüber ist – vielleicht sogar an einem Strand in Südamerika“, beendete Karl Schupp jovial grinsend das Gespräch – ohne zu wissen, dass dies das letzte Telefonat mit seinem Bruder gewesen sein würde.

Um kurz vor 17:00 Uhr des gleichen Tages startete Karl Schupp im strömenden Regen bei nahezu null Sicht vom Flugplatz Erding.

Die angebliche Wertfracht von knapp einer halben Tonne, die man schon in Rechlin in den innen liegenden, und im Nachgang verschweißten Bombenschacht gepackt hatte, spürte der Pilot, sobald er mit der Do 335 von der regendurchnässten Startbahn abgehoben hatte.

Erst auf 1.000 Meter Höhe bekam Karl Schupp seine Maschine wieder einigermaßen in den Griff und gab danach volle Leistung auf Front- und Heckpropeller.

„So ein scheiß Wetter – und das ausgerechnet heute“, dachte er, als er mit durchgedrücktem Gashebel weiter an Höhe gewann, um seinen ersten Funkspruch an die Station SALAMANDER absetzen zu können.

Zur gleichen Zeit saß in der Freya-Stellung SALAMANDER ein Luftwaffenleutnant namens Albert Stern zusammen mit ein paar von ihm ausgesuchten Luftwaffenhelfern an den Bedienungskonsolen der kombinierten Radar- und Funkanlage.

Der ehemalige Kampfflieger Stern hatte im Sommer 1943 seine Eltern beim verheerenden Brandbombenangriff auf Hamburg verloren. Aus Zorn darüber – und weil er schon als 16-jähriger mit dem Segelfliegen begonnen hatte, meldete er sich deshalb mit gerade mal achtzehn als Kriegsfreiwilliger bei der Flugzeugführerschule der Luftwaffe in Guben bei Cottbus.

Schon bald erkannten seine Ausbilder dort sein herausragendes fliegerisches Talent. Deshalb landete er gleich nach seiner Ausbildung als Fähnrich bei der Erprobungsstelle Rechlin, um dort neue Flugzeugmuster auf Herz und Nieren zu prüfen.

Seine Stellung als Testpilot der E-Stelle verlor der inzwischen zum Leutnant beförderte zwanzigjährige Albert Stern allerdings etwa zu dem Zeitpunkt, als SS-Angehörige die Basis ab Ende 1944 mehr und mehr unter ihr Kommando brachten.

Und es war gerade der Österreicher Karl Schupp, der den jungen Luftwaffenoffiziers Stern hämisch grinsend zu sich befahl, sobald er die Stelle eines Gruppenkommandeurs in Rechlin übernommen hatte.

„Du bist also dieser Wunderknabe, von dem hier alle reden“, hatte er den Leutnant neidisch angeschnauzt, ehe er sich jovial in seinem Ledersessel zurücklehnte.

„Albert Stern – klingt irgendwie jüdisch, findest du nicht?

Tja, ums kurz zu machen – ich dulde in meiner fliegenden Gruppe keine Nichtarier – das muss dir doch wohl klar sein. Da nützt dir all dein fliegerisches Können gar nix, denn wir halten dich, schon allein wegen deiner vom Nachnamen her zu vermutenden jüdischen Abstammung, für unzuverlässig“, giftete er den völlig fassungslosen Luftwaffenleutnant jetzt an.

„Du hast nur Glück, dass wir dir dreckigem Judenlumpen das dank der in Hamburger Bombennächten vernichteten Melderegister und deiner im Feuersturm verbrannten Eltern bisher nicht nachweisen können. Aber nach dem Endsieg werde ich mir dich persönlich vorknöpfen, das verspreche ich dir – und jetzt scher dich hier raus.

Deine gestern eingetroffene Beförderung zum Oberleutnant kannst du übrigens auch vergessen“, hatte ihm der Hauptsturmführer noch verächtlich hinterhergerufen, als er die Tür der Fliegerbaracke hinter dem jungen Offizier der von ihm verhassten Luftwaffe ins Schloss warf.

In Folge – und weil man ohnehin schon knapp an Personal war – musste Albert Stern seine Strafversetzung in das Luftnachrichtenregiment 227 der Luftwaffe hinnehmen, wo er jetzt als Radarleitoffizier seine letzten Tage bis zum Kriegsende verbringen sollte.

Am Morgen des von der SS angeordneten Sonderflugs hatte ihm ein Luftwaffenfeldwebel ein geheimes Fernschreiben in die Hand gedrückt, das in anwies, der für die kommende Nacht angekündigten Do 335 Hilfestellung beim Überqueren der Alpen zu leisten.

Als er den Sonderauftrag mit Flugroute und den Namen des Piloten zur Kenntnis nahm, hatte er mit versteinerter Miene die Hände in den Taschen geballt. Und ihm war sofort klar gewesen, was hier gespielt wurde.

„Kriegswichtige Dokumente nach Spanien – dass ich nicht lache. Transportiert vom Herrn Hauptsturmführer Karl Schupp, soso. Die feigen Ratten verlassen also das sinkende Schiff“, dachte er bei sich.

„Ausgerechnet dieses SS-Schwein, das mich damals aus der E-Stelle geworfen hat. Aber, wie man jetzt sieht, trifft man sich immer zweimal im Leben…“

Bis zu den Alpen hatte der mit vollen Tanks gestartete Nazi-Pilot Schupp noch gute Sicht, aber dann fingen die vom örtlichen Flugplatzkommandanten in Erding vorhergesagten Gewitterturbulenzen an, ihm zunehmend Schwierigkeiten zu bereiten.

Außerdem geriet Karl Schupp schon bei Mittenwald – trotz seiner hohen Geschwindigkeit von knapp über 600 km/h – zum dritten Mal unter Flak-Beschuss der in Richtung Tirol vorrückenden US-Streitkräfte.

Daher beschloss er, bei Scharnitz von seiner geplanten Route abzuweichen und im Tiefflug entlang der Isar weiter nach Osten in das Karwendelgebirge zu fliegen, um von dort aus die Nordkette der Alpen in Richtung Innsbruck zu überqueren. Zugleich begann er, wegen des einsetzenden Nebels und seines nicht ganz zuverlässigen Höhenmessers, verzweifelt die Freya-Stellung SALAMANDER auf der Nachtjägerwelle zu rufen.

Doch dabei hatte er die Rechnung ohne die inzwischen über dem Gebirge tobende Gewitterfront und die damit einhergehenden Fallwinde gemacht, die jetzt seine volle Konzentration beanspruchten und ihm kaum Zeit für Funksprüche ließen.

Und wegen der atmosphärischen Störungen kam offenbar ohnehin kein Funkkontakt mit der Radarstellung SALAMANDER auf dem Hafelekar zustande.

Dafür hatte unter anderem aber auch Leutnant Stern gesorgt, der die abgehackten Rufe des SS-Piloten sehr wohl in seinem Kopfhörer vernahm. Allerdings hatte er nicht das geringste Interesse, den verhassten SS-Piloten per Funk zu erreichen. Und genau zu diesem Zweck hatte er schon am Nachmittag das zur Antenne führende Hauptkabel aller Sendeempfänger wohlweislich gelockert.

„Ich kann den Kerl kaum hören – und er mich offenbar auch nicht! Kriegt jemand von euch ihn besser rein? Ich hab’ nur Krachen und unverständliche Wortfetzen im Kopfhörer.“

Wie von ihm nicht anders erwartet, verneinten die nur notausgebildeten Luftwaffenhelfer seiner in den letzten Tagen immer mehr zusammengeschrumpften Bedienermannschaft sofort.

Die aus der Hitlerjugend stammenden jungen Leute waren einfach nicht erfahren genug, mittels der neuartigen Technik die Funksignale der Do 335 sauber zu selektieren, wozu natürlich auch die von Leutnant Stern sabotierte Antennenkopplung ihren Teil beitrug.

„Ich glaub’ das hat keinen Zweck. Hoffen wir mal, dass der angekündigte Pilot es auch ohne unsere Hilfe schafft.“ Damit wandte sich Albert Stern zu seinem im Hintergrund an einem Schreibtisch sitzenden Feldwebel:

„Franz, Eintrag ins Dienstbuch: 17:28 Uhr. Verbindungsaufnahme mit angekündigtem Sonderflug aufgrund starken Gewitters und atmosphärischer Störungen unmöglich. Schreib’s auf. Du weißt ja, ordentliche Buchhaltung muss sein, auch wenn das sehr wahrscheinlich die letzte großdeutsche Maschine gewesen sein dürfte, die wir von hier aus zu betreuen hatten.“

Leutnant Stern grinste seinen altgedienten Feldwebel jetzt an. „Und jetzt sorgen wir beide dafür, dass hier oben keiner von unseren Jungs mehr weitere Heldentaten vollbringt oder gar noch einen sinnlosen Heldentod stirbt. Da unten in Innsbruck ist schon das große Chaos im Gange – und es wird auch nicht mehr lange dauern, bis die Amis zu uns raufkommen.“

Dabei ließ sich Leutnant Stern in keiner Weise anmerken, dass er bezüglich des Sonderflugs und dessen Piloten Karl Schupp ganz andere Gedanken hegte.

„Dann mal viel Glück, du blöder Scheißkerl! Jetzt kannst du ja mal zeigen, was für ein toller Pilot du in Wirklichkeit bist. Ich warte dann nach dem Endsieg auf dich – sofern du das heute überlebst. Wovon nicht auszugehen ist“, dachte er sarkastisch grinsend bei sich, ohne über seine an der Funkanlage verübte Sabotage auch nur den Hauch eines Gewissensbisses zu empfinden.

„So ein Scheiß!“, war das letzte, was Karl Schupp wütend von sich gab, ehe er sich kurz vor 18:00 Uhr mit seiner Hochgeschwindigkeitsmaschine in völligem Blindflug mit fast 650 Stundenkilometern Geschwindigkeit in die Kalkfelsen eines Karwendelausläufers östlich von Scharnitz bohrte.

Seine bereits nach Spanien geflohenen SS-Kumpane würden also vergeblich auf die geraubten Juwelen und Pretiosen warten, mit denen sie von dort aus nach Südamerika zu entkommen gedacht hatten.

Leutnant Albert Stein überlebte den Krieg. Mit seinen wenigen Leuten hatte er auf dem Hafelekar ausgeharrt, bis die Amerikaner per Bergbahn vor der Radarstellung erschienen, um deren Besatzung gefangen zu nehmen.

„Lasst euch ja nicht einfallen, Widerstand zu leisten“, hatte er seinen verbliebenen Leuten eingeschärft, nachdem einige von ihnen schon in den Tagen zuvor nicht mehr zum Dienst auf dem Hafelekar erschienen waren.

„In Innsbruck ist’s zurzeit ziemlich gefährlich. Und die Standgerichte der SS sind sicher schon am Werk und erschießen jeden, der in Wehrmachtsuniform dort unten kopflos herumirrt oder zu flüchten versucht. Wir werden uns den Amis deshalb hier oben ergeben, denn der Krieg ist für uns ab sofort zu Ende.“

Nach kurzer Gefangenschaft und ein paar Jahren, die Albert Stern in den USA verbrachte, beschloss er schließlich im Jahr 1952 in den neu gegründeten Staat Israel – und damit ins Land seiner Vorfahren auszuwandern.

Dort kaufte er sich nach seiner Einbürgerung ein Stück Land, heiratete kurz darauf, bekam Kinder und Enkel und lebte fortan ein friedliches Leben als erfolgreicher Winzer und Farmer, der allerdings von Fliegerei und Militär nichts mehr wissen wollte.

An die Gewitternacht in der Freya-Stellung SALAMANDER dachte Albert Stern da schon lange nicht mehr. Was aus Karl Schupp und seiner Maschine, die er auf seinem Radarschirm noch kurz vor deren Verschwinden beobachtet hatte, letztendlich geworden war, war ihm dabei auch stets herzlich egal gewesen.

Und schon gar nicht hätte er nach dem Ende des Kriegs damit gerechnet, dass er im biblischen Alter von fast 89 Jahren noch ein letztes Mal mit dem Absturz der Do 335 in den österreichischen Alpen konfrontiert werden würde ...

Die Liga der Paladine

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