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Prolog

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Gierig sauge ich an ihrer Ader, lasse ihr warmes Blut meine trockene Kehle herunterlaufen. Wie eine Droge durchfließt es mich, stärkt meinen Körper, lässt meine Sinne ins Unermessliche steigern. Ich kann nicht aufhören. Tiefer, immer tiefer gleiten meine Fänge in ihren Hals, wollen auch den letzten Tropfen aus ihrem Körper saugen.

„Hannah, bitte“, keucht sie. „Du musst aufhören.“

Aber ich kann nicht. Ich will nicht. Zu köstlich schmeckt ihr Blut.

„Hannah“, ihre Stimme ist fast nur noch ein Wispern.

Ich merke, wie ihr Körper schlaffer wird, wie ich sie stärker halten muss, meine Beute. Meine Trophäe.

Hannah!

Eine mir bekannte Stimme drängt sich in meinen Kopf.

Hannah! Lass los!

Aber ich denke gar nicht daran.

Hannah! Du bringst sie um!

Es kümmert mich nicht. Nichts kümmert mich in diesem Moment. Zu viel habe ich in den letzten Tagen erlebt. Mein ganzes Leben hat sich auf den Kopf gestellt. Mein Leben, so wie ich es kannte, gibt es nicht mehr. Ist vorbei.

Ich merke, wie eine höhere Macht nach mir greift, mich nach oben zieht, als wäre ich eine Marionette. Wie in Trance schwebe ich nach oben und sehe die bizarre Szene unter mir: Die Festhalle mit ihren prunkvollen Lüstern, die alles in ein schummriges Licht tauchen, die Bühne, auf der wir stehen, ich, wie ich an ihrem Hals sauge. Und ihn, der nach wie vor am Rande der Bühne steht und nur in Gedanken versuchen kann, mich von etwas abzuhalten, was seit wenigen Tagen in meiner Natur liegt.

Ein Leuchten bricht auf einmal aus mir heraus und taucht den gesamten Saal in grelles Licht. Ich spüre, wie sich meine Fänge von ihrem Hals lösen und schreie auf. Dann sacke ich zusammen. Mein Leben zieht an mir vorbei. Nein, nicht alles, nur weniges, schemenhaft, Bruchstücke. Ein leuchtender Schriftzug taucht vor meinem inneren Auge auf. Ja, hier hatte alles angefangen.

White Moon

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