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Kapitel 5

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Nick war nervös. Zum ersten Mal war er richtig, richtig nervös vor einem Date. Er war schon früh aus seinem Büro zurückgekommen, war ausgiebig mit Murphy im Park unterwegs gewesen, hatte geduscht und sich schon zweimal umgezogen. Er wollte nicht in seinem Business Outfit auftreten, allerdings auch nicht zu lässig wirken. Er hatte sich letztlich doch für einen Anzug entschieden, der aber nicht ganz so förmlich wirkte. Mittleres Grau, dazu ein weißes Hemd, keine Krawatte. Trotzdem verging die Zeit einfach nicht. Vor einem Date mit einer Frau nervös zu werden – so ein Gefühl kannte er nicht. Normalerweise war alles ein großer Spaß, eines ergab das andere. Sie gingen in Restaurants oder Bars – oft auch beides – und die Nacht endete fast immer bei ihr oder spontan in einem Hotel. Alles schön unverbindlich.

Eine Frau zu sich in die Wohnung einzuladen, noch dazu zu einem Abendessen - das kam recht selten vor. Eigentlich kam es so gut wie nie vor, wenn Nick ehrlich zu sich war. Was seine Situation noch verschlimmerte: Er hatte ihr die Entscheidung überlassen, seine Einladung anzunehmen. Die Ungewissheit, ob sie überhaupt zu ihm kommen würde, traf ihn doppelt so schwer. So entzog sich der weitere Verlauf des Abends seiner Kontrolle. Nick lief durch seine Wohnung, kontrollierte, ob Mrs Cox auch wirklich aufgeräumt hatte. Was für ein Quatsch. Natürlich hatte sie, und zwar gründlich. Stellenweise war soweit aufgeräumt, dass es fast so wirkte, als wenn die Räume gar nicht bewohnt wären, sondern Ausstellungszwecken dienten.

18.30 Uhr. Um 18.50 Uhr sollte der Caterer das Abendessen bringen. Nick saß in einem Sessel, wippte mit einem Fuß nervös auf und ab, scrollte auf seinem Handy noch durch ein paar Börsennachrichten und -charts. Die Klingel. Endlich! Er spurtete fast schon zur Tür, um den Caterer hereinzulassen. Nick dirigierte die Mitarbeiter zum Esstisch, wo sie den Tisch deckten, Schalen und Schüsseln platzierten. Alles war ganz in Weiß gehalten, Tischdecke und Servietten aus gestärktem Leinen. Selbst an die Blumendeko – weiße Rosen – hatten die Mitarbeiter gedacht.

Auf Kerzen dagegen hatte Nick verzichtet, es erschien ihm zu romantisch. Was Rebecca vielleicht falsch interpretieren könnte. Kaum waren die Mitarbeiter gegangen, überfiel Nick wieder seine Unruhe. Er konnte nichts mehr machen, ihm waren die Hände gebunden. Eine Situation, die er hasste wie kaum eine andere. Er starrte auf die große, altmodische Wanduhr im Küchenbereich, die so gar nicht zum modernen Stil zu passen schien. Als wenn er nur durch seine Blicke die Uhr beeinflussen könnte, dass Rebecca doch kommen möge.

Rebecca hatte noch ziemlichen Stress in der Redaktion gehabt, das Redaktionssystem war instabil und hatte für zeitliche Verzögerungen gesorgt. Oliver war bei einem Termin gewesen, deswegen musste sie ihn noch vertreten. Über der ganzen Hektik hatte Rebecca die Einladung fast vergessen. Erst kurz vor sieben Uhr war sie in ihrer Wohnung angekommen. Sie spielte mit Nicks Brief zwischen den Fingern. Wie sie es vorausgesagt hatte, würde es eine spontane Entscheidung werden, ob sie der Einladung folgen würde. Nach dem langen Tag in der Redaktion hatte sie Hunger, zum Essen war wieder nur wenig Zeit geblieben. Sie schaute an sich hinunter: dunkelblaue Hose, hellblauer Rollkragenpullover. Sie verspürte keine große Lust, sich umzuziehen. Mit einer blauen Blazerjacke wäre sie gut gekleidet. Sie schminkte sich dezent nach und suchte die Jacke aus ihrem Kleiderschrank. Als Rebecca sich vor dem Spiegel betrachtete, begann ihr Herz schneller zu klopfen – gegen ihren Willen. “Okay, Rebecca, dann mal auf in den Kampf”, sprach sie sich selbst laut Mut zu. Obwohl es ihr egal sein könnte. Er hatte Mist gebaut und etwas gutzumachen. Nicht sie. Inzwischen war es 19.20 Uhr.

Als Rebecca ihre Wohnung abschloss und die Stufen nach oben nahm, hatte Nick eigentlich schon aufgegeben. Okay, das war es dann wohl. Er fühlte etwas wie Enge in der Brust, eine Art stechenden Schmerz. Er konnte seine Enttäuschung nicht verhehlen. Sollte er sich selbst bemitleiden? Nick blickte auf seine Terrasse und weiter auf die Umrisse der Stadt, die er jedoch nur schemenhaft wahrnahm.

Dann war es wohl doch keine gute Idee gewesen, sie zum Essen in seine Wohnung einzuladen. Normalerweise ließ er sich von einer Absage wenig beeindrucken. Im Gegenteil, eigentlich war eine Absage eher eine Herausforderung für ihn. Jeder Mensch war beeinflussbar, jeder Mensch hatte seinen Preis. Man musste nur die Schwächen herausfinden. Bei manchen Menschen ging es schneller, bei anderen dauerte es länger. Aber dieser “Fall” lag etwas anders.

Ob er es noch einmal versuchen sollte...? In einem Restaurant und nicht abends? Vielleicht hatte Ben Recht gehabt und sie hatte aus der Einladung die falschen Schlüsse gezogen. Ein Mittagessen wäre vielleicht doch unverfänglicher gewesen. Nick war so mit seinen Gedanken beschäftigt, dass er das Geräusch zwar vernahm, aber nicht wirklich darauf reagierte. Erst als Murphy aufgeregt wedelnd zu ihm kam und sich vor ihn stellte, wurde er wieder aufmerksam. Der Terrier lief wieder zur Tür, Nick folgte ihm unsicher. War das wirklich die Türklingel? Normalerweise war auf Murphy Verlass. Ein Blick auf den Monitor brachte ihm Gewissheit: Rebecca stand tatsächlich vor seiner Tür. Allerdings hatte sie das Treppenhaus genommen. Seine Nervosität erfasste ihn wieder.

Er öffnete ihr. “Guten Abend”, begrüßte er Rebecca. “Guten Abend”, erwiderte sie, etwas außer Atem. Treppen bis zum siebten Stock waren offenbar doch nichts mehr für ihre Kondition. “Schön, dass Sie doch noch kommen konnten”, sagte Nick höflich-steif. “Den Weg kennen Sie ja schon.”

Rebecca versuchte, sich von seinen Augen und seiner Stimme möglichst nicht beeindrucken zu lassen. Sie zögerte daher einen Moment, bevor sie eintrat. Das ungute Gefühl breitete sich vom Magen wieder aus. Nick drängte sie nicht, sondern wartete geduldig ab, schloss die Tür und folgte ihr. Murphy kam wedelnd auf Rebecca zu. Sie streichelte ihn kurz. So gewann sie noch etwas Zeit, sich zu sammeln, bevor sie weiterging. Ihre Schritte fühlten sich unsicher an, als wären ihre Beine nicht recht in der Lage, ihr Gewicht zu tragen.

Als Rebecca den großen Raum aus Wohn-, Esszimmer und Küche erreicht hatte, musste sie erst noch einen Moment stehen bleiben, um alles auf sich wirken zu lassen. Ihr Blick blieb wieder an dem großen Kronleuchter hängen, der in voller Pracht leuchtete. Nick folgte ihrem Blick. “Gefällt er Ihnen?”, fragte er sie. “Ja, sehr. Er scheint so gar nicht zu der eher modernen Einrichtung zu passen”, gab Rebecca zu. “Haben Sie ihn ausgesucht?” “Ich brauchte ihn nicht aussuchen, er ist so eine Art Erbstück”, gab Nick zu.

Endlich ließ Rebecca ihren Blick über den Rest des Raumes schweifen, sie versuchte, jedes Detail in sich aufzunehmen, als wenn sie zum ersten Mal dort wäre. In ihrem Magen spürte sie Unruhe, als sie den Sessel entdeckte, auf dem sie eingeschlafen war, mit Murphy auf dem Schoß. Nick merkte, wie ihre Augen für einen Moment starr auf den Sessel gerichtet waren, wagte aber nicht, etwas zu sagen.

Wäre sie nicht so schon sehr still gewesen, hätte es ihr spätestens die Sprache verschlagen, als sie die Tafel sah. Obwohl nur für zwei Personen gedeckt, war Rebecca beeindruckt von der überbordenden Pracht. Der in weiß gehaltene Tisch hatte eher die Anmutung von Hochzeitsdinner oder zumindest von Heiratsantrag als von Abendessen, fand Rebecca. Außerdem stand der Tisch anders als beim letzten Mal, so dass sie sich gegenübersaßen, aber trotzdem auf die Skyline schauten konnten.

Rebecca kam sich völlig fehl am Platze vor. Unschlüssig blieb sie stehen. Was Nick fast wie einen Vorwurf deutete. “Äh, möchten Sie erst etwas zu trinken?”, fragte er nervös. Er wusste selbst nicht, wo seine sonst zuverlässige Souveränität geblieben war. “Ja, gern”, sagte Rebecca, um ihre eigene Anspannung in den Griff zu bekommen. Die Stimmung war ziemlich bescheiden. Rebecca ärgerte sich schon wieder, dass sie der Einladung überhaupt gefolgt war.

Sie beobachtete Nick, wie er gekonnt zwei riesige Gläser mit Weißwein füllte und ihr eines davon reichte. Rebecca hätte es netter gefunden, wenn er gefragt hätte, ob ihr Wein überhaupt recht war. Aber darauf kam es nun auch nicht an… Das Glas lag schwer in Rebeccas Hand. Baccarat-Gläser aus echtem Bleikristall. Was auch sonst. Sie griff trotzdem dankbar zu und trank einen Schluck zur Beruhigung.

Das war definitiv nicht ihre Welt. Es war alles zu groß, zu übertrieben für sie. Sie kam sich verloren vor. Unsicher ging Rebecca die Meter (!) bis zur großen Verandatür. Die Aussicht auf die Stadt beruhigte sie wieder etwas. Nick beobachtete sie erst einmal und versuchte, ihre Stimmungslage einzuschätzen. “Möchten Sie noch etwas essen?”, fragte er erst nach einer ganzen Weile, um die beklemmende Stille, die sich über den Raum gelegt hatte, zu durchbrechen.

Rebecca drehte sich um. Er stand lässig an die Kücheninsel gelehnt, die Hände zu beiden Seiten an den Kanten. Fast wie letztens, als er während des Wirtschaftsempfangs auf sie zugekommen war, während sie auf der Terrasse gestanden hatte. Seine Augen ließen sie auch jetzt nicht los, aber Rebecca empfand den Blick nicht mehr als stechend. Der Augenkontakt hielt für Momente zu lang. Nick übte eine ungeheure Faszination auf Rebecca aus, gegen die sie sich vehement wehrte. Sie wusste nicht, wie sie einen ganzen Abend mit ihm allein überstehen sollte. Offensichtlich wartete er noch auf ihre Antwort. “Ähem, ja gern”, sagte Rebecca langsam. Sie ging die ein, zwei Schritte bis zum Tisch. Nick wartete ab, welchen Platz sie wählen würde, um ihr eilfertig den Stuhl anzubieten und zurechtzurücken. Als er den Stuhl vom Tisch zurückzog, hielt Rebecca mit einer Hand dagegen. Nick stoppte überrascht. Was hatte er jetzt schon wieder falsch gemacht? “Bitte, ich kann das allein. Sie brauchen nicht so... nicht so übertreiben”, sagte Rebecca unsicher. Nick ließ vom Stuhl ab, und Rebecca setzte sich endlich an den Tisch. Nick nahm ihr gegenüber Platz.

“Eines vorweg: Ich bin Vegetarier, deswegen gibt es bei mir kein Fleisch. Wenn Sie aber trotzdem möchten, lasse ich gern etwas kommen”, erklärte er. Rebecca schaute ihn überrascht an. “Damit hätten Sie jetzt nicht gerechnet, oder?” “Nein, habe ich nicht. Ich dachte, alle Männer lieben Fleisch und können nicht ohne leben”, gab sie ehrlich zu. “Und, möchten Sie?”, fragte Nick noch einmal. Rebecca lächelte. “Nein, danke, ich bin selbst Vegetarierin. Von daher, alles in Ordnung.” Okay, der Abend könnte vielleicht doch noch besser werden.

Erwartungsvoll blickte Rebecca auf die glänzenden Hauben, unter denen sich hoffentlich die Köstlichkeiten verbargen. “Bitte, schauen Sie nach”, forderte Nick sie mit einer kleinen Handbewegung auf. Rebecca griff nach der ersten Haube. Sie fühlte die Schwere des Silbers. Aber es duftete alles sehr gut. Nach und nach kamen Tomatensuppe, Kartoffelgratin, Nudelauflauf und verschiedene Gemüse zum Vorschein. “Ich wusste nicht, was Sie bevorzugen. Deswegen können Sie so kombinieren, wie Sie möchten”, erklärte Nick. Rebecca war erstaunt, dass er sich Gedanken darübergemacht hatte, was sie bevorzugen würde. Sie bemühte sich, gelassen zu bleiben, als wäre es selbstverständlich. Sie griff dankbar zum Gemüse und zu einigen Nudeln. Gabel für Gabel ließ sie sich das wirklich hervorragende Essen schmecken. Zwischendurch genoss sie abwechselnd einen Schluck Wein und den Ausblick auf die Stadt.

Nick dagegen stocherte wahllos in seinem Essen, aß viel hastiger als Rebecca selbst. Auch wenn sie immer noch sauer auf ihn war, konnte sie den Anblick kaum ertragen. Ohne nachzudenken, aus einem Impuls heraus, legte sie ihre Hand auf seinen Unterarm. Ihre Berührung durchzuckte Nick und ließ ihn jäh stoppen. “Lassen Sie sich doch Zeit, Sie genießen Ihr Essen ja gar nicht richtig”, sagte Rebecca lächenlnd, die erst merkte, was sie getan hatte, als Nick überrascht erst sein Handgelenk und dann sie anblickte.

Schnell zog Rebecca ihre Hand wieder zurück. “Hm. Tut mir leid”, murmelte sie verlegen. “Das muss es nicht”, beeilte Nick sich zu sagen. Und blickte noch einmal auf sein Handgelenk, wo kurz zuvor Rebeccas Hand gelegen hatte. Da er sich anschließend von Rebecca beobachtet fühlte, bemühte er sich, langsamer zu essen.

Die Stille zwischen ihnen beiden wurde fast unerträglich. Rebecca sagte einfach gar nichts. Einerseits, weil sie mit dem guten Essen, Wein und Skyline beschäftigt war, andererseits sah sich nicht in der Pflicht, die Unterhaltung zu führen. Nick hatte sie eingeladen, weil er etwas gutzumachen hatte, und sie würde ihm den Weg auf gar keinen Fall erleichtern. Schließlich hielt Nick es nicht mehr aus. Er legte das Besteck auf seinen Teller und die Serviette zur Seite. Er räusperte sich. “Okay, Miss Hold. Sie machen es mir nicht gerade leicht.” Rebecca blickte auf. Offenbar konnte er die Frage schon aus ihrem Gesichtsausdruck ablesen. “Warum sollten Sie auch. Ich verstehe, dass Sie sauer sind, Sie haben jedes Recht dazu.” Rebecca blickte ihn nur stumm an, ihr Gesicht verriet keine Regung. “Es tut mir leid, ich entschuldige mich dafür, was und wie es vergangene Woche passiert ist. Sie hätten gar nicht in meiner Wohnung sein sollen, weil alles ganz anders geplant war. Und ich hätte es direkt in der Nacht aufklären sollen”, sagte Nick. “Ich kann mir ungefähr vorstellen, wie es Ihnen ergangen ist, weil ich hinterher ebenso sauer und wütend gewesen bin.”

Gespannt wartete er auf Rebeccas Reaktion. Sie hatte lange gezögert, zum Abendessen zu kommen. Selbst als sie an seiner Tür gestanden hatte, hatte er ihre Unsicherheit bemerkt. Würde sie seine Entschuldigung annehmen? Rebecca wusste, dass sie jetzt etwas sagen musste, war sich aber nicht sicher, was sie sagen sollte. Sie räusperte sich. Erst musste sie noch etwas klären. “War es die Schuld von Mrs Cox?”, fragte sie vorsichtig. Nick runzelte die Stirn. “Warum ist das wichtig?“, fragte er zurück. “Selbst, wenn es ihre Schuld gewesen ist, möchte ich nicht, dass Mrs Cox deswegen Ärger bekommt”, erklärte Rebecca.

Sie wusste, dass sie ihm damit einen Grund geliefert hatte, sich selbst aus der Affäre zu ziehen. Deswegen fuhr sie schnell fort: “Ich akzeptiere Ihre Entschuldigung, egal, wessen es Schuld es war. Der ganze Abend war nicht toll, aber das dürften wohl alle Beteiligten so empfunden haben.” Nick bemühte sich, seine Erleichterung nicht zu offen zu zeigen. Er hob sein Weinglas. “Danke. Dann stoßen Sie mit mir darauf an.” Das war kein Vorschlag, sondern eine Forderung, die Rebecca schon wieder ärgerte. Hatte sie es ihm doch zu einfach gemacht? Zögernd griff Rebecca zu ihrem Glas, ein leichtes Klirren folgte. Nick suchte ihre Augen, aber sie schien mit ihren Gedanken woanders.

“Nur eine Frage noch dazu: Warum durfte ich nicht in meiner eigenen Wohnung sein? Ihr Bote hätte bei mir klingeln und Ihren Brief bei mir lassen können. Dann wäre das Zusammentreffen nicht passiert”, fragte Rebecca aus Neugier. Mrs Cox hatte ihr dazu keine richtige Begründung geliefert. “Ich hatte den Boten bestellt und Name und Adresse hinterlassen. Hätte der Bote woanders klingeln sollen, hätte das angemeldet werden müssen. Und darüber wäre ich informiert worden. Eine Änderung hätte ich natürlich nicht zugelassen”, erklärte Nick. Schienen ja hochwichtige Dokumente gewesen zu sein, die sie da in Händen gehalten hatte, dachte Rebecca. Schade, dass sie nicht doch einen Blick durch den Umschlag hatte erhaschen können.

Rebecca horchte in sich hinein, unsicher, wie sie sich jetzt fühlen sollte. Sie schob ihren Teller zur Seite. Und jetzt? Worüber sollte sie mit ihm reden, wenn dieser unselige Abend der Vergessenheit angehörte? Sie drehte ihr Weinglas mit den Fingern in ihrer Hand. Ein Zeichen für ihre Konzentration. Nick wartete ab. “Wie ist es damals weitergegangen, nachdem die Schummeleien öffentlich geworden waren?”, fragte sie und blickte ihn jetzt direkt an. Für Nick kam der Themenwechsel, die Frage, abrupt. “Finden Sie dieses Thema angebracht?”, fragte er mit leichter Schärfe in der Stimme zurück. Obwohl er es nicht mochte, Fragen mit Gegenfragen zu beantworten. Weder bei sich noch bei anderen. “Was heißt angebracht? Es hat für viel Aufregung gesorgt. Außerdem muss ich über irgendetwas mit Ihnen reden”, sagte Rebecca. Könnte eine Unterhaltung mit ihm für sie so unangenehm sein, dass sie sie als Zwang empfand? Nick wurde aus ihr nicht schlau. “Small Talk übers Wetter ist mir zu langweilig, Ihre Frauengeschichten gehen mich nichts an, bleibt also nur der Job”, fasste Rebecca schnell zusammen. Ein spöttisches Lächeln umspielte Nicks Mund, als sie von seinen Frauengeschichten sprach. Es schien sie ja doch zu beschäftigen.

“Wenn Sie jetzt in Ihren Jobmodus wechseln, sprich als Journalistin mit mir reden, muss ich Sie enttäuschen. In solchen Fällen finden Gespräche nicht ohne meinen Anwalt statt”, erklärte Nick bestimmt. Rebecca nickte bedächtig. “Okay, das ist schon mal eine Aussage. Sie vertrauen mir nicht, und Sie haben Angst, sich zu verquatschen.” Nick stieß die Luft aus, ein gequältes, kurzes Lachen folgte. “Wie Sie vielleicht mittlerweile wissen, gehört mir ein Unternehmen, das mit Fonds und Aktien handelt. Ich kann und darf mich nicht ohne weiteres äußern”, erklärte Nick kalt. “Außerdem trage ich noch die Verantwortung für einige hundert andere Menschen, die sich auf mich verlassen.”

Rebecca zog eine Augenbraue hoch. “Woher das plötzliche Verantwortungsgefühl?”, fragte sie spöttisch. “Sie kennen mich doch gar nicht. Deswegen können Sie doch gar nicht richtig beurteilen, ob ich jemals Verantwortungsgefühl besessen habe oder nicht. Und selbst wenn nicht, Menschen können sich doch auch ändern.” “Nein, glaube ich nicht, zumindest nicht in ihrem Kern. Außerdem implizieren Sie mit Ihrer Aussage, dass Sie damals keines besessen haben könnten”, konterte Rebecca. Nick war sauer. “Rufen Sie in meinem Büro an und lassen Sie sich einen Termin für ein Interview geben.” Jetzt war es an Rebecca, gequält zu lachen. “Einen Termin für ein Interview? Soll das ein Scherz sein? Dann können Sie mir gleich Ihre glattgebügelten Pressemitteilungen schicken.” Rebecca schüttelte ungläubig den Kopf.

“Wir sollten das Thema wechseln”, schlug Nick vor, “denn in ihrer Aufzählung vorhin haben Sie ein Thema vergessen - sich selbst.” Diese Aussage kam jetzt für Rebecca etwas plötzlich. “Erstens bin ich überhaupt kein Thema, viel zu uninteressant”, sagte sie langsam, um Zeit zu gewinnen. “Und zweitens?”, half Nick nach. “Zweitens werden Sie sicherlich über eine gute PR-Abteilung verfügen, die über alle möglichen Journalisten und Redakteure Dossiers angelegt haben wird. Womit Sie alles über mich wissen”, vollendete Rebecca. “Sollte ich ein Dossier über Sie haben, würde das bedeuten, dass Sie doch ein Thema sind”, erklärte Nick wissend. “Trotzdem bevorzuge ich, wenn Sie selbst von sich erzählen. Also?”, forderte er sie auf.

“Also nichts… Themenwechsel”, antwortete Rebecca. Es war eine Art Kraftprobe. “Wie Sie wollen. Sie hatten Ihre Chance”, sagte Nick schließlich. “Jetzt mache ich mir mein eigenes Bild von Ihnen. Und mit den Konsequenzen müssen Sie dann zurechtkommen.” Rebecca spielte wieder mit ihrem Glas, ihre Augen wurden schmal. “Konsequenzen?” Rebecca machte eine Pause. “Sie sollten mir nicht drohen”, antwortete sie langsam. Nick lehnte sich zurück und musterte Rebecca eindringlich. Sie runzelte die Stirn. “Und ich muss überhaupt gar nichts. Außerdem habe ich auf solche Spielchen keine Lust.”

Nick nahm sie überhaupt nicht ernst, sondern lachte einfach nur. Ein dunkles, leicht heiseres Lachen. Genauso wie seine Stimme. “Wie wäre es mit Dessert?” Das Terrain schien ihm sichererer. Rebecca nickte nur. Nick räumte ihren Teller auf seinen und nahm beide mit in den Küchenbereich. Rebecca war erstaunt über diesen Anblick. Ein Mann, der freiwillig Geschirr zusammenräumte. Noch dazu ein Mann mit einem Status wie Nick Hutton. Es erschien Rebecca irgendwie unpassend, gleichzeitig ließ es ihn aber auch nahbarer, menschlicher erscheinen. Aus dem Kühlschrank holte er Panna Cotta mit roter Grütze.

Als er sich wieder umwandte, konnte er Rebecca nicht mehr sehen. Sie saß nicht mehr am Tisch. Nick wurde unruhig. Hatte sie sich in der Zwischenzeit aus seiner Wohnung geschlichen? “Ms Hold …?”, fragte er unsicher. Keine Antwort. Er ging wieder zu dem Tisch, um die Schüsseln abzusetzen.

“Ich bin hier.” Rebeccas Stimme ließ ihn herumfahren. Rebecca saß auf dem Boden, mit dem Rücken an das Sofa gelehnt. Murphy stand still bei ihr und ließ sich von ihr am Hals streicheln. In ihrer anderen Hand hielt sie eines von Murphys Spielzeugen, das sie ihm just abgetrotzt hatte. Nick setzte sich an den Tisch und blickte auf die beiden hinunter. Murphy stellte sich mit seinen Vorderbeinen auf Rebeccas Oberschenkel und schaute Nick an, wedelte freundlich mit dem Schwanz. “Hunde scheinen Ihnen ja zu liegen”, stellte er fest. “Ja, sehr.” “Möchten Sie den Abend dann lieber mit Murphy verbringen?”, fragte er leicht gekränkt. Rebecca konnte nicht einschätzen, ob es nur gespielt war. Er stand auf und hielt ihr seine ausgestreckte Hand hin. Rebecca zögerte. “Ich tue Ihnen nichts, ich möchte Ihnen nur helfen, damit ich vielleicht doch noch eine Chance habe, dass Sie das Dessert mit mir essen”, beschwichtigte Nick. Rebecca stellte Murphy wieder auf den Boden. Dann nahm sie die angebotene Hand und ließ sich von Nick auf die Beine ziehen. Es war ein sanfter Druck, aber nicht unangenehm. Nick hielt ihre Hand noch fest, bis sie wieder am Tisch angekommen waren.

“Jetzt bin ich aber gespannt, was sie anzubieten haben...” Aber Rebecca strafte sich selbst lügen, als sie die Panna cotta sah. Sie ließ den ersten Löffel im Mund zergehen. “Hm, ist die lecker. So leicht sahnig.” Nick sah ihr gern beim Essen zu. Einerseits, weil sie es wirklich genießen konnte, andererseits, weil sie sich offenbar keine Sorgen über irgendwelche Kalorien machte. Viele Frauen, die er kannte, wären nicht im Leben auf die Idee gekommen, Panna cotta zu essen, weil sie im Kopf schon ausrechneten, wie viele Stunden sie danach im Fitnessstudio verbringen müssten. “Es freut mich, dass Sie wenigstens das Essen vorbehaltlos genießen können”, sagte Nick spöttisch. Rebecca fand seinen Spott unpassend, deswegen ging sie nicht weiter darauf ein.

“Warum haben Sie einen Hund, wenn Sie doch eigentlich sehr wenig Zeit haben?”, fragte sie zwischen ihren einzelnen Löffeln. “Und dann noch einen Foxterrier?” Sie bekam das nicht zusammen, dass sich ein hochbeschäftigter Manager ausgerechnet einen Terrier hielt. “Ich hatte als Kind schon Hunde - immer Foxterrier. Und ich habe mir vorgenommen, einen solchen Job zu haben, in dem ich mir die Zeit einteilen und einen Hund haben kann”, erzählte Nick. “Scheint ja nicht so toll zu funktionieren”, erwiderte Rebecca, die darüber nachdachte, wie oft allein sie auf Murphy in der kurzen Zeit aufgepasst hatte. “Wenn ich mir meinen Zeitplan anschaue, finde ich, dass es besser klappt, als vorauszusehen war”, hielt Nick dagegen. Das saß. Rebecca wurde still.

Während sie noch sorgfältig ihren Teller leer aß, hörte sie wieder ihr Handy vibrieren. Eine willkommene Ablenkung. Sie konnte nicht anders und musste noch schnell auf ihr Display schauen - ohne Nick zu fragen. Sie wusste, dass es unhöflich war, aber na ja... “Noch einen Kaffee?”, fragte Nick. “Danke”, murmelte Rebecca abwesend. “Danke ja oder danke nein?”, fragte er geduldig weiter. Rebecca fühlte sich gezwungen, ihn doch anzuschauen. “Äh. Kaffee nein, Espresso ja, wenn es möglich ist”, antwortete Rebecca. Nick ging hinüber zum Küchenbereich, wo er sich um den gewünschten Espresso kümmerte. Vermutlich war es das einzige Gerät, das in dieser Küche jemals benutzt wird. Oder besser: Das er jemals benutzte, lästerte Rebecca in Gedanken, während sie durch das Esszimmer bis zu der großen Terrassentür ging.

Diese Aussicht nahm sie wirklich gefangen. Dabei war es kein spektakulärer Blick auf ein Meer oder eine atemberaubende Skyline. So etwas gab es hier nicht. Es war eine Mischung aus beidem, die Rebecca so faszinierte. Ihr Stadtteil lag etwas höher als die Innenstadt selbst. Verbunden mit der Höhe der siebten Etage ergab sich ein Ausblick, der einen Ausschnitt aus dem Leben in der Stadt einfing. Einige große Ausfallstraßen mit ihrem geschäftigen Autoverkehr waren ebenso zu sehen wie das Seeufer und einige kleine Parks. Die Ansicht änderte sich ständig - durch Autos und Schiffe, durch Menschen in den Parks, die so winzig klein waren wie sonst Ameisen. Trotzdem aber genauso wuselig.

Die Terrasse selbst war so groß, dass sie Platz für einen Esstisch mit sechs Stühlen und zwei weitere Gartenliegen bot. Ausgelegt mit edlem, wetterfestem, dunklem Holz, die Brüstung aus Edelstahl. Tische und Stühle waren ebenfalls dunkel, der Tisch schloss mit einer Glasplatte ab. Vermutlich alles sehr teuer. Die Terrasse zog sich an einer Seite des Hauses weiter, allerdings wurde sie wesentlich schmaler, mehr wie ein Gang. Schon bei ihrem letzten - verunglückten - Besuch hatte Rebecca die Aussicht genossen, aber nicht gewagt, den Balkon zu betreten. Jetzt war sie bis ganz vorn gegangen, wo sie feststellte, dass die Fläche über das eigentliche Haus hinausragte. Sie lehnte sich locker an die Brüstung, die Arme auf dem Abschlussgeländer.

Nick betrachtete sie von innen. Ob sie ihm seinen Aussetzer je ernsthaft verzeihen würde? Sie war zwar nach langem Zögern auf seine Einladung eingegangen, aber das konnte auch nur vorgeschoben sein. Viel erzählt hatte sie jedenfalls nicht. Offenbar interessierten sich Journalisten mehr für Informationen über andere, als selbst etwas preiszugeben. Oder sie wollte es nur ihm nicht erzählen. In seine Gedanken hinein piepte die Kaffeemaschine. Die beiden Tassen waren fertig. Er nahm sie und folgte Rebecca nach draußen. Sie hörte ihn kommen, ihre Muskeln strafften sich unwillkürlich. Sie spürte ihn plötzlich an ihrer Seite. Er stand viel zu nah bei ihr, so nah, dass sie seinen Atem an ihrem Genick spürte. Das war deutlich näher als der Abstand, den Menschen normalerweise intuitiv einhielten. Diese Nähe machte sie nervös. Warum, fragte sie sich. Es gab nur zwei Möglichkeiten: Sie lehnte ihn komplett ab oder sie mochte ihn stärker, als sie sich selbst eingestehen wollte. Sie wusste, dass es letzteres war.

Was sie weiter beunruhigte: Sie musste sich halb zu Nick umdrehen, um ihm den Espresso abzunehmen. Dabei würden sie sich unweigerlich berühren, wenn sie nicht einen Schritt zur Seite - also von ihm weg - ging. Damit würde sie ihm offen ihre Ablehnung signalisieren. Will ich das, fragte sich Rebecca einmal mehr. Sie fühlte sich zu ihm hingezogen, aber irgendetwas in ihr rebellierte gegen dieses Gefühl. “Bitte sehr, Ihr Espresso”, Nick reichte ihr von der Seite die Tasse.

Sein Unterarm streifte ihr Handgelenk - und zwar länger als nötig. Zum ersten Mal spürte Rebecca seine Haut auf ihrer. Es war nicht unangenehm, im Gegenteil. Sein Unterarm wärmte die Stelle an ihrem kühlen Handgelenk. Sie versuchte, dem Impuls zu widerstehen, ihren Arm wegzuziehen, tat so, als hätte sie nichts bemerkt. Instinktiv wusste Rebecca, dass er sie von seitlich-oben beobachtete, um ihre Reaktion zu testen.

Mit ihrer linken Hand fasste sie schnell den kleinen Griff der Tasse, wodurch sie vor allem sich eine weitere Berührung ersparte. Eigentlich hätte sie jetzt noch nach Zucker und Löffel gefragt, aber sie wollte die Situation nicht unnötig in die Länge ziehen. Sie nippte an der Tasse. “Hmm”, entfuhr es ihr überrascht. “Was ist denn?”, hörte sie Nicks leise Stimme ziemlich nah an ihrem Ohr. Sie drehte sich doch halb zu ihm. “Sie haben daran gedacht, dass ich den Espresso mit etwas Zucker trinke.” Rebecca konnte die Mischung aus Überraschtheit und Anerkennung nicht in ihrer Stimme verbergen. Nick zog nur seine linke Augenbraue leicht hoch und lächelte wissend. Schnell wandte Rebecca ihren Blick wieder von ihm ab.

“Der Ausblick ist wirklich grandios”, begann sie, um Ablenkung bemüht. “Der war für mich das ausschlaggebende bei dem Projekt”, gab Nick zu. “Ein schönes, gewachsenes Viertel, gute Lage, aber mit einer Art Neubau. Davon findet man in der Stadt nicht mehr viel. Die ganzen Neubauten in den tollen neuen Vierteln sind alle mehr oder weniger seelenlos, dafür aber umso teurer. Dieses Haus ist wirklich eine Rarität”, erzählte Nick. “Ich kann stundenlang hier stehen oder sitzen und einfach nur beobachten. Und wenn Murphy in der Wohnung ist, sitzen oft viele Vögel auf dem Geländer. Sehr idyllisch für eine Großstadt.”

Tiere scheint er ja zu mögen, dachte Rebecca, konnte den Blick aber nicht abwenden. Dass er gern hier draußen war, verstand sie. Wie viele Frauen kriegt er wohl mit dieser Wohnung rum, dachte Rebecca. Ob er dann immer die gleiche Geschichte erzählt? Noch einen Schluck und sie hatte ihren Kaffee ausgetrunken. Und jetzt? Er war nah bei ihr stehengeblieben, während er erzählt hatte.

“Es ist spät geworden, ich sollte langsam gehen.” Als sie es ausgesprochen hatte, wussten sie beide, dass es nur eine Ausrede war. Und eine ziemlich lahme dazu. “Klar, es ist ja schon 22 Uhr und Sie haben ja noch diesen unglaublich weiten Heimweg vor sich.” Nick konnte es sich nicht verkneifen, aber eigentlich sprach mehr die Enttäuschung aus ihm.

“Meine Terrasse steht Ihnen zur Verfügung. Jederzeit.” “Das hätten Sie gern”, wehrte Rebecca ab. Er gab sie immer noch nicht frei. Also trat Rebecca schließlich doch zur Seite, um das Geländer zu verlassen. Ihre Blicke trafen sich. Wieder diese grünen Augen. Rebecca konnte ihre Augen nicht abwenden. Was er falsch verstand. Rebecca wurde ganz kribbelig, wenn sie nur daran dachte, was passieren könnte. Sie riss ihren Blick los und strebte dem Esszimmer zu. Nick folgte ihr.

“Also. Vielen Dank für die Einladung. Es war ein tolles Essen und ein schöner Abend”, verabschiedete sich Rebecca. “Dann hätten Sie auch sagen können ‘Es war ganz nett’. Das trifft es aus Ihrer Perspektive doch viel besser, oder? Sie denken immer noch, dass ich ein Frauenheld bin und bei jeder sich bietenden Gelegenheit eine abschleppe und mit ihr ins Bett steige.” Das war deutlich.

“Wenn Sie es schon selbst so klar aussprechen: Ja. Das trifft es. Ein Abendessen ändert daran nichts. Im Gegenteil: Es verstärkt diesen Eindruck noch.” Endlich lag es auf dem Tisch. “Und deswegen haben Sie Angst zu bleiben. Weil Sie denken, ich würde es auch bei Ihnen versuchen. Sie liegen falsch.” Er lehnte mit der rechten Schulter weiter lässig am Türrahmen. Verdammt, konnte er ihre Gedanken lesen? Rebecca drehte sich um, schaute ihn an, dann zur Seite, suchte nach den richtigen Worten. “Hören Sie, sind mir nicht unsympathisch oder so. Aber das allein ist es nicht. Mit wem Sie sich treffen, geht mich nichts an. Aber ich bin in jeder Hinsicht anders als Sie. Es gibt für mich einen zweiten Aspekt im Hintergrund: Ich muss – und will - jemandem vertrauen können. Und das kann ich bei Ihnen nicht. Jedenfalls jetzt nicht. Nicht, nachdem, wie sie sich verhalten haben.” “Sie sind nachtragend. Ich habe Ihnen gesagt und gezeigt, dass es mir leidtut. Wenn Ihnen das nicht reicht, dann sagen Sie mir, was ich tun soll.”

Nick lehnte immer noch am Türrahmen und beobachtete sie. “Sie sollten einfach die hohen Ansprüche, die Sie an andere stellen, bei sich selbst anlegen. Loyalität, Ehrlichkeit, Vertrauen - schön und gut. Scheint aber nur für andere in ihrem Verhalten Ihnen gegenüber zu gelten. Nicht für Sie selbst.” Rebecca wurde langsam wütend. Sie drehte sich und ging Richtung Wohnungstür.

Nick brauchte jetzt verdammt schnell eine Antwort, besser noch eine Lösung. Sonst war er doch nie um einen Ausweg verlegen, warum fiel es ihm jetzt so schwer? Weil er mit seiner ganzen Coolness und Lässigkeit nicht weiterkam. Er musste ehrlich zu ihr sein, sonst war jetzt alles vorbei. Es fiel ihm schwer, seine Gefühle zu zeigen, wie eigentlich immer.

Er ging den Flur entlang, lehnte sich mit seiner linken Hand gegen die Wohnungstür. Rebecca war nun gezwungen, ihn anzusehen und ihm zuzuhören, wollte sie diese Wohnung jemals verlassen. “Und wenn ich Sie darum bitte?”, sagte Nick leise. “Einen weiteren Abend noch. Morgen.” Seine Augen und Lippen waren schmal, verrieten seine Anspannung, mit der er auf ihre Antwort wartete. “Okay”, sagte Rebecca nach einigem Zögern und vermied seinen Blick. “Morgen Abend geht es allerdings nicht. Freitag. Um 19 Uhr?” “Ja. Ich hole Sie ab.” “Brauchen Sie nicht. Kommen Sie einfach gegen 19 Uhr.” Nick musste sich zusammenreißen, seine Erleichterung nicht zu zeigen. “Nachdem Sie sich ein weiteres Treffen erzwungen haben - würden Sie jetzt die Tür freigeben?”, fragte Rebecca. “Ich möchte nach Hause.” “Gute Nacht, Rebecca”, sagte er, ohne sie aus den Augen zu lassen. Er ging nicht weiter auf ihren Seitenhieb ein und ließ von der Tür ab. “Gute Nacht.”

Eine Nacht im Februar

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