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To-dos in der Schwangerschaft

Ist frau schwanger, gibt es eine Menge zu tun. Das Anschaffen von Babysachen und die Einrichtung des zukünftigen Kinderzimmers sind nur zwei von vielen Dingen, mit denen sich werdende Eltern beschäftigen müssen. Auch die Außenwelt versorgt einen mit Tipps, die es als schwangere Frau unbedingt zu befolgen gilt.

Für jede Schwangere der richtige Kurs

Für mich gab es allerdings eine Sache, der ich definitiv nicht nachgehen wollte: die Kursbelegung. Und hier ganz besonders: die Belegung eines Schwangerschaftsvorbereitungskurses.

Nein danke!

Zu oft hatte ich mich in meiner kinderlosen Zeit darüber lustig gemacht. Das Bild von schwangeren Frauen, die gemeinsam, vor und mit ihren Partnern, hechelnd auf bunten Matten lagen, war für mich nicht nachahmenswert. Ich wollte partout nicht die „typische“ Schwangere sein, die von einem Kurs zum nächsten hetzte. Schwangerschaftsgymnastik empfand ich als ebenso unnötig. Als Hundebesitzerin litt ich keinesfalls unter Bewegungsarmut.

Aber ich litt unter etwas anderem: Rückenschmerzen. Es wollte nicht besser werden und so riet mir mein Gynäkologe zu einem Schwangerschaftsgymnastikkurs. Ich wartete noch etwas ab, doch als die Schmerzen nicht nachließen, meldete ich mich widerwillig in einem solchen Kurs an.

Am ersten Kursabend wünschte ich mir, der Kurs wäre schon vorüber, bevor er auch nur angefangen hatte. Meine Lust, überhaupt zum Kurs zu fahren, hielt sich in Grenzen.

Was für Frauen würden wohl da sein? Böte mir der Kurs das typische Bild von Frauen, die über nichts anderes quakten als über ihre Babys? Die besonnen und lächelnd über ihren runden Bauch streichelten, mit der Welt mehr als nur im Einklang?

Ich wollte nicht dorthin.

Um nicht als Letzte zu erscheinen, war ich eine halbe Stunde vor Kursbeginn da. So konnte ich mir in Ruhe die Frauen ansehen, die nach mir eintrudelten.

Und bei mindestens drei Teilnehmerinnen war ich mir sicher: Ihr seid genau diejenigen! Diejenigen, die so furchtbar typisch schwanger durch die Gegend laufen.

Die beliebte Vorstellungsrunde blieb uns allen nicht erspart und nach unserer detaillierten Selbstauskunft bezüglich Name, Alter, Schwangerschaftsmonat, Anzahl der bisherigen Kinder etc. ging es los.

Die Übungen waren teilweise so anstrengend, dass ich richtig erstaunt war. Neben mir stöhnte vor Anstrengung ebenfalls eine junge Frau. Lena. Sie war mir schon bei der Vorstellungsrunde aufgefallen. Sehr hübsch und sehr groß.

Als es vor Kursbeginn um das Thema Entbindung ging, erzählte sie offen, wie sehr sie die Geburt ihres Sohnes ängstigte. Sie wisse schließlich nicht, was auf sie zukäme. Beinahe Todesängste habe sie. Dass sie bei der Geburt verblutete. Und diese Ungewissheit: Was für Schmerzen, was für Komplikationen kämen auf sie zu?

Sie habe deshalb schon über einen Wunschkaiserschnitt nachgedacht. Und überhaupt habe sie Angst vor dem, was kommt. Wie verliefe wohl das Leben mit Kind? Könnte sie ihrem Sohn überhaupt gerecht werden? Würde sie ihn sofort annehmen und lieben können?

Obwohl ich nicht unter Todesangst litt, konnte ich all ihre anderen Gedanken sehr gut nachvollziehen.

„Also, ich hab’ keine Angst vor der Entbindung“, sagte eine der Frauen.

„Ich auch nicht. Haben ja schon andere vor uns geschafft. Und natürlich werde ich mein Kind lieben“, so eine weitere Kursteilnehmerin.

Alle übrigen Schwangeren im Raum nickten.

Und in diesem Moment schloss ich Lena in mein Herz.

Endlich eine Frau, die nicht alles verklärte. Die Schiss hatte und auch dazu stand.

Zusammen mit meinem Mann absolvierte ich schließlich auch noch einen Geburtsvorbereitungskurs. Der Kurs war informativ, und nachdem wir einen ungeschönten Film sehen durften, der verschiedene Frauen während ihrer Entbindung im Krankenhaus zeigte, fühlte auch ich mich nicht mehr ganz so unvorbereitet.

Wobei das auch hier jede Kursteilnehmerin anders wahrnahm. Meike zum Beispiel fand diesen Kurs unnötig. Gar nichts nähme sie daraus mit und den Film empfand sie als Zumutung. Unappetitlich seien die Bilder gewesen, die sie jetzt nicht mehr aus ihrem Kopf bekäme. Sie war so erzürnt, dass ich sie ob ihrer Offenheit total lustig fand. Im Gegensatz zu den anderen Kursteilnehmerinnen, die sich durch Meike gestört fühlten. Man wollte keinen Miesmacher.

Ich freundete mich mit Meike an und treffe sowohl sie als auch Lena bis heute regelmäßig. Ich hätte das nicht geglaubt, aber es ist durchaus möglich: Freundschaftsschließung durch Kursanmeldung.

Das Wie und Wo der Entbindung

Wenn man schwanger ist, werden einem gerne vom eigenen Umfeld so manche Gesprächsthemen ans Herz gelegt, wahlweise auch aufgedrängt. War man eigentlich gerade noch entspannt, so können einen bestimmte Themen blitzschnell aus diesem Gemütszustand herausholen.

„Wie, du hast dir keine weiteren Kliniken angesehen? Oh, das würde ich an deiner Stelle aber machen!“, so eine Bekannte.

Mein Gynäkologe hatte mir nach der Bestätigung des Schwangerschaftsbefundes die Option auf Belegbetten in seiner Klinik angeboten. Ich hatte sein Angebot sofort angenommen, denn für mich war klar, dass ich gerne bis zum bitteren Ende von ihm betreut werden wollte.

Somit war das Thema für mich erledigt. Dachte ich.

„Oh, ich will dich jetzt nicht verunsichern, aber in diese Klinik würde ich nicht gehen. Ich hab von einer Freundin gehört, dass sie für eine sehr hohe Kaiserschnittquote bekannt ist“, so eine Teilnehmerin aus dem Geburtsvorbereitungskurs.

Meine Freundin Maja hatte ebenfalls eine Meinung dazu: „Also, ich würde die Uniklinik empfehlen. Da hab ich nur Gutes gehört.“

Vielleicht nahm ich die Krankenhauswahl doch etwas zu leicht. Ich nahm mir vor, zu einem Infoabend in der Uniklinik zu gehen. Es konnte sicherlich nicht schaden, sich eine weitere Klinik anzusehen.

Als ich in einem Gespräch mit einer anderen Freundin die Uniklinik als Alternative ansprach, sagte die: „Echt? Wundert mich. Ich hab mal gehört, dass sie die Frauen dort gerne so lange in ihren Wehen lassen, bis die PDA überhaupt nicht mehr gelegt werden kann.“

Irgendwann, nach Wochen, war ich des Themas überdrüssig und so blieb ich bei meinem ursprünglichen Plan, in der Klinik meines Gynäkologen zu entbinden.

Ich vertraute ihm.

Als ich meine Freundin Maja besuchte, erzählte ich ihr von meinem endgültigen Entschluss hinsichtlich der Klinikauswahl. Ihre Cousine Sibille, die dem Gespräch gelauscht hatte, unterbrach das Ausräumen ihrer Einkaufstaschen und fragte, ob ich denn auch mal über das Thema Hausgeburt nachgedacht hatte.

Nein, hatte ich nicht. So gar nicht.

Sie habe ihre Kinder damals per Hausgeburt bekommen und sie könne das nur jedem empfehlen. Man habe nicht den Stress des hektischen und unpersönlichen Klinikablaufs. Eine Hausgeburt habe wirklich viele Vorteile: Niemand bedränge einen, man könne, wenn die Wehen einsetzten, einen Tee in der Küche trinken, mit dem Mann noch mal in der Nachbarschaft spazieren gehen, die Lieblingsmusik auflegen und dann könne man sich schließlich in einem der vertrauten Räume zu Hause auf die Entbindung des Kindes vorbereiten. Alles in allem habe das eine viel persönlichere Note.

„Um Gottes Willen!“, rief meine Mutter, als ich ihr davon erzählte. „Ich hoffe sehr, dass du das auf keinen Fall machst.“

Ihre Besorgnis war unbegründet. Ich wollte mich keinesfalls während der Entbindung in meinem eigenen Zuhause wähnen. Allein die Vorstellung: Die ganze Sauerei! Und was, wenn unser Hund noch mittendrin herumspränge und den Mutterkuchen tatsächlich für einen Kuchen hielte?

Mir machte eine Hausgeburt Angst. Was, wenn etwas schief liefe und sekundenschnell gehandelt werden müsse? Bliebe dann wirklich noch Zeit, ins Krankenhaus zu fahren? Oder wäre es genau die auf der Fahrt verstreichende Zeit, die dafür entscheidend wäre, dass mein Kind womöglich für immer geschädigt bliebe?

Ich war kein Hausgeburtenfreund.

Eine Woche später wurde ich von meiner seit Jahren vertrauten Gemüsehändlerin gefragt: „Willst du denn eigentlich normal entbinden?“

„Was wäre denn nicht normal?“, fragte ich irritiert.

„Willst du natürlich entbinden oder lieber mithilfe einer PDA? Oder wolltest du lieber einen Wunschkaiserschnitt setzen lassen?“

Langsam machte mich das Thema Entbindung fertig. Ich wollte einfach mein Kind entbinden und keine zukunftsorientierten Mutmaßungen darüber anstellen, wie ich mir die Entbindung vorstellte. Warum über etwas in epischer Breite sprechen, auf das ich in letzter Instanz sowieso keinen Einfluss haben würde?

Doch das Thema hatte sich nun fest in mein Unterbewusstsein verbissen. Ich begann, andere Mütter zu befragen: Wie hatten sie entbunden? Ich wollte alles wissen. War es schlimm? Und wenn ja, wie schlimm? Hatten sie eine PDA? Und wenn nein, weshalb nicht? Was spräche ihrer Meinung nach für, was gegen eine natürliche Entbindung?

Die Frau an meiner Seite

Dabei bemerkte ich, dass dieses Thema unweigerlich eine Person ins Spiel brachte, der ich bisher keinerlei Beachtung geschenkt hatte: die Hebamme.

In meinem fünften Schwangerschaftsmonat traf ich eine ebenfalls schwangere Nachbarin im Supermarkt, die mir von ihrer tollen Vorsorgehebamme erzählte.

Ich freute mich mit ihr und wäre meiner Wege gegangen, wenn mich nicht ihre Frage aufgehalten hätte: „Ja, und du? Hast du auch schon eine Hebamme?“

„Nein, ehrlich gesagt habe ich mich darum noch gar nicht gekümmert“, antworte ich wahrheitsgemäß.

„Du bist ja entspannt! Respekt! Also mich würde das unruhig machen, wäre ich schon im fünften Monat und hätte noch keine Hebamme!“, lachte sie.

Es ist einer dieser vielen Momente, die man in der Schwangerschaft immer wieder durchlebt: Wenn man sich keine Gedanken macht, werden sie einem gemacht.

Und wieder begab ich mich in den darauffolgenden Tagen unter die Mütter in meinem Freundes- und Bekanntenkreis, um herauszufinden, was es mit dem Thema Hebamme auf sich hatte. Meine Bilanz: Jede hatte eine Hebamme an ihrer Seite.

Langsam gewann Unruhe die Oberhand. Die ganze Organisation rund ums Kind war beachtlich, wenn man bedachte, dass das Baby noch nicht einmal da war.

Also machte auch ich mich auf die Suche nach der Hebamme meines Vertrauens.

Ich fand sie schließlich. Auf Empfehlung mehrerer Bekannter, die unabhängig voneinander von dieser Frau schwärmten.

Unser erstes Treffen verlief nett. Ich hatte zwar mehr Herzlichkeit erwartet, aber wir mussten uns ja auch noch kennenlernen und eine Freundin fürs Leben suchte ich schließlich auch nicht.

Ohne die Geschichte unnötig auszuweiten: Die Herzlichkeit blieb auch nach der Entbindung auf der Strecke. Wir waren uns einfach nicht sympathisch.

Sie war wunderbar zu meiner Tochter, aber wenn es um meine Belange oder auch Ängste ging, war sie nicht in der Lage, mir diese zu nehmen.

Bei jeder meiner Fragen lächelte sie erst einmal. So wie eine alte Frau ein junges Mädchen belächelt, das noch keine Ahnung vom Leben hat.

Ich bin Mutter, nicht neurotisch!

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