Читать книгу Magic Maila - Marliese Arold - Страница 7

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»Du hast den falschen Zauberspruch aufgesagt!«, stammelte Maila. Ihre Ohren klingelten noch wegen des Knalls. Sie war ganz erschüttert von dem, was Oma Luna angerichtet hatte. So etwas war ihrer Großmutter noch nie passiert. Gut, es war schon einmal vorgekommen, dass sich Oma Luna verhext hatte und beispielsweise statt eines Gugelhupfs ein nasser Badeschwamm auf dem Teller gelandet war. Aber das hier war etwas anderes.

»Hölle und Schwefel!«, wiederholte Oma Luna. »Du darfst niemandem davon erzählen. Kein Wort! Versprochen? Bei meinem letzten Fehlzauber haben deine Eltern die Hochglanzbroschüre von der Seniorenresidenz Zauberhafte Oldies bestellt. Nicht dass sie auf dumme Ideen kommen.«

Maila nickte stumm. Sie zitterte am ganzen Körper, und ihre Beine waren so wackelig wie der grüne Pudding, den es manchmal zum Nachtisch gab.

»Hoffentlich ist oben im Laden nichts passiert«, sagte Oma Luna. »Am besten, wir schauen gleich nach.«

»Du hast ziemlich viel Ruß im Gesicht«, bemerkte Maila.

»Ach ja, du auch«, sagte Oma Luna. »Und in deinen Haaren hängen lauter Pflaumenstückchen.« Sie schnupperte. »Du duftest wie ein leckerer Kuchen.« Sie zupfte an Maila herum. Dann wischte sie ihr mit einem sauber gebliebenen Tuch den Ruß aus dem Gesicht. Maila kicherte ein bisschen, nahm ihr das Tuch ab und fuhr ihr damit über Stirn, Wangen und Nase. Jetzt waren sie beide wieder einigermaßen vorzeigbar!

Oma Luna hatte es nun eilig, in den Laden zu kommen. Maila kam kaum hinterher, so schnell erklomm ihre Großmutter die Treppe.

»Du liebe Güte!«, rief Oma Luna. »Molchschwanz und Krötenkacke! Das ist ja eine Katastrophe!«

Maila linste an ihr vorbei in den Ladenraum. Es herrschte ein heilloses Durcheinander! Ein Teil der Regale war umgestürzt und der Inhalt auf dem Boden verstreut. Auch die Kuckucksuhr war von der Wand gefallen. Wilbur, der auf der Theke gehockt hatte, flatterte auf Mailas Schulter und zwitscherte aufgeregt.

»Die Welt geht unter, die Welt geht unter!«

»Ruhig, Wilbur! Alles wird gut!«, sagte Maila. Dabei war sie selbst völlig aus dem Häuschen. Ihr Herz schlug einen Trommelwirbel.

Oma Luna bahnte sich einen Weg durch das Chaos hindurch und ließ die Rollläden am Schaufenster und an der Ladentür herunter.

»Damit keiner sieht, was bei uns passiert ist«, brummelte sie vor sich hin.

Maila hatte inzwischen auffällige Risse in den Wänden entdeckt.

»Unser Haus ist kaputt!«, jammerte sie. Oje! Wie wollte Oma Luna das vor Mama und Papa verbergen? Sie mussten Mailas Eltern die Wahrheit sagen, es ging nicht anders!

Oma Luna betrachtete schweigend den Schaden und schüttelte den Kopf.

»Ich verstehe das nicht«, sagte sie dann. »Wie kann ein falscher Zauberspruch eine solche Wirkung haben?«

»Es war eben ein besonders starker falscher Zauberspruch«, meinte Maila und pflückte Wilbur aus ihren Haaren. Der kleine Vogel hatte sich darin versteckt.

»Wenn ich das geahnt hätte!« Oma Luna stemmte die Hände in die Hüften. »Ich hätte die Sache mit dem Zauberlikör gelassen. Vielleicht ist heute auch nicht der richtige Tag dafür.«

In diesem Augenblick kam Mailas Bruder Robin in den Laden gestürmt. Als er die Zerstörung sah, blieb er wie angewurzelt stehen.

»Was ist denn hier passiert?«, stieß er aus. »Hat Maila wieder versucht, Kaffee zu kochen?«

Aber Maila war nicht nach Witzen zumute. Auch Oma Luna machte ein finsteres Gesicht, doch daran war nicht Robins Bemerkung schuld.

»Mir scheint, es fehlen ein paar Sachen«, sagte sie. »Wir haben doch noch drei fliegende Teppiche auf Lager gehabt. Und jetzt sehe ich nur noch einen einzigen!«

»In meinem Zimmer sind zwei wichtige Zauberbücher verschwunden«, sagte Robin sofort. »Ich dachte schon, Maila hätte sie stibitzt, während ich auf dem Klo war. Darum bin ich runtergekommen. Ich brauche die Bücher unbedingt, in zwei Wochen sind doch die Jugendmeisterschaften im Freihändig-Zaubern!«

Seit einem Monat redete er nur noch von diesem Wettbewerb. Maila konnte es fast nicht mehr hören.

»Ich war nicht in deinem Zimmer«, erwiderte sie. »Und deine Bücher habe ich erst recht nicht genommen.«

»Das will ich dir auch nicht geraten haben, kleine Schwester!« Robin drohte ihr mit dem Zeigefinger. »Du weißt ja, dass ich dich ratzfatz in eine hässliche schleimige Kröte verwandeln kann!«

Maila verschränkte trotzig die Arme. »Versuch’s doch. Ich weiß, wie man sich verteidigt!«

»Kinder, jetzt streitet euch doch nicht schon wieder!«, rief Oma Luna dazwischen. »Wir haben jetzt wirklich andere Probleme.« Sie blickte Robin scharf an. »Deine Bücher sind verschwunden?«

»Wenn ich’s doch sage«, murrte Robin. »Ausgerechnet die wichtigsten Zauberbücher. Wenn ich deswegen bei den Meisterschaften verliere …«

»Deine Schwester kann jedenfalls nichts dafür«, meinte Oma Luna. »Ich fürchte, ich bin schuld an allem. Möglicherweise ist bei der Explosion ein Hexenwirbel entstanden.«

»Ein Hexenwirbel?« Robin riss die Augen auf. »Und was für eine Explosion?«

»Was ist ein Hexenwirbel?«, wollte auch Maila wissen.

»Ich muss mich erst einmal setzen.« Oma Luna räumte einen Stuhl frei, auf dem etliche Schachteln und Tüten gelandet waren. Sie räusperte sich. »Ihr wisst, dass zwischen der Hexenwelt und der Welt der Menschen eine Barriere besteht. Nur wenigen Hexen und Zauberern ist es vergönnt, die Menschenwelt zu betreten.«

Maila nickte. »Nur denen, die mit den Ohren wackeln können.« Sie grinste breit.

»O nein, jetzt fang nicht schon wieder damit an!« Robin stöhnte und verdrehte die Augen. »Du bist deswegen nichts Besonderes, Maila!«

»Bin ich wohl!«, widersprach Maila. Fast hätte sie mit ihrem Fuß aufgestampft, doch das verkniff sie sich im letzten Moment. Aber zwei kurze Ohrenwackler in Richtung Robin mussten trotzdem sein.

»Diese Barriere ist ein wirksamer Schutz, damit keine Zaubergegenstände in die Menschenwelt gelangen«, fuhr Oma Luna fort. »Die Manschen haben nämlich keinerlei Talent zum Zaubern. Magische Dinge können ein großes Durcheinander oder sogar auch Schaden anrichten, wenn man nicht damit umzugehen weiß.«

»Ja, Menschen können mit Maglings nichts anfangen«, stimmte Maila ihr zu. »Obwohl sie bestimmt gerne welche hätten.« Sie konnte sich gar nicht vorstellen, wie es war, wenn man nicht zaubern konnte.

»Ein Hexenwirbel ist ein Loch in der Barriere«, erklärte Oma Luna. »Eigentlich mehr als ein Loch. Er ist wie ein Tornado und wirbelt alles durcheinander. Durch einen Hexenwirbel können Maglings in die Menschenwelt geraten – und ich fürchte, das ist vorhin durch meine Schuld passiert!« Sie seufzte tief.

»Wie?«, schrie Robin. »Willst du damit sagen, dass sich meine Zauberbücher jetzt irgendwo in der Menschenwelt befinden?«

Oma Luna nickte. »Und nicht nur deine Bücher. Auch unsere fehlenden fliegenden Teppiche und vermutlich noch viele andere magische Sachen aus unserem Laden.«

Im ersten Moment fand Maila die Vorstellung ziemlich lustig. Menschen, die plötzlich einen Zauberstab in ihrem Schirmständer fanden und sich versehentlich in einen Fußabstreifer verwandelten … Sie kicherte. Doch als sie Robins wütendes Gesicht und Oma Lunas kummervolle Miene sah, wurde sie wieder ernst.

»Ist das … ist das sehr schlimm?«, fragte sie leise.

»Allerdings«, antwortete Oma Luna. »Abgesehen davon, dass wir die fehlenden Sachen nicht mehr verkaufen können, ist es streng verboten, einen Hexenwirbel zu erzeugen. Vermutlich werde ich ein paar Jahre im Gefängnis verbringen müssen, wenn man herausfindet, dass ich schuld bin. Vielleicht werde ich zur Strafe auch in einen Balkonkasten oder in einen Grabstein verwandelt.«

»O nein, das darf nicht passieren!« Maila umklammerte ihre geliebte Großmutter, so als könnte sie sie auf diese Weise vor den Gesetzeshütern beschützen. »Das lasse ich nicht zu! Auf keinen Fall!« Sie war den Tränen nahe.

»Du darfst nicht verwandelt werden«, sagte Robin, und in seiner Stimme schwang Panik. »Wir brauchen dich doch, Oma Luna!«

Oma Luna schluckte. »Tja, dann benötigen wir einen guten Plan«, murmelte sie. »Niemand darf erfahren, was heute bei uns passiert ist. Und wir müssen die verschwundenen Maglings so schnell wie möglich aus der Menschenwelt zurückholen!«

Es ging nicht anders, Mailas und Robins Eltern mussten in die Sache eingeweiht werden. Schweigend saß die Familie am Abendbrottisch, nachdem Oma Luna ihr Missgeschick gebeichtet hatte. Opa Orpheus griff stumm nach ihrer Hand und drückte sie. Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen, und sein langer weißer Bart zitterte.

Alma Espenlaub, Mailas Mutter, fasste sich als Erste wieder. »Das ist sehr, sehr schlimm, aber wenn wir alle zusammenhalten, dann können wir den Schaden vielleicht wiedergutmachen, bevor ein Außenstehender etwas davon merkt.«

Papa Damian seufzte tief. »Wie stellst du dir das vor, Alma? Unsere Nachbarn und auch unsere Kunden werden mitbekommen, wenn wir den Laden renovieren. Und du weißt ja auch, dass jede größere magische Aktivität in unserem Land aufgezeichnet wird. Es ist nur eine Frage der Zeit, aber mit Sicherheit wird jemand vom Magischen Kontrolldienst hier auftauchen und wissen wollen, was bei uns los war.«

»Dann müssen wir uns eben eine gute Ausrede einfallen lassen«, erwiderte Alma. »Den Laden können wir mit der Ausrede schließen, dass wir modernisieren. Das ist nichts Verdächtiges. Und was die magische Aktivität angeht, so könnten wir sagen, dass wir deinen Geburtstag gefeiert haben und dass die Party ein bisschen aus dem Ruder gelaufen ist, weil wir ein Wettzaubern veranstaltet haben.«

»Hm«, brummte Damian. Er wirkte nicht sonderlich zufrieden. »Mein Geburtstag ist erst übermorgen, und ich feiere normalerweise nie!«

»Dann ist es in diesem Jahr eben anders«, meinte Alma und machte einen leicht genervten Eindruck. »Und deinen Geburtstag haben wir vorab gefeiert, weil … weil … weil heute Vollmond ist und Feiern bei Vollmond bekanntlich Glück bringt.«

»Warst du schon immer so gut im Erfinden von Ausreden?«, fragte Damian misstrauisch.

Almas Wangen färbten sich rot. »O Damian, sei nicht so kleinkariert. Kleine Schwindeleien sollten durchaus erlaubt sein, wenn sie das Leben leichter machen.«

»Wenn wir den Magischen Kontrolldienst anlügen, dann ist das keine kleine Schwindelei, sondern ein massiver Betrug«, widersprach Damian.

»Mein lieber Sohn Damian«, meldete sich Opa Orpheus nun zu Wort, der bisher stumm zugehört hatte, »du willst doch nicht ernsthaft, dass deine Mutter wegen ihres Missgeschicks vor das Zaubergericht muss?«

Maila und Robin starrten ihren Vater vorwurfsvoll an.

»Das … das will ich natürlich nicht«, brummte Damian. »Andererseits will ich auch nicht, dass wir gegen das Gesetz verstoßen und unseren Laden schließen müssen.«

»Deshalb kein Wort zu niemandem«, sagte Alma hastig. »Und die ausgebüxten Maglings holen wir so schnell wie möglich zurück. Damian, am besten machst du gleich einmal eine Bestandsaufnahme, was uns fehlt. Du hast den besten Überblick über unsere Waren.«

Damian zog seine Brille aus der Hemdtasche und setzte sie auf. »Gut, ich werde nachher die Warenlisten heraussuchen.« Er blickte in die Runde. »Aber wer soll die Maglings zurückbringen? Weder ich noch Alma können die Menschenwelt betreten. Vater, du kannst es auch nicht – oder irre ich mich?«

Opa Orpheus schüttelte betrübt den Kopf. »So leid es mir auch tut, da kann ich nicht helfen.«

»Ich könnte es, aber ich habe leider immer noch Übertrittsverbot.« Oma Luna seufzte. »Ich ärgere mich noch heute grün und blau, dass ich vor fünfunddreißig Jahren in der Walpurgisnacht so über die Stränge geschlagen habe.«

Die alte Geschichte war schon fast eine Legende. Damals hatte Oma Luna ausgelassen mit einigen Freundinnen und Freunden gefeiert. Sie waren schon reichlich beschwipst gewesen, als jemand den Vorschlag gemacht hatte, ein paar Rallye-Runden mit dem Besen zu fliegen, und zwar in der Menschenwelt. Oma Luna und zwei ihrer Freundinnen waren die Einzigen, die mit den Ohren wackeln und die Schwelle zur Menschenwelt überwinden konnten. Die drei sausten mit ihren Besen los und flogen etliche irre Runden um den Kölner Dom, bis sie von zwei Wärtern des Magischen Kontrolldiensts eingefangen und zurückgebracht wurden. Oma Luna und ihre Freundinnen wurden vor das Zaubergericht gestellt, erhielten eine hohe Geldstrafe und ein lebenslanges Verbot, die Menschenwelt zu betreten. Der Spaß war ihnen teuer zu stehen gekommen.

»Aber lustig war es damals trotzdem«, ergänzte Oma Luna. »Meine Güte, was waren wir jung! Das ganze Leben lag noch vor uns …«

Damian schüttelte den Kopf. »Du hättest dir den Hals brechen können, Mama!«

Oma Luna hob beschwichtigend die Hände. »Also – ich kann nicht zu den Menschen, um die Maglings einzusammeln. Aber wie steht es mit dir, Maila?«

»Ich?«, sagte Maila überrascht. Sie konnte es nicht fassen, dass Oma Luna ihr diesen Vorschlag machte. Maila war insgeheim schon lange neugierig auf die Menschenwelt und hatte sich vorgenommen, unbedingt eines Tages dorthin zu reisen. Später, wenn sie erwachsen war. Doch jetzt schien sich ihr Wunsch früher zu erfüllen als erwartet. Sie begann zu strahlen.

»Das geht auf keinen Fall!«, sagte Damian. »Sie ist viel zu jung für so eine Aufgabe!«

»Maila könnte bei meiner Schwester Juna wohnen«, überlegte Alma laut. »Juna hilft ihr bestimmt, die Maglings zu finden.«

Einen Moment lang war es ganz still am Tisch. Tante Juna, die ebenfalls mit den Ohren wackeln konnte, hatte immer wieder Ausflüge in die Menschenwelt unternommen und sich eines Tages in einen Menschenmann verliebt. Letztes Jahr hatte sie Justus geheiratet und lebte seitdem ganz in der Welt der Menschen. Onkel Justus hatte keine Ahnung, dass seine Frau in Wirklichkeit eine Hexe war.

»Das ist ein ganz bescheuerter Vorschlag!« Robin sprang auf und knirschte mit den Zähnen. »Papa hat recht, Maila ist viel zu jung! Ich könnte die Aufgabe übernehmen, aber leider fehlt mir euer beknacktes Ohren-Wackel-Talent!« Zornig stürmte er aus der Küche und knallte die Tür hinter sich zu. Ein Stück Putz bröckelte in Zeitlupe von der Zimmerdecke.

Magic Maila

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