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1. Der Begriff „Theologie“

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Theologiebegriff bei Platon und Aristoteles

Theologie ist – wörtlich übersetzt – Wort von Gott, Rede von Gott, Wissenschaft von Gott. Theologie ist ein altes, ein uraltes Wort, allerdings kein Wort der Bibel, sondern eines der griechischen Antike. Der Begriff stammt aus dem Griechischen. Theos ist das griechische Wort für Gott, und logos hat die Grundbedeutung „Wort“. Theo-logie ist also Gottes-Wort oder Gottes-Rede. Der Begriff wurde schon in vorchristlicher Zeit von griechischen Philosophen benutzt. Erstmals begegnet er im 4. Jahrhundert vor Christus bei Platon. Dieser dürfte ihn aber nicht erfunden, sondern wird ihn aus uns unbekannten Quellen rezipiert haben. Allerdings verwendet er den Begriff nur an einer einzigen Stelle, im „Staat“ (griech.: ›Politeia‹, lat.: ›De re publica‹), seinem wohl berühmtesten Werk (Rep. II 379 a 5). Platon bezeichnet mit Theologie die von ihm kritisch, ja negativ beurteilten griechischen Mythen, die Geschichten von Götterkämpfen und dergleichen, die man den Kindern erzählt, und nicht die eigene, philosophische Gotteslehre. Er verwendet den Begriff also in einem Sinne, der sich von der Bedeutung, die der Begriff heute hat (s. u. S. 44–48), deutlich unterscheidet. Das gilt zunächst auch für Aristoteles, der ebenfalls im 4. Jahrhundert vor Christus, nach Platon, wirkte. Er redet von der Theologie und von den „Theologen“. Damit bezeichnet er die von ihm kritisch bewerteten Mythendichter wie Hesiod und Homer und stellt sie den mit Anerkennung betrachteten ionischen Physikern gegenüber (z. B. Met. A 983 b 29, B 1000 a 9, N 1091a 34). An einer anderen Stelle spricht er jedoch positiv von der „theologischen Philosophie“ und bezeichnet sie neben der Mathematik und der Physik als die höchste der drei theoretischen Wissenschaften (Met. E 1026 a 19, K 1064 b 3). Das kommt dem späteren Sprachgebrauch und dem späteren Theologieverständnis bereits nahe.

die Theologie des Judentums

Der Theologiebegriff kommt also aus der griechischen Philosophie. Theologie gehört somit zu den ältesten Wissenschaften der Menschheit. Doch Theologie gab und gibt es der Sache nach auch, wo der Begriff nicht benutzt wird. Ein bestimmtes Reden von Gott kann Theologie sein, obwohl es sich selbst nicht so bezeichnet. Zwischen dem Begriff und der Sache muss differenziert werden. Der Sache nach gab es Theologie in vorchristlicher Zeit nicht nur bei den griechischen Philosophen, sondern auch im Judentum. Das Judentum bzw. das Volk Israel hat in vorchristlicher Zeit unterschiedliche Formen von Theologie entwickelt. Die jüdische Theologie der Frühzeit hat sich in den Schriften der Hebräischen Bibel niedergeschlagen und wird heute von der christlichen Theologie als „Theologie des Alten Testaments“ rekonstruiert. Sie beschäftigte sich mit Gott und seinem Gesetz, mit der Deutung der Geschichte und mit Fragen des Kultus. In späterer Zeit, unmittelbar vor und parallel zur Entstehung des Christentums, wandten sich die jüdischen Theologen der Auslegung ihrer Heiligen Schriften, insbesondere der Fünf Bücher Mose, zu. Einerseits wurden die erzählerischen Teile gedeutet, andererseits wurden die in ihnen enthaltenen Gebote und Verbote für die Gegenwart konkretisiert. Die narrative und legendenhafte Form jüdischen Theologisierens wird als Haggada (hebr.: hagada = Sage) bezeichnet, die gesetzliche, an ethischen und rituellen Fragen orientierte, als Halacha (hebr.: halacha = Wegweisung). Für die jüdischen Schriftausleger bürgerte sich die Bezeichnung Rabbiner (hebr.: rav = Lehrer) ein. Während die rabbinische Lehre im Bereich der göttlichen Gesetze Verbindlichkeit anstrebte, herrschte im Bereich des allgemeinen theologischen Denkens große Freiheit. Die Rabbiner haben sich mit vielen theologischen Themen befasst, insbesondere mit der Schöpfung, Offenbarung, Erwählung und Erlösung, dem Monotheismus und Fragen des Bundes und des Gesetzes, aber keine systematische Lehrbildung mit dem Anspruch auf Gültigkeit entwickelt. Auch mystisch-spekulatives Denken entfaltete sich im Judentum, und einzelne jüdische Theologen – z. B. der berühmte Philo von Alexandrien – suchten die jüdischen Traditionen mit der griechischen Philosophie zu verbinden. Teilweise haben christliche Theologen an diese Bemühungen jüdischer Theologen angeknüpft.

Theologie: gläubige und zugleich vernünftige Rede von Gott

Neben der Differenzierung zwischen dem Begriff und der Sache sind eine weitere Differenzierung und eine Präzisierung notwendig. 1.: Nicht jedes Reden von Gott ist Theologie, und 2.: Die Theologie redet nicht nur von Gott. Zu 1. Es gibt ein Reden von Gott in religiöser Unmittelbarkeit. Das ist noch keine Theologie. Als Theologie kann nur die wenigstens ansatzweise wissenschaftliche, d. h. vernünftig reflektierende Rede von Gott bezeichnet werden, die religiöse Erfahrung kommunizierbar macht. Eine ausschließlich vernünftige Rede von Gott wäre aber auch keine Theologie, sondern das wäre Religionsphilosophie. Die Theologie ist keine subjektlose Theorie des Absoluten, sondern sie ist gläubige und zugleich vernünftige Rede von Gott. Zu 2. Die Theologie beschäftigt sich nicht nur mit Gott, sondern mit allen mit der konkreten Religion zusammenhängenden Fragen. Eine rein vom Wortsinn her konstruierte Definition von Theologie wäre der Sache nicht angemessen.

Einführung in die Theologie

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