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3. Theologie als Universitätsfach

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die Anfänge

Vom 13. Jahrhundert bis zur Gegenwart wurde und wird Theologie vor allem an Universitäten betrieben. Von Anfang an gehörte sie zu den an den Universitäten unterrichteten Fächern, sah sich aber im Mittelalter nicht einfach als ein Fach unter anderen, sondern verstand sich als die Krönung, die Spitze der Wissenschaften. Viele Wissenschaften, die sich heute als die eigentlichen, strengen, konsequenten Wissenschaften begreifen, insbesondere die Naturwissenschaften, wurden im Mittelalter nur als Vorstufe zum eigentlichen Wissenschaftsbetrieb angesehen. Im Grundstudium an der so genannten Artistenfakultät oder philosophischen Fakultät (lat.: artes = Künste, Wissenschaften) beschäftigten sich die Studenten mit Naturwissenschaften, vor allem aber widmeten sie sich der lateinischen Sprache und übten sich im logischen Denken und gewandten Argumentieren. Erst nach dem erfolgreichen Abschluss dieses Grundstudiums mit dem Magistertitel gingen die Studenten in eine der drei höheren Fakultäten und wandten sich entweder der Medizin zu oder dem weltlichen und dem kirchlichen Recht, oder aber der Theologie. An den mittelalterlichen theologischen Fakultäten wurden allerdings keine Religionslehrer und keine Pfarrer ausgebildet, sondern überwiegend nur der akademische Nachwuchs, also angehende Theologieprofessoren. Von den Männern, die in der Kirche für die Gemeinden arbeiteten, hatten die meisten überhaupt nicht studiert, geschweige denn Theologie. Im Mittelalter wurde man nicht durch ein Studium Pfarrer, sondern durch eine praktische Ausbildung und das Sakrament der Weihe. Das änderte sich im 16. Jahrhundert infolge der Reformation, und zwar in beiden Kirchen.

16. Jahrhundert

Die Reformation orientierte das religiöse Leben an der Bibel und konzentrierte das kirchliche Wirken auf die Predigt. Dafür brauchte man gebildete Pfarrer. Ein Studium wurde in der Folge für die Pfarrer obligatorisch, wenigstens ein Grundstudium an der Universität, im Idealfall aber ein richtiges Theologiestudium, wenigstens für einige Semester. Auch die katholische Kirche unternahm im 16. Jahrhundert entsprechende Bildungsanstrengungen, um das Niveau ihres Klerus zu heben. Für angehende Weltpriester wurde 1563 eine theologische Ausbildung Pflicht. Um dies zu ermöglichen, wurden zahlreiche Ordenshochschulen gegründet.

Rangveränderung

Vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert war die Theologie unter allen wissenschaftlichen Disziplinen die angesehenste. Das spiegelt sich bis in die Gegenwart an kleinen, äußerlichen Dingen wider. Z. B. steht die Theologie in den Vorlesungsverzeichnissen vieler Universitäten noch immer an der ersten Stelle, obwohl ihr dieser Rang weder aus alphabetischen Gründen noch wegen zahlenmäßiger Stärke gebührt. Auch in akademischen Ritualen hat sich die Vorrangstellung der Theologie erhalten. Z.B. gibt es in Basel anlässlich des jährlichen Festtages der Universität eine Prozession der Hochschullehrer durch die Altstadt, bei der die Theologen ganz vorne, gleich nach der Hochschulleitung gehen. Doch diese schönen Relikte entsprechen schon lange nicht mehr den Realitäten. Bereits im 19. Jahrhundert hat sich eine Rangänderung vollzogen, bei der die Theologie von ihrem Logenplatz verdrängt wurde. Zahlreiche neue wissenschaftliche Fächer sind damals entstanden, und die althergebrachten, allen voran die Philosophie, haben sich von der Bevormundung durch die Theologie befreit. Die Theologie wurde – bestenfalls – zu einem Universitätsfach unter vielen und gehörte manchmal, allein schon aus quantitativen Gründen, noch nicht einmal zu den bedeutenden. In Ländern, wo sich radikal-aufklärerische Gedanken durchsetzen konnten, z. B. in Frankreich, wurde sie durch den säkularen Staat sogar aus den Universitäten ausgegliedert.

In Deutschland war der Status der Theologie als Universitätsfach nie ernsthaft gefährdet. Die ursprünglich kirchenfeindliche Politik der deutschen Sozialdemokratie konnte sich nicht durchsetzen. Auch die Nationalsozialisten haben in den zum Glück nur wenigen Jahren, die sie Deutschland regierten, trotz entsprechender Pläne die Theologie nicht aus den Universitäten verbannt. Und auch in der Deutschen Demokratischen Republik gab es trotz des forcierten Atheismus der Partei- und Staatsführung weiterhin theologische Fakultäten an staatlichen Universitäten.

Theologie und moderne Bildung

Man kann über die Berechtigung dieses Status der Theologie kontroverser Meinung sein (s. u. S. 74–78). Festzuhalten ist aber: Im Abendland hat die Theologie wesentlich zur Herausbildung eines modernen universitären Bildungswesens beigetragen, und umgekehrt wurde die Weiterentwicklung der Theologie wesentlich durch dieses moderne Bildungswesen gefördert. Die Theologie könnte ihr gegenwärtiges wissenschaftliches Niveau, von dem auch viele andere Wissenschaften profitieren, nicht halten, wenn sie von den Universitäten vertrieben und in den kirchlichen Raum verbannt würde. Weil in Deutschland Theologie an staatlichen Universitäten ihren festen Platz hat, wurden und werden in dieser Wissenschaft auch unter globaler Perspektive quantitativ und qualitativ erstrangige Leistungen erbracht.

Frauen

Professoren der Theologie waren früher fast ausnahmslos zugleich Pfarrer ihrer Kirche. Katholische Theologen waren geweihte Priester, evangelische Theologen waren ordinierte Geistliche. In aller Regel hatten sie auch eine Zeit lang als Pfarrer in einer Gemeinde gearbeitet, bevor sie zur Universität oder zur Hochschule wechselten. Das hat sich radikal gewandelt. Theologische Hochschullehrer der Gegenwart haben in der Regel keine oder keine längeren Erfahrungen in und mit der praktischen Arbeit in Kirche und Schule. Sie bringen auch nicht mehr wie zuletzt die Männer und Frauen, die den Nationalsozialismus erlebt und durchlitten haben, eine in der Krise gereifte theologische Existenz mit. In der Regel haben sie rein wissenschaftliche Karrieren durchlaufen. Eine religiös-existenzielle Tiefenschärfe, wie sie uns bei großen Theologen der Vergangenheit und auch noch bei Theologen des 20. Jahrhunderts vielfach begegnet (s. u. S. 82– 109), ist von einer rein akademischen Theologie allerdings nicht mehr zu erwarten.

Mittelalter

Von den Anfängen im hohen Mittelalter bis an das Ende des 19. Jahrhunderts war der Besuch von Universitäten ausschließlich Männern vorbehalten, und die Theologie war wie alle Wissenschaften maskulin geprägt, was sich erheblich auf die Inhalte von Forschung und Lehre ausgewirkt hat.

Neuzeit

Außerhalb der akademischen Theologie gab es allerdings im Bereich der Laientheologie (s. o. S. 21) bereits im Mittelalter und vermehrt in der Neuzeit theologisch gebildete Frauen. Im Protestantismus kann man beispielsweise die Pietistin Johanna Eleonora Petersen als Theologin bezeichnen, im Katholizismus die schon erwähnte Mystikerin Teresa, der 1970 vom Papst sogar als erster Frau überhaupt der Titel „Kirchenlehrerin“ verliehen wurde. Die Öffnung des Theologiestudiums für Frauen erfolgte erst um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu regional unterschiedlichen Zeitpunkten. Frauen, die Theologie studierten, hatten allerdings zunächst keinerlei berufliche Chancen. Erst allmählich eröffneten sich Möglichkeiten für eine Tätigkeit als Religionslehrerinnen und anschließend im evangelischen Bereich auch Möglichkeiten für eine pfarramtliche Tätigkeit. Die volle Gleichberechtigung wurde in den evangelischen Kirchen Deutschlands erst lange nach 1945 in einem mühsamen, regional unterschiedlich verlaufenden Prozess erreicht, der erst 1991(!) seinen Abschluss fand. In der katholischen Kirche taten sich Chancen für Frauen im Gemeindedienst erst auf, nachdem als Folge des 2. Vatikanischen Konzils der Beruf des Laientheologen geschaffen worden war. Über die Frage eines Priesteramtes für Frauen wird in der katholischen Kirche zwar diskutiert und gestritten, doch ist mit einer Veränderung auf absehbare Zeit nicht zu rechnen. Übrigens ist auch für alle orthodoxen und orientalischen Kirchen ein Priesteramt für Frauen undenkbar.

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