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Kapitel 1: Die Geschichte beginnt (bald).

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Werfen wir mal einen Blick auf diesen Scherbenhaufen.

Gut, es sieht ziemlich unordentlich aus, aber mit etwas Fantasie kann man tatsächlich Länder erkennen, die in einem Meer schwimmen, dass früher einmal Whisky war. Für die Bewohner auf diesen Scherben sind, seit dem tragischen Unglück, viele Tausend Jahre vergangen und sie leben ihr Leben genauso wie wir, aber sie wissen sehr wohl um die Entstehung ihrer Welt. Die Geschichten der verschiedenen Völker haben sich inzwischen miteinander vermischt und sind mitunter recht widersprüchlicher Natur.

Die Ereignisse, von denen ich hier berichten will, fanden auf einer Scherbe im Südwesten statt, einem Land, das von den Elfen Famirlon genannt wird. Die Elfen gelten als die Ureinwohner dieser Scherbe, auch wenn die Zwerge behaupten, sie seien schon von Anfang an hier gewesen, wenn nicht sogar noch viel früher. So genau lässt es sich aber nicht mehr sagen, weil ein Großteil der Geschichte der Elfen im Dunkel der Zeit verloren ging.

Um genau zu sein, hatten die Elfen die Geschichten und Legenden ihres Volkes in einen Baum geritzt. Einen besonders großen Baum, den Ur-Baum der Elfen. Mit der Besiedlung des Landes durch die ersten Menschen wurde dieser Baum jedoch umgehauen und zu allerlei nützlichen Dingen verarbeitet. Hierin lag auch die erste Auseinandersetzung beider Völker begründet, die in einem blutigen Krieg gipfelte.

Der Name Famirlon stammt aus dem Alt-Elfischen, was heutzutage nicht einmal mehr die Elfen verstehen. Menschliche Gelehrte hatten versucht die Bedeutung des Namens zu entschlüsseln und sind zu verschiedenen Deutungen gekommen, wie: Land unserer Vorväter, Elfenheim und Grüne Scherbe, bis hin zu »Dreckiger Klumpen Erde, auf den die Elfen, als Strafe der Götter, verbannt wurden und auf dem eklige Viecher hausen, die unter den Füßen kleben«.

Ganz vorwitzige Gelehrte meinten nun, in diesen »Viechern« bereits die Zwerge zu erkennen, womit deren Behauptung bewiesen wäre, dass sie wirklich schon vor den Elfen hier gelebt hätten. Die restlichen Gelehrten nahmen jedoch schnell Abstand von dieser Theorie, als einige ihrer Fürsprecher mit hässlichen Amputationen knapp oberhalb der Kniescheibe aufgefunden wurden.

Heute ist die Scherbe fest in menschlicher Hand und in drei Kaiserreiche unterteilt: Harpienfels im Nordwesten, Ardavil im Nordosten und die Südlande im Süden. Diese Reiche haben eine sehr merkwürdige Beziehung zueinander. Früher einmal lagen sich Harpienfels und Ardavil in einem unerbittlichen Krieg gegenüber, während sich die Südlande seit jeher aus allen Streitigkeiten herausgehalten haben, wenn es möglich war. Doch heute beansprucht jedes Reich für sich, über die gesamte Scherbe zu herrschen und da die Reiche durch unwegsame Gebiete voneinander getrennt sind, macht es auch nichts aus. Die Kaiser der jeweiligen Reiche machen auch keine wirklichen Gebietsansprüche gegen die anderen Reiche geltend, es ist nur eine Frage des Prestiges.

Wir konzentrieren unseren Blick auf das Reich Ardavil im Nordosten. Es wird von den Bergen des Todes im Westen und der Steppe der Verdammten im Süden begrenzt. Wir schweben in den Wolken und wandern mit unseren Augen über das Land. Es ist urtümlich und grün. Wir sehen viele Wälder, Wiesen und Kornfelder, und hier und da eine Ansiedlung oder Stadt.

Auch wenn die Menschen überall ihre Spuren hinterlassen haben, existieren die anderen Rassen Seite an Seite mit ihnen. Der Großteil der Elfen lebt heute in einem riesigen Wald, der Elfenforst genannt wird. Die Zwerge hingegen leben in den äußeren Regionen der Berge des Todes, wo sie jede Menge Löcher in den Fels graben und Metalle zutage fördern. Es gibt Gnome, die lärmende und dampfende Maschinen bauen und damit wundersame Dinge tun. Es ist ihre ganz eigene Art von Magie. Alle leben einigermaßen friedlich mit den anderen zusammen, mal abgesehen von den üblichen Sticheleien.

In den wirklich unwirtlichen Regionen haben sich die meisten Kreaturen niedergelassen, die wir als Ungeheuer bezeichnen würden. So manche Legendenbildung, zu den Gefahren in diesen Gebieten, hat dann auch unmittelbar mit seinen wilden Einwohnern zu tun. Reisen durch solche Gebiete galten als extrem gefährlich und da wunderte es nicht, dass Handelsbeziehungen mit anderen Reichen, oder gar Scherben, über den Seeweg gepflegt wurden. Dabei standen jedoch die küstennahen Reiserouten an erster Stelle. Zu einer anderen Scherbe aufzubrechen war von besonderen Risiken begleitet, da bei ungünstigen Witterungsverhältnissen größere Mengen Alkohol aus dem Meer verdunsteten. Es kam nicht selten vor, das eine ganze Schiffsbesatzung berauscht im Kreis fuhr, oder aber mit einem gewaltigen Kater in ihrem Zielhafen - wenn es denn der Richtige war - einlief.

Die Hauptstadt von Ardavil war Kaisersruh, die umrahmt von ausgedehnten Feldern, weit abseits vom Meer oder einem Fluss lag. Das war recht ungewöhnlich, da die meisten Städte zumindest an einem Fluss erbaut wurden und das hatte in der Regel mehrere Gründe. Zum einen war da natürlich der Handel, der mit Schiffen einfach eleganter ablief. Schiffe konnten eine Menge an Waren in ihrem Rumpf aufnehmen, wo es mit Ochsenkarren schon eine kleinere Karawane benötigte. Hinzu kam die Versorgung mit mehr oder weniger frischem Wasser sowie mit Energie, die dazu genutzt wurde, um beispielsweise Wassermühlen anzutreiben. Es hatte natürlich seinen Grund, warum Kaisersruh dort stand, wo es stand. Dabei handelte es sich um eine thermische Quelle, die hier dem Boden entsprang und die wohl der Ursprung für die außergewöhnlich hohe Fruchtbarkeit des Bodens war. Es darf jedoch bezweifelt werden, ob der Gründer der Stadt, Kaiser Guluqum, der Deprimierte, Gemüse bei der Wahl des Standortes seiner Hauptstadt im Sinn hatte, oder dieser vielmehr seinem Rheuma geschuldet war.

Aus dem Standort der Stadt ergab sich noch ein weiterer Vorteil: Man brauchte sich keine Sorgen zu machen, dass plötzlich irgendwelche Seestreitmächte im Hafen vor Anker lagen. Das bedeutete aber nicht, dass der Kaiser, oder im Moment die Kaiserin von Ardavil, nicht selbst eine stattliche Armada unterhielt. Diese ankerte im nächsten Hafen, der sich etwa hundert Kilometer östlich der Stadt an der Küste befand. Hier stand der erste - und bis jetzt Einzige - Leuchtturm Ardavils an der Spitze des Scherbenrandes, der es den Schiffen erleichtern sollte, die dortige Landzunge zu umschiffen. Schnell hatten sich eine Ansiedlung und der Hafen um das wegweisende Bauwerk gebildet und man nannte die Ortschaft Heimleuchtung. Gerüchten zufolge sollte der Kaiserpalast in Verhandlungen mit den Zwergen von Dunnheim stehen, um ein neues, ehrgeiziges Projekt in die Tat umzusetzen. Eine Anbindung der Kaiserstadt an den Hafen, mit einer Art Lorensystem, wie es die Zwerge oft in ihren Bergwerken verwendeten. Nährboden für diese Spekulationen waren ein paar zwergische und sogar gnomische Ingenieure gewesen, die für ein paar Tage dabei beobachtet wurden, wie sie in der Stadt und dem Palast aus- und eingingen. Eine Lorenstrecke von über hundert Kilometern Länge war sicherlich auch für diese Baumeister eine große Herausforderung. Das Haupttransportmittel bestand aber aus Ochsen- oder Pferdegespannen, wenn Waren bewegt werden mussten, oder dem Pferd als Reittier. Wer Geld genug hatte, benutzte jedoch die schnellste und sicherste Methode der Lieferung, die Magie.

Wir wenden uns dem südlichen Teil von Ardavil zu, wo der Siegesfluss, der weiter nördlich, tief in den Bergen des Todes entspringt, in das Meer des verlorenen Tropfens mündet. An der Mündung sehen wir ein kleines Fischerdorf, das aus schäbigen Hütten besteht und einen ärmlichen Eindruck macht. Es ist in der Tat so arm, dass sogar am Namen gespart wurde. Eine Brücke führt im Westen über den Siegesfluss und eine Straße führt nach Osten. Wir folgen dieser Straße mit dem Blick und stoßen auf eine Kreuzung, die nach Norden durch den verwunschenen Forst in Richtung der Hauptstadt des Landes führt und als Feldweg weiter nach Osten durch hügeliges Land, direkt an der Küste entlang, an einem finsteren Turm endet.

Wir nähern uns diesem Turm und können jetzt Einzelheiten entdecken. Der Turm ist aus schwarzem Gestein errichtet und an seiner Basis befindet sich ein hüttenartiger Anbau, der mit einem Dach aus Stroh gedeckt ist. Ein weiß gestrichener Zaun umrahmt einen gepflegten Garten. Trotz der Düsternis des Gebäudes macht alles einen sauberen und ordentlichen Eindruck.

Hier nun beginnt unsere Geschichte ...

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