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„Im letzten wird die Synode ihre Fruchtbarkeit darin erweisen, ob sie ein geistliches Ereignis wird.“162

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Bei der Überlegung, ob die ständeübergreifende Synodenversammlung an einem profanen Ort oder in einem Sakralraum stattfinden sollte, setzte sich mit großer Zustimmung der Bischöfe der Würzburger Dom durch. Bedenken, ein Kirchenraum könne die Synodalen psychologisch hemmen und eine freimütige Aussprache zu pastoralen Themen eher hindern, wurden zurückgestellt. Kardinal Döpfner erinnerte in seinem Schlussbericht am Ende der Synode daran:

„Als zum ersten Mal vorgeschlagen wurde, mit der Synode in einen Dom zu gehen, da gab es mehr Widerspruch als Zustimmung. Es meldete sich der Verdacht, es stecke eine bestimmte Absicht dahinter. Durch das sakrale Milieu sollte von vornherein den Sprechern die Forschheit gedämpft und zum Grundtenor der Debatten der ‚tonus rectus‘ anempfohlen werden. Andere befürchteten, unsere Beratungen könnten angesichts zu erwartender Konfrontationen so entgleisen, daß dabei die Würde einer geweihten Kirche Schaden leiden könnte. … Es hat sich erwiesen, daß beide Befürchtungen grundlos waren. … Vor allem … haben seine [des Domes; N. L.] Pfeiler und Denkmäler uns stumm, aber nicht ohne Wirkung daran erinnert, daß mit uns die Geschichte der Kirche weder begonnen hat, noch enden wird“163.

Tatsächlich markierte jedenfalls nichts augenfälliger den Unterschied zwischen einer Synode und einem Parlament als ein sakraler Versammlungsort.164 Am geistlichen Ort sollte die Synode ein geistliches Ereignis sein, gerahmt und begleitet von „den großen, feierlichen und … den werktäglichen Eucharistiefeiern, ihren Predigten und Meditationen, in Bußgottesdienst und Marienfeier, in Bildbetrachtungen und Orgelspiel“165.

Die Liturgie eignet sich wesentlich zur Bewusstmachung der kircheneigenen Spielräume.

„Hier war der Ort, wo sichtbar wurde, daß die Grundgesetze einer Synode bei aller Anleihe demokratischer Verfahrensweisen ihren Ursprung nicht zuerst dem Parlamentarismus und einem allgemeinen Demokratisierungspostulat, sondern ungeachtet sonstiger Differenzen dem gemeinsamen Auftrag zum Dienst am Glauben verdanken“166.

Denn wie jede Liturgie ist insbesondere die Eucharistiefeier sorgfältige kultische Inszenierung der Kirche in ihrer sakrosankten Hierarchiegestalt. Nirgends anders als in der hierarchischen Aufstellung nach hierarchischer Regie kann der Katholik dichter erfahren, wie sich die aktive Partizipation aller Gläubigen kirchenspezifisch ausdifferenziert in die allein initiierende und Christus repräsentierende participatio clericalis und in die nur reaktive participatio laicalis der Laienmänner und die beschränkte, aber gleichwertige der Laienfrauen.167 Mochten die Debatten noch so scharf, die Reformforderungen noch so hehr und brisant sein, spätestens in der gemeinsamen Abendmesse konnte jeder Synodale wieder wissen und erleben, wo sein Platz war, und diesen bereitwillig einnehmen. Die regelmäßige und bewusste Mit-Feier der Eucharistie kann Gläubigen bis heute immer wieder helfen, den weltlichen Demokraten in sich gutkatholisch durch den kirchlichen Monarchisten existenziell zu überformen. Tagungsort und Synodenbeginn symbolisierten mit der geistlichen Dimension zugleich ekklesiologisch die göttliche Stiftung der Kirchengestalt.168 Von der Eröffnungsansprache Kardinal Döpfners an und immer, wenn die Versammlung drohte, zu einem Parlament zu werden, wurde die Synode als geistliches Geschehen markiert.169 Damit wurde nicht nur ein unbestimmter Transzendenzbezug insinuiert, das Etikett „geistlich“ ist vielmehr Chiffre für die hierarchische Durchprägung aller katholischen Gemeinsamkeit. Wo sie zudem anzeigen soll, die Synode sei nur aus dem Glauben zu verstehen170, fungiert sie zugleich als Immunisierung gegen (ungläubige) Kritik von außen.

Die Täuschung

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