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Gestutzte Flügel

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Das Krankenhaus, in dem ich mich am Morgen nach meiner Gefangennahme wiederfand, war ein geziegeltes Privathaus, sehr niedrig und nicht wirklich als Krankenhaus geeignet. Es war offensichtlich wegen des großen Vorstoßes, der zu dieser Zeit des Jahres stattfand, erst seit ein paar Tagen genutzt worden und würde wahrscheinlich wieder verlassen werden, sobald sie einen besseren Ort gefunden hatten.

Alles in allem besaß das Haus vier Zimmer und einen Stall, der bei Weitem der größte Raum war. Wenngleich ich niemals in diesen ‚Flügel‘ geschaut habe, wurde mir gesagt, dass er ebenfalls mit Patienten gefüllt war, die auf Betten aus Stroh auf dem Boden verteilt lagen. Ich weiß nicht, ob es sich dabei um Offiziere oder Soldaten gehandelt hat.

Das Zimmer, in dem ich mich wiederfand, bestand aus acht Betten, drei davon waren von verwundeten deutschen Offizieren belegt. Die anderen Zimmer, wie ich mir vorstelle, hatten dieselbe Anzahl an Betten wie meines. Es gab hier keine Krankenschwestern des Roten Kreuzes, nur Krankenpfleger, da dies ein Notfallkrankenhaus war, das sich für die Krankenschwestern zu nah an der Feuerlinie befand. Die Krankenpfleger waren keine alten Männer, noch waren sie junge Buben, die ich erwartet hatte, sondern junge Männer in der Blütezeit ihres Lebens, die offensichtlich Medizinstudenten waren. Ein oder zwei von ihnen sprachen, wie ich bemerkte, Englisch, aber aus irgendeinem Grund sprachen sie nicht mit mir. Vielleicht war ihnen das vom verantwortlichen Offizier verboten worden.

Zusätzlich zur Schusswunde in meinem Mund hatte ich eine Schwellung von der Stirn bis zum Hinterkopf, die beinahe so groß war wie mein Schuh – und damit meine ich beträchtlich. Ich konnte mich nicht einen Zoll bewegen, ohne starke Schmerzen zu erleiden, und als mir der Arzt sagte, dass ich keine gebrochenen Knochen hätte, wunderte ich mich, wie sich jemand fühlen würde, der welche hatte.

Deutsche Offiziere besuchten mich an diesem Morgen und sagten mir, dass meine Maschine aus einer Höhe von acht- und neuntausend Fuß trudelnd heruntergestürzt sei und sie die Überraschung ihres Lebens erlebt hätten, als sie entdeckt hatten, dass ich nicht in Stücke geschlagen war. Sie mussten mich aus meiner Maschine schneiden, die mit Löchern überzogen war und in Stücke zertrümmert worden war.

Ein deutscher Arzt entfernte die Kugel aus meinem Hals, und das Erste, was er mir sagte, als ich zu mir kam, war: »Sie sind Amerikaner!«

Es war nutzlos, es abzustreiten, denn die metallene Identifikationsscheibe an meinem Handgelenk trug die Inschrift: »Pat O’Brien, U. S. A. Royal Flying Corps«.

Obwohl ich starke Schmerzen hatte, bestand der Arzt, der perfektes Englisch sprach, auf einer Konversation mit mir.

»Sie mögen als Sportsmann in Ordnung sein«, erklärte er, »aber Sie sind trotzdem ein verdammter Mörder, weil Sie hier sind. Ihr Amerikaner macht bei dieser Sache mit, bevor Amerika dem Krieg beitritt, und seid deshalb nicht besser als gewöhnliche Mörder, und ihr solltet ebenso behandelt werden!«

Die Wunde in meinem Mund machte es unmöglich, ihm zu antworten, und ich erlitt solche starken Schmerzen, dass es egal war, was er sagte, er konnte mich damit nicht verletzen.

Er fragte mich, ob ich einen Apfel wolle! Ich hätte genauso gut einen Ziegel fressen können.

Als er keine Antwort von mir erhielt, ging er angewidert fort.

»Sie müssen sich keine Sorgen mehr machen«, erklärte er, »für Sie ist der Krieg vorbei!«

Mir wurde später am Tag etwas Brühe gegeben und als ich damit begann, meine Gedanken zu sammeln, wunderte ich mich, was meinen Kameraden in dem Scharmützel passiert war, das für mich so desaströs geendet hatte. Als ich damit begann, meine Notlage zu begreifen, war ich weniger um meinen gesundheitlichen Zustand besorgt als über die Tatsache, dass der Arzt mir erklärte hatte, dass der Krieg für mich vorbei sei. Ich hatte nur kurze Zeit an ihm teilgenommen und nun war ich bis zum Ende des Kriegs ein Gefangener!

Am nächsten Tag kamen einige deutsche Fliegeroffiziere und besuchten mich, und ich muss sagen, dass sie mich mit großer Rücksicht behandelten. Sie erzählten mir von dem Mann, den ich abgeschossen hatte. Sie sagten, dass er ein Bayer und ein sehr guter Pilot gewesen sei. Sie gaben mir seinen Hut als Souvenir und beglückwünschten mich zu dem Kampf, den ich geschlagen hatte.

Mein Helm, der aus weichem Leder bestand, war von vorne bis hinten von einer Patrone einer Maschinenkanone durchschnitten worden, und sie untersuchten ihn mit großem Interesse. Als sie mir meine Uniform brachten, fand ich heraus, dass der Stern von meinem Rangabzeichen auf meiner rechten Schulterschlaufe sauber weggeschossen worden war. Bei dem auf der linken Seite fragten sie mich, ob sie ihn als Souvenir behalten dürften, ebenso mein R.F.C.-Abzeichen, das ich ihnen überließ. Sie erlaubten mir, meine »Flügel« zu behalten, die ich auf der linken Brust trug, da ihnen bewusst war, dass dies der stolzeste Besitz eines britischen Fliegeroffiziers war.

Ich denke, dass ich richtig liege mit der Annahme, dass die einzige Ritterlichkeit in diesem Krieg auf deutscher Seite der Gräben von den deutschen Fliegertruppen gezeigt wurde, die aus den besten Deutschen bestand. Sie wiesen mich darauf hin, dass ich und meine Kameraden nur für die Liebe zum Kampf kämpften, während sie zur Verteidigung ihres Landes kämpften, aber trotzdem sagten sie, dass sie uns für unseren Sportsgeist bewunderten. Ich hatte das Bedürfnis, zu fragen, ob das Abwerfen von Bomben auf London und das Töten von so vielen unschuldigen Leuten auch zur Verteidigung ihres Landes gehöre, aber ich war weder in der Position noch in der Verfassung, zu diesem Zeitpunkt einen Streit zu beginnen.

Am selben Tag wurde ein deutscher Offizier ins Krankenhaus gebracht und wurde auf die Liege neben meiner gelegt. Natürlich blickte ich beiläufig zu ihm herüber, aber ich schenkte ihm zu dieser Zeit nur wenig Aufmerksamkeit. Er lag dort drei oder vier Stunden, bevor ich einen richtigen Blick auf ihn warf. Ich war mir sicher, dass er kein Englisch sprach, und natürlich sagte ich daher nichts zu ihm.

Einmal, als ich in seine Richtung blickte, waren seine Augen auf mich gerichtet und er sagte recht sarkastisch: »Was zur Hölle schauen Sie so?«, und dann grinste er. Zu diesem Zeitpunkt begann ich nur ein paar Worte zu sagen – meine Wunde machte es sehr schwer, zu sprechen –, aber ich sagte genügend, damit er verstand, was ich hier machte und warum ich hier war. Offensichtlich hatte er meine Geschichte von anderen gehört, doch er sagte, dass es zu schade sei, dass ich mir nicht das Genick gebrochen hätte, da er sowieso nicht viel Sympathie für die Fliegertruppen hege. Er fragte, aus welchem Teil von Amerika ich komme, und ich sagte ihm: »Kalifornien.«

Nach ein paar weiteren Fragen erfuhr er, dass ich aus San Francisco kam, und fügte zu meinem Elend hinzu: »Wie wäre es denn mit einem guten, saftigen Steak aus dem Hofbräu?« Natürlich sagte ich ihm, dass er damit »ins Schwarze treffen« würde, aber ich dachte, dass mein Mund jetzt kaum in der Lage wäre, es zu essen. Ich fragte ihn natürlich, was er über das Hofbräu wisse, und er antwortete: »Ich gehörte viele Jahre dazu und ich sollte alles darüber wissen.«

Danach wurde dieser deutsche Offizier recht kumpelhaft – na, soweit ich kumpelhaft mit dem Feind werden konnte – und wir verbrachten viele gute Stunden über die Tage, die wir in San Francisco verbracht hatten, und mehrmals erwähnte einer von uns in dieser Unterhaltung einen bekannten Kalifornier oder einen kleinen Vorfall, der dort passiert war, mit dem wir beide vertraut waren.

Er erzählte mir, dass er natürlich, als der Krieg erklärt wurde, sehr patriotisch gewesen sei und gedacht habe, dass es das einzig Richtige sei, zurückzukehren und die Verteidigung seines Landes zu unterstützen. Er fand heraus, dass er nicht direkt von San Francisco fahren konnte, da die Engländer die Gewässer gut beschützten, also bestieg er ein Boot nach Südamerika. Dort besorgte er sich einen gefälschten Ausweis und in der Verkleidung eines Montevideaners nahm er eine Überfahrt nach New York und von dort nach England.

Er durchquerte England ohne Probleme mit seinem gefälschten Ausweis, aber entschied sich, es nicht zu riskieren, nach Holland zu gehen, da er befürchtete, zu viel Aufmerksamkeit zu erregen, also fuhr er runter durch die Straße von Gibraltar nach Italien, das zu dieser Zeit neutral war, hoch nach Österreich und von dort aus nach Deutschland. Er sagte, dass, als er, nachdem er England verlassen hatte, das Schiff nach Gibraltar bestieg, zwei Verdächtige vom Boot geholt worden seien – Männer, von denen er sich dachte, dass sie neutrale Bürger seien –, aber zu seiner Erleichterung waren sein eigener Passport und seine Anmeldedaten okay.

Der Hunne sprach von seiner Reise von Amerika nach England als besonders angenehm und sagte, dass er eine tolle Zeit gehabt habe, da er sich den englischen Reisenden an Bord angeschlossen habe; sein fließendes Englisch erlaubte es ihm, mehrere kühne Argumente für den Krieg aufzubringen, was er mit Begeisterung genoss.

Unser kleiner Vorfall offenbarte den bemerkenswerten Takt, mit dem unser Feind seine Verbindung auf See zur Schau gstellt hatte, was sich zweifellos vorteilhaft für ihn herausstellte. Wie er es ausdrückte, hatte er eines Abends großen Erfolg, als sich die Gruppe für etwas Musik versammelt hatte und er vorschlug, »God Save the King« zu singen. Danach war seine Popularität gesichert und der gewünschte Effekt erreicht, da kurz danach ein französischer Offizier zu ihm kam und sagte: »Es ist zu schade, dass England und unsere eigene Armee über keine Männer wie Sie verfügen.« »Es ist zu schade«, stimmte er zu, als er es mir erzählte, denn er war davon überzeugt, dass er für Deutschland so viel mehr hätte erreichen können, wenn er in der englischen Armee gewesen wäre.

Trotz seiner offensichtlichen Loyalität schien der Mann offensichtlich nicht sehr enthusiastisch dem Krieg gegenüber zu sein, und er gab offen zu, dass ihm die alten politischen Kämpfe in Kalifornien viel mehr zusagten als die Kämpfe, durch die er hier herübergegangen war. Beim zweiten Gedanken lachte er, als wäre er ein guter Witz gewesen, aber offensichtlich wollte er, dass ich schlussfolgerte, dass er ein großes Interesse an der Politik San Franciscos gefunden hatte.

Als mein »kumpelhafter Feind« seine Unterhaltung mit mir begonnen hatte, wurde er vom diensthabenden deutschen Arzt getadelt, aber er schenkte dem Arzt keine Aufmerksamkeit, was zeigte, dass er in der Zeit, in der er in den USA gewesen war, etwas echten Amerikanismus in sein System aufgenommen hatte.

Ich fragte ihn eines Tages, was er denke, was die deutschen Leute nach dem Krieg machen würden, ob er denke, dass sie eine Deutsche Republik erklären würden, und zu meiner Überraschung sagte er sehr verbittert: »Wenn es nach mir ginge, würde ich sie zu einer Republik machen und würde den verdammten Kaiser im Keller erhängen.« Und trotzdem wurde er als exzellenter Soldat geschätzt. Ich entschied jedoch, dass er ein deutscher Sozialist gewesen sein musste, obwohl er es mir nie sagte.

Bei einer Gelegenheit fragte ich nach seinem Namen, aber er sagte, dass er mich sicherlich nie wiedersehen würde und es egal sei, wie sein Name sei. Ich wusste nicht, ob er das meinte, weil die Deutschen mich verhungern lassen würden oder weil das gerade in seinen Gedanken war, da ich mir sicher bin, dass er zu der Zeit nicht davon ausging, bald zu sterben. Die ersten beiden oder drei Tage, in denen ich im Krankenhaus war, dachte ich, dass er sicherlich bald wieder fit wäre und längst weg wäre, bevor ich es war, aber er bekam etwa zu dieser Zeit eine Blutvergiftung und nur ein paar Stunden, bevor ich nach Courtrai ging, starb er.

An einem dieser Tag, während meine Wunde immer noch Probleme machte, wurde mir ein Apfel gegeben; ob es war, um mich zu quälen, da man wusste, dass ich ihn nicht essen konnte, oder aus einem anderen Grund, weiß ich nicht. Jedenfalls hatte ein deutscher Fliegeroffizier mehrere in seinen Taschen und gab mir einen Schönen. Natürlich gab es keine Möglichkeit für mich, den Apfel zu essen; als der Offizier gegangen war und ich bemerkte, dass der Typ aus San Francisco ihn recht lang anschaute, nahm ich ihn also in die Hand, da ich ihn zu ihm herüberwerfen wollte. Aber er schüttelte den Kopf und sagte: »Wenn dies San Francisco wäre, würde ich ihn nehmen, aber ich kann ihn nicht hier von dir nehmen.« Ich konnte nie verstehen, warum er den Apfel ablehnte, da er besonders gesellig war und ich mich mit ihm gut unterhielt, aber offensichtlich konnte er nicht vergessen, dass ich sein Feind war. Jedoch hielt dies den einen Krankenpfleger nicht davon ab, den Apfel zu essen.

Eine Praxis in diesem Krankenhaus, die mich beeindruckte, war, dass wenn ein deutscher Soldat keine große Chance hatte, sich hinreichend zu erholen, um wieder seinen Platz im Krieg einzunehmen, sich die Ärzte nicht sehr anstrengten, um dafür zu sorgen, dass er wieder gesund wurde. Aber wenn ein Mann eine sehr gute Chance auf Genesung hatte und sie dachten, dass er für eine weitere Verwendung geeignet sei, wurde alles Mögliche für ihn gemacht, was mit medizinischem Können möglich war. Ich weiß nicht, ob dies auf Befehl getan wurde oder ob die Ärzte in solchen Fällen ihren eigenen Neigungen folgten.

Meine Zähne waren von dem Schuss stark gescharrt und ich hoffte, dass ich die Chance haben würde, sie richten zu lassen, wenn ich Courtrai, das Gefängnis, in das ich gebracht werden sollte, erreichte. Also fragte ich den Arzt, ob es möglich sei, dass diese Arbeit hier gemacht würde, aber er sagte mir recht schroff, dass es mehrere Zahnärzte in Courtrai gebe und sie genügend damit zu tun hätten, die Zähne ihrer eigenen Männer zu richten, ohne sich mit meinen zu beschäftigen. Er fügte außerdem hinzu, dass ich mir um meine Zähne keine Sorgen machen müsse, da ich nicht so viel Essen bekommen würde, dass sie Überstunden machen müssten. Ich wollte ihm sagen, dass, so wie es hier aussah, er seine ebenfalls nicht so schnell abnutzen würde.

Mein Zustand verbesserte sich in den nächsten zwei Tagen, und am vierten Tag meiner Gefangenschaft war ich fit genug, um eine kurze Nachricht an meine Schwadron zu schreiben, in der ich berichtete, dass ich Kriegsgefangener war und mich »gut fühlte«, aber in Wirklichkeit war ich in meinem Leben niemals derart deprimiert gewesen. Ich erkannte jedoch, dass, wenn diese Nachricht meine Kameraden erreichte, sie an meine Mutter in Momence, Illinois, weitergeleitet würde, und ich wollte nicht, dass sie sich mehr Sorgen machte als absolut nötig. Es war schlimm genug für sie, zu wissen, dass ich Kriegsgefangener war. Sie musste nicht wissen, dass ich verwundet war.

Ich hatte die Hoffnung, dass meine Nachricht über die Linien getragen würde und von einem der deutschen Fliegeroffiziere abgeworfen würde. Das ist eine Gefälligkeit, die üblicherweise auf beiden Seiten gemacht wird. Ich erinnerte mich, wie geduldig wir auf Nachrichten über unsere Männer, die nicht zurückgekehrt waren, gewartet hatten, und ich konnte mir im Geiste meine Schwadron vorstellen, wie sie über mein Schicksal spekulierten.

Das ist eines der traurigsten Dinge, die mit dem R.F.C. zu tun haben. Man kümmert sich nicht viel darum, was einem passiert, aber die ständigen Verluste unter den Freunden sind sehr deprimierend.

Man geht mit seiner Staffel raus und kommt in einen Wirrwarr. Man wird verstreut und wenn die Formation aufgebrochen wird, findet man endlich seinen Weg alleine nach Hause.

Vielleicht ist man der Erste, der landet. Bald sieht man eine weitere Maschine am Himmel, dann eine andere, und man wartet geduldig, dass der Rest erscheint. Innerhalb einer Stunde sind vielleicht alle außer einem erschienen und man beginnt zu spekulieren und sich zu fragen, was ihm zugestoßen ist.

Hat er den Weg nicht gefunden? Ist er in einem anderen Aerodrom gelandet? Haben ihn die Hunnen erwischt?

Wenn es dunkel wird, weiß man jedenfalls, dass er in dieser Nacht nicht zurückkehren wird, und man hofft auf einen Telefonanruf von ihm, in dem er erzählt, wo er sich befindet.

Wenn die Nacht ohne ein Zeichen oder eine Nachricht von ihm vergeht, wird er als vermisst gemeldet, und dann wartet man darauf, dass sein Verlust in den Listen des Kriegsministeriums auftaucht.

Einen Tag, vielleicht einen Monat später wird von den deutschen Fliegertruppen eine Nachricht abgeworfen, die eine Liste der von den Hunnen gefangenen oder getöteten Piloten enthält, und dann, zum ersten Mal, weiß man mit Sicherheit, warum der Kamerad an dem Tag, an dem er zum letzten Mal mit seiner Schwadron über die Linien ging, nicht zurückkehrte.

Ich sinnierte immer noch über diese melancholische Phase des Kampffliegerlebens, als mir ein Krankenpfleger erzählte, dass ein wundervoller Kampf in der Luft stattfinde, und er bot an, mir aus dem Krankenhaus zu helfen, damit ich es sehen konnte, und ich akzeptierte seine Hilfe bereitwillig.

An diesem Nachmittag sah ich einen der mutigsten Kämpfe, die ich jemals erwartete zu erleben.

Dort waren sechs unserer Maschinen gegen vielleicht sechzehn Hunnen. Aufgrund des Flugzeugtyps weiß ich, dass sie vielleicht von meinem eigenen Aerodrom waren. Zwei unserer Maschinen waren offensichtlich von sechs Hunnen herausgepickt worden und führten die Hauptlast des Kampfes. Der Wettkampf wirkte auf mich so unausgeglichen, dass ich kaum an einen Sieg unserer Männer denken konnte, und trotzdem konnten sie die Hunnen völlig ausmanövrieren, dass ich dachte, dass sie aufgrund ihres höheren Könnens den Kampf gewinnen könnten, obwohl sie so hoffnungslos unterlegen waren. Eine Sache war für mich klar: Sie würden niemals klein beigeben.

Natürlich wäre es für unsere Männer vergleichsweise einfach gewesen; als sie sahen, wie sich die Sache gegen sie entwickelte, hätten sie ihre Nasen nach unten drücken, hinter den deutschen Linien landen und sich selbst als Gefangene aufgeben können, aber so macht man das nicht beim R.F.C.

Ein Kampf dieser Art dauert selten lange Minuten, jedoch wirkt jede Sekunde für die, die daran teilnehmen, wie Stunden, und selbst Zuschauer durchstehen mehr Nervenkitzel im Verlauf des Kampfes, als sie normalerweise in ihrem normalen Leben erleben würden. Es ist selbst für einen Neuling offensichtlich, dass das Schicksal des Verlierers der Tod ist.

Natürlich sahen die Deutschen um das Krankenhaus herum zu und feuerten ihre Kameraden an, aber die Engländer hatten auch einen Sympathisanten in der Gruppe, der keine Anstrengungen unternahm, seine Bewunderung für den Mut, den seine mutigen Kameraden zur Schau stellten, zu verstecken.

Das Ende kam plötzlich. Vier Maschinen stürzten fast gleichzeitig zur Erde. Es war ausgeglichen – zwei von ihnen und zwei von unseren. Die anderen kehrten offensichtlich zu ihren eigenen Linien zurück.

Die Wunde in meinem Mund störte mich erheblich, aber mit der Hilfe von Stift und Papier bat ich einen der deutschen Offiziere, für mich herauszufinden, wer die englischen Offiziere waren und wen sie abgeschossen hatten.

Etwas später kehrte er zurück und gab mir eine Fotografie, die vom Körper eines Opfers gemacht worden war. Es war das Bild von Paul Raney aus Toronto und mir, das wir zusammen aufgenommen hatten! Armer Raney! Er war der beste Freund, den ich hatte, und einer der besten und mutigsten Männer, die jemals in Frankreich gekämpft haben!

Er war es, wie ich viel später erfuhr, der, als ich als vermisst gemeldet wurde, meine Sachen kontrolliert hatte und sie mit einer unterschriebenen Denkschrift zurück nach England geschickt hatte – die sich nun in meinem Besitz befindet. Armer Kerl, er erkannte zu dem Zeitpunkt nicht, dass er einen oder zwei Tage später in seinen letzten heroischen Kampf verwickelt werden würde, mit mir als hilflosem Zuschauer!

Derselbe deutsche Offizier, der mir die Fotografie gebracht hatte, zeichnete mir auch eine Karte mit dem exakten Ort, an dem Raney in Flandern beerdigt wurde. Ich schützte sie sorgfältig während all meinen späteren Abenteuern und übergab sie schließlich seinem Vater und seiner Mutter, als ich sie in Toronto besuchte, um die schwerste und traurigste Pflicht zu erfüllen, die mir aufgetragen worden war – ihnen in Person die Nachricht über den Tod des armen Paul zu überbringen.

Der andere britische Pilot, der abgestürzt war, war ebenfalls von meiner Schwadron und ein Mann, den ich gut kannte – Lieutenant Keith aus Australien. Ich hatte ihm nur ein paar Stunden vor dem Start zu meinem eigenen desaströsen Flug ein Bild von mir selbst gegeben. Er war einer der Starpiloten unserer Schwadron und war davor in vielen aussichtslosen Kämpfen gewesen, aber dieses Mal waren die Chancen gegen ihn zu groß gewesen. Er hatte einen großartigen Kampf gemacht und er gab so viel, wie er einsteckte.

Die nächsten beiden Tagen vergingen ereignislos und ich wurde dann zur Geheimdienstabteilung der deutschen Fliegertruppen gebracht, die sich etwa eine Stunde vom Krankenhaus entfernt befand. Dort blieb ich zwei Tage, in denen sie mir tausend und eine Frage stellten. Während ich dort war, übergab ich ihnen die Nachricht, die ich im Hotel geschrieben hatte, und fragte, ob sie sie von einem ihrer Flieger auf unserer Seite der Linien abwerfen könnten.

Sie fragten mich, wo ich sie abgeworfen haben wolle – vielleicht dachten sie, ich würde die Position meines Aerodroms verraten –, aber als ich lächelte und meinen Kopf schüttelte, bestanden sie nicht mehr auf einer Antwort.

»Ich werfe sie über —— ab«, sagte einer der Männer und nannte mein Aerodrom, was mir zeigte, dass ihre Fliegertruppen beim Sammeln von wertvollen Geheimdienstinformationen genauso effizient waren wie andere Branchen des Militärs.

Und genau hier möchte ich sagen, dass ich, je mehr ich den Feind kennenlernte, desto mehr verstand, wie schwierig die Aufgabe war, ihn in die Pfanne zu hauen. In allen meinen folgenden Erlebnissen wurde mir die Tatsache beigebracht, dass immer noch eine Menge Kampfeslust in den Hunnen steckt. Wir werden den Krieg letztendlich gewinnen, wenn wir nicht aufhören, den falschen Verdacht zu schöpfen, dass der Hunne bereits fertig ist, um am Boden zu liegen.

Die Fliegeroffiziere, die mich befragten, waren extrem begierig, alles darüber herauszufinden, welche Rolle Amerika im Krieg spielen würde, aber letztendlich kamen sie, nachdem sie die Informationen hatten – oder besser: dabei gescheitert waren, Informationen von mir zu erhalten –, zum Entschluss, dass mich Amerika nicht sehr tief ins Vertrauen genommen hatte.

Jedenfalls gaben sie mich wegen schlechter Arbeit auf und ich wurde zum Offiziersgefangenenlager nach Courtrai, Belgien, gesandt.

Den Hunnen überlisten

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