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Der erste Spielplatz

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Die Stadt war eigentlich eher ein Dorf und trug die Bezeichnung Stadt nur um nach mehr zu scheinen als sie tatsächlich war.

Ursprünglich gab es an der Bucht am Meer nur eine geringe Anzahl an kleinen Häusern. Die Menschen, die hier wohnten, waren arm und ungebildet. Die nächste Schule lag in einer Stadt, die recht weit entfernt war. Die Menschen lebten vom Fischfang. Die Fische brachten sie in eben die Stadt. Am Meer gab es nichts. Geschäfte und Ärzte fanden sich erst wieder in der Stadt.

Nun waren die wenigen Häuser in der Bucht aber sehr gut gelegen. Das Land ringsum lag höher und unten in der Kuhle, in der die Häuser standen, war es stets etwas wärmer als anderswo. Auch waren die Menschen, die hier lebten, stets glücklich und stets freundlich.


Es kam eine Zeit, da wurde es unter den Menschen aus der Stadt Mode, ihre Sommer am Meer zu verbringen. Man glaubte, dass die Meeresluft gut für die Gesundheit sei. Die Städter reisten in ihren Kutschen in das Dorf und ließen sich opulente Häuser bauen. In die Mitte des Dorfes wurde eine Kirche gebaut und die Einheimischen wurden herzlich eingeladen, sonntags mit den Städtern zu knien.

Eine Art Handel hielt Einzug in das Dorf. Die Einheimischen gingen jetzt nicht nur fischen, sondern putzten und kochten im Sommer für die Städter und im Winter hielten sie ein Auge auf deren Besitz, dass auch alles in Ordnung sei. Die Städter bauten eine Eisenbahnlinie in das Dorf und es kam, dass einige Städter nun das ganze Jahr über im Dorf lebten. Geschäfte wurden eröffnet und im Winter sahen nun die Städter nach den Häusern der Städter. Die Einheimischen bekamen in der Kirche die hinteren Bänke zugewiesen.

Das Dorf war im Sommer allseits beliebt. Mit der Eisenbahn reiste die ganze Familie oder nur der Nachwuchs mit oder ohne Gouvernante an, um unter Aufsicht einige sonnige Wochen zu verbringen. Die ehemaligen Städter nahmen im Sommer ganze Familien oder nur Familienmitglieder in ihre Haushalte auf, reichten Tee auf der Veranda und schüttelten sonntags die weiße Bettwäsche im Fenster aus. Zu einem Großteil war es die Lage, die das Dorf so beliebt machte. Es war nicht nur schon früh und noch spät im Jahr angenehm warm, sondern es verhielt sich mit dem Dorf auch so, dass kaum Wind ging. Anders als in anderen Städten am Meer konnte hier unbesorgt die Frisur durch die Straßen getragen werden und kein lästiger Wind zerrte an mehreren Schichten gestärkter Röcke.

Schließlich kam eine weitere Veränderung über das Dorf. Massentourismus hielt Einzug. Geschäftstüchtige Städter hatten sich stadt- und meernahe Grundstücke gesichert und bauten hier riesige Hotels. Für die Mitarbeiter der Hotels und die Einheimischen zog sich jetzt ein Ring mit Hochhäusern um das Dorf. Die Städter selbst wohnten nun etwas außerhalb des Dorfes, wo zwar ab und zu Wind ging, aber dafür hatte man seine Ruhe vor Touristen und Arbeitern. Frisuren und gestärkte Röcke waren auch längst aus der Mode. In die mittlerweile mehreren Kirchen gingen nun nur noch die Einheimischen ab und zu und Touristen mit Fotoapparaten.

Mit dem Massentourismus kam auch ein völlig neuer Schlag Menschen zu Besuch und das Publikum von zuvor blieb komplett aus, nur deren Zöglinge kamen von Zeit zu Zeit um das Spektakel mit Amüsement zu betrachten und gerne auf die eigene Art mitzuspielen. Die meisten Alten fühlten Trauer und oder Abscheu.

Möglichkeiten, Zeit zu verbringen

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