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9. Kapitel

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Etwa zur gleichen Zeit schipperte die Ghost Queen durch die Galveston Bay und steuerte die kleine Stadt Wallisville an. Zahlreiche Schiffe und Boote lagen in der Hafenbucht von Wallisville vor Anker. Aber Brad Ketchum ließ die Ghost Queen an einer etwas abseits gelegenen Stelle festmachen. Bislang war die Fahrt ohne Zwischenfälle verlaufen, und genauso hatte er sich das erhofft. Für sein Unterfangen brauchte er alles andere als Aufmerksamkeit. Und Wallisville war eine Stadt, in der das Gesetz so manche Dinge nicht allzu genau nahm. Eine kleine texanische Hafenstadt, in der man nicht viele Fragen stellte. Vom amtierenden Sheriff wusste Brad Ketchum, dass dieser sich gern mit ein paar Greenbacks taub stellen ließ. Besser konnte es also für einen Mann wie Brad Ketchum und seine Mannschaft nicht laufen. Als sie am Kai längsseits festmachten, rieb sich Brad Ketchum voller Vorfreude die Hände. Er hatte eine verdammt wertvolle Fracht an Bord, die ihm ein Mann wie Don Ameche gewiss liebend gern aus den Händen riss. Don Miguel Ameche war der Besitzer mehrerer Saloons und Tanzhallen, die ebenso als Bordelle fungierten. Und eines davon befand sich in unmittelbarer Nähe. Der Golden Star Palace in Wallisville.

Und Don Miguel Ameche brauchte immer händeringend junge hübsche Mädchen. Egal, unter welchen Umständen es ihm gelang, diese zu bekommen.

Brad Ketchum stand auf dem Vorderdeck seines Bootes und blickte den Kai entlang auf die ersten Holzhäuser der Stadt, ein Mann, dessen Zuversicht sich in seinem scharf geschnittenen Gesicht widerspiegelte. Aber auch ein wenig Sorge machte sich in seinem Kopf breit. Hierzulande galt er als seriöser Geschäftsmann. Anders als Cole, sein Bruder. Brad Ketchums Liebe zu seinem Bruder war nicht ungefährlich, zumal sie sich als mächtig störend für seine Geschäfte erweisen konnte. Während Brad es stets so hielt, eher im Verborgenen zu arbeiten, lag die Sache bei Cole entschieden anders. Cole Ketchum war ein vom Gesetz gesuchter Mörder, der auch noch mit seinen Taten prahlte. Nur einem kühnen Handstreich war es zu verdanken, dass er ihn aus den Klauen des Texas-Rangers befreien konnte, der jetzt zusammen mit der Sweet Travelling wohl auf dem Grund des Golfs lag.

Coles Verhalten konnte noch mächtige Probleme verursachen. Valentines Einwände waren nicht ganz von der Hand zu weisen, dachte Brad.

Klar, auch er selbst war ein Verbrecher, durch und durch schlecht, und schreckte auch vor Mord nicht zurück. Aber er war klug genug, dies nicht öffentlich zu machen.

Nun, er würde seinen jüngeren Bruder schon noch zügeln. Das jedenfalls nahm er sich dringend vor.

Dann tauchte Cole neben ihm an Deck auf. »Die Herrschaften fangen unten langsam an, nervös zu werden.«

Brad grinste. »So? Das wird sich geben, wenn Don Miguel sie erst einmal in seine Fittiche genommen hat.«

Cole legte ein schiefes, hässliches Grinsen auf seine wulstigen Lippen und massierte sich die Knöchel seiner rechten Hand. »Hab einem von denen vorerst schon mal die richtige Medizin verpasst.«

Dafür erntete er einen missbilligenden Blick seines Bruders. »Du hast doch nicht etwa …«

Cole winkte lässig ab. »Keine Sorge, Bruderherz. Die Weibsbilder habe ich nicht angerührt. Wär ja noch schöner! Aber dieser Möchtegernanwalt, dieser Vandergroot, schrie nach ein paar Maulschellen. Die hat er dann auch bekommen. Jetzt ist der Kerl ruhig und macht ein kleines Nickerchen.«

»Hm«, machte Brad Ketchum und setzte hinzu: »Scheint ein aufmüpfiges Bürschlein zu sein, das ist mir sofort aufgefallen. Zum Teufel mit dieser Aristokraten-Brut. Nun, wir werden seh‘n, was wir mit dem Burschen machen, wenn wir erst mal die Mädchen versorgt haben. Vielleicht hat Don Ameche ja Verwendung für ihn und die anderen Kerle.«

Coles ausgestreckter Arm schoss nach vorn. »He, Brad, da kommt er schon.«

Ein schwarzer Zweispänner fuhr den Weg zum Kai entlang und hielt genau auf die Ghost Queen zu, die gerade eben festgemacht hatte und nun vor Anker lag. Begleitet wurde der Zweispänner von zwei Reitern. Der eine links, der andere rechts. Im Wagen befand sich die unförmige Gestalt eines Mannes, dem sofort anzusehen war, dass er ein bequemes und luxuriöses Leben führte. Die beiden Reiter hingegen sahen aus wie hagere Wüstenwölfe. Und genauso gefährlich waren sie auch. Jeder von ihnen war mit einem Zwillingsholster bestückt, aus denen die Kolben schwerer 45er ragten. Sie waren sogenannte Zweihand-Pistolen, hierzulande auch Buscaderos genannt. Diese beiden Buscaderos bildeten einen Teil von Don Miguel Ameches Leibgarde, ohne die er sich nie weiter als fünfzig Yards aus dem Haus bewegte.

»Verrate mir mal, Brad, woher dieser Fettwanst eigentlich weiß, dass wir hier sind und gerade den Anker geworfen haben? Kann der hellsehen, oder was?«

Brad bedachte Coles Einwand mit einem breiten Lächeln. »Du solltest ihn doch kennen, Cole. Don Miguel weiß immer sofort über alles genau Bescheid. Schätze, noch bevor wir eingelaufen sind, hat uns einer seiner Männer dabei beobachtet und ist sofort zu ihm gelaufen. Ja, der Fettwanst, wie du ihn nennst, verfügt über ein verdammt gutes Informationssystem. Und vor allen Dingen über ein verdammt schnelles. Don Miguel überlässt nichts dem Zufall. Etwas, das du dir auch mal hinter die Ohren schreiben solltest, Bruderherz.«

Cole wusste sofort, auf was Brad anspielte und bedachte dessen Ermahnung mit einem üblen Fluch.

Dann winkte Don Miguel vom Zweispänner aus zu ihnen herüber und rief: »Ay, ay, welch große Freude, Sie zu sehen, Amigos! Oh, ich hörte, dass die Ghost Queen den Hafen unseres hübschen Städtchens erreicht, und das kann nur gut sein für Don Miguel. Habe ich recht, Compadres?«

Er hatte recht, und keine paar Minuten später hatte er seine Leibesfülle aus dem Wagen gezwängt und stand nun an Deck der Ghost Queen, flankiert von seinen beiden Männern, wie es bei ihm üblich war.

Und Brad Ketchum empfing den Dicken mit einer Höflichkeit, die sogar Cole überraschte. »Ich freue mich, Sie an Bord der Ghost Queen begrüßen zu dürfen, Don Miguel.«

Don Miguels kleine, listigen Augen funkelten. Ein schmieriges Lächeln zog sich durch sein aufgedunsenes Gesicht. »Wir haben uns lange nicht gesehen, Muchachos.« Er wandte sich Cole zu. »Ay, ich sehe, Sie sind Sie wieder auf freiem Fuß, Cole. Das freut mich ungemein. Es geht nichts über die Freiheit eines Mannes, nicht wahr?« Er lachte laut, viel zu laut, und zu falsch. Dabei klopfte er Cole auf die Schulter. Dieser nickte nur und quälte sich ein höfliches Grinsen ab.

Brad Ketchum machte eine einladende Handbewegung. »Don Miguel, kommen Sie unter Deck. Dort wartet eine Überraschung auf Sie, die Sie sicher erfreuen wird.«

Das ließ sich der schwergewichtige Don Ameche nicht zweimal sagen. Er kannte Brad Ketchum lange genug, um zu wissen, dass dieser Mann wieder einen lohnenden Beutezug gemacht haben musste.

Nun, was sonst hätte es auch für einen Grund geben sollen, in Wallisville einzulaufen?

Gierig auf das, was für ihn zu erwarten war, rieb sich Don Miguel Ameche die feisten Hände und folgte den beiden Brüdern die Treppe hinunter ins Unterdeck. Die beiden Buscaderos trotteten willig hinterdrein wie zwei gut dressierte Hunde.

***

Eine regelrechte Fleischbeschau fand in der muffigen Kabine statt, in der sie alle untergebracht worden waren. Sie mussten sich in einer Reihe aufstellen. Erst die Frauen, dann die wenigen Männer. Don Miguel Ameche schritt an ihnen vorbei wie ein kleiner Napoleon. Immer wieder nickte er anerkennend, wobei sich ein lüsterner Ausdruck in seinen kleinen Schweinsäuglein zeigte, wenn ihm eine der Frauen besonders gefiel. Und das schien ziemlich oft der Fall zu sein.

Sie alle begegneten seinen Blicken mit Unsicherheit, Angst und auch Ekel, schließlich ahnten die meisten längst, weshalb man sie verschleppt hatte.

Dann war die Reihe der Frauen abgeschritten, die Männer waren dran. Hier zeigte sich der fette Don Ameche eher weniger interessiert. Auffallend war für ihn einer, der eine tüchtige Beule am Kopf hatte und dessen Lippen geschwollen waren. Er war recht bleich im Gesicht und wurde von zwei anderen Männern gestützt. Dieser Mann, es war der Rechtsanwalt Vandergroot, stierte mit glasigen Augen zu Don Ameche herüber.

Don Ameche wies mit dem Zeigefinger auf ihn. »Was ist mit diesem Hombre dort, Amigo Brad? Der Kerl sieht sehr krank aus.«

Cole Ketchum antwortete anstelle seines Bruders. »Er hatte ‘nen kleinen Unfall, Don Miguel. Nichts ernstes. Der wird schon wieder.«

Don Miguel Ameche nickte grinsend. Er wusste auch so, dass Cole Ketchum an diesem besagten Unfall nicht ganz unbeteiligt gewesen sein dürfte. Dann allerdings machte er eine abfällige Handbewegung, die alles besagte.

Ja, mit Frauen, besonders hübschen und jungen, konnte er eine Menge anfangen. Mit Kerlen eher weniger. Schon gar nicht, wenn diese gewohnt waren, mit Kopf und Geist arbeiteten, statt mit den Händen.

Er schlenderte zurück zu Brad und Cole, die gemeinsam mit den beiden Buscaderos und auch Valentine Ferreira an der Holzwand zur Kabinentür lehnten. Valentine hatte sich aus Neugier zu ihnen gesellt. Ihr schien das menschenverachtende Schauspiel sehr zu gefallen. Denn sie hatte die ganze Zeit über ein boshaftes Lächeln auf den Lippen. Das entging Don Ameche natürlich nicht. Er nahm es wohlwollend in sich auf und grinste schief.

Dann wandte er sich direkt an Brad: »Ay, ay, Compadre. Welch schöne Prise habt ihr doch unterwegs aufgetan. Wir kommen ins Geschäft, Amigos.«

Brad Ketchum nickte lächelnd. Er hatte nichts anderes erwartet. »Was ist mit den Männern, Don Ameche?«

Don Miguel Ameche machte erneut eine abwertende Handbewegung in die rückwärtige Richtung. »Wertlos. Was weiß ich, Compadres. Hängt ihnen von mir aus Steine um die Füße und versenkt sie im Meer.« Im gleichen Augenblick schien er es sich plötzlich anders zu überlegen. »Wartet, ich habe heute einen guten Tag, Amigos. Mein Vetter Alessandro Ameche besitzt in Tampico eine Erzmine. Im Augenblick hält er sich geschäftlich in Stowell auf. Nun, vielleicht hat er ein Herz und kann diese Hombres hier gebrauchen. Für die Minenarbeit, meine ich.«

Er griente und rieb sich die Hände, so, als würde es ihn tüchtig freuen, dass ihm diese Sache noch eingefallen war. Brad und sein Bruder Cole wechselten einen kurzen Blick miteinander, und Cole meinte: »Stowell? Das liegt doch nur ‘n paar Meilen von hier, richtig? Und wenn ich mich recht erinnere, hat diese Stadt ‘nen Marshal, der immer tüchtig am Whiskey nascht, auch richtig?«

Brad nickte. »Du kennst dich aus, Bruderherz.«

»Na, dann werde ich mich darum kümmern, dass diese Burschen da«, er wies auf die Gruppe der Männer, die einen höllisch betretenen Eindruck machte, »nach Stowell kommen. Wenn du nichts dagegen hast, heißt es, Brüderchen.«

Brad schüttelte den Kopf. »Keine Einwände.«

Rechtsanwalt Curtis Vandergroot wurde mutig. Er riss sich von den beiden Männern los, die ihn die ganze Zeit über gestützt hatten, machte einen taumelnden Schritt nach vorn. Gewiss lagen ihm die Prügel, die er von Cole Ketchum bezogen hatte, noch schwer im Magen. Aber die Not, in der er und die anderen der Reisegruppe steckten, ließen seinen Kampfgeist entfachen. In seinen Augen loderte ein wilder Zorn, und er schrie laut: »Es ist einfach barbarisch, wie Sie sich hier aufführen. Wir haben es nicht nötig, uns so behandeln zu lassen. Wir sind keine Tiere, noch weniger irgendwelche Sklaven! Ich bin Rechtsanwalt und habe großen Einfluss auf ein paar sehr mächtige Männer in New Bedford. Ich verlange auf der Stelle, dass man uns freilässt. Haben Sie das verstanden? Sofort! Ansonsten wird es Ihnen noch sehr leid tun. Ihnen allen. Sie eingeschlossen, Sie fetter, aufgeblasener Kerl, der Sie sind.«

Damit war natürlich Don Miguel Ameche gemeint. Und der fand diese Beleidigung mehr als kränkend. In seinem feisten Gesicht begann es zu arbeiten und in den kleinen Schweinsäuglein zu glühen. Die fleischigen Lippen, über denen ein dünnes Schnurrbärtchen hing, zuckten trügerisch.

Das war kein gutes Zeichen.

Die Rechte langte hinter den Aufschlag seiner schwarzen Jacke, zog eine kleine 38er hervor. Mit der Waffe in der Hand trat er auf Vandergroot zu. Noch ehe der Anwalt richtig begriff, feuerte Don Ameche ihm dreimal mit der kleinen Pistole in die Brust.

Vandergroots Pupillen wurden starr, und mit entgleisten Gesichtszügen sackte er auf die Knie. Don Ameche machte einen Schritt zurück, und der Oberkörper des Anwalts krachte direkt vor seine Füße auf die Holzplanken.

Lähmendes Entsetzen machte sich unter der Reisegruppe breit. Auch die beiden Brüder staunten nicht schlecht. Aber keiner wagte auch nur ein Laut von sich zu geben. Dichter Pulverqualm zog zur Kabinendecke hinauf.

Don Ameche beförderte mit kaltblütiger Gelassenheit seine Pistole wieder hinter den Jackenaufschlag zurück. »Amigo Cole, ich befürchte, Sie haben jetzt einen Mann weniger, der für meinen Vetter Alessandro in den Dienst der Minenarbeit treten wird. Bedaure, Señores.«

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