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2. Kapitel

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In Rosita gab es keinen Arzt. Jedenfalls nicht mehr, als Brazos McCord mit dem verwundeten Owen Carrick die Stadt erreichte. Doc Atherlac sei vor zwei Tagen verstorben, wurde ihm erklärt und man wies dabei stumm auf den Friedhof vor der Stadt.

Aber es gab eine spanische Mission, nahe des Friedhofes, und die Padres dort verstanden sich recht gut auf die Versorgung von Wunden. Carricks Zustand hatte sich auf dem Weg drastisch verschlechtert. Er wurde von heftigen Fieberattacken geschüttelt, begann während des Ritts wirres, zusammenhangloses Zeug von sich zu geben. Brazos McCord war gezwungen gewesen, die Hände des Rangers ans Sattelhorn zu fesseln, damit er nicht vom Pferd fallen konnte.

Nun, die Padres nahmen sich des Verwundeten an und kümmerten sich sofort um ihn. Und als Padre LeFavre mit sorgenvoller Miene auf Brazos McCord zutrat, glaubte dieser schon, des Rangers letztes Stündlein hätte geschlagen.

Doch Fehlanzeige, wie ihm die folgenden Worte des Padres bewiesen.

»Wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, Señor McCord. Wunder können wir nicht vollbringen. Das allein liegt in der Hand des Herrn. Aber es sieht gut aus.« Der pflichtbewusste Padre bekreuzigte sich, und Brazos McCord nickte.

»Ich danke Ihnen, Padre. Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt wiederkommen und nach ihm sehen.«

»Tun Sie das, Señor. Ihr Freund wird sich gewiss sehr darüber freuen.«

Freund?

Darüber dachte Brazos McCord nach, als er Mission verließ und nach draußen in den mit prachtvoll blühenden Pflanzen angelegten Vorgarten trat, wo sich einige Gottesdiener liebevoll zu schaffen machten, wo sich einige Gottesdiener liebevoll zu schaffen machten. Er kannte diesen Owen Carrick kaum. Aber irgendwie nahm er seltsamen Anteil an dem Schicksal des Mannes, der nur knapp dem Tod durch seine Verfolger entgangen war. Ja, vielleicht war er ein Freund, zumindest empfand er Sympathie für diesen Mann und hoffte, die Padres würden Carrick am Leben erhalten. Ganz sicher würde er wieder nach ihm sehen. Das nahm er sich felsenfest vor, als er an seinen Schecken herantrat und dem Tier einem liebevollen Klaps verpasste. Der Schecke dankte es ihm mit einem wohlwollenden Schnauben, das er ausstieß, während er den Kopf in Richtung seines Herrn drehte.

Brazos glitt in den Sattel, warf einen Blick auf das Pferd, welches einst Wade Haskin gehörte und nun in Carricks Besitz übergegangen war. Das Tier sah ihn mit großen Augen an, schnaubte und wandte sich dann wieder ruhig dem Wassertrog zu. So, als würde es alles in bester Ordnung finden.

Ein gerechter Tausch, wie Brazos fand. Denn schließlich hatten die Haskins Carricks einstigen Gaul unter dessen Hintern weggeschossen. Außerdem brauchte Wade Haskin kein Pferd mehr.

Nun, hoffentlich trifft dies nicht bald auf Owen Carrick zu, dachte Brazos, während er den Schecken herumzog und auf die staubige Straße lenkte.

***

Wie Brazos es vermutete und erhofft hatte, erwies sich der Texas-Ranger als zäher Bursche. Kaum vierundzwanzig Stunden später erfuhr er von Padre LeFavre, dass es dem Patienten deutlich besser ginge. Allerdings, so räumte der Gottesmann mit mahnendem Zeigefinger ein, wäre der Patient noch weit davon entfernt, bald in den Sattel zu steigen, um seinen Dienst aufzunehmen.

Nach dieser Nachricht hätte Brazos also beruhigt in den Sattel seines Schecken gleiten und seines Weges ziehen können. Seltsamerweise tat er dies nicht. Einen Grund für sein Zögern konnte er dafür nicht nennen. Ihm fehlte ein greifbares Ziel, um weiter zu reiten. Das jedenfalls redete er sich ein. So wollte er er noch etwas in Rosita verweilen, dieser kleinen Stadt, deren Häuser aus dicken Mauern von Adobelehm bestanden. So, wie in vielen anderen auch im Gebiet des Nueces. Im Sommer waren sie hart wie Zement. In nassen Tagen schlüpfrig und klebrig wie Kleister.

Rosita war keine aufregende Stadt. Jedenfalls nicht für einen umtriebigen Mann wie Brazos McCord. Aber sie war erfüllt von einer eigenartigen Ruhe, die im starken Kontrast zu ihrem Umfeld stand, in einer Gegend, in der es ständig zu heftigen Unruhen kam.

Dass es sich in dem verschlafenen Rosita so ruhig verhielt, erklärte sich Brazos damit, dass es hier einfach nichts zu holen gab. Weder für umherstreifende Comanchenhorden, noch für Bandidos aller Art. Umso mehr wunderte er sich über jene dicken Adobemauern, von denen er wusste, dass man sie aus Schutzmaßnahmen vor Übergriffen errichtet hatte. Nun, diese Häuser und Mauern waren schon älter, und vielleicht war es in Rosita früher etwas wilder zugegangen.

Wie auch immer.

Brazos hatte nichts gegen ein paar Tage Ruhe. Warum auch nicht? Schließlich gab es ja noch genügend Bucks in seinen Taschen, die ihn davon abhielten, sich irgendwo in der Nähe nach Arbeit umzusehen. Seinen letzten Job hatte er als Trailman gehabt. Zusammen mit dem eisenharten Trailboss Nolan Harper und dessen Mannschaft hatte er eine 3000-köpfige Herde Longhorns von San Antonio rauf nach Kansas gebracht. Es war ein höllisch harter Trail gewesen. Die Anstrengungen steckten ihm noch jetzt tüchtig in den Knochen. Und dabei war Brazos McCord wahrhaftig alles andere, als ein zart besaiteter Mann.

Ein paar Tage Ruhe kamen ihm da schon ganz recht.

Der alte Sanchez Domingo betrieb eine kleine Bodega, mit ein paar Zimmern in der oberen Etage für Durchreisende Dort hatte sich Brazos McCord einquartiert. Es war nichts besonderes, aber für ihn reichte es vollkommen aus. Ein Mann, der ja gewohnt war, viele Nächte seines Lebens unter freiem Himmel zu verbringen, war nicht sonderlich anspruchsvoll. Ein richtiges Bett war für ihn Luxus genug. Außerdem gab es da noch etwas, das ihm den Schlaf mächtig versüßt hatte in der ersten Nacht.

Und dieses Etwas saß an einem Tisch, zusammen mit zwei anderen Mädchen, und legte ein sündhaft schönes Lächeln in ihr hübsches, wenngleich auch etwas grell geschminktes Gesicht, als Brazos in die Bodega kam und den Tresen ansteuerte. Brazos McCord, der Damenwelt zumeist sehr höflich zugetan, lüftete seinen Stetson und sah, wie Juana ihm einen freudigen Handkuss herüberwarf.

Er erinnerte sich wieder an die letzte Nacht, schmunzelte breit und trat an den Tresen heran, hinter dem Sanchez Domingo stand und fleißig sein Tuch über die Tresenplatte gleiten ließ. Ein breites Grinsen teilte seinen wuchtigen Schnurrbart, als er zu Brazos aufblickte. Es war das Grinsen eines Mannes, der gut beobachten und dabei eins und eins zusammenzählen konnte, sich aber beharrlich darüber auszuschweigen wusste. Er war ein freundlicher Mann, dieser Sanchez, wie Brazos McCord fand, gewiss auch mit allen Wassern gewaschen. Dem kleinen Burschen mit seinem Vollmondgesicht und den so schuldlos dreinblickenden Kulleraugen waren gewiss nicht die Blicke entgangen, die sich Juana und Brazos McCord zugeworfen hatten.

Was die Bedeutung jener Blicke anbelangte, so war er souverän genug, die Gedanken dabei für sich zu behalten, dieser kleine Bodegabesitzer.

So fragte er stattdessen: »Wie geht es Ihrem Compadre, Señor McCord? Sie haben ihn doch sicherlich gerade bei den Padres in der Mission besucht, richtig?«

»So ist es. Nun, ist ‘n zäher Bursche, meint der Padre. Aber er hat ausdrückliche Bettruhe verordnet bekommen«, antwortete Brazos McCord auf Sanchez‘ Frage und orderte sogleich ein großes Glas Ingwer-Bier.

»Si, Señor McCord. Ich bin überaus glücklich, das zu hören.« Sanchez griff eifrig ins Regal und angelte ein großes Bierglas hervor. Dies ließ er einmal gekonnt herumwirbeln und setzte es unter den Zapfhahn. Mit einer Geschwindigkeit, die selbst Brazos McCord überraschte.

»Möchten Sie nicht einen guten Schluck Tequila? Oh, Señor, ich habe hier den besten und feurigsten …«

Brazos lehnte mit einer resoluten Handbewegung ab. Er gehörte nicht zu den Männern, die am helllichten Tag schon starken Alkohol zu sich nehmen. Hinter sich vernahm er das Geräusch eines zurückgeschobenen Stuhles. Er brauchte sich nicht umzudrehen, sondern wusste auch so, dass Juana sich erhoben hatte und nun seine Richtung ansteuerte.

Und richtig, denn einen kurzen Augenblick später stand sie neben ihm am Tresen, legte ihre zarte Hand auf ihre Schulter und blickte mit ihren großen, dunklen Augen erwartungsvoll zu ihm auf. »Du wirst doch sicher noch etwas bleiben, nicht wahr?«

Brazos McCord ergriff sein Bierglas und wandte sich ihr zu. »Wüsste nicht, was dagegen sprechen sollte, du kleine schwarzhaarige Teufelin.«

So hatte er sie in der vergangenen Nacht auch genannt, und das nicht nur einmal. Juana lachte belustigt auf. Ihr Lachen gefiel ihm, wie so einiges an ihr. Es war ein kehliges Lachen, mit einem Timbre, das einen Mann mächtig ins Schwitzen bringen konnte. Sie war recht jung, diese hübsche Mexikanerin mit ihrem rabenschwarzen Haar und den ebensolchen Augen. Vielleicht gerade neunzehn oder zwanzig Jahre alt. Wenn überhaupt. Aber sie hatte es schon jetzt verdammt faustdick hinter den Ohren.

Juana fuhr sich vielsagend mit der Zunge über die Lippen. »Das ist schön. Dann trink schnell das Bier aus und lass uns nach oben gehen.«

Prüde war sie nicht, das stand schon mal fest, und Zeitverschwendung war auch nicht ihre Sache. Juana war ein Mädchen, das wusste, was es wollte, oder besser: wen es wollte, und das am liebsten sofort. Brazos, der sich gerade einen herzhaften Schluck gönnte, verschluckte sich beinah an seinem Bier. Er äugte verstohlen nach hinten zum Tresen.

Sanchez hatte sich abgewandt, tat, als würde er sich mit dem Wischen des Tresens beschäftigen. Aber Brazos war sicher, dass diesem Burschen mächtig die Ohren klingelten. Denn es zeigte sich nur allzu deutlich ein verschmitztes Lächeln unter dem Schnurrbart des kleinen Bodegabesitzers.

***

Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinem Schlaf. Benommen richtete er sich auf und rieb sich müde übers Gesicht. Draußen wurde es bereits dunkel, das fahle Licht der Straßenlampen fiel durch das geteilte Fenster. Juana lag neben ihm. Sie schlief noch und schnurrte dabei selig und süß wie ein Kätzchen.

Aber Brazos McCord hatte dafür gerade kein Auge. Der Störenfried draußen auf dem Flur ging ihm tüchtig auf die Nerven. Dann drang Sanchez Stimme zu ihm herein: »Señor McCord! Señor McCord! Machen Sie bitte auf!« Wieder klopfte es hart und eilig an der Tür.

Wenn dieser Bursche keinen triftigen Grund hat, mich aus den Träumen zu reißen, dann Gnade ihm Gott! Mit diesen grimmigen Gedanken schälte sich Brazos aus dem Bett. Nackt wie er war, schlich er über den alten Teppich. Auf dem Weg zur Tür langte er nach seinem Holster und zog den Remington heraus. Wahrscheinlich gab es dafür keinen triftigen Grund. Aber Brazos McCord war von Natur aus ein vorsichtiger Mann. Wieder hämmerte der Bodegabesitzer hämmerte gegen die Tür. Brazos legte mit dem Daumen den Abzugshahn nach hinten und zog die Tür einen Spalt auf.

Er musste für Sanchez einen komischen Eindruck gemacht haben, so wie er plötzlich in der Tür stand; nackt und mit dem Remington in der Faust, den Lauf dabei dabei nach oben zeigend. Jedenfalls stieß der Bodegabesitzer einen erschreckten Laut auf und bekreuzigte sich sofort.

»Señor McCord, um Gottes Willen, stecken Sie die Waffe weg. Ich bin‘s doch nur.«

Brazos McCord, der sich inzwischen davon überzeugt hatte, dass nur Sanchez allein im Flur stand, legte den Hahn zurück in die Ruhestellung.

»Zur Hölle, warum machst du hier so ‘nen verdammten Lärm, als wenn eine Horde Bandidos über deinen Laden herfallen will?«

»Señor, bitte entschuldigen Sie die Störung. Ich hätte es gewiss nicht gewagt, Sie … aber unten in meinem Lokal ist ein Mann, der Sie ganz dringend sprechen will.«

Brazos runzelte die Stirn. »Mich sprechen? Wer?«

Sanchez trat von einem Bein auf andere, so, als könne er sein Wasser nicht mehr lange halten. »Capitano McNelly, Señor Brazos McCord. Er sagt, es sei wichtig. Ganz wichtig. Er ist unten und wartet. Ein ungeduldiger Mann, dieser Capitano.«

Brazos McCord kratzte sich mit dem Lauf des Remingtons über die unrasierte Wange.

Leander McNelly!

Was, in aller Welt, konnte ausgerechnet dieser Mann von ihm wollen?

»Okay, sag ihm, ich komme gleich runter.«

»Si, Señor McCord. Ich werd‘s ihm ausrichten. Und bitte, beeilen Sie sich. Der Capitano ist …«

Brazos McCord machte eine unwirsche Handbewegung. »Ja, ich weiß, er ist ein ungeduldiger Mann. Hau schon ab, Sanchez!«

Sprach‘s und schlug die Tür mit dem Fuß ins Schloss. Dabei hörte er, wie Sanchez Stiefel in rasender Geschwindigkeit über den Flur donnerten.

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