Читать книгу Seelenreise - Rainer Sörensen - Страница 4

Ein Nobelpreisträger scheitert und entdeckt die Welt des Geistes

Оглавление

The Magical Mystery Tour

is dying to take you away

The Beatles

Um es vorab zu sagen, das Scheitern war ein Erfolg, denn dem Forscher gelang es, wenn auch widerstrebend, einen wissenschaftlichen Trampelpfad zu verlassen, um in unbekanntes Gelände vorzudringen.

Es handelt sich um den Nobelpreisträger Sir John C. Eccles, der 1997 im Alter von 94 Jahren das Rätsel seines Lebens löste, das Rätsel, das auf dem Trampelpfad nicht zur Kenntnis genommen wird, denn für die Naturwissenschaft ist der Tod selbstverständlich das Ende der individuellen Existenz. Nachdem er sich von allen religiösen Jenseitsvorstellungen distanziert hatte, stellte Eccles vor seinem Tod die finale Frage: „Ist es nun wirklich so, dass dieses unser Leben einfach nur eine kurze Bewusstseinsperiode zwischen zwei Vergessenheitsperioden ist, oder gibt es irgendeine weiterreichende, transzendente Erfahrung, von der wir nichts wissen können, bevor sie uns zuteil wird?“ (1)

Eccles, der sich wie kein anderer Hirnforscher mit der Architektur, der Feinstruktur und der Funktion des Zentralnervensystems beschäftigt hat, sah im reiferen Alter keine Perspektive mehr, psychologische Phänomene mit neurophysiologischen Prozessen zu erklären.

Was ist Bewusstsein? Was ist Aufmerksamkeit? Immer noch wollen die Hirnphysiologen diese Fragen mit neuronalen Prozessen erklären. In der letzten Dekade des zwanzigsten Jahrhunderts, der Dekade der Hirnforschung, war man fest entschlossen, das Bewusstseinsproblem zu lösen – vergeblich.

Eccles hatte die Absurdität dieser Versuche bereits erkannt. Zur Erklärung des Bewusstseins und ganz schlichter Wahrnehmungsprozesse sah er sich genötigt, eine immaterielle Sphäre zu postulieren, aus der heraus der materielle Organismus gesteuert wird.

Hohn und Spott der Fachkollegen hielt sich in Grenzen, weil der Nobelpreisträger von einem prominenten Philosophen und Wissenschaftstheoretiker unterstützt wurde, von Sir Karl Popper. Popper unterscheidet drei Welten. „Welt eins“, die materielle Welt, sie enthält die unbelebte und belebte Materie, dazu gehört das Gehirn. „Welt zwei“ ist die Dimension des Bewusstseins und aller Formen des subjektiven Erlebens. „Welt drei“ ist die Zone des Wissens der Menschheit, materiell gespeichert in Bibliotheken und in modernen elektronischen Speichermedien.

„Welt zwei“, das ist Eccles' immaterielle Sphäre des „sich selbst bewussten Geistes“, der das materielle Gehirn steuert. Der Geist benutzt das Gehirn als Instrument. Eine musikalische Metapher bietet sich an: Der Geist ist der Pianist, das Gehirn das Klavier. Wenn man davon ausgeht, dass es eine übergeordnete außerkörperliche Instanz gibt, muss man die materialistisch-naturwissenschaftliche Vorstellung des individuellen Todes hinterfragen. Eccles: „Was geschieht beim Tode? Dann hört jegliche Hirntätigkeit für immer auf. Der sich seiner selbst bewusste Geist, der in gewissem Sinne eine autonome Existenz innerhalb von 'Welt zwei' geführt hat, stellt fest, dass das Gehirn, das von ihm so wirksam und erfolgreich ein ganzes Leben hindurch abgetastet, sondiert und kontrolliert worden ist, überhaupt keine Botschaften mehr gibt.“

Wenn man die Theorie einer außerkörperlichen Dimension des Individuums weiter verfolgt, bekommen mehrere seltsame Phänomene eine überraschende Bedeutung: die Aphasie, die retrograde Amnesie, die relative Stabilität des Altgedächtnisses bei seniler Demenz, das Tourette-Syndrom, das Landau-Kleffner-Syndrom, die Schizophrenie und seltsame Veränderungen der Persönlichkeit, was im weiteren Verlauf des Buches zu beweisen ist.

Gegenwärtig gibt es ein internationales Milliardenprojekt, das sich ausschließlich auf „Welt eins“ konzentriert, die Simulation des Gehirns mit dem Computer, mit der die letzten Geheimnisse des menschlichen Geistes gelüftet werden sollen. Sir John und Sir Karl befinden sich inzwischen, losgelöst von „Welt eins“, in „Welt zwei“. Sie lachen.

Seelenreise

Подняться наверх