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I Gemeinnützige und/oder mildtätige Zwecke steuerbegünstigter Krankenhausträger und Reichweite Krankenhauszweckbetrieb nach § 67 AO

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Das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht findet sich in den §§ 51–68 der Abgabenordnung (AO).58 Diese 19 Paragraphen stellen – zusammen mit § 14 AO, der den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb definiert – die Grundlagen des Gemeinnützigkeitsrechts dar und sind überschrieben mit »steuerbegünstigte Zwecke«. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird üblicherweise immer von »gemeinnützigen Zwecken« gesprochen. Dies ist nach dem Gesetzeswortlaut zumindest ungenau, da die gemeinnützigen Zwecke nur eine von insgesamt drei Arten der steuerbegünstigten Zwecke darstellen, wenn auch sicher die bedeutsamste.

Die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens ist ein gemeinnütziger Zweck, denn »die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege, insbesondere die Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten, auch durch Krankenhäuser i. S. d. § 67, und von Tierseuchen« ist in § 52 Abs. 2 Nr. 3 AO als gemeinnütziger Zweck ausdrücklich genannt.59

Der Betrieb eines Krankenhauses ist – unter bestimmten, nachfolgend noch im Einzelnen darzustellenden Voraussetzungen – ein sog. Zweckbetrieb zur Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens. Dies ergibt sich aus § 67 AO.

Der Begriff »Krankenhaus« ist in den Steuergesetzen nicht definiert – auch nicht in der Abgabenordnung, etwa in dem für Krankenhäuser besonders bedeutsamen § 67 AO. Die Begriffsbestimmung wird vielmehr für den Bereich der Steuergesetze nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) vorgenommen60 sowie (zusätzlich) nach Maßgabe des § 107 des V. Buches Sozialgesetzbuch (SGB V).61 Unerheblich ist, ob das Krankenhaus in den Krankenhausbedarfsplan aufgenommen ist.62

Die Definition des § 107 Abs. 1 SGB V knüpft an diejenige des § 2 Nr. 1 KHG an, konkretisiert ihn jedoch durch die zusätzliche Festlegung organisatorischer und fachlicher Voraussetzungen. § 107 SGB V unterscheidet im Übrigen zwischen Krankenhäusern – § 107 Abs. 1 SGB V – und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen – § 107 Abs. 2 SGB V. Letztere sind – jedenfalls für Umsatzsteuerzwecke ab 01.01.2009 – nicht mehr als Krankenhäuser (i. S. d. § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG) anzusehen; die für Krankenhäuser maßgebenden Befreiungsvorschriften des Umsatzsteuerrechts kommen für sie nicht zur Anwendung.63

Keine Krankenhäuser im steuerlichen Sinne sind Alten- und Pflegeheime sowie Einrichtungen, in denen nur ambulante Leistungen erbracht werden, z. B. Röntgeninstitute64 oder Dialyse-Institute von niedergelassenen Fachärzten.65 Für derartige Einrichtungen kommen die Steuervergünstigungen für Krankenhäuser nicht zur Anwendung. Möglicherweise können sie jedoch Steuervergünstigungen nach anderen Vorschriften in Anspruch nehmen, sodass sie materiell den Krankenhäusern hinsichtlich ihrer steuerlichen Belastungen (weitgehend) gleichgestellt sind.

Krankenhäuser müssen, um als sog. Zweckbetriebe anerkannt zu werden, die in § 67 AO definierten Voraussetzungen erfüllen. Ist wegen der Erfüllung dieser Voraussetzungen im Einzelfall ein Krankenhaus als Zweckbetrieb zu beurteilen, kann der Träger die steuerlichen Vergünstigungen, die der Status einer steuerbegünstigten Körperschaft mit sich bringt, in Anspruch nehmen, sofern auch alle (übrigen) Voraussetzungen des steuerlichen Gemeinnützigkeitsrechts im konkreten Einzelfall beachtet sind. Auf die diesbezüglichen Einzelheiten wird im Einzelnen nachfolgend noch detaillierter eingegangen.

§ 67 AO hat aber über diesen Kreis steuerbegünstigter Krankenhausträger hinaus weitreichende Bedeutung. Denn Krankenhäuser, welche die Voraussetzungen des § 67 AO erfüllen, erhalten – unabhängig davon, ob sie die übrigen Voraussetzungen des steuerlichen Gemeinnützigkeitsrechts erfüllen oder nicht – bei bestimmten Steuerarten Steuervergünstigungen allein wegen des Erfüllens der Voraussetzungen des § 67 AO. Dies ist für private, erwerbswirtschaftlich orientierte Krankenhausträger von Bedeutung. Auch hierauf ist nachfolgend im Einzelnen noch einzugehen.

In § 67 AO wird grundsätzlich unterschieden zwischen Krankenhäusern, die in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung fallen, und solchen Krankenhäusern, bei denen dies nicht der Fall ist.

Ein Krankenhaus, das in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes oder der Bundespflegesatzverordnung fällt, ist nach § 67 Abs. 1 AO dann ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 % der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen66 berechnet werden.

Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind (§ 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG; § 2 Abs. 2 Satz 1 BPflV).

Dazu zählen insbesondere die ärztliche sowie (kranken-) pflegerische Behandlung, die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind, sowie Unterkunft und Verpflegung.67 Unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG bzw. des § 2 Abs. 2 Satz 1 BPflV gehören dazu ferner68

• die während des Krankenhausaufenthalts durchgeführten Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten i. S. d. SGB V,

• die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter,

• die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson eines Patienten oder die Mitaufnahme einer Pflegekraft nach § 11 Abs. 3 SGB V69,

• die besonderen Aufgaben von Zentren und Schwerpunkten für die stationäre Versorgung von Patienten, insbesondere die Aufgaben von Tumorzentren und geriatrischen Zentren sowie entsprechenden Schwerpunkten,

• die Frührehabilitation i. S. d. § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V,

• das Entlassmanagement i. S. d. § 39 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB V.

Neben den allgemeinen Krankenhausleistungen werden von den Krankenhäusern häufig auch so genannte Wahlleistungen gesondert angeboten und berechnet.70 Zu den typischen Wahlleistungen gehört beispielsweise die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Chefarztbehandlung oder das Angebot einer besseren Unterkunft wie die Wahl eines Ein/Zweibettzimmers, eines Telefons und eines Fernsehgeräts. Diese Wahlleistungen sind bei der Beurteilung, ob ein Krankenhaus als Zweckbetrieb i. S. d. § 67 AO anzusehen ist oder nicht, in die Berechnung der (zu erfüllenden) sog. 40 %-Quote nicht einzubeziehen. Der Wortlaut des § 67 AO stellt insoweit eindeutig ausschließlich auf allgemeine Krankenhausleistungen ab.

Bei der Berechnung der 40 %-Quote spielen medizinische Wahlleistungen (z. B. erweiterte Labordiagnostik) allerdings keine Rolle.71

Wenn also 60 % (oder mehr) der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, die – auch – Wahlleistungen in Anspruch nehmen, sind die Voraussetzungen des § 67 AO nicht (mehr) erfüllt. Ein solches Krankenhaus ist nicht mehr im Rahmen eines Zweckbetriebs tätig; es kann die damit verbundenen Steuerbegünstigungen nicht in Anspruch nehmen.72

Obwohl für die meisten Krankenhäuser die Anzahl der Belegungs- oder Berechnungstage aufgrund der Abrechnung über Fallpauschalen keine Rolle mehr spielt, müssen diese für den steuerlichen Nachweis daher auch weiterhin gesonderte Aufzeichnungen über die Anzahl der Belegungs- oder Berechnungstage führen.73 Denn für die Inanspruchnahme einer Steuerbegünstigung muss ein Krankenhaus zwingend den Nachweis der Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen erbringen.

Für die Prüfung, ob ein Krankenhaus die Voraussetzungen des § 67 AO erfüllt, sind die Anzahl der Belegungs- oder Berechnungstage der Patienten, die Wahlleistungen in Anspruch nehmen (sog. steuerlich »schädliche« Patienten i. S. d. § 67 AO), in Relation zu setzen zu der Anzahl der Belegungs- oder Berechnungstage der Patienten, bei denen lediglich Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen berechnet werden (sog. steuerlich »unschädliche« Patienten i. S. d. § 67 AO).74 Soweit die Anzahl der Belegungs- oder Berechnungstage der »unschädlichen« Patienten mindestens 40 %, bezogen auf die Gesamtbelegungs- oder -berechnungstage, beträgt, ist das Krankenhaus im Rahmen eines Zweckbetriebs nach § 67 AO tätig.

Aus Billigkeitsgründen können bei dieser Berechnung die Wahlleistungen Telefon- und Fernsehgerätegestellung außen vor gelassen werden. D. h. ein Patient, der lediglich die Wahlleistung Telefon- und/oder Fernsehgerätenutzung in Anspruch nimmt, zählt noch zu den »unschädlichen« Patienten i. S. d. § 67 AO.75

Wenn also bei einem gemeinnützigen Krankenhaus in einem Jahr insgesamt 100.000 Belegungstage geleistet werden, von denen 75.000 Tage auf Patienten entfallen, bei denen ausschließlich allgemeine Krankenhausleistungen berechnet werden, und 25.000 Tage auf Patienten, die (auch) die Wahlleistung »Unterkunft« (Ein/Zweibettzimmer) in Anspruch nehmen (wofür das Krankenhaus eine Vergütung entsprechend der getroffenen Vereinbarung mit der PKV verlangt), erfüllt das Krankenhaus die Voraussetzung des § 67 AO. Sollten daneben fast alle Patienten die Wahlleistung »Telefon/Fernseher« in Anspruch genommen haben, wäre dies »aus Billigkeitsgründen« unproblematisch.

Es spielt bei der Beurteilung eines Belegungs- oder Berechnungstages keine Rolle, für welche konkrete Behandlung oder an welchen Tagen eine Wahlleistung vereinbart ist.76 Das Vorliegen eines Entgeltes für eine Wahlleistung als solches führt bereits dazu, dass der fragliche Belegungs- oder Berechnungstag aus der 40 %-Quote »herausfällt«.

Ein Patient, der während des Aufenthaltes im Krankenhaus nur zeitweise, d. h. nur an einzelnen Tagen, Wahlleistungen gegen Entgelt in Anspruch nimmt, soll insgesamt mit sämtlichen Belegungs- oder Berechnungstagen als »schädlicher« Patient eingestuft werden.77

Aktuelle Besteuerungsfragen für Krankenhäuser und Krankenhausträger

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