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5 Vorherige Einbindung des zuständigen Finanzamtes bei geplanten Gestaltungen durch eine sog. verbindliche Auskunft

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Angesichts der dargestellten gemeinnützigkeitsrechtlichen Unwägbarkeiten ist in Ausgliederungsfällen die vorherige Einbindung des zuständigen Finanzamtes zu empfehlen.227

Denkbar wäre grundsätzlich auch eine unverbindliche (schriftliche) Auskunft – sog. » schlichte Auskunft«. Allerdings ist ein Finanzamt dann nicht nach Treu und Glauben daran gehindert, einen erstmaligen Steuerbescheid mit anderem Inhalt (als in der unverbindlichen Auskunft) zu erlassen, wenn sich die einer verbindlichen Auskunft zu Grunde liegende Rechtslage ändert, es sei denn, dass das Finanzamt anderweitig einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, was aber in der Regel nicht (schon) dadurch geschieht, dass es das Finanzamt nach der Änderung der Rechtslage unterlässt, den Steuerpflichtigen entsprechend darauf hinzuweisen.228

Die vorherige Einbindung des zuständigen Finanzamtes erfolgt formal durch einen Antrag auf Erteilung einer sog. verbindlichen Auskunft i. S. d. § 89 Abs. 2 AO.229

Eine solche Auskunft kann allerdings nur für noch nicht realisierte Sachverhalte erteilt werden. Sofern eine Ausgliederung bereits vollzogen ist, kann eine verbindliche Auskunft nicht mehr erteilt werden.230

Eine verbindliche Auskunft kann aber auch erteilt werden für eine ernsthaft geplante Umgestaltung eines bereits vorliegenden Sachverhalts, was insbesondere bei Sachverhalten mit wesentlichen Auswirkungen für die Zukunft – sog. »Dauersachverhalten « – von Bedeutung ist.231

Eine verbindliche Auskunft soll nicht erteilt werden in Angelegenheiten, bei denen die Erzielung eines Steuervorteils im Vordergrund steht, wozu z. B. die Prüfung von Steuersparmodellen oder die Feststellung der Grenzpunkte für das Handeln eines ordentlichen Geschäftsleiters zählen.232

Bei derartigen Auskunftsersuchen sind bestimmte formale Gesichtspunkte zu beachten, die sich im Einzelnen aus § 89 Abs. 2 AO und der hierzu ergangenen »Verordnung zur Durchführung von § 89 Abs. 2 AO« (sog. Steuer- Auskunftsverordnung – StAuskV)233 ergeben.234

Der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist hiernach schriftlich beim zuständigen Finanzamt, also bei dem Finanzamt, das bei Verwirklichung des dem Antrag zu Grunde liegenden Sachverhaltes für die Besteuerung örtlich zuständig sein würde235, zu stellen. Er muss folgende Angaben enthalten:

1. die genaue Bezeichnung des Antragstellers (Name, bei natürlichen Personen Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt, bei Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen Sitz oder Ort der Geschäftsleitung, soweit vorhanden Steuernummer),

2. eine umfassende und in sich abgeschlossene Darstellung des zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht verwirklichten Sachverhalts,

3. die Darlegung des besonderen steuerlichen Interesses des Antragstellers,

4. eine ausführliche Darlegung des Rechtsproblems mit eingehender Begründung des eigenen Rechtsstandpunktes des Antragstellers,

5. die Formulierung konkreter Rechtsfragen,

6. die Erklärung, dass über den zur Beurteilung gestellten Sachverhalt bei keinem anderen Finanzamt oder beim Bundeszentralamt für Steuern eine verbindliche Auskunft beantragt wurde,

sowie

7. die Versicherung, dass alle für die Erteilung der Auskunft und für die Beurteilung erforderlichen Angaben gemacht wurden und der Wahrheit entsprechen.

Soll der dem Antrag zu Grunde liegende Sachverhalt durch eine Person, Personenvereinigung oder Vermögensmasse verwirklicht werden, die im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht existiert – dies ist z. B. bei Neugründungen von geplanten Tochtergesellschaften häufig der Fall – kann der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft auch durch einen Dritten gestellt werden, sofern er ebenfalls ein eigenes berechtigtes Interesse an der Auskunftserteilung darlegen kann. In diesem Fall sind die vorstehenden, in Nr. 1 und 3 genannten Angaben auch hinsichtlich der Person, Personenvereinigung oder Vermögensmasse zu machen, die den der Auskunft zu Grunde liegenden Sachverhalt verwirklichen soll.

Die von der zuständigen Finanzbehörde erteilte verbindliche Auskunft ist für die Besteuerung des Antragstellers bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zu Grunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht. Die verbindliche Auskunft ist nicht bindend, wenn sie zuungunsten des Steuerpflichtigen dem geltenden Recht widerspricht.

Die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft entfällt ab dem Zeitpunkt, in dem die Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, aufgehoben oder geändert werden.

Eine Änderung der Rechtsprechung soll aber keine Änderung der Rechtslage darstellen, weil sie die bisherige Rechtsauffassung nur richtigstellt, also die von Anfang an bestehende Rechtslage klarstellt. Deshalb soll eine verbindliche Auskunft von vornherein unrichtig sein, wenn sie von einem nach ihrer Bekanntgabe ergangenen Finanzgerichtsurteil oder BFH-Urteil oder einer später ergangenen Verwaltungsanweisung abweicht. Sie soll nicht unrichtig geworden sein, sondern ihre Unrichtigkeit soll lediglich erst nachträglich erkannt worden sein.236

Dies kann in der Praxis zu großen Schwierigkeiten führen.

Im Falle der Gesamtrechtsnachfolge geht die Bindungswirkung auf den Rechtsnachfolger über237, im Falle der Einzelrechtsnachfolge erlischt die Bindungswirkung.238

Die verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO ist ein Verwaltungsakt239, sie ist

– ebenso wie die Ablehnung der Erteilung einer verbindlichen Auskunft – schriftlich zu erteilen und im Einspruchswege anfechtbar.240

Eine verbindliche Auskunft kann mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben oder geändert werden, wenn sich herausstellt, dass die erteilte Auskunft unrichtig war.

Derartige verbindliche Auskünfte sind gebührenpflichtig241, anders als z. B. die Anrufungsauskunft in Lohnsteuerangelegenheiten (§ 42e EStG) oder die verbindliche Zusage aufgrund einer Außenprüfung (§ 204 AO).242

Gebühren sind nicht nur zu erheben, wenn die beantragte Auskunft erteilt wird. Vielmehr besteht die Gebührenpflicht auch dann,

• wenn die Finanzbehörde in ihrer verbindlichen Auskunft eine andere Rechtsauffassung als der Antragsteller vertritt,

• wenn sie die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ablehnt

oder

• wenn der Antrag zurückgenommen wird.243

Bei der Rücknahme eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vor der Bekanntgabe der Entscheidung der zuständigen Finanzbehörde kann die Gebühr ermäßigt werden (§ 89 Abs. 7 Satz 2 AO). Hat die Finanzbehörde im Zeitpunkt der Rücknahme mit der Bearbeitung des Antrags noch nicht begonnen, ist die Gebühr auf 0,00 Euro zu ermäßigen.244

Die Gebühr richtet sich grundsätzlich nach dem sog. Gegenstandswert, d. h. dem Wert, den die Auskunft für den Antragsteller hat (§ 89 Abs. 4 Satz 1 AO). Die steuerliche Auswirkung ist in der Weise zu ermitteln, dass der Steuerbetrag, der bei Anwendung der vom Antragsteller vorgetragenen Rechtsauffassung entstehen würde, dem Steuerbetrag gegenüber zu stellen ist, der entstehen würde, wenn die Finanzbehörde eine entgegengesetzte Rechtsauffassung vertreten würde.245

Der Antragsteller soll in seinem Antrag den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände darlegen (§ 89 Abs. 4 Satz 2 AO). Dies erfordert schlüssige und nachvollziehbare Angaben.

Die Gebühr ist vom Antragsteller innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe ihrer Festsetzung zu entrichten (§ 89 Abs. 3 Satz 2 AO). Die Finanzbehörde kann die Entscheidung über den Antrag bis zur Entrichtung der Gebühr zurückstellen (§ 89 Abs. 3 Satz 3 AO). Die Zurückstellung soll geschehen, wenn der Zahlungseingang nicht gesichert erscheint.246

Die Mindestgebühr für eine verbindliche Auskunft beträgt 121,00 Euro; die Höchstgebühr bei einem maximalen Gegenstandswert von 30 Mio. Euro beträgt 91.456,00 Euro.247 Beträgt der Gegenstandswert weniger als 10.000,00 Euro, wird keine Gebühr (mehr) erhoben.248

Die Finanzverwaltung soll der Gebührenfestsetzung den vom Antragsteller erklärten Gegenstandswert zu Grunde legen, soweit dies nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt (§ 89 Abs. 4 Satz 3 AO).

Ist der Gegenstandswert nicht bestimmbar – auch nicht durch Schätzung – ist eine Zeitgebühr zu berechnen. Sie beträgt 50,00 Euro je angefangene halbe Stunde und mindestens 100,00 Euro (§ 89 Abs. 6 Satz 2 AO). Eine zeitliche Obergrenze ist hierbei nicht vorgesehen; auch werden angefallene Zeiten vorgesetzter Finanzbehörden, z. B. der zuständigen Oberfinanzdirektion, mit berücksichtigt.249

Bei verbindlichen Auskünften im Zusammenhang mit Umstrukturierungen in einem Konzern können sich durch die Gebührenpflicht unverhältnismäßig hohe Kostenfolgen ergeben.250 Dies gilt insbesondere für Umwandlungsfälle, bei denen jeder abgebende, übernehmende oder entstehende Rechtsträger für die Berechnung der Gebühr gesondert zu beurteilen sein soll.251

Die Gebührenpflicht der Erteilung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 3 Satz 1 AO ist verfassungsgemäß252, da es sich um eine »individuelle Dienstleistung« der Finanzverwaltung handelt, die dem Auskunftssuchenden einen individuellen Vorteil gewährt. Die Komplexität des Steuerrechts zwingt den Staat nicht, verbindliche Auskünfte gebührenfrei anzubieten.

Auch die Erhebung einer Mindestgebühr für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Verfassungsmäßigkeit gilt im Übrigen sowohl für die sog. Zeitgebühr als auch für die sog. Wertgebühr, und zwar für Letztere auch dann, wenn diese auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 30 Mio. zu bemessen ist.253

Steuerberater sind im Übrigen verpflichtet, ihren Mandanten die Einholung einer verbindlichen Auskunft zu empfehlen, wenn die Rechtslage nach Ausschöpfung der eigenen Erkenntnismöglichkeiten ungeklärt ist und die Beratung eine später nicht mehr korrigierbare rechtliche Gestaltung betrifft.254

Aktuelle Besteuerungsfragen für Krankenhäuser und Krankenhausträger

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