Читать книгу Aktuelle Besteuerungsfragen für Krankenhäuser und Krankenhausträger - Ralf Klaßmann - Страница 26

3 Gebot der Selbstlosigkeit: Gebot der Verwendung aller Mittel für steuerbegünstigte Zwecke

Оглавление

Das Gebot der Selbstlosigkeit schreibt vor, dass sämtliche Mittel einer steuerbegünstigten Körperschaft nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden dürfen (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO).

Dieses Erfordernis umfasst auch Gewinne aus Zweckbetrieben und aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben sowie Überschüsse aus der Vermögensverwaltung.346 Denn »Mittel« in diesem Sinne sind sämtliche Vermögenswerte der Körperschaft, nicht etwa nur die ihr zufließenden Spenden, Beiträge und Erträge ihres Vermögens.347

Die (erstmalige) Ausstattung eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes mit Mitteln im Sinne von § 55 AO gefährdet deshalb den Status der Gemeinnützigkeit, jedenfalls wenn dabei Mittel verwendet werden, die der Verpflichtung zur zeitnahen satzungsmäßigen Verwendung unterliegen.348

Sofern die steuerbegünstigte Körperschaft über Mittel (Vermögenswerte) verfügt, die nicht der Verpflichtung zur zeitnahen Mittelverwendung unterliegen – zu denken ist insbesondere an die in sog. » freien Rücklagen« gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO eingestellten Mittel349 – können diese (zeitlich unbefristet) im »eigenen« Betrieb – nämlich im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb – »geparkt« werden. Die Körperschaft gewährt dem »eigenen« Betrieb hierdurch quasi ein »Darlehen«. Eine gesonderte (marktübliche) Verzinsung ist nicht erforderlich, da der gesamte Gewinn des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs – und damit der ersparte Finanzierungsaufwand für eine ansonsten notwendige Fremdfinanzierung – ohnehin für die steuerbegünstigten Zwecke gebunden ist.350

Die vorstehenden Grundsätze zur satzungsgemäßen Mittelverwendung sind grundsätzlich auch beim Einsatz von Mitteln zur Gründung von Tochtergesellschaften zu beachten.

Die Verwendung von Mitteln zur Finanzierung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist – jedenfalls nach Auffassung der Finanzverwaltung351 – keine satzungsmäßige Mittelverwendung, und zwar auch dann nicht, wenn die Tochterkapitalgesellschaft ihrerseits wiederum den Status als steuerbegünstigte Körperschaft innehat.352

Die Finanzverwaltung vertritt unter Bezugnahme auf das Ergebnis einer Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ganz generell die Auffassung, dass der Erwerb der Anteile an einer Kapitalgesellschaft unter Einsatz zeitnah zu verwendender Mittel gegen das Gebot der Selbstlosigkeit verstößt, die Mittel nur für satzungsmäßige Zwecke zu verwenden.353 Dadurch soll es für eine steuerbegünstigte Körperschaft unzulässig sein, zeitnah zu verwendende Mittel zur Ausstattung einer neu zu gründenden gGmbH bzw. zur Anschaffung von Anteilen an einer gGmbH einzusetzen. Auch die Vorschrift des § 58 Nr. 1 AO soll – jedenfalls nach der bis 2019 geltenden Rechtslage – die Anschaffung von Anteilen an einer gGmbH nicht zulassen.354

Wenn z. B. ein wegen der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege als gemeinnützig anerkannter Verein, der mehrere Krankenhäuser (i. S. d. § 67 AO) betreibt, den Betrieb und das Vermögen eines seiner Krankenhäuser auf eine von ihm gegründete, ebenfalls gemeinnützige Krankenhaus-GmbH – gegen Übertragung von Anteilen – überträgt, könnte dies nach Auffassung der Finanzverwaltung gemeinnützigkeitsrechtlich bedenklich sein, weil insoweit eine gemeinnützigkeitsrechtliche Umwidmung von Mitteln erfolgt; denn die zum Krankenhausbetrieb zählenden Vermögensgegenstände, die ursprünglich – zulässigerweise – mit zeitnah zu verwendenden Mitteln angeschafft und in der Vergangenheit für steuerbegünstigte Zwecke eingesetzt wurden, können wegen der Übertragung des Krankenhausbetriebs auf die Tochter-GmbH auf Ebene des Vereins zukünftig nicht mehr für steuerbegünstigte Zwecke verwendet / eingesetzt werden. Die Finanzverwaltung sieht hierin einen Verstoß gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung.355

Zwar erklärt § 58 Nr. 1 AO356 die Mittelweitergabe an andere steuerbegünstigte Körperschaften zur Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke ausweislich der Gesetzesüberschrift für »steuerlich unschädlich«; der Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung ist aber auch bei § 58 Nr. 1 AO zu beachten.357

Sofern also bei einer solchen Gründung einer steuerbegünstigten Tochtergesellschaft Mittel zur Vermögensausstattung zugeführt werden, müssen insoweit nicht zeitnah zu verwendende Mittel, insbesondere freie Rücklagen i. S. d. § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO, eingesetzt werden.358 Der Einsatz von zeitnah zu verwendenden Mitteln ist nur ausnahmsweise erlaubt, wenn die Empfängerkörperschaft die empfangenen Mittel ihrerseits wieder zeitnah für steuerbegünstigte Zwecke verwendet, z. B. zur Finanzierung von nutzungsgebundenem Vermögen.359 Das Stammkapital der auszustattenden steuerbegünstigten Körperschaft kann daher auch durch Ausgliederung eines Zweckbetriebes finanziert werden, wenn dieser unmittelbar für die steuerbegünstigten Zwecke der auszustattenden Körperschaft eingesetzt wird.360

Der Gesetzgeber hat auf diese – für die Praxis häufig problematische – Rechtsentwicklung durch eine Ergänzung des § 58 AO (»Steuerlich unschädliche Betätigungen«) reagiert.

Gemäß § 58 Nr. 3 AO wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Körperschaft ihre Überschüsse der Einnahmen über die Ausgaben aus der Vermögensverwaltung, ihre Gewinne aus den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ganz oder teilweise und darüber hinaus höchstens 15 Prozent ihrer sonstigen nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zeitnah zu verwendenden Mittel einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Vermögensausstattung zuwendet. Die aus den Vermögenserträgen zu verwirklichenden steuerbegünstigten Zwecke müssen allerdings den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken der zuwendenden Körperschaft entsprechen. Außerdem dürfen die nach dieser Nummer zugewandten Mittel und deren Erträge nicht für weitere Mittelweitergaben i. S. d. ersten Satzes verwendet werden; dadurch sollen sog. »Vermögensausstattungskaskaden« unmöglich sein.361

Die Regelung des § 58 Nr. 3 AO (n. F.) betrifft nur die Ausstattung einer anderen Körperschaft mit Vermögen, also nur die Hingabe von Kapital bei Gründung neuer Körperschaften bzw. im Rahmen einer Kapitalerhöhung bzw. Zustiftung, nicht aber den Erwerb von Anteilen an einer bereits bestehenden Körperschaft.362

Nach Nr. 3 des AEAO zu § 58 AO363 sind die Verhältnisse des vorangegangenen Kalender- oder Wirtschaftsjahrs für die Ermittlung der in § 58 Nr. 3 AO genannten Grenzen maßgeblich. Die zugewandten Mittel und Erträge unterliegen bei der Empfängerkörperschaft der steuerbegünstigten Mittelverwendungspflicht. Erfolgt eine Verwendung für andere Zwecke, soll eine Mittelfehlverwendung bei der Empfängerkörperschaft vorliegen.

Nach Auffassung der Finanzbehörden rechtfertigt eine beabsichtigte Vermögensausstattung nach § 58 Nr. 3 AO z. B. bei einer neu gegründeten Tochterkapitalgesellschaft keine Rücklagenbildung gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO (in der Form einer sog. »Projektrücklage«).364 Dies ist im Schrifttum allerdings umstritten, weil sich eine strikte Pflicht zu »zeitnahen« Endowments aus dem Ziel des § 58 Nr. 3 AO, nämlich der Verbesserung der nachhaltigen Kapitalausstattung anderer steuerbegünstigter Körperschaften, nicht ableiten lässt.365

Bei den gemeinnützigkeitsrechtlichen Überlegungen im Zusammenhang mit der Gründung von (steuerpflichtigen) Tochtergesellschaften ist zusätzlich zu bedenken, dass die Beteiligung an der nicht steuerbegünstigten (gewerblich tätigen) Tochter-GmbH beim Krankenhausträger sog. (bloße) Vermögensverwaltung sein kann oder ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.366 Dies gilt sowohl in den Fällen, in denen (im Wege einer Vermögensumschichtung) bisher selbst betriebene steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe in eine nicht steuerbegünstigte Tochtergesellschaft ausgegliedert werden367, als auch in den Fällen, in denen Servicebereiche aus einem Zweckbetrieb in eine nicht steuerbegünstigte Tochtergesellschaft überführt werden.368

In beiden Fällen kann aber – auch nach Auffassung der Finanzbehörden – eine Verwendung von nicht zeitnah zu verwendenden Mitteln, z. B. von in einer freien Rücklage gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO369 eingestellten Mitteln, zur Vermögensausstattung, also insbesondere zur Finanzierung der Kapitalausstattung, verwendet werden.370

Sind keine nicht zeitnah zu verwendenden Mittel (in ausreichender Höhe) verfügbar, ist der Status der Gemeinnützigkeit allerdings gefährdet. Ggf. ist ein Verzicht auf den Einsatz eigener Mittel zu erwägen; die Annuitäten auf ggf. eingesetzte Fremdmittel, z. B. Bankdarlehen, müssen aber künftig durch ausreichend verfügbare (neue) freie Rücklagen finanzierbar sein.

Unbedenklich bleibt im Übrigen in Zweifelsfällen die Gestaltungsmöglichkeit, dass ein fremder Dritter dem Krankenhausträger die Beteiligung schenkweise mit der Auflage der Zuführung in das Vermögen übereignet. In diesem Falle hat der Krankenhausträger keine eigenen Mittel für die kapitalmäßige Beteiligung an der GmbH verwendet. Der Zuwendende kann den zugewendeten Betrag als Zuwendung (Spende) einkommensmindernd geltend machen.371

Zur gemeinnützigkeitsrechtlichen Beurteilung der Überlassung von einem Zweckbetrieb gewidmeten Räumlichkeiten einschließlich Inventar an eine von der gemeinnützigen Körperschaft beherrschte Dienstleistungs-GmbH haben sich verschiedene Finanzbehörden geäußert, z. B. das Bayerische Landesamt für Steuern am 02.11.2010372 und vorher bereits die OFD Frankfurt am 08.12.2004.373

Diese Verfügungen geben wohl nach wie vor die insoweit derzeit maßgebende Rechtsauffassung der Finanzverwaltung zu diesem Themenbereich wieder.

Zu der Frage, ob es schädlich für die Gemeinnützigkeit einer steuerbegünstigten Körperschaft (z. B. einer Krankenhaus-GmbH) ist, wenn sie nicht begünstigte Leistungen (z. B. Reinigungsdienst, Küche, technischer Dienst, Nähstube, Bettenzentrale, Hol- und Bringedienst) im Rahmen einer Betriebsaufspaltung in eine steuerpflichtige Dienstleistungs-GmbH ausgliedert und dieser entgeltlich Personal und bisher einem Zweckbetrieb gewidmete Räume einschließlich des Inventars zur Verfügung stellt, ist hiernach folgende Auffassung zu vertreten:

• Die entgeltliche Überlassung der Räume einschließlich Inventar an die Dienstleistungs-GmbH stellt keine für die Gemeinnützigkeit schädliche Verwendung von Mitteln dar.

• Das Entgelt (die Miete) muss allerdings angemessen374 sein (marktüblicher Preis).375

• Die Vermietung von Wirtschaftsgütern (i. S. d. § 21 EStG) ist zwar grundsätzlich eine vermögensverwaltende Tätigkeit.

• Wenn die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt sind, wird aber auch bei der Besteuerung steuerbegünstigter Körperschaften eine der Art nach vermögensverwaltende Tätigkeit als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt.376

• Der Erwerb der Anteile an der steuerpflichtigen Dienstleistungs-GmbH darf nicht aus zeitnah zu verwendenden Mitteln, wozu auch der Gewinn des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gehört, sondern nur aus dem zulässig gebildeten Vermögen einschließlich der freien Rücklagen finanziert werden.

• Es liegt ein Verstoß gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung (des § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 AO) vor, wenn ein Gebäude und/oder Inventar des ideellen Bereichs einschließlich der Zweckbetriebe, das mit zeitnah für die steuerbegünstigten Zwecke zu verwendenden Mitteln angeschafft oder hergestellt wurde, an eine steuerpflichtige Körperschaft vermietet wird377 – sog. » Sphärenwechsel« durch »Umwidmung« von Wirtschaftsgütern des Zweckbetriebs in die Vermögensverwaltung oder in den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.378

• Die Vermietung ist unschädlich für die Gemeinnützigkeit, wenn zulässig gebildetes Vermögen (insbesondere freie Rücklagen) in Höhe des Werts der in den Bereich der Vermögensverwaltung bzw. im Falle der Betriebsaufspaltung des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs verlagerten Wirtschaftsgüter zeitnah für die steuerbegünstigten Zwecke verwendet wird.

Die Beurteilung von Sachverhalten, wie sie vorstehend angesprochen worden sind, ist seit geraumer Zeit Gegenstand intensiver Diskussionen im steuerlichen Schrifttum.379 Auch im Rahmen der Neufassung des § 57 Abs. 3 AO im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2020 wird die gemeinnützigkeitsrechtliche Zulässigkeit derartiger Vorhaben weiter diskutiert werden (müssen), wobei u. E. der klare Wille des Gesetzgebers erkennbar ist, konzerninterne Ausgliederungen und Übertragungen von wirtschaftlichen Aktivitäten auf Beteiligungsgesellschaften aus rein gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht zu fördern (bzw. jedenfalls nicht zu erschweren).

Solange diese Diskussionen jedoch noch nicht abgeschlossen sind, sollten derartige Gestaltungsüberlegungen in jedem Fall vorab mit der Finanzverwaltung abgestimmt werden (z. B. durch Einholung einer vorherigen sog. »verbindlichen Auskunft«).380

Besonders deutlich wird die Problematik dann, wenn beispielsweise ein Krankenhaus im Zuge der Gesundheitsreform erheblich verkleinert wird und die vorhandene Krankenhausimmobilie deshalb nicht mehr vollumfänglich für Krankenhauszwecke genutzt werden kann.381 Offensichtlich steht die Finanzverwaltung – jedenfalls teilweise – auf dem Standpunkt, dass dann eine zwangsweise Veräußerung dieser Immobilienteile zu erfolgen habe, um die derart in Geldmittel transferierten Sachwerte zeitnah und unmittelbar für satzungsmäßige Zwecke einsetzen zu können.382

Nach Hüttemann383 kann eine solche Zwangsveräußerung in derartigen Fällen aber nur dann gefordert werden, wenn die Veräußerung ohne Auswirkungen für das restliche nutzungsgebundene Vermögen möglich wäre, was bei einer Immobilie mangels Aufteilungsmöglichkeit regelmäßig aber gerade nicht der Fall ist. Deshalb muss dann – entgegen der abweichenden Auffassung jedenfalls von Teilen der Finanzverwaltung – eine teilweise Nutzungsänderung durch Vermietung und Verpachtung (im Rahmen der Vermögensverwaltung bzw. im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs) zulässig sein.

Ganz generell haben sich in der Vergangenheit insbesondere Thiel/Eversberg384 intensiv damit auseinandergesetzt, dass die Finanzverwaltung unter Berufung auf das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung die Zulässigkeit der Ausgliederung von Dienstleistungen durch eine gemeinnützige Krankenhaus-GmbH in Frage stellt.385 Sie weisen anhand verschiedener Beispiele aus dem Krankenhausbereich u. E. überzeugend nach, dass die restriktive Auffassung der Finanzbehörden zumindest teilweise unzutreffend ist.386 Die Auffassung von Thiel/Eversberg dürfte insbesondere durch die Neufassung des § 57 Abs. 3 AO und die dahinter stehende gesetzgeberische Wertung – u. a. Erleichterung von Ausgliederungen – neuen »Auftrieb« erhalten. Die weitere Entwicklung in diesem Bereich bleibt abzuwarten. Es wäre jedenfalls wünschenswert, wenn die Finanzverwaltung ihre bisherige eher restriktive Haltung in Bezug auf die o. g. Ausgliederungsvorgänge einer kritischen Selbstreflexion unterziehen würde, damit zukünftig sinnvolle und ggf. betriebswirtschaftlich zwingend notwendige konzerninterne Umstrukturierungsvorhaben nicht unnötig erschwert bzw. verhindert werden.

Ein steuerbegünstigter Krankenhausträger darf im Übrigen – unstrittig – seine Mittel kurzfristig im Rahmen steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe einsetzen.387

Dieser Aspekt könnte im Zusammenhang mit der Finanzierung einer GmbH-Beteiligung, die als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu beurteilen ist, von Bedeutung sein. Zulässig könnte nämlich u. E. die Aufnahme von Fremdmitteln in Höhe der zu leistenden Stammeinlage sein, wenn realistischerweise zu erwarten ist, dass Gewinnausschüttungen der GmbH an den Krankenhausträger erfolgen werden, die betragsmäßig die monatlichen oder vierteljährlich zu leistenden Annuitäten abdecken. Es würde dann ggf. nur eine innerjährliche, kurzfristige Vorfinanzierung der Annuitäten durch gemeinnützigkeitsrechtlich gebundene Mittel notwendig sein.

Diese Gestaltung unterliegt aber dem Risiko, dass Gewinnausschüttungen wider Erwarten gar nicht oder zumindest nicht in ausreichender Höhe erfolgen (können). Ein solches Risiko stellt sich insbesondere bei neu gegründeten Kapitalgesellschaften, die üblicherweise erst nach Ablauf einer Anlaufphase (von u. U. mehreren Jahren) ausschüttungsfähige Gewinne erwirtschaften.388

Sofern also ein steuerbegünstigter Krankenhausträger Tochterkapitalgesellschaften gründet, z. B. um bestimmte Serviceleistungen – im Wege des sog. Outsourcings – auszugliedern, ist hinsichtlich der Verwendung von Mitteln zur Kapitalausstattung dieser Tochtergesellschaften – jedenfalls nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung – Vorsicht geboten, insbesondere dann, wenn – zur Sicherstellung der später noch zu diskutierenden umsatzsteuerlichen Organschaft – auf die Geschäftsführung der Tochter-GmbH laufend Einfluss ausgeübt wird. Ob sich nach der Neufassung des § 57 Abs. 3 AO im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2020 hier möglicherweise Erleichterungen ergeben, bleibt abzuwarten.

Die – auch von der Rechtsprechung konsequent eingeforderte389 – Beachtung der Vorgabe, dass Mittel nur (ausschließlich) für satzungsmäßige Zwecke verwendet werden dürfen, schließt nicht aus, dass aus den Mitteln auch die angemessenen Verwaltungskosten gedeckt werden dürfen, also z. B. für die Buchführung, für einen steuerlichen Berater, für die Büroeinrichtung, für Mieten für ein Verwaltungsgebäude oder für die Geschäftsführung.390

Allerdings ist der Begriff »Verwaltungskosten« im Gemeinnützigkeitsrecht nicht definiert; er wird deshalb vielfach unterschiedlich verstanden.391 Andererseits eröffnet dies im Einzelfall ggf. auch Argumentationsspielräume gegenüber den Finanzbehörden.

Das Merkmal der Selbstlosigkeit entfällt also nicht bereits deshalb, weil Mittel einer steuerbegünstigten Körperschaft für Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit (sowie Mitgliederwerbung) verwendet werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn derartige Ausgaben zur Begründung und Erhaltung der Funktionsfähigkeit und damit auch zur Verfolgung des satzungsgemäßen Zwecks erforderlich sind.392

Was » angemessen« ist, muss nach den Umständen des Einzelfalles entschieden werden.

Dabei muss die Angemessenheit in zwei Schritten geprüft werden:393

• Zunächst ist festzustellen, ob diejenigen Gesamtmittel der Körperschaft, die nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar für die gemeinnützigen satzungsmäßigen Zwecken der Körperschaft eingesetzt werden, im Verhältnis zu den Mitteln, die unmittelbar für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung stehen, angemessen sind.

Zu letzteren Mitteln gehören auch sämtliche Mittel, die zur Finanzierung von Zweckbetrieben verwendet werden, weil insoweit eine unmittelbare Verwendung zu den Satzungszwecken vorliegt.

Vor diesem Hintergrund dürfte diese erste Angemessenheitsprüfung im steuerbegünstigten Krankenhaus grundsätzlich keine Bedenken im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Mittelverwendung auslösen, wenn man von der später noch anzusprechenden Gründungs- oder Aufbauphase einmal absieht.

• Danach ist – unabhängig vom Ergebnis der Prüfung der Angemessenheit der gesamten Mittelverwendung394 – für jede Einzelausgabe die Angemessenheit zu prüfen,395 auch – und gerade – für Einzelausgaben in steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben396 und in der Vermögensverwaltung.397

Diese 2. Stufe der Angemessenheitsprüfung betrifft auch steuerbegünstigte Krankenhäuser und ihre Träger; sie stellt derzeit im Rahmen steuerlicher Außenprüfungen ein zentrales Prüfungsfeld dar. Ihr ist deshalb für die Praxis ganz besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Dabei unterstellt die Finanzverwaltung, dass Entgelte, die mit fremden Dritten vereinbart werden, in der Regel angemessen sind, sodass sich diese 2. Stufe der Angemessenheitsprüfung regelmäßig (nur) auf Mittelverwendungen für Mitglieder, Organe, Arbeitnehmer und/oder verbundene (steuerbegünstigte oder nicht steuerbegünstigte) Unternehmen (und deren Mitglieder, Organe und Arbeitnehmer) bezieht.

Als angemessen kann ganz grundsätzlich eine Mittelverwendung angesehen werden, die für eine vergleichbare Tätigkeit oder Leistung üblicherweise von nicht steuerbegünstigten Einrichtungen (Wirtschaftsunternehmen, staatliche Stellen) gezahlt wird.398

Die Bezahlungen im Rahmen der Tariflöhne oder höhere Bezahlungen, die branchenüblich oder durch besondere Leistungen z. B. eines Arbeitnehmers gerechtfertigt sind – zu denken ist im Krankenhausbereich insoweit beispielsweise an die Bezüge der Chefärzte – sind zulässig, ebenso auch heute allgemein übliche Mitarbeiterboni399. Eine Anlehnung der Gehaltsstruktur etwa an den öffentlichen Dienst ist also für Zwecke der Beurteilung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Angemessenheit grundsätzlich nicht geboten.400 Dies hat der BFH in einem aktuellen Urteil vom 12.03.2020 (Az.: V R 5/17) noch einmal ausdrücklich hervorgehoben. Hiernach sind als Maßstab für den (externen) Fremdvergleich die für vergleichbare Tätigkeiten auch von Wirtschaftsunternehmen gewährten Vergütungen heranzuziehen.

Bei den Kosten für die Beschäftigung eines Geschäftsführers – zur Frage der Angemessenheit der Geschäftsführervergütung s. u. – handelt es sich grundsätzlich um Verwaltungsausgaben. Eine Zuordnung dieser Kosten zu der steuerbegünstigten Tätigkeit ist nur insoweit möglich, als der Geschäftsführer unmittelbar bei steuerbegünstigten Projekten mitarbeitet. Entsprechendes gilt für die Zuordnung von Reisekosten.401

Die Tatsache, dass Betriebsausgaben wegen Unangemessenheit ertragsteuerlich nicht anerkannt werden, bedeutet im Übrigen nicht automatisch, dass gemeinnützigkeitsrechtlich eine Mittelfehlverwendung gegeben ist.402

§ 55 AO enthält im Übrigen keine absoluten oder prozentualen Obergrenzen für die Verwaltungskosten.403 Entscheidendes Kriterium ist vielmehr (sowohl für die Angemessenheitsprüfung der Gesamtausgaben als auch jeder Einzelausgabe), ob unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls das Ausgabeverhalten der Körperschaft angemessen ist oder nicht. Das ist dann der Fall, wenn es wirtschaftlich sinnvoll ist und dazu beiträgt, dass ein möglichst hoher Anteil der Mittel unmittelbar und effektiv den steuerbegünstigten Zwecken zugute kommt.404

Die Finanzverwaltung folgt grundsätzlich dieser Rechtsprechung.405

Der Rahmen der Angemessenheit ist in jedem Fall überschritten, wenn eine Körperschaft, die sich weitgehend durch Geldspenden finanziert, diese – nach einer Aufbauphase – überwiegend zur Bestreitung von Ausgaben für die Verwaltung und Spendenwerbung verwendet.406

Für die Frage der Angemessenheit der Verwaltungsausgaben kommt es, wie schon erwähnt, entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls an. Eine für die Steuerbegünstigung schädliche Mittelverwendung kann jedenfalls nach Auffassung der Finanzverwaltung deshalb auch schon dann vorliegen, wenn der prozentuale Anteil der Verwaltungsausgaben einschließlich der Spendenwerbung deutlich geringer als 50 % ist.407

Während der Gründungs- oder Aufbauphase einer Körperschaft kann auch eine überwiegende Verwendung der Mittel für Verwaltungsausgaben und Spendenwerbung unschädlich für die Steuerbegünstigung sein.408

Ganz allgemein ist ein Ausgabeverhalten im Übrigen auch dann unangemessen (in diesem Sinne), wenn damit gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen wird.409

Zu denken ist im steuerbegünstigten Krankenhaus insoweit z. B. an die Zahlung gesetzwidriger Einweiser-Prämien an niedergelassene Ärzte.

Nach § 31 der Musterberufsordnung der Deutschen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ärzte) ist es Ärztinnen und Ärzten nicht gestattet, sich für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder für Untersuchungsmaterial ein Entgelt oder andere Vorteile versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. Nach § 31a Krankenhausgestaltungsgesetz NRW (KHGestG NRW) ist es Krankenhäusern und ihren Trägern – jedenfalls in NRW – verboten, für die Zuweisung von Patienten und Patientinnen ein Entgelt oder andere Vorteile zu gewähren, zu versprechen, sich gewähren oder versprechen zu lassen.

Als gemeinnützigkeitsrechtlich kritisch können insoweit z. B. Pauschalentgelte für die Einweisung von Patienten oder für die Erbringung von Operationsleistungen, die Forderung einer Beteiligung an der DRG-Pauschale des Krankenhauses durch einen Belegarzt, die Kooperationen im Bereich der prä- und postoperativen Versorgung, die Durchführung ambulanter Operationen durch Vertragsärzte für das Krankenhaus und die Einbindung von Vertragsärzten in das stationäre Leistungsgeschehen anzusehen sein.410

Zu der Frage der (Un-)Angemessenheit von Geschäftsführervergütungen bei einer steuerbegünstigten Körperschaft hat der BFH in einem aktuellen Urteil vom 12.03.2020 (V R 5/17) Stellung genommen.411 Der Bundesfinanzhof hat in dieser Entscheidung einige für die Praxis überaus wichtige Aussagen getroffen, die im Folgenden kurz skizziert werden sollen.

Zum einen hat der BFH darauf hingewiesen, dass zur Feststellung von Mittelfehlverwendungen i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO durch überhöhte Vergütungen an den Geschäftsführer einer gemeinnützigen Körperschaft die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) anzuwenden sind. Eine Mittelfehlverwendung liegt nach diesem Maßstab – vereinfacht gesprochen – dann vor, wenn auch ein gewissenhafter und ordentlicher Geschäftsleiter unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls diese (Gehalts-) Zahlung nicht bzw. nicht in dieser Höhe vorgenommen hätte. Maßstab des externen Fremdvergleichs – und dies ist die »Richtschnur« für den ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter – sind hierbei die für vergleichbare Tätigkeiten auch von gewerblichen Wirtschaftsunternehmen gewährten Vergütungen. Der BFH hält es in diesem Zusammenhang für zulässig, in Bezug auf den externen Fremdvergleich auf entsprechende Vergütungs- bzw. Gehaltsstudien (z. B. auf die Gehaltsstudie »GmbH-Geschäftsführervergütungen« der BBE media, auf die der BFH bzw. das FG Mecklenburg-Vorpommern als Vorinstanz412 ausdrücklich Bezug genommen haben) zurückzugreifen.413

In diesem Zusammenhang hat der BFH auch klargestellt, dass es nicht ein einziges angemessenes Gehalt gibt, sondern dass sich die Beurteilung der Angemessenheit innerhalb einer gewissen Bandbreite bewegen kann. Erst wenn die konkrete Vergütung oberhalb dieser Bandbreite liegt, soll ein Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit, mithin ein Verstoß gegen das Begünstigungsverbot gem. § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO, vorliegen.

Ferner können auch (fiktive) Zu- und Abschläge bei der Beurteilung der Angemessenheit vorgenommen werden. Dies kann z. B. dann in Betracht kommen, wenn der betreffende Geschäftsführer – wie in dem vom BFH entschiedenen Fall – neben seiner eigentlichen Geschäftsführungstätigkeit zusätzlich auch noch für einen Dritten als Geschäftsführer tätig wird (im Streitfall für den Gesellschafter der klagenden GmbH). Aufgrund des zusätzlichen zeitlichen Einsatzes des Geschäftsführers für das Dritt-Unternehmen und der damit einhergehenden nur eingeschränkten Verfügbarkeit des Geschäftsführers für seine »originäre« Geschäftsführungstätigkeit hält der BFH einen angemessenen Abschlag auf die durch Fremdvergleich ermittelte Vergütung für gerechtfertigt.414

Schließlich hat sich der BFH, soweit ersichtlich, erstmals zu der Frage positioniert, ob beim Entzug der Gemeinnützigkeit die Grundsätze des Verhältnismäßigkeitsprinzips anzuwenden sind. Das Schrifttum hat sich in der Vergangenheit schon länger dafür ausgesprochen, dass die Versagung des steuerbegünstigten Status – als »qualitativer Sprung«415 – überhaupt nur dann in Betracht kommen kann, wenn es sich um eine nach Ausmaß und Gewicht erhebliche Pflichtverletzung im Rahmen der tatsächlichen Geschäftsführung (§ 63 AO) handelt. Bei kleineren, einmaligen Verstößen gegen Gemeinnützigkeitsvorschriften, so die Literatur, solle eine Entziehung der Steuervergünstigung grundsätzlich ausscheiden (sog. Bagatellvorbehalt).416 Dieser Auffassung hat sich der BFH nunmehr angeschlossen, jedenfalls in Bezug auf geringfügige Verstöße gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 AO.

Der BFH hat in diesem Zusammenhang allerdings auch eine konkrete betragsmäßige Größenordnung benannt, ab der aus seiner Sicht eine gemeinnützigkeitsrechtliche Mittelfehlverwendung vorliegen soll. Insoweit hat das Gericht betont, dass eine Mittelfehlverwendung von über 10.000,00 nicht mehr als geringfügig angesehen werden kann, sodass in diesem Fall ein Entzug der Gemeinnützigkeit droht bzw. zwingend zu erfolgen hat.

Es steht zu erwarten, dass die Entscheidung des BFH im Bundessteuerblatt veröffentlicht wird, was zur Folge hat, dass es für die Finanzverwaltung bindend und damit zwingend anzuwenden ist. Gegebenenfalls wird zusätzlich auch ein erläuterndes BMF-Schreiben veröffentlicht – bzw. eine Ergänzung im AEAO vorgenommen – werden, welches sich zur konkreten Anwendbarkeit des BFH-Urteils äußern wird.

Auch wenn die o. g. BFH-Entscheidung in ihren grundsätzlichen und Aussagen ausdrücklich zu begrüßen ist, da sie in vielen Punkten endlich Rechtsklarheit schafft, steht andererseits leider zu befürchten, dass die Finanzverwaltung insbesondere die o. g. (starre) Grenze für eine Mittelfehlverwendung in Betriebsprüfungen als willkommenes »Druckmittel« einsetzen wird, um anderweitige steuerliche Sachverhalte in ihrem Sinne gegenüber dem steuerbegünstigten Krankenhausträger durchzusetzen.

Aktuelle Besteuerungsfragen für Krankenhäuser und Krankenhausträger

Подняться наверх