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Schwarmdummheit „Noch ´ne Schippe drauf“

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Text: Jörg Hunke @joerghunke

Speaker: Gunter Dueck

Bei Wikipedia klappt das seit vielen Jahren ganz hervorragend. Kluge Köpfe, die ihr Wissen nutzen, um ein digitales Lexikon zu erstellen. Sie machen das, ohne Geld dafür zu verlangen, Idealismus treibt sie an. Rausgekommen ist nicht irgendein Standardwerk, sondern das wichtigste Lexikon unserer Zeit, verlässlicher als Brockhaus oder Duden, und dabei viel schneller und aktueller. Schwarmintelligenz ist gar nicht so schlecht, oder?

Und dann steht da Gunter Dueck am frühen Morgen auf der Hauptbühne und ganz schnell ist alles ganz anders. Sein Thema ist die „Schwarmdummheit“, es geht darum, wie es uns immer wieder gelingt, uns gegenseitig zu stoppen, auszubremsen und zu demotivieren. Und das geht ganz einfach, kann überall passieren. In der Familie, unter Freunden und natürlich ganz oft im Job. Man muss die Ziele nur so formulieren, dass sie nicht erreicht werden können. Dueck nennt das „Utopie-Syndrom“. Ein Beispiel gefällig? Notfall-Klinik, im Wartezimmer sitzen blutende Patienten, einer hält sogar seine Leber in der Hand. Gruselig die Vorstellung, die Dueck skizziert, aber es kommt noch heftiger. Denn der Arzt hat keine Zeit, sich um die Patienten zu kümmern, weil ihm ein vermeintlich cleverer Manager befohlen hat, sein Zeitmanagement zu ändern. Mehr Patienten soll er in kurzer Zeit durchschleusen, um die Effizienz zu steigern. Das führt aber zu längeren Wartezeiten, noch mehr Stress, noch mehr Aufwand. Und Unruhe im Wartezimmer. Der Arzt benötigt eine Assistentin, die die Wartenden beruhigt. Wenn es schlecht läuft, bald noch eine. Effizienz geht eigentlich anders.

Das alles passiert nur, weil es Chefs, Manager und einflussreiche Betriebswissenschaftler gibt, die in ach so wichtigen Konferenzen beschließen, dass alle immer mehr leisten müssen. Auch die Notärzte, um beim Beispiel zu bleiben. Zumindest in Sachen Zielsetzung mit Überforderungspotential sind sich Entscheider schnell einig. „Noch ´ne Schippe drauf“, sagt Dueck, bis alles zusammenbricht. Schwarmdummheit halt.

Die Lösung, wie sie Dueck sieht, lässt sich mit einer Formel berechnen. Was dem Mathematiker Dueck natürlich besonders gut gefällt. Die Rechnung geht dann auf, wenn die Leute nicht überfordert werden, an ihre Pausen denken. 85 Prozent ihres Arbeitstages sollten verplant sein, keinesfalls mehr. Denn es kann immer was dazwischen kommen, was den geplanten Ablauf stört. Dafür brauchen die Menschen Spielraum. Und sie brauchen Zeit, um über den Tellerrand hinausschauen zu können, eben nicht nur den täglichen Kram unter Hochdruck zu erledigen. Am Ende sollte das Ziel sein, dass Optimum zu erreichen, also realistische Ziele. Und nicht das Maximum.

Und weil es in diesen Tagen bei der re:publica auch ganz oft um Mediennutzung geht, amüsiert sich Dueck, als er außerhalb der Bühne hört, wie es in den Redaktionen zugeht, die gerade die digitale Transformation planen. Online first oder doch eine andere Strategie? Im Laufe des Tages zeigt sich nicht nur auf den Bühnen der media convention, wie vielfältig das Angebot ist und wo die Konkurrenz überall lauert. Stress pur, wenn man in den Medienhäusern nach maximalen Lösungen suchen sollte.

re:publica Reader 2015 – Tag 2

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